Achtzehn

Sie brachten mich wieder in den Mulch zurück. Als ich zu mir kam, fuhr die Gondel durch Wind und Regen nach unten, und der Regen prasselte gegen die Fenster. Einen Augenblick lang glaubte ich, mit Captain Balcazar im Shuttle zu sitzen und durch das All zu dem Treffen an Bord des anderen Flottillenschiffs zu fliegen. Die Träume wurden allmählich intensiver, führten mich tiefer hinein in Skys Gedanken und waren schwerer abzuschütteln, wenn ich erwachte. Aber ich war allein mit Waverly in der Seilbahngondel.

Das musste nicht unbedingt ein Fortschritt sein.

»Wie fühlen Sie sich? Ich denke, ich habe Sie gut hinbekommen.«

Er saß mir mit einer Pistole in der Hand gegenüber. Ich erinnerte mich, wie er mir die Sonde an den Kopf gedrückt hatte, und betastete meine Schläfe. Über dem rechten Ohr fand ich eine kahle, noch mit Blut verkrustete Stelle, und unter der Haut spürte ich eine harte Beule.

Es tat höllisch weh.

»Ich glaube, Sie brauchen noch Übung.«

»Typisch für mich. Aber Sie sind ein seltsamer Fall. Was hat das viele Blut zu bedeuten, das aus Ihrer Hand kommt? Ist das ein Krankheitssymptom, etwas, das ich wissen sollte?«

»Warum? Würde das etwas ändern?«

Er ging mit sich zu Rate. »Nein, vermutlich nicht. Wenn Sie rennen können, sind Sie fit genug.«

»Fit genug wofür?« Wieder betastete ich den Schorf. »Was haben Sie mir da reingesteckt?«

»Ich will es Ihnen erklären.«

Ich hatte nicht erwartet, dass er so gesprächig sein würde, aber ich sah allmählich ein, dass es aus seiner Sicht sinnvoll sein mochte, wenn ich wenigstens einige Fakten kannte. Weniger aus Sorge um mein Wohlergehen, sondern viel mehr, um mich angemessen zu präparieren. Bei früheren Spielen hatte sich gezeigt, dass es den Unterhaltungswert beträchtlich erhöhte, wenn die Opfer genau wussten, was auf dem Spiel stand und welche Chancen sie hatten.

»Im Grunde«, begann er liebenswürdig, »handelt es sich um eine Jagd. Wir nennen sie das Große Spiel. Offiziell existiert es nicht, nicht einmal im relativ rechtsfreien Raum des Baldachins. Man weiß und man spricht davon, aber immer sehr diskret.«

»Wer ist ›man‹?«, fragte ich, um überhaupt etwas zu sagen.

»Postmortale Unsterbliche, nennen Sie sie, wie Sie wollen. Nicht alle spielen das Große Spiel, nicht alle wollen etwas damit zu tun haben, aber jeder kennt jemanden, der daran teilnimmt oder Verbindungen zu der Organisation hat, die es erst ermöglicht.«

»Geht das schon lange?«

»Es hat sich in den letzten sieben Jahren entwickelt. Man könnte es als barbarischen Kontrapunkt zu der kultivierten Atmosphäre sehen, die Yellowstone vor dem Sturz prägte.«

»Barbarisch?«

»O ja, herrlich barbarisch. Deshalb gefällt es uns ja so gut. Das Große Spiel ist weder in seinen Methoden, noch in seiner Psychologie kompliziert oder sonderlich subtil. Man muss es sehr kurzfristig organisieren können, an jedem Punkt der Stadt. Natürlich gibt es Regeln, aber man braucht nicht erst zu den Musterschiebern zu reisen, um sie zu verstehen.«

»Was sind das für Regeln, Waverly?«

»Oh, darüber brauchen Sie sich wirklich nicht den Kopf zu zerbrechen, Mirabel. Sie brauchen nur zu rennen.«

»Und dann?«

»Zu sterben. Und das mit Anstand.« Er redete wie ein gütiger Onkel. »Das ist alles, was wir von Ihnen verlangen.«

»Warum tun Sie das?«

»Einem anderen Menschen das Leben zu nehmen, hat einen ganz eigenen Reiz, Mirabel. Tut man es, wenn man selbst unsterblich ist, so verleiht man der Tat damit noch viel erhabenere Dimensionen.« Er hielt inne, wie um sich zu sammeln. »Das Wesen des Todes können wir selbst in diesen schwierigen Zeiten nicht wirklich erfassen. Aber wenn wir einem Menschen — besonders einem Menschen, der nicht unsterblich ist und deshalb den Tod besonders plastisch vor sich sieht — das Leben nehmen, bekommen wir damit aus zweiter Hand einen Eindruck, was es damit auf sich hat.«

»Die Menschen, die Sie jagen, sind also keine Unsterblichen?«

»Im Allgemeinen nicht. Gewöhnlich suchen wir unsere Opfer im Mulch, wobei wir Wert darauf legen, dass sie halbwegs bei Kräften sind. Wir wollen natürlich eine ordentliche Jagd für unser Geld, deshalb ist es auch nicht unter unserer Würde, sie vorher noch zu füttern.«

