28

Nach seiner Begegnung mit dem Finsterweiher kehrte Walker Boh zum Kamin zurück, wo er den größten Teil der Woche nichts anderes tat, als über das, was er vernommen hatte, nachzudenken. Es war schönes Wetter draußen, die Tage waren warm und sonnig, die Luft erfüllt mit den Düften der Bäume, Blumen und Bäche. Im Tal fühlte er sich beschützt; er war es zufrieden, sich hier aufzuhalten. Ondits Gesellschaft reichte ihm völlig aus. Die große Moorkatze trottete während der langen Spaziergänge, die er zum Zeitvertreib unternahm, hinter ihm her, auf einsamen Pfaden, entlang den moosbewachsenen Flußufern, zwischen uralten Baumriesen. Bei Nacht saßen die beiden auf der Veranda der Hütte; die Katze döste vor sich hin, der Mann starrte zum gestirnten Himmel empor.

Er war in Gedanken versunken. Die Erinnerung an die Worte des Finsterweihers verfolgten ihn selbst am Kamin, in seinem Heim, wo nichts ihn hätte bedrohen sollen. Die Worte trieben unangenehme Spiele mit ihm, zwangen ihn, sich mit ihnen zu beschäftigen und zu ergründen, wieviel von dem, was sie ihm zuflüsterten, der Wahrheit entsprach und wieviel Lüge war. Er hatte gewußt, daß es so kommen würde, noch bevor er sich auf den Weg zum Finsterweiher gemacht hatte – daß die Worte unbestimmt und beunruhigend sein, daß sie in Rätseln und Halbwahrheiten sprechen würden. Er hatte es gewußt und war trotzdem nicht auf die damit verbundene Anstrengung vorbereitet.

Es gelang ihm, die Stelle, an der sich der schwarze El- fenstein befand, fast unverzüglich zu bestimmen. Es gab nur einen Ort, an dem Augen einen Mann zu Stein werden ließen und ihn durch Stimmen um den Verstand bringen konnten, einen Ort, an dem die Toten in vollkommener Dunkelheit bestattet waren – die Halle der Könige, tief in den Drachenzähnen. Es hieß, daß die Halle der Könige noch vor der Zeit der Druiden erbaut worden war, ein riesiges und unzugängliches Höhlenlabyrinth, in dem die Herrscher der Vier Länder ruhten; sie ruhten in einer gewaltigen Kammer, zu der die Lebenden keinen Zugang hatten, beschützt von der Dunkelheit und Statuen, genannt Sphinxe, halb Mensch, halb Tier, die die Fähigkeit besaßen, einen Lebenden in Stein zu verwandeln, und ferner bewohnt von unsichtbaren Wesen, Banshies genannt, die einen Teil der Höhlen, nämlich den Gang der Winde, bewohnten und deren Wehklagen jeden Sterblichen zum Wahnsinn treiben konnte.

Das Grabmal selbst, wo in dem mit Runen verzierten Behälter der schwarze Elfenstein aufbewahrt wurde, wurde von einem Drachen namens Valg bewacht, zumindest dann, wenn der Drache noch am Leben war. Irgendwann hatte ein grausamer Kampf stattgefunden zwischen dem Drachen und der unter Allanons Führung dort versammelten kleinen Gruppe, die zu Zeiten Shea Ohmsfords die Höhlen auf der Suche nach dem Schwert von Shannara betreten hatte.

Die Schwierigkeit lag jedoch nicht darin, den geheimnisvollen Aufenthaltsort des Elfensteins zu finden, sondern sich zu entscheiden, ob man ihn überhaupt aufsuchen wollte. Die Halle der Könige war ein äußerst gefährlicher Ort, selbst für jemand wie Walker Boh, der weniger befürchten mußte als ein normaler Mensch. Die Magie, selbst die Magie eines Druiden, bot möglicherweise nicht genügend Schutz – und Walker Bohs Magie war weitaus schwächer, als Allanons Magie es jemals gewesen war. Walker Boh machte sich jedoch genauso viele Sorgen über das, was der Finsterweiher nicht ausgesprochen hatte. Sicherlich steckte mehr dahinter, als er enthüllt hatte; er gab niemals alle seine Geheimnisse preis. Irgend etwas hatte er verschwiegen, und dabei handelte es sich wahrscheinlich um etwas, das Walker Boh töten konnte.

Außerdem war da noch die Sache mit den Visionen. Es waren drei Visionen gewesen, von denen eine beunruhigender war als die andere. Die erste hatte Walker Boh gezeigt, wie er über den anderen der kleinen Gruppe, die zum Hadeshorn und dem Geist von Allanon gekommen waren, mit abgehackter Hand auf Wolken schwebte. Die Vision hatte seine Behauptung verhöhnt, derzufolge er eher eine Hand verlieren wollte, als den Druiden zu gestatten zurückzukehren. Die zweite hatte ihn gezeigt, wie er eine Frau mit silbernem Haar zu Tode gebracht hatte, eine Gestalt von außerordentlicher Schönheit. Die dritte hatte ihm vor Augen geführt, wie Allanon ihn festhielt, während der Tod seine Hand nach ihm ausstreckte.

