Oyakot, in der Nähe der Grenze von Pugeesh

Die Oyakot sorgten für die rasche und bequeme Fortsetzung der Reise. Die Wesen hatten Ähnlichkeit mit olivgrünen Leinensäcken, die überall mit kleinen, scharfen Dornen bestückt waren. Sie hatten Hunderte von winzigen Beinen und ein Zentralgeflecht von langen Greifarmen an der Oberseite. Wo sich ihre Augen, Ohren, die Nase oder der Mund befanden, war nicht erkennbar. Das Hochgebirge mit den heftigen, kalten Winden schien sie nicht zu beeindrucken.

Aber sie besaßen Straßen und Fahrzeuge, die auf Lichtbahnen dahinfuhren. Das Hexagon war überzogen von einem riesigen Transportnetz, und die Fahrt führte sie über massive Brücken und durch viele Kilometer lange Tunnels. Die Geschwindigkeit blieb konstant, die Steuerung geschah automatisch; die Fahrer überwachten nur die Fortbewegung und griffen lediglich in Notfällen ein.

Die Oyakot waren gesprächig; eine freundliche, praktisch gesinnte Rasse, hatten sie aus einem rauhen Land das Beste gemacht. Daß für die Oyakot Sauerstoff etwas Festes war, änderte nichts an der geistigen Verwandtschaft, die man bei den Reisenden mit diesem klugen, fleißigen Volk empfand.

Wooly machte sich jedoch Sorgen. Man hatte erfahren, daß Trelig und seine Gruppe bereits ebenfalls weit nach Oyakot gelangt waren und nur wenige Stunden hinter ihnen zurückblieben. Außerdem näherte sich ihr Trupp Pugeesh, und die Informationen waren immer noch dürftig.

»Kann Ihnen nicht viel darüber sagen«, erklärte ihr Oyakot-Fahrer. »Da drüben ist es viel zu heiß. Sicherer Tod, auch nur über die Grenze zu gehen. Sieht scheußlich aus, alles brodelt und zischt. Ich habe gehört, daß sie auch keinen Botschafter in Zone haben — also wissen wir soviel oder sowenig wie andere. Da — jetzt können Sie es sehen. Mir wird schon gruselig, wenn ich nur hinschaue.«

Es war ein Dschungel, soviel stand fest. Eine massive Wand von dunkelroten Pflanzen ragte vor ihnen auf, und hier und dort zwischen der üppigen Vegetation trieben riesige Dunstschleier dahin.

Als sie ausluden, sagte Wooly warnend:»Das Meer von Borgun liegt unmittelbar nördlich von Pugeesh, und es besteht in erster Linie aus flüssigem Chlor. Das gibt euch eine Vorstellung davon, wie es da aussieht. Die Oyakot finden das sehr heiß, aber für jeden von uns ist es noch immer außerordentlich kalt.«

Mavra Tschang und Joshi schauten sich bedrückt um.

»Von Straßen ist auch nichts zu sehen«, sagte sie. »Wie sollen wir da hindurchkommen?«

»Etwas weiter nördlich gibt es Flachland«, erwiderte die Yaxa nach einem Blick auf die Karte. »Dort können wir das Gebirge umgehen. Was die Durchquerung des Dschungels angeht, müssen wir uns vielleicht den Weg freihacken.«

»Wenn die Pflanzen nun die Pugeesh sind?«sagte Yulin unsicher. »Wir fangen an, sie abzuhacken, und peng! Und wir haben einen weiten Weg zurückzulegen.«

»Ich bin ziemlicher sicher, daß sie nicht die Pflanzen sind«, sagte der Torshind. »Was sie wirklich sind, weiß ich nicht — aber wir werden es sehen. Inzwischen können wir uns aber gut verteidigen.«Die Greifarme des Kristallwesens, in dem der Torshind steckte, holten einige seltsam aussehende Metallteile aus einem der Gepäckstücke. Montiert ergaben sie ein Gewehr mit langem Kolben und großem Zylinder.

»Was wird damit verschossen?«fragte Mavra.

»Napalm«, sagte der Torshind.