Er erzählte mir noch mehr; das Große Spiel wurde von einer geheimen Organisation finanziert. Mitglieder waren zumeist Bewohner des Baldachins, aber dem Vernehmen nach auch vergnügungssüchtige Freigeister aus einigen der Karussells im Rostgürtel, die noch bewohnt waren, oder aus anderen Siedlungen auf Yellowstone wie etwa Loreanville. Kein Mitglied kannte mehr als eine Handvoll anderer Teilnehmer, und man kaschierte seine Identität mit einem komplizierten System von Masken und Tarnnamen, sodass im öffentlichen Leben des Baldachins, wo man sich immer noch viel auf seine dekadente Vornehmheit zugute tat, niemand bloßgestellt werden konnte. Jagden wurden kurzfristig und nur für kleine Gruppen angesetzt. Man traf sich in einem verlassenen Teil des Baldachins. Noch in der gleichen Nacht — oder höchstens einen Tag vor dem Ereignis — holte man sich dann ein Opfer aus dem Mulch und ließ es präparieren.

Die Implantate waren eine neuere Errungenschaft.

Sie ermöglichten einer größeren Gruppe von Mitgliedern die Teilnahme an der Jagd, wodurch die Ausbeute potenziell beträchtlich erhöht wurde. Andere Teilnehmer halfen bei der Dokumentation, sie wagten sich sogar in den Mulch, um Videoaufzeichnungen von einer Jagd in den Baldachin zu bringen, wo die spektakulärsten Bilder prämiert wurden. Einfache Spielregeln — auf deren Einhaltung strenger geachtet wurde als bei den juristischen Bestimmungen, die in der Stadt noch gültig waren — steckten den Rahmen ab, in dem sich die Jagd bewegte, und legten fest, welche Spürgeräte und Waffen erlaubt waren und wie ein Opfer waidgerecht getötet wurde.

»Die Sache hat nur einen Haken«, sagte ich. »Ich stamme nicht aus dem Mulch. Ich kenne mich in Ihrer Stadt nicht aus. Ich weiß nicht, ob sich der Einsatz für Sie lohnen wird.«

»Ach, das kriegen wir schon hin. Sie bekommen einen angemessenen Vorsprung vor den Jägern. Ehrlich gesagt ist es für uns sogar von Vorteil, dass Sie nicht von hier sind. Die Einheimischen kennen viel zu viele Abkürzungen und Schlupflöcher.«

»Wie unsportlich. Waverly, Sie sollten allerdings eines wissen.«

»Ja?«

»Ich werde zurückkommen und Sie töten.«

Er lachte. »Tut mir Leid, Mirabel, aber das haben schon viele gesagt.«

Die Gondel landete, die Tür ging auf, und er forderte mich zum Aussteigen auf.

Ich rannte los, sobald die Scheinwerfer abgeblendet wurden und die Gondel sich zum Baldachin emporschwang. Noch während sie als dunkler Fleck vor den milchigweißen Lichterketten nach oben schwebte, senkten sich wie ein Schwarm Glühwürmchen weitere Gondeln herab. Sie kamen nicht direkt auf mich zu — das wäre unsportlich gewesen —, aber sie steuerten zielsicher die Region des Mulch an, in der ich mich befand.

Das Große Spiel hatte begonnen.

Ich rannte weiter.

Wenn der Teil des Mulch, wo der Rikschajunge mich abgesetzt hatte, eine schlechte Gegend war, dann hatte dieses Viertel noch eine andere Eigenschaft: es war so entvölkert, dass man es nicht einmal als eigentlich gefährlich bezeichnen konnte — es sei denn, man wäre das unfreiwillige Opfer einer nächtlichen Jagd. In den unteren Etagen der Gebäude brannte kein Feuer, und die Slum-Krusten wirkten unbewohnt und verwahrlost, halb verfallen und nicht zugänglich. Die Straßen waren in noch schlechterem Zustand als die bisherigen, die ich benützt hatte, ihre Beläge waren aufgeweicht und rissig, oft endeten sie über einem Wassergraben in der Luft oder verschwanden einfach in den Fluten. Es war dunkel, und ich musste bei jedem Schritt aufpassen, wo ich hintrat.

Waverly hatte mir einen Gefallen getan, als er bei der Abfahrt die Innenbeleuchtung ausschaltete. Dadurch hatten sich wenigstens meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt. Aber meine Dankbarkeit hielt sich in Grenzen.

Im Laufen beobachtete ich über die Schulter hinweg, wie die Gondeln immer tiefer sanken und schließlich hinter den nächsten Gebäuden verschwanden. Jetzt waren sie schon so nahe, dass ich sehen konnte, wer darin saß. Ich war davon ausgegangen, dass ich es nur mit dem Mann und der Frau zu tun hätte, aber das war ganz offensichtlich ein Irrtum gewesen. Vielleicht waren sie — nach den Regeln der Organisation — nur an der Reihe gewesen, ein Opfer zu suchen, und ich war ihnen blindlings in die Arme gelaufen.