Jede dieser Visionen enthielt eine Spur von Wahrheit, das wußte Walker Boh – die Wahrheit, daß er sich vorsehen mußte und sie nicht einfach als Spott und Hohn des Finsterweihers abtun konnte. Die Visionen enthielten eine Bedeutung; der Finsterweiher hatte es ihm überlassen, diese Bedeutung zu ergründen.

Walker Boh ging also mit sich zu Rate. Aber die Tage vergingen, ohne daß die Antworten, die er brauchte, sich einstellten. Das einzig Sichere war der Aufenthaltsort des schwarzen Elfensteins. Die Anziehungskraft, die er auf den Dunklen Onkel ausübte, wurde stärker und stärker, wurde zu einem Köder, dem er sich nicht entziehen konnte.

Trotz seines Vorsatzes zu warten, bis er die Rätsel des Finsterweihers gelöst hatte, übermannte ihn schließlich das Verlangen, den vermißten Elfenstein zurückzugewinnen. In Gedanken hatte er sich das Gespräch so oft wiederholt, bis er darüber ganz krank war. Er gelangte zu der Überzeugung, daß er alles davon begriffen hatte, was er jemals begreifen würde. Er hatte keine andere Wahl, als sich auf die Suche nach dem schwarzen Elfenstein zu begeben und auf diese Weise zu entdecken, was er auf keine andere Weise entdecken konnte. Es würde gefährlich werden, aber er hatte schon gefährlichere Situationen überlebt. Er nahm sich vor, keine Angst zu haben, sondern nur vorsichtig zu sein.

Gegen Ende der Woche verließ er das Tal bei Sonnenaufgang. Er machte sich zu Fuß auf den Weg, eingehüllt in einen Mantel, der ihn vor Wind und Wetter schützen sollte, und mit einem Rucksack voller Vorräte. Das meiste, das er brauchte, würde er unterwegs finden. Er wanderte nach Westen zum Dunkelstreif und blickte sich nicht um, bis der Kamin außer Sichtweite war. Ondit war zurückgeblieben. Es fiel ihm schwer, die große Katze zu verlassen; mit ihr an seiner Seite hätte er sich wohler gefühlt. Nur wenige lebende Wesen konnten einer ausgewachsenen Moorkatze etwas anhaben. Trotzdem wäre es für Ondit außerhalb der schützenden Grenzen des Ostlandes gefährlich gewesen, wo sie sich nicht so leicht verstecken konnte und wo sie ihres natürlichen Schutzes beraubt war. Außerdem war dies allein Walker Bohs Suche.

Die Ironie, die mit seiner Entscheidung für die Suche verbunden war, blieb ihm nicht verborgen. Er war derjenige, der geschworen hatte, sich niemals mit den Druiden und ihren Machenschaften einzulassen. Er hatte Par auf seiner Reise zum Hadeshorn nur widerwillig begleitet. Er hatte dem Treffen mit dem Geist von Allanon den Rücken gekehrt in der Überzeugung, daß die Druiden mit den Ohmsfords ihre Spiele trieben und sie für ihre eigenen verborgenen Ziele benutzten. Cogline hatte er buchstäblich aus seinem Haus geworfen, hatte betont, daß die Bemühungen des anderen, ihn die Geheimnisse der Magie zu lehren, seine Entwicklung eher behindert als gefördert hatten. Er hatte damit gedroht, das Geschichtsbuch der Druiden, das der alte Mann ihm gebracht hatte, in den tiefsten Sumpf zu werfen.

Aber dann hatte er über den schwarzen Elfenstein gelesen, und das hatte alles verändert. Er konnte immer noch nicht sagen, warum. Teilweise lag es an seiner Neugier, seiner unstillbaren Wißbegierde. Existierte überhaupt so etwas wie der schwarze Elfenstein? War er in der Lage, das entschwundene Paranor zu neuem Leben zu erwecken, wie es die alten Geschichten verhießen? Fragen, die beantwortet werden mußten. Geheimnisse mußten enthüllt werden. Es gab ein Wissen, das nur darauf wartete, entdeckt zu werden. Genau diesem Ziel hatte er sein Leben verschrieben.

Er wollte glauben, daß auch seine Fairness und sein Mitgefühl Antrieb für ihn waren. Trotz allem, was er von den Druiden hielt, konnte etwas in Paranor schlummern, das den Vier Ländern im Kampf gegen die Schattenwesen von Nutzen sein konnte. Er fühlte sich unwohl bei dem Gedanken daran, daß er, sollte er nicht gehen, die Rassen zu einer Zukunft verdammen würde, wie sie der Geist des Druiden beschrieben hatte.

Als er aufbrach, nahm er sich vor, nur das zu tun, was er tun mußte, und nicht mehr als das, was er für vernünftig hielt. Er wollte, jetzt und für alle Zeiten, sein eigener Herr bleiben und nicht das Spielzeug werden, zu dem Allanons Geist ihn machen wollte.