* * *

Für Mavra und Joshi baute man lange Plattformen, die auf einer einzelnen, breiten, mit Stacheln bestückten Rolle liefen. Darauf konnte die Ausrüstung transportiert werden. Die Plattformen waren ungefähr zwei Meter breit.

Mavra ärgerte sich darüber, angeschirrt zu werden, aber die anderen reagierten scharf.

»Deshalb sind Sie überhaupt nur dabei«, knurrte Yulin wütend. »Wenn Sie Ihren Beitrag nicht leisten, nützen Sie uns nichts.«

Sie gab schließlich nach.

Als sie die Ebene erreichten, fanden sie Platz genug und kamen einige Zeit gut voran. Der Boden war hart und mit langen, rasiermesserscharfen, purpurroten Stengeln bedeckt, die aber ganz wie Gras reagierten und den Rollen keinen Widerstand entgegensetzten.

Den richtigen Kurs beizubehalten, erwies sich oft als schwierig, und Wooly mußte häufig einen Kompaß zu Rate ziehen. Die Nadel wies stets auf den Äquator, was genügte.

Es gab keinen Hinweis darauf, was für Wesen die Pugeesh sein mochten. Keine sichtbaren Pfade, keine Bewegung. Das machte sie nervös; sie hätten gefährliche Raubwesen dem Unsichtbaren und Unbekannten vorgezogen.

Sie waren bis Sonnenuntergang ein gutes Stück vorangekommen, bevor sie anhalten und rasten mußten. Yulin und Wooly waren sich darin einig, daß die Bewohner Nachtwesen sein mußten, so daß ständig Wachen aufgestellt wurden. Man beschloß, zu zweit Wache zu halten: Wooly und Mavra als erste, Yulin und Joshi nach ihnen, während der Torshind, der keinen Schlaf brauchte, aber nach Wunsch Teile seines Gehirns abschalten konnte, in Reserve stand.

Wooly und Mavra schalteten ihre Funkgeräte auf eine andere Frequenz — die Yaxa mußte es für das Pferd mit übernehmen —, um die anderen nicht zu stören.

»Wirklich still hier«, sagte Wooly nach einer Weile.

Mavra nickte.

»Es ist jetzt ganz dunkel geworden. Man sieht ein paar Sterne und hier unten nichts als die Pflanzen. Haben Sie etwas sehen können?«

»Nichts. Vielleicht haben wir Glück, und es bleibt so. Hier scheint außer den Pflanzen nichts am Leben zu sein. Das einzige, was sich bewegt, sind diese Gasschwaden — ich halte sie der Farbe nach für Chlor, aber genau kann man es nicht sagen.«

Mavra strengte die Augen an und konnte hier und dort dunstige Stellen erkennen.

»Sie glauben doch nicht…?«

»Die Wolken? Daran habe ich schon gedacht. Sie scheinen nicht in eine bestimmte Richtung zu ziehen, mit dem Wind. Aber sie sind nur ganz dünne Wölkchen. Selbst wenn sie die Pugeesh wären, könnten sie uns nicht viel anhaben. Sogar der schwächste von den Anzügen könnte ein Bad in reiner Schwefelsäure ohne Schaden überstehen.«

»Aber Napalm wäre nicht sehr wirksam gegen sie, oder?«

Darauf gab es nicht viel zu sagen.

»Sie sind ein Neuzugang, nicht wahr?«sagte Mavra. »Man merkt es an manchen Redewendungen.«

»Ja. Aber nicht von einer Welt, die Sie kennen würden. Ich bin schon alles mögliche gewesen — Farmer, Politiker, Polizist. Dann wurde ich einfach alt, und die Verjüngung nimmt einem geistig jedesmal etwas weg. Da dachte ich, zum Teufel damit, ich habe alles getan, was es gibt, mehr als die meisten. Ich bin mit dieser Einstellung losgeflogen und geriet in ein Tor der Markovier. Davon werden sie ausgelöst, wissen Sie — von einem Wunsch, mit allem Schluß zu machen, Niedergeschlagenheit, all das, was die Markovier empfanden, wenn sie die Tore benützten, um hierherzukommen. Aber es war seitdem auch ein interessantes Leben. Ich bereue von Vergangenheit und Gegenwart nicht viel. Und Sie?«

Mavra lachte trocken.