Soll ich so sterben?, dachte ich. Im Krieg hatte ich Dutzende von Malen dem Tod ins Auge gesehen; und als ich für Cahuella arbeitete, war es nicht anders gewesen. Reivich hatte mindestens zwei Mordanschläge auf mich verübt und in beiden Fällen beinahe Erfolg gehabt. Aber wenn ich diese Begegnungen mit dem Tod nicht überlebt hätte, so hätten mir meine Gegner doch immerhin einen gewissen Respekt abgenötigt. Ich hätte mich in dem Gefühl, aus freien Stücken den Kampf aufgenommen zu haben, in mein Schicksal gefügt.

Doch hier hatte ich nichts mitzureden gehabt.

Du brauchst ein Versteck, dachte ich. Ich war von Gebäuden umgeben, auch wenn ich auf Anhieb keine Möglichkeit sah, ins Innere zu gelangen. Wenn ich erst drinnen war, wäre ich in meiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt, blieb ich aber draußen, dann böte ich den Jägern immer wieder ein leichtes Ziel. Und ich klammerte mich an die — durch nichts gestützte — Vorstellung, der implantierte Sender könnte weniger gut funktionieren, wenn ich mich versteckte. Außerdem vermutete ich, ein Nahkampf sei nicht ganz das Finale, das meine Verfolger im Sinn hatten; sie würden mich lieber aus der Ferne erschießen, während ich offenes Gelände überquerte. Wenn dem so war, wollte ich ihnen die Suppe nur allzu gern versalzen, auch wenn mir das nur wenige Minuten einbrächte.

Bis zu den Knien im Wasser, watete ich so schnell wie möglich auf die unbeleuchtete Seite des nächsten Gebäudes zu, eine gerillte Wand, die sieben oder achthundert Meter senkrecht aufragte, bevor sie mutierte und sich fächerförmig in den Baldachin hinein ausbreitete. Anders als viele andere ringsum war dieser Bau auf Straßenniveau schwer beschädigt worden und zeigte Risse und Löcher wie ein Baum, den der Blitz getroffen hatte. Einige der Blessuren waren nur oberflächlich, aber andere gingen offenbar durch bis ins Innere des toten Gebäudes. Von dort könnte ich möglicherweise in die oberen Stockwerke gelangen.

Ein grell blauer Lichtfinger glitt über die Außenseite der Ruine. Ich kauerte mich ins Wasser, bis nur noch der Kopf heraus schaute und der Gestank fast unerträglich war, und wartete, bis der Suchscheinwerfer weiterzog. Jetzt konnte ich Stimmen hören, sie kreischten wie ein Rudel brünstiger Schakale. Schwarze Menschenschatten huschten, beladen mit den Mordinstrumenten, die im Großen Spiel erlaubt waren, ganz in meiner Nähe zwischen den Gebäuden umher und winkten einander zu.

Mehrere ungezielte Schüsse trafen das Gebäude, Kalk- und Mauerbrocken klatschten ins Wasser. Ein Lichtstrahl glitt knapp über meinem Kopf über die Seitenwand. Meine mühsamen Atemzüge — ich hatte gegen den Druck des schmutzigen Wassers zu kämpfen — klangen mir ihrerseits wie Waffenlärm in den Ohren.

Ich holte tief Luft und tauchte in der Brühe unter.

Sehen konnte ich natürlich nichts, aber das behinderte mich nur wenig. Ich verließ mich auf meinen Tastsinn. Mit den Fingern strich ich so lange über die Wand des Gebäudes, bis ich eine Stelle fand, wo sie sich nach innen öffnete. Das Wasser übertrug das Geräusch weiterer Schüsse, wieder spritzte es auf. Ich hätte mich am liebsten übergeben. Doch dann sah ich das Lächeln des Mannes vor mir, der diese Jagd in die Wege geleitet hatte, und spürte den brennenden Wunsch, zuerst ihn sterben zu sehen; erst Fischetti, dann Sybilline. Danach würde ich Waverly töten, wenn ich schon dabei war, und schließlich Stück für Stück die Organisation des Großen Spiels auseinander nehmen.

Im gleichen Augenblick wurde mir klar, dass ich diese Menschen mehr hasste als Reivich.

Aber auch er sollte bekommen, was ihm zustand.

Immer noch auf den Knien und unter Wasser, schloss ich die Fäuste um den Rand der Öffnung und zog mich ins Innere des Gebäudes. Ich war sicher nicht mehr als ein paar Sekunden unter Wasser gewesen, aber als ich nun auftauchte und die Luft in meine Lungen strömte, hätte ich fast aufgeschrien vor Zorn und vor Erleichterung. Doch ich keuchte nur und bemühte mich, sonst möglichst kein Geräusch zu machen.