Die Tage waren still und schwül, die sommerliche Hitze lastete immer schwerer auf ihm, während er durch die Wildnis schritt. Im Westen waren Wolken am Himmel aufgezogen. In den Bergen warteten Stürme auf ihn.

Er schritt am Mangoldstrom entlang und stieg in das Wolfsktaaggebirge hinauf, um es dann wieder hinter sich zu lassen. Nach einem dreitägigen Fußmarsch erreichte er schließlich Storlock. Die Störs versorgten ihn mit frischen Vorräten, und am Morgen des vierten Tages machte er sich auf den Weg, um die Rabbebene zu durchqueren. Mittlerweile hatten ihn die Stürme eingeholt, und der Regen, der auf ihn herabrieselte, hüllte die Landschaft in einen grauen Schleier. Föderationspatrouillen zu Pferd und Händlerkarawanen tauchten auf und verschwanden gleich Geistern, ohne ihn zu bemerken. In der Ferne hörte er Donnergrollen, ein Grollen der Unzufriedenheit, das durch die Leere hallte.

Er verbrachte die Nacht in der Rabbebene, wo er in einem Pappelhain sein Lager errichtete. Da er kein trockenes Feuerholz fand und bereits völlig durchnäßt war, zitterte er vor Kälte und Feuchtigkeit.

Am Morgen ließ der Regen nach, die Wolken verzogen sich und ließen vereinzelte Sonnenstrahlen durch einen grauen Schleier zu ihm durchdringen. Er rieb sich gelassen den Schlaf aus den Augen, aß etwas Obst und Käse und machte sich wieder auf den Weg. Die Drachenzähne türmten sich drohend vor ihm auf. Er erreichte den Paß, der ins Tal von Shale und zum Hadeshorn führte, zur Halle der Könige.

Weiter wollte er an diesem Tag nicht gehen. Er errichtete unter einem Felsvorsprung, wo die Erde trocken geblieben war, sein Lager. Mit dem Holz, das er fand, machte er Feuer, trocknete seine Kleider und wärmte sich auf. Nun war er auf den morgigen Tag, an dem er sich in die Höhlen wagen wollte, vorbereitet. Er nahm eine warme Mahlzeit zu sich und beobachtete, wie die Dunkelheit sich gleich einem schwarzen Schleier aus Wolken, Nebel und Nacht auf die leere Landschaft um ihn herum niederließ. Eine Zeitlang dachte er über seine Jugendzeit nach und fragte sich, was er hätte tun können, damit sie anders verlaufen wäre. Wieder setzte Regen ein.

Er schlief gut, ohne Träume und ohne aus dem Schlaf aufzuschrecken. Als er aufwachte, fühlte er sich ausgeruht und gerüstet für das Schicksal, das auf ihn wartete. Er war zuversichtlich, wenn auch nicht ohne Vorbehalte. Es hatte wieder aufgehört zu regnen. Eine Zeitlang lauschte er den Geräuschen des erwachenden Morgens, um mögliche Anzeichen einer Gefahr auszumachen. Es gab keine.

Er hüllte sich in seinen Mantel, schulterte seinen Rucksack und machte sich auf den Weg.

Während er so marschierte, verging der Morgen. Er bewegte sich jetzt vorsichtiger, ließ seine Augen auf der Suche nach Gefahren über den kahlen Felsen, über Schluchten und Spalten gleiten, verfolgte mit den Ohren jedes kleine Geräusch.

Er betrat das Tal von Shale. In seiner Mulde glitzerte feucht das schwarze Gestein, und das Wasser des Hadeshorns blubberte wie eine dicke grünliche Suppe. Er ging eine Zeitlang am Ufer entlang, bis er den See schließlich hinter sich ließ.

Jenseits des Sees stieg der Pfad steil an, und der Aufstieg wurde beschwerlicher. Der auffrischende Wind fegte den Nebel hinweg, bis die Luft frisch und klar war. Die Temperatur sank ab, zuerst langsam, dann immer rascher, bis sie unter den Gefrierpunkt gefallen war. Eiszapfen hingen an den Felsen, und Schneeflocken wirbelten mit jedem kleinen Windstoß um sein Gesicht. Er zog seinen Mantel fester um sich.

Er kam jetzt langsamer voran, und einige Zeit schien es ihm, als käme er überhaupt nicht vorwärts. Der holprige Weg wand sich zwischen den Felsen hindurch. Der Wind pfiff unbarmherzig, fraß sich in sein Gesicht und seine Hände, stieß ihn, als wolle er ihn umwerfen. Die Berghänge schienen unverändert, und es war ihm unmöglich zu bestimmen, wie weit er gekommen war. Er gab den Versuch auf, mehr zu hören oder zu sehen als das, was vor ihm lag, und beschränkte sich darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen, während er sich gleichzeitig so klein wie möglich machte, um sich vor der Kälte zu schützen.