»Ich? Da gibt es nicht viel, was Sie nicht schon wissen. Und was die Reue angeht — ich weiß nicht. Manches würde ich lieber anders machen. Meinen Mann hindern, zu dem Treffpunkt zu gehen, wo man ihn umbrachte. Den verdammten Stein in Olborn nicht berühren, der mich in einen Halbesel verwandelt hat. In den letzten Jahren nicht so selbstzufrieden gewesen sein. Ich weiß immer noch nicht, warum ich in Glathriel geblieben bin und mich so ruhig damit abgefunden habe.«

»Wenn Sie sich dann wohler fühlen — Sie hatten kaum die Wahl«, erklärte die Yaxa. »Alle sechs Monate sind Sie von den Ambreza untersucht worden. Eines der Geräte, mit denen man Sie behandelte, war gleichzeitig ein Hypno-Apparat. Man hat Ihre Einstellung stufenweise verändert — ganz langsam, damit Sie nichts davon merkten.«

Mavra spürte, wie der Zorn in ihr aufstieg.

»Das war es also«, sagte sie tonlos. »Das erklärt vieles.«

»Aber in einer Krise setzte sich Ihr altes Ich wieder ganz durch«, betonte Wooly. »Man wagte nicht, zu stark oder zu tief einzugreifen, sonst wären Sie später nutzlos gewesen. Und damit kommen wir zu Ihrem Einsatz bei dieser ganzen Affäre. Nur der Computer dort oben kann Sie wieder zu einem Menschen machen, wissen Sie — oder der Schacht selbst, der Sie aber zu etwas anderem machen könnte, als Sie es sein wollen. Ich garantiere, daß man, wenn Sie auf irgendeine Weise entkämen, einen Weg finden würde, Sie vom Schacht fernzuhalten, damit Ihr Wissen nicht in die Hände anderer fällt. Man würde eine vollständige Gehirnabtastung vornehmen, vielleicht einen Yugash einsetzen, um zu verhindern, daß Sie vom Schacht verwandelt werden. Sie wären dann wirklich ein dummes Pferd.«

»Ich weiß nicht, ob mir das nicht egal wäre«, sagte Mavra leise.

»Wie?«erwiderte Wooly verblüfft. »Im Ernst?«

»Ich denke immer wieder über mein Leben nach und frage mich, wohin ich eigentlich zurück will. Manchmal fühle ich wie die Markovier — Geld; etwas Macht, die mit dem Geld einhergeht; Fähigkeiten; mein eigenes Raumschiff, obwohl das inzwischen wohl verkauft worden ist. Aber wozu? Irgendwann habe ich etwas verfehlt, und ich weiß nicht, was es war.«

Sie schwiegen geraume Zeit.

Mavra fühlte sich betäubt und ausgelaugt. Zuerst führte sie es auf Erschöpfung zurück, aber der Zustand blieb, und die Betäubung legte sich bleiern auf ihr Gemüt. Sie schüttelte den Kopf und spürte, wie sie einduselte.

Sie sah sich als kleines Mädchen über eine Wiese zu einem großen Bauernhaus laufen, zu ihren Großeltern, mit ihnen auf der Veranda sitzen, spielen und sich unterhalten. Trotz ihrer erst vier oder fünf Jahre spürte sie aber dann, daß irgend etwas nicht richtig war. Sie weinte und klagte, als die Großeltern fortgingen. Sie wußte, daß sie nicht wiederkommen würden, und so war es auch. Im Haus herrschte große Geschäftigkeit, Leute gingen aus und ein und flüsterten miteinander.

Einmal versteckte sie sich hinter einem Sofa, während ihre Mutter mit zwei großen Männern debattierte.

