Das Sprechgerät auf Serge Ortegas Schreibtisch summte, und er drückte auf die Taste.
»Ja?«
»Sie sind hier, Sir«, sagte seine Sekretärin.
»Schicken Sie sie herein.«
Die Tür glitt zur Seite, und zwei Wesen hüpften langsam herein. Sie hatten große Ähnlichkeit mit eineinhalb Meter großen Fröschen, die Beine waren entsprechend lang, obschon einer etwas kleiner und von hellerem Grün war. An ihren weißen Unterbäuchen waren verschlungene Symbole auftätowiert.
»Antor Trelig.«
Ortega nickte. »Und?«
»Meine Frau Burodir«, erwiderte der größere Frosch.
»Entzückt«, erwiderte der Schlangen-Mann trocken. Er schaute sich um. Es gab Plätze, wo Uliks sich zusammenrollen konnten, einige Sessel und ein Sofa für humanoide Besucher, aber für Frösche schien nichts Passendes vorhanden zu sein. »Setzen Sie sich, wenn irgend etwas dazu geeignet ist.«
Die Sessel waren es, überraschenderweise. Als die Frösche saßen, wirkten sie beinahe menschlich.
»Sie wissen, was los ist, nehme ich an, also will ich nicht lange herumreden«, begann Ortega. »Die Yaxa haben Mavra Tschang, und sie stehen im Begriff, mit Tschang und Yulin jeden Augenblick in den Norden aufzubrechen. Wir müssen hin — wenn nicht vor ihnen, dann ungefähr zur selben Zeit wie sie. Der Weg wird mühsam, und am Ende kann es zu einem Kampf kommen. Es läuft auf eine Neuausgabe der Sechseck-Welt-Kriege im kleinen Maßstab auf neutralem Boden hinaus.«
Trelig nickte.
»Verstehe. Sie können auf meine volle Unterstützung zählen, Botschafter Ortega.«
»Unterstützung, ja — aber ich glaube, wir verstehen uns, Trelig«, sagte der Ulik betont. »Fallen Sie mir nicht in den Rücken. Ich schicke einige Leute als meine Vertreter mit. Einer davon ist ein Agitar, und Sie wissen, über welche Kräfte er verfügt.«
Trelig nickte wieder.
»Außerdem kommt eine Lata mit, deren Stich bei Makiem wirkt, und die auf Neu-Pompeii sehr schnell fliegen kann, und ein paar männliche und weibliche Dillia-Zentauren kommen auch mit, die beim Transport der Ausrüstung helfen. Überdies ist eine der Yaxa auf der anderen Seite eine gewisse Wooly, ehemals ein schwammsüchtiger Neuzugang.«
Trelig, seinerzeit Chef des Schwamm-Syndikats, erschrak.
»Sie hat geschworen, Sie um jeden Preis umzubringen, und schon mehrere Versuche dazu unternommen«, fuhr der Schlangen-Mann fort. »Im Norden wird sie es wieder probieren. Die Yaxa gehören zu den verschlagensten und gefährlichsten Wesen auf der Sechseck- Welt, so daß Sie sich Fehler nicht leisten können.«
»Ich bin so weit und so hoch gekommen, indem ich keine gemacht habe«, sagte Trelig. »Ich versichere Ihnen, daß Selbsterhaltung bei mir ein Hauptziel ist.«
»Also gut«, nickte Ortega. »Sie haben zwei Makiem-Schutzanzüge mitgebracht?«
»Ihre Leute arbeiten bereits daran«, warf Burodir ein. »Wir können uns auf den Weg machen, sobald sie fertig sind.«
Ortega seufzte.
»Na schön. Lassen Sie Ihre Ausrüstung umgehend transferieren, und erscheinen Sie um 04.00 Uhr zur Besprechung.«
Die Makiem standen auf und gingen zur Tür. Trelig drehte sich um und sagte:»Sie werden das nicht bereuen, Ortega.«
»Darauf können Sie sich verlassen«, erwiderte der Schlangen-Mann und sah ihnen nach. Die Tür schloß sich. »Du Halunke«, fügte er hinzu.
Zwei Gestalten traten hinter einer Trennwand hervor.
»Das ist also Trelig«, sagte Renard gepreßt. »Er sieht genauso aus wie immer — schleimig. Die Farbe paßt auch. Er hat sich nicht verändert.«
»Mir fällt auf, daß Sie ihm nicht gesagt haben, wer der Agitar ist«, sagte Vistaru.
Ortega gluckste.
»Nein, und es ist auch besser, wenn Sie sich einen falschen Namen zulegen, Renard. Etwas, das Sie nicht verrät — und sorgen Sie dafür, daß er nicht dahinterkommt.«
Renards Grinsen verlieh seinem Teufelsgesicht einen besonders bösartigen Ausdruck.
»Keine Sorge. Aber nichts wird mich hindern, den Kerl mit einem Stromstoß zu erledigen, sobald wir ihn nicht mehr brauchen. Das wird Ihnen klar sein.«
Ortega nickte. Trelig hatte Renard aus einer Heilanstalt auf einer Kom-Welt geholt, ihm große Mengen Schwamm zugeführt und ihn auf Neu-Pompeii als Sklaven gehalten. Mehr als jeder andere wußte Renard, wie groß Treligs moralische Verkommenheit war. Antor Trelig war ein Ungeheuer. Aber Trelig wußte nicht, daß Renard Renard war — und wenn keine Fehler gemacht wurden, konnte er es auch nicht erfahren.
»Wenn wir nur Mavra hätten«, sagte Vistaru mit zusammengebissenen Zähnen. »Dieses Miststück Wooly! Ich zahle ihr das heim, und wenn es das letzte ist, was ich mache.«
Ortega seufzte.
»Renard, kümmern Sie sich um die letzten Vorbereitungen.«
Der Agitar ging zur Tür, und Vistaru wollte ihm folgen, aber Ortega sagte:»Nein, nicht Sie, Vistaru. Bleiben Sie noch.«
Sie sah ihn verwirrt an. Hinter Renard schloß sich zischend die Tür.
»Ich glaube, es ist an der Zeit, Ihnen ein paar Dinge zu erzählen, die Sie noch nicht wissen«, sagte Ortega langsam. »Wooly weiß Bescheid — ich mußte es ihr sagen, um Mavra Tschangs Leben über die Jahre zu retten. Jetzt muß ich Sie einweihen.«Er zog eine dicke Akte mit der Aufschrift ›Mavra Tschang‹ aus einer Schublade. »Ich beginne am besten ganz von vorne«, sagte er bedächtig. »Es fing vor vierundfünfzig Jahren an, als Sie Nathan Brazil fanden…«