Er mußte wieder an den schwarzen Elfenstein denken und daran, wie er wohl aussah und sich anfühlte und welcher Art seine Magie sein mochte. Während er sich dies durch den Kopf gehen ließ, gelang es ihm, die Welt, die er durchschritt, und die Unbehaglichkeit, die in ihm hochkroch, weitgehend zu vergessen. Er trug das Bild wie eine Fackel vor sich her und benutzte sie, um seinen Weg zu erhellen.

Es war Mittag, als er in eine Schlucht hineintrat, in eine breite Spalte zwischen zwei gewaltigen Felsgipfeln, die sich in ein Tal hinein öffnete; er ging auf einem schmalen, gewundenen Pfad weiter. Der Wind war mittlerweile nur mehr ein Flüstern, ein Echo, das in der plötzlich entstandenen Stille leise atmete. Die Feuchtigkeit, die die Gipfel umhüllte, sammelte sich in kleinen Seen. Walker Boh spürte, daß die beißende Kälte langsam nachließ. Mit gleichsam neu geschärften Sinnen suchte er die dunklen Spalten und Winkel der Schlucht ab, der er folgte. Plötzlich trat er aus ihr heraus. Seine Reise war beendet.

Vor ihm lag der in den Fels gehauene Eingang in die Halle der Könige, ein in die Höhe ragender schwarzer Schlund, zu dessen Seiten sich riesige steinerne Wächter in Gestalt von Kriegern in Rüstungen erhoben. Die Augen der Wächter, deren Gesichter durch Zeit und Wind verwittert waren, starrten auf Walker herunter, als könnten sie tatsächlich sehen.

Walker Boh verlangsamte seinen Schritt und blieb schließlich stehen. Hinter dem Eingang lag nichts als Finsternis und Stille. Der Wind, dessen Rauschen ihm immer noch in den Ohren klang, hatte sich völlig gelegt. Der Nebel war verschwunden.

Das Gefühl, das Walker Boh in diesem Augenblick hatte, war unmißverständlich. Es umhüllte ihn wie eine zweite Haut, drang in seinen Körper ein, bis es seine Knochen erreicht hatte. Es war das Gefühl des Todes.

Er lauschte der Stille. Er wartete. Er versuchte die Welt um sich herum mit seinem Geist zu erfassen. Er entdeckte gar nichts.

Die Minuten verstrichen.

Schließlich schritt er entschlossen vorwärts. Es war Nachmittag im Westland, dort, wo die Tirfingebene sich südlich der sonnengetränkten Ufer des Mermidon erstreckte. Es war ein trockener Sommer gewesen, das Land war durch die Hitze verdorrt.

Wren Ohmsford saß mit dem Rücken an dem Stamm einer riesigen Eiche, nahe der Stelle, wo die Pferde aus dem trüben Gewässer tranken, und beobachtete, wie die Sonne gleich einem Feuerball am westlichen Himmel versank. Ihr Glanz blendete sie und ließ sie nichts von dem erkennen, was auf sie zukam, weshalb sie schützend die Hände über die Augen legte. Es war eine Sache, wenn Garth sie bei einem Nickerchen ertappte; viel schlimmer jedoch war es, unachtsam zu sein gegenüber dem, der sie verfolgte.

Gedankenverloren schürzte sie die Lippen. Vor mehr als zwei Tagen hatten sie entdeckt, daß sie verfolgt wurden – besser gesagt, sie hatten es gespürt, da derjenige, der sie verfolgte, sorgsam darauf bedacht war, sich nicht zu zeigen. Er oder sie oder es – sie wußten es immer noch nicht. An diesem Morgen wollte Garth es herausfinden, nachdem er zuvor seine grellen Kleider abgelegt, erdfarbene Leinengewänder angezogen und sein Gesicht sowie seine Haare dunkler gefärbt hatte.

Wer ihnen auch folgte, er mußte sich auf eine unangenehme Überraschung gefaßt machen.

Aber der Tag neigte sich dem Ende zu, und der Fahrende war noch nicht zurückgekehrt. Ihr Schatten war möglicherweise klüger, als sie angenommen hatten. Was kann er wollen? grübelte sie.

Ihr Blick wanderte zu der großen Ebene im Osten. Es war beunruhigend genug, auf diese Weise verfolgt zu werden. Noch beunruhigender war es zu erkennen, daß die Verfolgung irgend etwas mit ihren Nachforschungen nach den Elfen zu tun hatte.