»Nein, wir verlassen diese Farm und diese Welt nicht!«rief ihre Mutter wütend. »Wir wehren uns! Wir wehren uns, solange wir atmen können!«

»Wie Sie wollen, Vashura«, sagte einer der Männer, »aber das werden Sie bedauern, wenn es zu spät ist. Courile ist jetzt an der Macht. Sie wissen es. Er wird hart durchgreifen. Denken Sie an die Kinder.«

Aber es war schon zu spät gewesen. Man hatte noch einige politische Gegner ziehen lassen, aber nicht ihre Eltern, weil sie die Opposition anführten. Ihre Kinder sollten Beispiele für die neue konformistische Gesellschaft werden, und die Eltern würden zusehen müssen. Ein Beispiel für die Nation, für die Welt.

Und eines Nachts war der seltsame kleine Mann gekommen. Ein kleiner, magerer Mann, der durch ein Fenster, ihr Fenster, eingestiegen war. Sie hatte schreien wollen, aber er war so komisch gewesen und konnte so nett lächeln. Er hielt den Finger an die Lippen, zwinkerte ihr zu und ging durch ihre Tür hinaus.

Bald hörte sie dumpfe Stimmen, dann kam ihr Vater mit dem seltsamen kleinen Mann zurück.

»Mavra, du mußt mit deinem Freund hier mitgehen«, flüsterte er ihr zu.

Sie war verwirrt und zögerte, aber der kleine Mann hatte etwas an sich, dem sie vertraute, und ihr Vater hatte gesagt, daß es in Ordnung sei.

Der kleine Mann hatte sie angelächelt und sich dann ihrem Vater zugewandt.

»Es war unsinnig, zu bleiben«, flüsterte er. »Sie wissen, daß die Kom-Gesellschaft keine Rücksicht kennt.«

Ihr Vater schluckte krampfhaft und schien Tränen niederzukämpfen.

»Sie passen gut auf sie auf, ja?«

»Ich bin keine Vaterfigur, aber wenn sie mich braucht, werde ich da sein.«

Sie schlichen hinten aus dem Haus, liefen von Gebüsch zu Gebüsch.

»Achtung! Alarm! Da kommen sie!«Eine laute, elektronische Stimme durchzuckte sie. Nur undeutlich erkannte sie sie als die des Torshinds.

Betäubt sah sie auf. Ben Yulin riß Wooly das Napalmgewehr aus den Händen, fuhr herum und feuerte.

Ein gleißend heller, bleistiftdünner Flammenstrahl schoß hinaus und traf Objekte in der Nähe. Blitze zuckten auf. Plötzlich schien es, als brenne die ganze Atmosphäre, weißglühend, und lasse die Pugeesh hervortreten, riesige, spindelförmige Wesen auf zehn unfaßbar dünnen Beinen, mit gewaltigen Klauen vorne und hinten und langen Augenstielen, die in der Mitte ihrer runden Körper wie Rubine leuchteten.

Das Napalm tat seine Wirkung. Es erfaßte das führende Trio der Angreifer und klebte wie Leim. Es gab kein Geräusch, aber die beiden vorderen Beine schmolzen, und die Klauen verformten sich. Sie zogen sich hastig zurück, vor Feuer triefend.

»Links!«schrie Joshi. »Eine Kanone!«

Yulin sah es im flackernden Licht und drehte am Gewehr einen Hebel. Inzwischen hatte der Torshind eine zweite Waffe zusammengebaut und schoß einen Halbmond brennenden Gelees hinter sich, die Umgebung beleuchtend.

Yulin feuerte wieder, diesmal in breitgestreuten Salven, auf ein riesiges Gerät, das tatsächlich wie eine Kanone aussah. Als es aufflammte, schien die ganze Umgebung zu zerschmelzen.

»Mein Gott, sie sind überall!«kreischte Yulin. »Gebt mir einen neuen Zylinder!«

Auf der rechten Seite gab es einen Knall; ein großer Stein stürzte krachend in ihrer Nähe nieder und traf beim Aufprallen beinahe den Torshind.

Wooly schien aus ihrer Trance zu erwachen, packte einen Napalm-Zylinder und warf ihn Yulin zu.

Mavra betrachtete das unheimliche Schauspiel. Hier war Napalm gewiß die richtige Waffe; es schien alles zu entzünden, was es berührte. Wo immer es auftraf, schmolz, brannte und brodelte alles — und es breitete sich aus.