Ich fand ein halbwegs trockenes Sims und zog mich aus dem Dreck. Dann lag ich eine ganze Weile nur da, bis sich mein Atem beruhigte und mein Gehirn genügend Sauerstoff bekam, um mich nicht nur am Leben zu erhalten, sondern auch das Denken wiederaufzunehmen.

Draußen waren die Stimmen und die Schüsse lauter geworden. Und immer wieder drang ein blauer Lichtstrahl durch die Risse im Gebäude und trieb mir die Tränen in die Augen.

Als es wieder dunkel wurde, schaute ich auf und entdeckte etwas.

Es war nur schwach zu erkennen — schwächer, als ich es bei einem sichtbaren Objekt für möglich gehalten hätte. Ich hatte gelesen, bei ausreichender Sensibilisierung sei die menschliche Netzhaut im Prinzip fähig, schon auf zwei oder drei Photonen zu reagieren. Ich hatte auch von Soldaten gehört — und selbst welche kennen gelernt —, die sich einer überragenden Nachtsicht rühmten; Soldaten, die möglichst viele Stunden im Dunkeln verbrachten, um ihre Anpassungsfähigkeit nicht zu verlieren.

Ich hatte diese Gabe nie besessen.

Was ich sah, war eine Treppe oder vielmehr das Gerippe einer zerstörten Treppe. Eine Spirale mit Querstegen, die sich nach oben schraubte, einen Absatz erreichte und weiter dem unregelmäßigen, fahlen Lichtfleck zustrebte, vor dem sie sich abzeichnete.

»Er ist da drin. Thermalspuren im Wasser.«

Das war Sybillines Stimme, jedenfalls klang sie sehr ähnlich, auch der arrogant selbstsichere Tonfall war der gleiche. Dann sprach ein Mann mit viel Autorität in der Stimme. »Das ist ungewöhnlich für einen Mulcher. Die meisten meiden das Innere von Gebäuden. Zu viele Gespenstergeschichten.«

»Das sind nicht nur Gespenstergeschichten. Hier unten gibt es tatsächlich Schweine. Auch wir sollten uns in Acht nehmen.«

»Wie kommen wir hinein? Mich kriegst du nicht in dieses Wasser, auch wenn das Kopfgeld noch so hoch ist.«

»Ich habe die Baupläne für dieses Haus. Es gibt einen zweiten Eingang auf der anderen Seite. Aber wir müssen uns beeilen. Skamelson ist mit seinem Trupp nur eine Straße weiter, und sie haben die besseren Spürer.«

Ich wälzte mich vom Sims und schlich zum Fuß der Treppenruine. Sie war näher als ich dachte, ich hatte mich in der Entfernung verschätzt. Aber ich konnte sie mit jedem Schritt deutlicher erkennen. Sie führte zehn bis fünfzehn Meter weit nach oben, bevor sie in der Decke verschwand, die durchsackte wie ein Stück Teig und eher an ein Zwerchfell erinnerte als an ein Bauelement.

Trotz meiner scharfen Augen konnte ich nicht feststellen, wie nahe meine Verfolger waren und wie weit ich mich auf die Treppe verlassen konnte. Wenn sie unter mir zusammenbrach, würde ich zwar ins Wasser stürzen, aber es war so seicht, dass ich mit Verletzungen rechnen musste.

Dennoch machte ich mich an den Aufstieg. Wo das Geländer noch vorhanden war, zog ich mich über morsche oder fehlende Stufen hinweg. Die Treppe knarrte bedenklich, aber ich ließ mich nicht abschrecken — auch nicht, als eine Stufe unter meinem Gewicht durchbrach und die Teile ins Wasser stürzten.

Unter mir wurde es hell, dann stiegen schwarz gekleidete Gestalten durch ein Loch in der Wand und wateten durch das Wasser. Ich sah sie ganz deutlich: es waren Fischetti und Sybilline, beide maskiert und mit genügend Waffen für einen kleineren Krieg versehen. Ich hatte den Treppenabsatz erreicht und blieb stehen. Zu beiden Seiten war es dunkel, aber allmählich kristallisierten sich Formen aus der Schwärze heraus wie sich manifestierende Phantome. Vielleicht hielt ich mich besser nach links oder nach rechts, anstatt weiter nach oben zu steigen — ich musste mich schnell entscheiden, und ich wollte nicht in einer Sackgasse landen.

Dann bewegte sich etwas in der Dunkelheit, eine geduckte Gestalt. Zuerst dachte ich, es wäre ein Hund, doch dafür war sie viel zu groß, und das Gesicht erinnerte eher an ein Schwein. Das Wesen stellte sich auf die Hinterbeine und richtete sich auf, so weit die niedrige Decke das zuließ. Vom Körperbau her war es annähernd menschlich, aber die Hände endeten nicht in Fingern, sondern in fünf langgezogenen Schweinehufen, und damit hielt es eine Armbrust, die bedrohlich aussah. Der Körper steckte in einem Wams aus Lederflicken und unregelmäßigen Metallplatten, das einer mittelalterlichen Rüstung nachempfunden schien. Das Gesicht war blass und haarlos und zeigte eine Mischung von so vielen menschlichen und schweinischen Zügen, dass einem vor dem Anblick angst und bange werden konnte. Die Augen waren zwei unergründliche schwarze Löcher, und das Maul war zu einem gierigen Grinsen erstarrt. Dahinter näherten sich, auf allen vieren, zwei weitere Schweine. Durch die Krümmung der Hinterbeine fiel ihnen der aufrechte Gang offenbar ziemlich schwer.