Sie seufzte, verärgert über den Lauf der Dinge. Die Begegnung mit dem Geist von Allanon hatte sie durcheinandergebracht; sie war nicht nur unzufrieden mit dem, was sie gehört hatte, sondern zudem nicht sicher, was sie unternehmen sollte. Ihr gesunder Menschenverstand sagte ihr, daß das, was der Geist von ihr verlangte, unmöglich war. Aber irgend etwas in ihrem Inneren, dieser sechste Sinn, auf den sie sich gern verließ, flüsterte ihr zu, daß Druiden schon immer mehr gewußt hatten als Sterbliche, daß ihre Warnungen und die Aufgaben, die sie den Menschen erteilten, immer einen Wert gehabt hatten. Par vertraute darauf. Er hatte sich höchstwahrscheinlich schon längst auf die Suche nach dem verschwundenen Schwert von Shannara begeben. Und obwohl Walker Boh wutentbrannt davongestürmt war, gar geschworen hatte, daß er sich nie mit den Druiden einlassen werde, war sein Zorn sicher vergangen. Er war ein zu rationaler und beherrschter Mensch, als daß er die Sache so leicht abgetan hätte. Genau wie sie würde er sich die Sache noch einmal durch den Kopf gehen lassen.

Wehmütig schüttelte sie den Kopf. Eine Zeitlang hatte sie geglaubt, ihre Entscheidung sei unwiderruflich. Sie hatte sich eingeredet, daß sie sich von ihrem gesunden Menschenverstand leiten lassen müsse, war daraufhin mit Garth zu ihren Leuten zurückgekehrt und hatte Allanon und die verschwundenen Elfen aus ihrem Gedächtnis verbannt.

Aber die Zweifel wollten nicht weichen, dieses nagende Gefühl, daß irgend etwas an ihrem Vorsatz, die Sache nicht weiter zu verfolgen, nicht richtig war. Sie hatte daraufhin fast widerwillig begonnen, Fragen über die Elfen zu stellen. Es war ihr nicht schwer gefallen; die Fahrenden durchwanderten im Laufe eines Jahres das Westland von einem Ende zum anderen. Es gab immer neue Menschen, mit denen man sich unterhalten konnte. Welchen Schaden hätten sie nehmen sollen, wenn sie sich nach den Elfen erkundigte?

Manchmal hatte sie ihre Fragen ernst gestellt, manchmal im Scherz. Aber die Antworten, die sie erhalten hatte, waren alle gleich. Die Elfen waren verschwunden, und zwar schon zu einer Zeit, an die sich keiner mehr erinnern konnte, noch vor der Zeit ihrer Großväter und Großmütter. Keiner hatte jemals einen Elfen zu Gesicht bekommen. Die meisten waren sich nicht sicher, daß es jemals welche gegeben hatte.

Aus den Augenwinkeln gewahrte sie eine Bewegung, einen Schatten in der Schwüle der Ebene, worauf sie sich vorsichtig erhob. Regungslos verharrte sie unter der Eiche, während der Schatten Gestalt annahm und sich in Garth verwandelte. Der Fahrende, dem der Schweiß über den muskulösen Körper lief, kam auf sie zu. Er schien nicht einmal außer Atem; er glich einer niemals müde werdenden Maschine, der selbst die sengende sommerliche Hitze nichts anhaben konnte. Er machte ein kurzes Zeichen, schüttelte den Kopf. Wer sie auch verfolgte, er war ihm entkommen.

Wren bückte sich und reichte ihm den Wasserschlauch. Während er trank, lehnte sie ihren schlanken Körper gegen die rauhe Rinde der Eiche und starrte hinaus auf die leere Ebene. In einer unbewußten Bewegung fuhr ihre Hand nach oben, um den kleinen ledernen Beu- tel zu berühren, den sie um den Hals trug. Gedankenverloren ließ sie den Inhalt durch ihre Finger gleiten. Die magischen Steine. Was für ein Glück würden sie ihr jetzt bringen?

Ihr sonnengebräuntes Gesicht drückte Entschlossenheit aus, als sie ihr Unbehagen beiseite schob. Sie schätzte es nicht, wenn man sie verfolgte, und sie war entschlossen, dieser Verfolgung ein Ende zu machen. Sie würden ihre Reiseroute ändern, ihre Spuren beseitigen, ein- oder zweimal umkehren, die ganze Nacht reiten, sofern dies notwendig werden sollte, und damit ihren Schatten ein für allemal abschütteln. Vorsichtig trat Walker Boh in die Halle der Könige, zwischen den riesigen steinernen Wächtern, die den Eingang der Höhle bewachten, in die dahinterliegende Finsternis. Hier blieb er stehen, um seine Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen. Er gewahrte Licht, ein grünliches Leuchten, das von den Felsen ausging. Er würde also keine Fackel anzünden müssen, um seinen Weg zu finden.

Einen Augenblick sah er ein Bild der Höhlen vor seinem geistigen Auge, eine Nachbildung dessen, was er zu sehen erwartete. Cogline hatte sie ihm vor langer Zeit auf Papier aufgezeichnet. Der alte Mann war nie selbst in den Höhlen gewesen, aber andere Druiden sehr wohl, darunter auch Allanon, und Cogline hatte die Karten studiert, die sie gezeichnet hatten, und seinen Schülern deren Geheimnisse offenbart. Walker war zuversichtlich, daß er den Weg finden würde.

Er ging los.