Der Torshind gab Deckung, während Yulin sich auf ein großes Geschütz einschoß, das mächtige Felsbrocken schleuderte. Der dritte Feuerstoß traf und zerstörte die Maschine, bevor die Pugeesh wieder schießen konnten.

Und plötzlich waren sie fort. So schnell, daß ihnen das Auge kaum folgen konnte, verschwanden sie im Dickicht und ließen nur die verbrannten Überreste von acht ihrer Genossen und die schmelzenden Wracks von zwei Kanonen zurück.

Der Minotaurus fuhr wütend auf Wooly los.

»Ihr seid mir schöne Wachen! Sie hätten uns beinahe überrumpelt!«fauchte er.

»Ich — ich weiß nicht, was geschehen ist«, stammelte die Yaxa, zum erstenmal aus der Ruhe gebracht. »Ich fing einfach an zu träumen, ohne es überhaupt zu bemerken. Ich begreife das nicht — ich träume sonst nie.«

»Mir ging es genauso«, sagte Mavra, wütend nicht nur über ihr Versagen, sondern auch darüber, daß sie in den Kampf nicht hatte eingreifen können. »Es war, als legte sich plötzlich ein bleiernes Gewicht auf mich.«

Der Torshind sagte:»Ich glaube, es trifft hier niemanden eine Schuld. Es ist durchaus möglich, daß die Pugeesh das bewirkt haben, um uns zu überrumpeln. Ich habe gehört, daß es anderswo solche Dinge gibt.«

»Ach, verdammt!«zischte Mavra. »Doch nicht noch ein magisches Hex!«

»Nennen Sie es, wie Sie wollen«, erwiderte der Torshind. »Ich glaube, wir sollten von jetzt an doppelt wachsam sein. Wie viele Zylinder haben wir noch? Ich glaube, daß man sie nur mit Napalm aufhalten kann. Sie scheinen auf Silikon aufgebaut zu sein.«

Yulin suchte murrend im Munitionssack.

»Nein. Das ist nicht so gut. Mehr als zwei solcher Gefechte können wir damit nicht durchstehen.«

»Dann versuchen wir es mit Diplomatie«, sagte der Torshind. »Was haben wir zu verlieren? Schalten Sie mein Funkgerät auf Außenübertragung.«

Yulin war noch immer zu aufgeregt. Wooly tat, was der Torshind verlangt hatte.

Der Yugash bewegte sich an den Rand des Lagers.

»Pugeesh!«rief er, und seine Stimme dröhnte in die Nacht hinaus. »Pugeesh! Wir sollten miteinander sprechen! Wir sind müde Reisende, nichts sonst. Wir bedrohen Sie nicht! Wir wollen nur Ihr Land durchqueren! Niemand sonst braucht zugrunde zu gehen, auf keiner Seite! Wir bitten um die Erlaubnis, weiterziehen zu dürfen!«

Sie warteten. Es kam keine Antwort, aber auch weitere Angriffe blieben aus. Sie verbrachten den Rest der Nacht ruhelos, während die Feuer langsam niederbrannten und schwarzer Rauch in den Nachthimmel stieg.


* * *

Etwa vierzig Kilometer hinter ihnen trug die andere Gruppe einen ähnlichen Kampf mit anderen Waffen aus.

Trelig und Burodir kauerten hinter Felsen und feuerten mit Leuchtspurmunition auf die Angreifer. Sie erzielte Wirkung, aber nicht genug; die Pugeesh waren zwar riesenhaft, bestanden aber aus wenig Substanz. Eine Flammenwand war viel wirksamer als Projektile.

Die Dillianer, die sich bewußt waren, welch große Zielscheiben sie darstellten, fanden Handgranaten viel erfolgreicher. Die Splitter der explodierenden Granaten richteten weit mehr Schaden an.

Eines der Spindelwesen griff an, und eine große Klaue wollte Renard packen. Der Anzug des Agitar stammte von einem Neuzugang seiner Rasse; an verschiedenen Kontaktpunkten ließ er die elektrische Entladung zu, deren alle männlichen Agitar fähig waren. Die Klaue ergriff ihn, und er hob den Arm und ließ die Ladung hineinzucken.