Ich stieß einen Schrei aus und trat zu. Mein Fuß traf mitten in das Schweinegesicht. Das Vieh taumelte mit wütendem Schnauben nach hinten und ließ die Armbrust fallen. Aber auch seine Artgenossen waren bewaffnet, sie hatten lange, krumme Messer. Ich brachte die Armbrust rasch an mich und hoffte nur, dass sie auch funktionierte.

»Zurück mit euch! Verdammt, lasst mich in Frieden!«

Das Schwein, das ich getreten hatte, stellte sich wieder auf die Hinterbeine. Es bewegte den Unterkiefer, als wollte es sprechen, aber ich hörte nur eine Reihe von schniefenden Geräuschen. Dann streckte es die Hufe nach mir aus und fuhrwerkte mir damit vor dem Gesicht herum.

Ich löste die Armbrust aus; der Bolzen fuhr dem Schwein ins Bein.

Es quiekte auf, wich zurück und fasste dabei nach dem Bolzen. Das Blut, das aus der Wunde quoll, war so rot, dass es förmlich leuchtete. Die beiden anderen Schweine kamen auf mich zu, aber ich schlurfte zurück. Ohne die Armbrust loszulassen, zog ich einen neuen Bolzen aus dem Reservoir im Schaft, legte ihn ein und betätigte den Spann-Mechanismus. Die Schweine hoben ihre Messer, kamen aber nicht näher. Dann zerrten sie ihren verletzten Gefährten mit erbostem Schnauben ins Dunkel zurück. Ich stand einen Moment lang wie erstarrt, dann setzte ich den Aufstieg fort. Ich konnte nur hoffen, die Lücke in der Decke zu erreichen, bevor mich die Schweine oder die Jäger einholten.

Fast hätte ich es geschafft.

Sybilline entdeckte mich zuerst und stieß einen Schrei der Freude oder der Wut aus. Sie hob den Arm, und ihre kleine Pistole sprang aus einem Ärmelhalfter in ihre Hand. Fast gleichzeitig erhellte ein greller Blitz den Raum und stach mir schmerzhaft in die Augen.

Der erste Schuss traf die Treppe unter mir und ließ die ganze Konstruktion wie einen Schneewirbel in sich zusammenfallen. Sybilline musste sich ducken, um nicht von den Trümmern getroffen zu werden, doch dann zog sie ein weiteres Mal den Abzug durch. Ich war bereits halb durch die Decke, hing mit dem Oberkörper im darüber liegenden Raum und suchte mit den Händen irgendwo Halt, als sich ihr Schuss in meinen Oberschenkel fraß. Zuerst spürte ich nur ein leichtes Ziehen, doch dann erblühte der Schmerz wie eine Blume in der Morgensonne.

Ich ließ die Armbrust fallen. Sie rollte hinunter bis zum Treppenabsatz, dort kam ein Schwein aus der Dunkelheit und schnappte sie sich mit triumphierendem Schnauben.

Fischetti hob seine Waffe, ein dritter Schuss krachte, und damit war es auch um den Rest der Treppe geschehen. Hätte er etwas besser gezielt — oder wäre ich langsamer gewesen —, der Schuss hätte auch meinem Bein den Rest gegeben.

Stattdessen unterdrückte ich den Schmerz, zog mich vollends durch die Decke und lag ganz still. Ich hatte keine Ahnung, was für eine Waffe die Frau verwendet hatte; ich wusste nicht, ob meine Wunde von einem Projektil oder von einem Laser- oder Plasma-Strahl stammte und wie schwer sie war. Wahrscheinlich blutete sie, aber meine Kleider waren so durchnässt, und die Fläche, auf der ich lag, war so feucht, dass ich nicht feststellen konnte, ob ich Blut oder nur Nässe spürte. Aber das war zunächst auch nicht so wichtig. Ich war entkommen, wenn auch nur so lange, bis meine Verfolger einen Weg zu diesem Stockwerk fanden. Da sie Pläne des Gebäudes hatten, würden sie bald da sein, vorausgesetzt, es gab überhaupt einen Zugang.

»Stehen Sie auf, wenn Sie können.«

Die ruhige Stimme war mir unbekannt. Sie kam auch nicht von unten, sondern ich hörte sie über mir.