Der Gang war breit und glatt, und weder zu seinen Füßen noch an den Wänden sah er scharfkantige Vorsprün- ge oder Ritzen. In der fast vollkommenen Dunkelheit herrschte ein Schweigen, in dem nur das schwache Echo seiner Schritte zu hören war. Die Luft ließ ihn frösteln; sie strahlte eine Kälte aus, die seit Jahrhunderten in dem Felsgestein lagerte und durch nichts zu vertreiben war. Unerfreuliche Gefühle beschlichen ihn – Einsamkeit, Sinnlosigkeit. Die Höhlen gaben ihm zudem das Gefühl, winzig klein zu sein; sie machten ihn zum Nichts, zu einer Kreatur, deren bloße Anwesenheit an diesem uralten, verbotenen Ort einer Beleidigung gleichkam. Er kämpfte gegen die Gefühle an, da er begriff, wie verwundbar sie ihn machten.

Bald darauf erreichte er die Höhle der Sphinxe. Wieder blieb er stehen, dieses Mal, um sich tief drinnen, wo die steinerne Macht ihn nicht erreichen konnte, zu sammeln. Als er bereit war, schritt er vorwärts. Er hielt seine Augen auf den staubigen Boden gerichtet.

Im Geiste sah er, wie die Sphinxe drohend über ihm aufragten, riesige steinerne Gestalten, die von der gleichen Hand geschaffen waren wie die Wächter. Die Sphinxe, so hieß es, hatten menschliche Gesichter, aber die Leiber von Tieren, die aus einem anderen Zeitalter stammten und die kein lebendiges Wesen je zu Gesicht bekommen hatte. Sie waren alt, so unbeschreiblich alt, daß eines ihrer Leben Hunderten von Leben sterblicher Menschen gleichkam. So viele Monarchen hatten unter ihrem Blick regiert, um dann in ihren Felsengräbern zur ewigen Ruhe gebettet zu werden.

»Sieh uns an«, flüsterten sie. »Schau, wie herrlich wir sind!«

Er spürte ihre Augen auf sich ruhen, hörte das Flüstern ihrer Stimmen in seinem Geist, fühlte, wie sie an den Schutzschichten, die er um sich gelegt hatte, zogen und zerrten, während sie ihn anflehten, den Blick zu heben. Er bewegte sich jetzt schneller, mühte sich, das Geflüster zu verscheuchen, widerstand dem Drang, ihnen zu gehorchen. Die steinernen Bestien schienen ihn anzubrüllen.

»Walker Boh! Sieh uns an! Du mußt!«

Er kämpfte sich vorwärts, während ihre Stimmen seinen Geist bedrängten und seine Vorsätze schwanden. Trotz der Kälte rann Schweiß über sein Gesicht, und seine Muskeln verspannten sich bis zum Schmerz. Er knirschte mit den Zähnen, tadelte sich ob seiner Müdigkeit, und plötzlich kam ihm die bittere, verzweifelte Erinnerung, daß Allanon schon vor ihm hier gewesen war und mit ihm sieben Männer, die sich seinem Schutz anvertraut hatten, und daß der Druide standgehalten hatte.

Schließlich hielt auch er stand. Gerade, als das Gefühl in ihm hochkroch, daß er es nicht schaffen würde, daß er aufgeben mußte, erreichte er das andere Ende der Höhle und trat in den dahinterliegenden Gang. Die Flüsterstimmen verklangen, bis sie nicht mehr zu hören waren. Er blickte nach oben, widerstand jedoch dem Drang, sich umzusehen, und schritt erneut vorwärts.

Der schmäler werdende Gang wand sich nach unten. Im Gefühl der Unsicherheit darüber, was hinter den dunklen Ecken möglicherweise auf ihn lauerte, verlangsamte er seinen Schritt. Das grünliche Licht strahlte nur an wenigen Stellen von der Felswand ab, und der Gang schien erfüllt von Schatten. Er war gewiß, daß irgend etwas, dessen Gegenwart er mit jedem Schritt mehr spürte, nur darauf wartete, ihn anzugreifen. Einen Augenblick zog er die Möglichkeit in Betracht, den Gang mit Hilfe seiner Magie zu erhellen, um zu sehen, was sich vor ihm versteckte; er verwarf sie ebenso schnell wieder. Wenn er die Magie beschwor, würde er lediglich preisgeben, daß er über eine besondere Macht verfügte. Es schien ihm besser, dieses Geheimnis zu bewahren. Die Magie war eine Waffe, mit der er sehr viel mehr erreichen konnte, wenn er sie unerwartet einsetzte.

Doch nichts zeigte sich. Mit einem Achselzucken schüttelte er sein Unbehagen von sich ab und ging weiter, bis sich der Gang, der jetzt ziemlich gerade verlief, allmählich verbreiterte.

Dann hörte er das Geräusch.