Es zischte und knisterte, und der Pugeesh schrumpfte zu einer unglaublich kleinen, brennenden Kugel zusammen. Die anderen Pugeesh zögerten, dann traten sie den Rückzug an.

Der Zugriff hatte den Anzug nicht beschädigt, aber er war sehr schmerzhaft gewesen. Renard hoffte, daß seine Schulter nur geprellt, nicht gebrochen war.

»Na, wenigstens sind sie nicht wild auf den Tod!«rief Trelig.

»Vielleicht ist das gut für uns«, meinte der Ghiskind. »Achtet darauf, daß der Ptir nicht verschwindet«, sagte er, dann zog er sich aus dem Körper zurück, und der rote Mantel schwebte in die Dunkelheit, hinter den noch anwesenden, aber zögernden Pugeesh her.

Die Wesen sahen den Yugash herankommen und schleuderten Steine, die harmlos hindurchflogen. Einer ergriff einen spitzen Speer und durchstieß den Yugash, ebenfalls ohne Wirkung.

Die geisterhafte Erscheinung erreichte den Körper des Speerträgers und verschmolz damit. Der Pugeesh drehte sich herum, wand sich und griff urplötzlich seine Genossen in der Dunkelheit an.

Entsetzt stießen sie schrille Schreie aus.

Die Besitzergreifung war jedoch von kurzer Dauer; zu entsetzt, um etwas unternehmen zu können, fiel der arme Pugeesh einfach tot um.

Der Ghiskind schlüpfte heraus, zufrieden mit seiner Demonstration, und näherte sich einem anderen Pugeesh. Sie wichen angstvoll zurück.

Verärgert darüber, in diesem Augenblick nicht mit ihnen sprechen zu können, trat der Yugash den Rückzug an und kehrte in den Ptir zurück.

»Ich habe den Wilden gerade einen Beweis für meine Kräfte geliefert«, sagte er. »Vielleicht kann ich jetzt mit ihnen reden.«

Der Ptir huschte auf sie zu, und diesmal empfingen sie ihn nicht feindselig. Sie hatten die Verwandlung beobachtet.

Der Ghiskind hielt an und sagte über sein Funkgerät:»Pugeesh! Hört zu! Wir werden euer Land durchqueren. Wir tun euch nichts, wenn ihr uns nicht wieder angreift. Tut ihr das noch einmal, werdet nicht nur ihr darunter leiden, sondern eure ganze Welt auf Generationen, das verspreche ich euch. Ihr sollt weder unsere Körper noch unseren Geist berühren, und wir werden es genauso halten, darauf könnt ihr euch verlassen. Seid ihr damit einverstanden?«

Eine Weile rührte sich nichts, dann gab es Gemurmel. Der Yugash erhielt keine konkrete Antwort, aber bald danach hörte man die Geräusche vieler Wesen, die sich entfernten. Wie sich zeigte, blieben nur zwei oder drei als Beobachter in der Nähe.

Der Yugash kehrte zu den anderen zurück.

»Ich glaube nicht, daß sie uns noch einmal belästigen. Wenn sie es dennoch tun, müssen wir einen Knalleffekt inszenieren.«

»Vielleicht haben sie bei der Yaxa-Gruppe vor uns mehr Glück gehabt«, sagte Trelig hoffnungsvoll.

Vistaru, während des Kampfes völlig hilflos, weil sie zu klein war, um eine Waffe zu bedienen, und ihr Anzug sie am Fliegen ebenso hinderte wie am Gebrauch ihres Stachels, seufzte.

»Arme Mavra!«sagte sie nur.

Keiner von ihnen konnte noch einmal schlafen, und beim ersten Licht setzten sie ihre Reise fort.

Zwei Stunden später erreichten sie das Lager der anderen Gruppe, sahen die Spuren der Auseinandersetzung, und Vistaru registrierte erleichtert, daß keine Leichen herumlagen, die nicht von den Pugeesh stammten.

»Zu schade«, sagte Antor Trelig. »Sie scheinen immer noch vor uns zu sein.«

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