»Kommen Sie schon; wir haben nicht viel Zeit. Ach, warten Sie. Sie können mich wahrscheinlich nicht sehen. Geht es jetzt besser?«

Ein Licht flammte auf, so grell, dass ich nur noch die Augen zukneifen konnte. Vor mir stand eine Frau, wie alle Spieler aus dem Baldachin in düsteres Schwarz gekleidet: dunkle, bis zu den Oberschenkeln reichende Stiefel mit übertrieben hohen Absätzen, ein pechschwarzer, bodenlanger Wintermantel mit einem Stehkragen, der hinter dem Kopf aufragte, auf dem Kopf ein Helm, nicht massiv, sondern eher ein schwarzes Tüllgitter mit einer Schutzbrille, die wie die Facettenaugen bei einem Insekt das halbe Gesicht bedeckte. Was er vom Gesicht noch sehen ließ, war totenblass, ja weiß, wie eine Kreidezeichnung. Schräg über beide Wangenknochen lief eine schwarze Tätowierung, die sich zu den Lippen hin verjüngte. Die Lippen waren im dunkelsten Purpurrot geschminkt, das man sich vorstellen konnte.

In einer Hand hielt sie ein riesiges Energiegewehr. Die rußgeschwärzte Mündung zielte auf meinen Kopf. Aber ich hatte nicht den Eindruck, dass sie mich damit bedrohen wollte.

Die andere Hand — sie steckte in einem schwarzen Handschuh — streckte sich mir entgegen.

»Ich sagte, Sie sollen aufstehen, Mirabel. Es sei denn, Sie wollen hier sterben.«


Sie kannte das Gebäude oder zumindest diesen Teil davon. Wir brauchten nicht weit zu gehen. Das war auch gut so, denn die Fortbewegung war inzwischen nicht mehr meine Stärke. Ich kam irgendwie voran, wenn ich mich fest gegen eine Wand stützte und das verletzte Bein möglichst wenig belastete, aber von Schnelligkeit oder Eleganz konnte dabei nicht die Rede sein, und ich wusste, dass ich das allenfalls fünfzig Meter durchhalten konnte, bevor Blutverlust, Schock oder Erschöpfung ihren Tribut forderten.

Sie führte mich eine weitere — diesmal intakte — Treppe hinauf, und dann traten wir ins Freie. Dass ich die Nachtluft in meinen Lungen als erfrischend kühl und sauber empfand, mag verdeutlichen, durch wie viel Dreck ich in den vergangenen Minuten gegangen war. Doch ich befand mich am Rand einer Ohnmacht, und ich hatte immer noch keine Vorstellung, was da eigentlich passierte. Auch als die Frau mir eine kleine Seilbahngondel in einer Höhle voller Schutt in der Seitenwand des Gebäudes zeigte, wollte es mir nicht so recht in den Kopf, dass ich gerettet werden sollte.

»Warum tun Sie das?«, fragte ich.

»Weil das Große Spiel stinkt«, sagte sie und hielt inne, um dem Gefährt einen unhörbaren Befehl zu geben. Es erwachte mit einem Ruck zum Leben, fasste mit den eingezogenen Greifarmen in das Geschlinge, das von der Höhlendecke hing, und glitt geschmeidig auf uns zu. »Die Spieler glauben, sie hätten die stillschweigende Unterstützung des gesamten Baldachins, aber das ist ein Irrtum. Vielleicht war es einmal so, als es noch nicht ganz so barbarisch zuging, aber das ist vorbei.«

Ich ließ mich in die Gondel fallen und blieb auf dem Rücksitz liegen. Jetzt sah ich, dass meine Eisbettlerhosen so mit Blut durchtränkt waren, als wären sie verrostet. Aber die Wunde schien nicht weiter zu bluten, und ich fühlte mich zwar schwindlig, aber es war in den letzten Minuten nicht schlimmer geworden.

Sie zog sich auf den Pilotensitz und schaltete die Steuerung ein.

»Gab es denn eine Zeit, zu der es nicht barbarisch war?«, fragte ich.

»O ja — unmittelbar nach der Seuche.« Sie ergriff mit den behandschuhten Händen zwei identische Messingknüppel und schob sie nach vorne, die Gondel glitt mit schnarrenden Greifarmen aus der Höhle. »Damals waren die Opfer Verbrecher; Mulcher, die in den Baldachin eindrangen oder sich an ihresgleichen vergingen; Mörder, Vergewaltiger oder Plünderer.«

»Und das rechtfertigt alles?«

»Ich will es nicht entschuldigen. Keineswegs. Aber zumindest herrschte noch so etwas wie ein moralisches Gleichgewicht. Die Opfer waren Abschaum und die Jäger desgleichen.«

»Und heute?«

»Erstaunlich, wie gesprächig Sie noch sind, Mirabel. Die meisten Leute schreien nur noch, wenn sie einen solchen Schuss abbekommen haben.« In diesem Augenblick verließen wir die Höhle, und die Gondel sackte schwindelerregend in die Tiefe, bis sie ein Kabel fand und sich abfing. Von da an ging es nach oben. »Um Ihre Frage zu beantworten«, sagte sie, »es wurde zunehmend schwieriger, geeignete Opfer zu finden. Deshalb wurden die Organisatoren weniger — wie soll ich sagen? — weniger wählerisch.«