Obwohl er wußte, daß es ganz plötzlich losbrechen würde, war er, als es soweit war, nicht vorbereitet. Es stürzte auf ihn nieder, umschlang ihn wie mit eisernen Armen und zerrte ihn vorwärts. Er hörte das Toben der Winde durch den Gang, das Heulen der Sturmwinde in der Ebene, das Schlagen der Wellen gegen die Felsen am Ufer. Und darunter vernahm er die grausigen Schreie der gemarterten Seelen, deren Gebeine sich an den Höhlenwänden rieben.

Von Panik erfaßt, versuchte Walker Boh seine Widerstandskraft zu mobilisieren. Er befand sich im Gang der Winde, wo die Banshies sich auf ihn stürzten. Augenblicklich schottete er sich gegen alles um sich herum ab, wehrte sich mit solcher Willensstärke gegen die entsetzlichen Laute, daß er hin- und hergeworfen wurde, ließ nur eine einzige Vorstellung in seinem Kopf existieren – die Vorstellung von sich selbst. Indern er das Bild im Geist ausschmückte, konnte er Leben, Kraft und Entschlossenheit sammeln. Er zwang sich weiterzugehen. Es gelang ihm, die Schreie der Banshies abzuwehren, bis sie zu einem seltsamen Summen herabsanken, das an ihm zerrte und riß und verzweifelt versuchte, zu ihm durchzudringen. Er gewahrte, wie er den Gang der Winde langsam hinter sich ließ, eine kahle und leere Höhle, in der alles unsichtbar war. Nur das Wehklagen war da gleich schillernden Kaskaden, die durch die Finsternis stoben.

Nichts, was Walker Boh tat, konnte die Wirkung der Schreie mildern. Sie setzten ihm weiterhin zu, malträtierten seinen Körper, als wären sie lebendige Wesen. Er spürte, wie seine Kräfte schwanden, genau wie zuvor, als die Sphinxe sich auf ihn gestürzt hatten und sein Widerstand erlahmt war. Die Stärke des Angriffs war erschütternd. Er kämpfte dagegen an, obwohl ihn Verzweiflung beschlich, als er sah, wie das Bild, an dem er sich festgehalten hatte, anfing zu flimmern, um dann zu verschwinden. Er verlor langsam die Kontrolle. In einer Minute würde er vollkommen schutzlos sein.

Und dann geschah es abermals: Er trat genau in dem Augenblick aus dem Gang der Winde hinaus, als er glaubte, nicht mehr widerstehen zu können. Er stolperte in eine kleine Höhle, die sich an den Gang anschloß. Die Schreie der Banshies verklangen. Er glitt, am ganzen Körper zitternd, zu Boden. Er atmete langsam ein und aus, bis es ihm gelang, das Entsetzen abzuschütteln. Die Zeit schien stehengeblieben zu sein, und er schloß kurz die Augen.

Als er sie wieder öffnete, blickte er auf zwei riesige Steintüren, die durch eiserne Scharniere mit dem Felsen verbunden waren. In die steinernen Türen waren Runen gehauen, uralte Zeichen, die feuerrot leuchteten.

Er hatte die Rotunda erreicht, das Grabmal der Könige der Vier Länder.

Er erhob sich, schulterte seinen Rucksack und ging auf die Türen zu. Einen Augenblick betrachtete er die Zei- chen, legte eine Hand vorsichtig an den Stein und drückte. Die Türflügel öffneten sich, und er trat hinein.

Er befand sich in einer riesigen, kreisrunden Höhle, die von grünlichem Licht erhellt wurde. Versiegelte Grabkammern säumten die Wand; die darin liegenden Toten waren durch Mörtel und Stein für immer vor den Augen aller verborgen. Davor standen, feierlich und zeitlos, Statuen, die die Herrscher bewachten. Vor jeder Statue waren die Reichtümer des Toten aufgehäuft – Truhen voll kostbarer Juwelen, Pelze, Waffen und Schätze aller Art. Sie waren vollkommen verstaubt und kaum zu erkennen. Die Wände des Grabmals türmten sich zu allen Seiten so hoch auf, daß sie dort, wo die Decke gleich einem undurchdringlichen schwarzen Gewölbe auf ihnen ruhte, in der Finsternis verschwanden.

Das Grabmal schien bar allen Lebens.

Am anderen Ende der Halle befanden sich wieder zwei verschlossene Türen. Hinter diesen Türen hatte einst der Drache Valg gehaust. Dort lag der Scheiterhaufen der Toten, ein Altar, auf dem die hingeschiedenen Herrscher der Vier Länder vor ihrer Verbrennung während einer festgelegten Anzahl von Tagen aufgebahrt waren. Von dem Altar führte eine steinerne Treppe hinunter zu dem See, in dem sich der Drache versteckte. Angeblich hielt er die Totenwache. Es hätte Walker Boh keineswegs verwundert, wenn der Drache die Leichen verschlungen hätte.

