Das Ankh

Mit einigen Sätzen durchquerte Aton den Tempel, erreichte die Treppe, über die er hereingekommen war, und stürmte sie hinab. Der Nebel verschluckte ihn wie eine graue, feuchte Wand, und schon nach wenigen Augenblicken war er so gut wie blind.

Die einzige Hoffnung, die Aton hatte, war, daß das Boot wieder auf ihn wartete, um ihn zurück zum Ufer zu bringen.

Eine verzweifelte kleine Chance - aber die einzige, die er hatte, und so rannte er immer tiefer in den Nebel hinein. Ein paarmal sah er über die Schulter zurück und glaubte einen Schatten hinter sich zu erkennen.

Er war bereits eine geraume Weile gelaufen, als er begriff, daß hier etwas nicht stimmte. Selbst bei sehr großzügiger Schätzung konnte diese Insel bestenfalls einen Durchmesser von hundert Schritt haben - und er hatte mittlerweile bestimmt die dreifache Entfernung zurückgelegt.

Aber unmöglich oder nicht, Aton rannte trotzdem weiter.

Auch wenn er seinen Verfolger nicht sehen konnte, spürte er seine Nähe deutlich. Wahrscheinlich war es wie vorhin: Solange er sein Tempo beibehielt, blieb der Abstand zwischen ihnen gleich, doch sobald er langsamer würde, würde der andere aufholen. Und der Dolch in seiner Hand legte die Vermutung nahe, daß seine Geduld erschöpft war.

Wie auf ein Stichwort tauchte in diesem Moment ein Schatten im Nebel hinter ihm auf. Aton registrierte erschrocken, daß er langsamer geworden war, setzte zu einem kurzen Zwischenspurt an - und prallte wuchtig gegen eine Gestalt, die jäh in den grauen. Schwaden vor ihm erschien.

Der Zusammenstoß war heftig genug, sie beide zu Boden zu schleudern. Aton hörte einen halb überraschten, halb zornigen Schrei, schlug schwer auf die Seite und schlitterte noch ein gutes Stück weiter, ehe eine Wand seine unfreiwillige Rutschpartie beendete.

Vor seinen Augen tanzten bunte Sterne, und für einen Moment spürte er, daß er das Bewußtsein zu verlieren drohte.

Nur das Wissen, daß er aus dieser Ohnmacht wahrscheinlich nie wieder aufwachen würde, gab ihm die Kraft, sie zurückzudrängen.

Aton sprang mit einem Schrei in die Höhe und fuhr herum, aber es war zu spät. Der Verfolger hatte ihn eingeholt. Harte, kräftige Hände packten seine Oberarme und hielten ihn fest.

Aton bäumte sich auf und schrie aus Leibeskräften.

Dann öffnete er die Augen und hörte auf zu schreien.

Der Nebel war verschwunden. Statt auf der Insel der Toten fand sich Aton in einem hellerleuchteten, vom Boden bis zur Decke gefliesten Gang, und die Gestalt, die ihn gepackt hatte, trug kein blaugolden gestreiftes Gewand, sondern das Grün einer Polizeiuniform.

Außerdem war es kein Mann, sondern eine junge Frau mit einem blonden Pferdeschwanz, die Aton genauso verblüfft anstarrte wie er sie.

»Du?!« sagte sie - das hieß, eigentlich sagten sie es beide, aber im selben Atemzug, so daß es sich wie ein einziges Wort anhörte. Dann ließ Sascha seine Arme los, und Aton überwand seine Überraschung und drehte sich hastig herum.

Der Gang hinter ihm war leer. Kaum fünf Meter entfernt verschwanden die Stufen der Rolltreppe im Boden, und außer ihm und der Polizistin war niemand hier. Trotzdem zitterten seine Hände so heftig, daß er sie nicht stillhalten konnte, und er spürte, daß er kreidebleich war.

Sascha sah ihn aufmerksam an, als er sich wieder zu ihr herumdrehte. Sie gab sich jetzt gar keine Mühe mehr, ihr Mißtrauen zu verhehlen. Ihre rechte Hand lag auf der Pistolentasche an ihrer Seite.

»Was ist los mit dir?« fragte sie. »Verfolgt dich jemand?«

Aton war beinahe versucht, »ja« zu sagen, was schließlich auch die Wahrheit gewesen wäre. Aber dann hätte sie ihn gefragt, wer ihn verfolgte und warum, und die Antwort auf diese Frage wäre Aton ziemlich schwergefallen. Also schüttelte er hastig den Kopf und versuchte, sich in ein verlegenes Lächeln zu retten. Es blieb bei dem Versuch.

»Nein«, sagte er. »Ich war nur ... ich meine, es war ... also ich bin ... äh ...«

»Aha«, sagte die Polizistin spöttisch. Im nächsten Moment wurde sie wieder ernst. »Was tust du hier?«

»Meine Eltern«, stotterte Aton. »Sie sind abgeflogen. Ich ... ich meine, Herr Petach und ich haben sie zum Flugzeug gebracht, und -«

»Die Maschine nach Kairo ist vor zwei Stunden gestartet«, unterbrach Sascha ihn.

»Vor zwei Stunden?« Aton riß ungläubig die Augen auf.

»Zweieinhalb, um genau zu sein. Was tust du jetzt noch hier? Und wieso«, fügte sie mit gerunzelter Stirn hinzu, »bist du schon wieder völlig durchnäßt? Ist das so eine Art Hobby von dir, ständig in nassen Sachen herumzulaufen?«

Aton zerbrach sich vergeblich den Kopf nach einer wenigstens halbwegs überzeugend klingenden Ausrede. Er war tatsächlich von oben bis unten naß - wenn das, was er erlebt zu haben glaubte, wirklich nur eine Halluzination gewesen war, dann eine verdammt realistische.