»Ich verstehe«, sagte ich. »Nur zu gut sogar, denn mein einziges Verbrechen bestand darin, dass ich mich in den falschen Teil des Mulch verirrt hatte. Wer sind Sie überhaupt? Und wo bringen Sie mich hin?«

Sie hob die Hand und nahm den Gitterhelm und die Facettenbrille ab. Als sie sich mir nun zuwandte, konnte ich sie zum ersten Mal richtig ansehen. »Ich heiße Taryn«, sagte sie. »Aber meine Freunde in der Sabotagebewegung nennen mich Zebra.«

Jetzt erinnerte ich mich, dass ich sie in dieser Nacht schon einmal gesehen hatte. Sie war unter den Gästen im Stängel gewesen. Schon dort war sie mir wunderschön und exotisch erschienen, und jetzt galt das noch viel mehr. Vielleicht lag es daran, dass ich angeschossen worden war und Schmerzen hatte, und dass nach der unerwarteten Rettung noch das Adrenalin durch meine Adern brauste. Wunderschön und sehr fremdartig — und bei richtiger Beleuchtung kaum noch menschlich. Ihre Haut war entweder kreideweiß oder zeigte pechschwarze Zeichnungen im Hard Edge-Stil. Die Streifen bedeckten nicht nur Stirn und Wangen, sondern nach allem, was ich im Stängel gesehen hatte, auch große Teile des Körpers. Von den Augenwinkeln wölbten sich schwarze Bögen nach außen wie ein auffallender, mit pedantischer Sorgfalt aufgetragener Lidstrich. Das Haar war zu einem steifen, schwarzen Kamm geformt, der sich vermutlich auch auf dem Rücken fortsetzte.

»Ich glaube, einer Frau wie Ihnen bin ich noch nie begegnet, Zebra.«

»Das ist noch gar nichts«, sagte sie. »Einige meiner Freunde finden mich ziemlich konservativ, wenig experimentierfreudig. Sie sind kein Mulcher, Mister Mirabel?«

»Sie kennen meinen Namen, was wissen Sie sonst noch von mir?«

»Weniger als mir lieb wäre.« Sie hatte eine Art Autopiloten eingeschaltet, nahm die Hände von der Steuerung und überließ es der Gondel, sich einen Weg durch die Maschen des Baldachins zu suchen.

»Ich dachte, Sie wären der Fahrer?«

»Glauben sie mir, Tanner, es ist alles in Ordnung. Seilbahngondeln haben ein ziemlich intelligentes Steuerungssystem — sie sind fast so schlau wie die Maschinen, die wir vor der Seuche hatten. Aber es empfiehlt sich nicht, sich mit einem solchen Fahrzeug allzu lange im Mulch aufzuhalten.«

»Um auf meine Frage zurückzukommen…«

»Wir wissen, dass Sie in Eisbettlerkleidung in der Stadt eintrafen, und dass ein Mann namens Tanner Mirabel bei den Eisbettlern bekannt ist.« Sie sprach weiter, bevor ich mich erkundigen konnte, woher sie das alles erfahren hatte. »Wir wissen allerdings nicht, ob das eine sorgfältig konstruierte Identität ist, die einem verborgenen Zweck dient. Warum haben Sie sich fangen lassen, Tanner?«

»Ich war neugierig«, sagte ich. »Ich wusste nicht viel über die sozialen Schichten auf Yellowstone. Ich wollte in den Baldachin, und ich wusste nicht, wie ich das anstellen sollte, ohne jemanden zu bedrohen.«

»Das ist verständlich. Es gibt keinen Weg.«

»Wie haben Sie das alles herausgefunden?«

»Durch Waverly.« Sie sah mich nachdenklich an und kniff ein tiefschwarzes Auge zu, sodass sich die Streifen auf dieser Gesichtshälfte kräuselten. »Ich weiß nicht, ob er sich vorgestellt hat, aber Waverly war der Mann, der Sie mit dem Betäubungsstrahl außer Gefecht gesetzt hat.«

»Sie kennen ihn?«

Sie nickte. »Er ist einer von uns — zumindest sympathisiert er mit uns, und wir haben Mittel und Wege, um uns seine Kooperation zu sichern. Er hat in gewissen Dingen einen ganz eigenen Geschmack.«

»Mir sagte er, er sei ein Sadist, aber das hielt ich nur für einen Scherz.«

»Es war kein Scherz, glauben Sie mir.«

Eine Schmerzwelle raste durch mein Bein. Ich zuckte zusammen. »Woher kennen Sie meinen Namen?«

»Von Waverly. Bis dahin hatten wir nie von einem Tanner Mirabel gehört. Aber als wir den Namen hatten, konnten wir alle Ihre Stationen zurückverfolgen und verifizieren. Sonst hat er nicht viel herausbekommen. Entweder hat er uns belogen — was ich nicht ausschließen möchte; es ist nicht so, dass ich dem einäugigen Bastard blind vertrauen würde — oder Ihre Erinnerungen sind wirklich sehr wirr.«