Einen Augenblick lauschte er, um zu hören, ob sich irgend etwas bewegte oder atmete. Er hörte nichts. Er ließ seinen Blick durch das Grabgewölbe schweifen. Der schwarze Elfenstein befand sich hier, nicht in der dahinterliegenden Höhle. Wenn er schnell und vorsichtig genug war, mußte er möglicherweise gar nicht herausfinden, ob der Drache noch am Leben war oder nicht.

Er schob sich geräuschlos an den Grabkammern der Toten, ihren Statuen und ihren Reichtümern vorbei. Er schenkte den Schätzen keine Beachtung; von Cogline wußte er, daß sie mit einem Gift überzogen waren, das jeden, der es berührte, augenblicklich tötete. Während er seinen Weg fortsetzte und seinen Blick über die Felswände und die eingehauenen Runen schweifen ließ, machte er einen großen Bogen um jede Grabstätte. Als er seinen Rundgang beendet hatte, befand er sich wieder an der Stelle, von der er ausgegangen war.

Nichts.

Nachdenklich runzelte er die Stirn. Wo war der Behälter, der den schwarzen Elfenstein enthielt?

Er ließ seinen Blick ein zweites Mal durch die Halle schweifen, durchbohrte mit seinen Augen den Schleier aus grünlichem Licht, prüfte jeden einzelnen Schatten. Irgend etwas mußte er übersehen haben. Aber was?

Er schloß kurz die Augen und ließ seine Gedanken auf Suche gehen. Irgend etwas spürte er, etwas Winziges, das scheinbar seinen Namen flüsterte. Er riß die Augen auf. Sein Gesicht straffte sich. Das winzige Etwas befand sich nicht in der Wand, sondern im Boden unter ihm.

Wieder setzte er sich in Bewegung, ging jedoch schnurstracks durch die Halle; er ließ sich durch sein Gefühl, das ihm verhieß, daß am anderen Ende etwas auf ihn wartete, leiten. Er kam zu dem Schluß, daß es der schwarze Elfenstein war. Er entfernte sich von den Statuen und ihren Schätzen, weg von den Grabkammern, die er jetzt nicht einmal mehr wahrnahm, während sich seine Augen auf eine Stelle ungefähr in der Mitte der Halle richteten.

Als er die Stelle erreichte, stieß er auf einen rechteckigen Stein, der auf dem Boden lag. Auf der Oberfläche waren Runen eingehauen, Inschriften, die so verwittert waren, daß er sie nicht entziffern konnte.

Er kniete nieder, eine einsame Gestalt in der Mitte der Halle, die selbst die Toten flohen. Er strich über die steinernen Inschriften und versuchte erneut, sie zu entziffern. Dann verließ ihn die Geduld, und er gab auf. Mit beiden Händen drückte er gegen den Stein. Ohne großen Widerstand konnte er den Stein zur Seite schieben.

Das darunter befindliche Loch war dunkel, so daß er nichts ausmachen konnte. Doch da war etwas…

Seine Vorsicht, die ihm bisher so gute Dienste geleistet hatte, außer Acht lassend, steckte er seine Hand in die Öffnung hinein.

In derselben Sekunde schlang sich irgend etwas um seine Hand und packte ihn. Einen Augenblick spürte er einen unbeschreiblichen Schmerz und dann Taubheit. Er versuchte sich loszureißen, aber er konnte sich nicht bewegen. Panik erfüllte ihn. Noch immer konnte er nicht sehen, was sich in dem Loch befand.

In seiner Verzweiflung gebrauchte er die Magie, beschwor mit seiner freien Hand Licht und schickte es rasch in das Loch.

Das, was er sah, erfüllte ihn mit eisiger Kälte. Er sah keinen Elfenstein. Statt dessen hatte sich eine Schlange seiner Hand bemächtigt. Aber es handelte sich um keine gewöhnliche Schlange. Er erkannte, daß diese Schlange sehr viel gefährlicher war. Es war eine Asphinx, eine Kreatur aus uralter Zeit, die zur gleichen Zeit erschaffen worden war wie ihre riesigen Gegenstücke in den davor liegenden Höhlen, die Sphinxe. Aber die Asphinx war eine Kreatur aus Fleisch und Blut, die sich erst, wenn sie zugestoßen hatte, in Stein verwandelte. Und was sie berührte, verwandelte sich ebenfalls in Stein.

Walker Boh biß die Zähne zusammen. Seine Hand hatte sich bereits gräulich verfärbt, während die Asphinx sie immer noch eng umschlungen hielt, war tot und hart und mit dem Boden verbunden, von dem er sie nicht mehr losreißen konnte.

Er wehrte sich gegen die Kreatur mit all seinen Kräften. Aber es gab kein Entkommen. Er war im Stein gefangen, verbunden mit der Asphinx und dem Höhlenboden, als hielten ihn Ketten.

Angst erfaßte ihn, durchfuhr ihn gleich einem Messer, das sich in sein Fleisch bohrte. Er war vergiftet. Ebenso wie sich seine Hand in Stein verwandelte, würde sich der Rest seines Körpers in Stein verwandeln. Langsam. Unerbittlich.

Bis er eine steinerne Statue war.

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