»Ich hatte eine Reanimationsamnesie. Deshalb war ich bei den Bettlern.«

»Waverly hielt es wohl für eine tiefer gehende Störung. Er dachte, Sie hätten vielleicht etwas zu verbergen. Könnte das sein, Tanner? Wenn ich Ihnen helfen soll, wäre es nützlich, wenn ich Ihnen vertrauen könnte.«

»Ich bin der, für den Sie mich halten«, sagte ich. Mehr konnte ich ihr zu diesem Zeitpunkt nicht sagen. Merkwürdig war nur, dass ich selbst nicht wusste, ob ich mir trauen konnte.


Dann passierte etwas Sonderbares: ein harter, scharfer Schnitt durchtrennte mein Denken. Ich war nach wie vor bei Bewusstsein; ich wusste, dass ich mit Zebra in ihrer Gondel saß, dass wir durch das nächtliche Chasm City fuhren, und dass sie mich vor Sybillines Jagdgesellschaft gerettet hatte. Ich spürte den Schmerz in meinem Bein — obwohl er sich inzwischen zu einem dumpfen Pochen abgeschwächt hatte, unangenehm, aber nur auf diese eine Stelle konzentriert.

Doch zugleich offenbarte sich mir ein Stück von Sky Haussmanns Leben.

Bisher waren die Episoden immer dann gekommen, wenn ich nicht bei mir war, wie inszenierte Träume, doch diesmal war die fertige Szene wie eine Bombe in meinem Bewusstsein explodiert. Es war erschreckend, verwirrend, denn sie unterbrach meinen Gedankenfluss so abrupt, als sei ein elektromagnetischer Impuls in ein Computersystem gefahren.

Zum Glück war die Episode nicht sehr lang. Sky war noch immer bei Balcazar (du lieber Himmel — nun prägte ich mir auch noch die Namen der Nebendarsteller ein); und sie flogen immer noch durch das All zur Sitzung — dem Spitzengespräch — auf dem anderen Schiff, der Palästina.

Was war beim letzten Mal geschehen? Ach ja — Balcazar hatte Sky von dem sechsten Schiff, dem Gespensterschiff erzählt.

Dem Schiff, das Norquinco Caleuche genannt hatte.

Bis Sky sich mit dieser Eröffnung auseinander gesetzt und sie aus jedem möglichen Blickwinkel betrachtet hatte, waren sie fast da. Die Palästina ragte riesig vor ihnen auf, sie hatte große Ähnlichkeit mit der Santiago — alle Schiffe der Flottille hatten mehr oder weniger die gleiche Form —, nur waren die Verfärbungen an ihrem rotierenden Rumpf nicht ganz so ausgedehnt. Sie war sehr viel weiter entfernt gewesen, als die Islamabad explodierte, und der Energiestoß hatte sich, wie bei jeder Strahlung, invers zum Quadrat der Entfernung abgeschwächt, bis an Stelle des tödlichen Hitzeschwalls, der den Schatten seiner Mutter auf die Haut seines eigenen Schiffes gebrannt hatte, nur noch ein warmer Wind zu spüren war. Natürlich hatte man auch hier Probleme gehabt. Ausbrüche von Virusinfektionen, Psychosen, Meutereien, und von den Schläfern waren ebenso viele gestorben wie auf der Santiago. Sky dachte an die tote Last; die kalten Leichen, entlang der Säule aufgereiht wie verfaulte Früchte.

Eine raue Stimme sagte: »Diplomatenflug TG5, bitte übergeben Sie das Kommando an das Leitsystem der Palästina.«

Sky tat, was man von ihm verlangte; er spürte einen Ruck, als das größere Schiff die Steuerung des Shuttles übernahm und es ohne Rücksicht auf die Bequemlichkeit der menschlichen Fahrgäste auf einen geeigneten Anflugkurs lenkte. Ein ins Cockpitfenster projizierter Korridor schwebte, von orangefarbenen Neongittern begrenzt, im All. Dahinter begann sich der Sternenhimmel zu drehen; sie bewegten sich jetzt im gleichen Drehsinn wie die Palästina und glitten auf eine offene Parkbucht zu. Dort schwebten Gestalten in Raumanzügen mit fremden Rangabzeichen und brachten, nicht gerade ein Zeichen diplomatischer Höflichkeit, zum Empfang ihre Waffen in Anschlag.

Als das Taxi seinen Liegeplatz gefunden hatte, wandte Sky sich an Balcazar. »Captain? Wir sind fast da.«

»Was? Wie? Verdammt, Titus… ich bin wohl eingeschlafen!«

Sky fragte sich, wie wohl sein Vater zu dem Alten gestanden haben mochte. Ob Titus jemals mit dem Gedanken gespielt hatte, den Captain zu töten?

Die Schwierigkeiten, dachte er, wären nicht unüberwindlich.

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