»Also?« fragte Sascha. »Ist dir eine plausible Geschichte eingefallen? Wenn nicht, ist es auch nicht schlimm. Ich meine, im Notfall würde ich sogar mit der Wahrheit vorliebnehmen.«

Der Klang ihrer Stimme stand in krassem Gegensatz zu dem, was die junge Frau sagte. Sie hörte sich kein bißchen amüsiert an, sondern im Gegenteil ziemlich verärgert.

Gottlob mußte Aton nicht antworten, denn in diesem Moment erscholl hinter ihm ein lautstarkes Bellen, und als er sich herumdrehte, erblickte er Anubis, der auf ihn zugerannt kam, dicht gefolgt von Petach, der Mühe hatte, ihn an der Leine zu halten. Aton wunderte sich, woher der Hund kam. Sie hatten ihn nicht mitgenommen.

»Aton!« sagte Petach. »Wo um alles in der Welt bist du gewesen? Ich suche dich schon seit Stunden, und -« Er stockte, blieb unmittelbar neben Aton stehen und maß die Polizistin mit einem abweisenden Blick.

»Kennen wir uns nicht?« fragte er schließlich.

»Wir sind uns gestern begegnet«, antwortete Sascha, »und was passiert ist, müssen Sie den Jungen fragen.«

»Jetzt verstehe ich gar nichts mehr«, sagte Petach. Er wandte sich an Aton. »Was ist los? Wo bist du gewesen? Ich hatte dich gebeten, nicht allein herumzulaufen.«

Sein scharfer Tonfall ärgerte Aton, aber er beherrschte sich - nicht zuletzt, weil sie nicht allein waren und er Petach in Gegenwart der Polizeibeamtin schwerlich erzählen konnte, was ihm widerfahren war. Er war auch gar nicht sicher, ob er das überhaupt tun wollte.

Petach schien sein Schweigen richtig zu deuten, denn für eine Sekunde erschien ein Ausdruck jähen Erschreckens auf seinem Gesicht. Dann hatte er sich wieder in der Gewalt.

»Gut«, sagte er. »Wir reden später darüber, in Ordnung?«

Nichts war Aton lieber als das, aber die Polizistin gab sich damit nicht zufrieden. »Ich fürchte, das ist nicht in Ordnung«, sagte sie. »Es würde mich brennend interessieren, was hier vor sich geht.«

Petach seufzte. »Ihr Diensteifer ehrt Sie, aber hier handelt es sich um eine reine Privatangelegenheit, bei der uns die Polizei nicht helfen kann«, sagte er. »Vielen Dank für Ihre Mühe. Aber Aton und ich kommen jetzt allein zurecht.« Er sah die junge Frau an und lächelte, und Aton konnte spüren, wie dasselbe geschah, was er schon ein paarmal miterlebt hatte.

Doch diesmal versagten Petachs Zauberkräfte. Sascha wirkte für einen Moment unsicher; aber dann fing sie sich wieder und hielt Petachs Blick gelassen stand.

»Daran zweifle ich nicht«, sagte sie kühl. »Trotzdem möchte ich jetzt wissen, was hier gespielt wird.« Sie wandte sich wieder an Aton. »Es ist jetzt das zweite Mal, daß ich dich völlig durchnäßt und offenbar in Todesangst antreffe, und jedesmal ist dieser ... Freund deiner Eltern in der Nähe. Ich frage mich, ob das noch ein Zufall ist.«

Aton sah aus den Augenwinkeln, wie Petach blaß wurde.

»Du kannst ganz offen sein«, fuhr Sascha fort. »Keine Sorge.«

Um ein Haar hätte Aton gelacht, aber dann erschien ihm Saschas Gedanke gar nicht so abwegig. Tatsächlich hatten all jene unheimlichen Ereignisse wirklich erst begonnen, nachdem Petach in sein Leben getreten war, und wer sagte ihm eigentlich, daß der Ägypter tatsächlich die Wahrheit gesprochen hatte und nur hier war, um ihm zu helfen? Was, wenn - Als er an diesem Punkt seiner Überlegung angekommen war, machte Petach eine flüchtige Handbewegung, und der Zauber, gegen den sich Sascha behauptet hatte, wirkte bei Aton dafür um so besser. Sein Verdacht war so gründlich erloschen, daß er sich nicht einmal mehr daran erinnerte, jemals einen verspürt zu haben, und er hatte es plötzlich sehr eilig, zuversichtlich zu lächeln und der jungen Polizistin wortreich zu versichern, daß wirklich alles in Ordnung sei und es keinen Grund gab, sich zu sorgen.

Saschas Gesichtsausdruck machte deutlich, daß ihr Mißtrauen dadurch noch größer geworden war. Aber sie ging nicht weiter auf das Thema ein, sondern beließ es bei einem Achselzucken und wandte sich wieder an Petach.

»Sie kümmern sich also jetzt um Aton, solange seine Eltern nicht da sind?«

»Auf deren ausdrücklichen Wunsch, ja«, antwortete Petach kühl. Und ich wüßte nicht, was Sie das zum Teufel eigentlich angeht, fügte sein Blick hinzu. Sascha erwiderte seinen Blick aus zornblitzenden Augen, und Aton konnte die Spannung, die plötzlich zwischen den beiden herrschte, regelrecht fühlen.

Er hatte Petach noch nie so unhöflich und gereizt erlebt wie jetzt. Um die Situation zu entschärfen, räusperte er sich vernehmlich und sah auf die Armbanduhr.

Petach verstand. »Ja, ich denke, es wird wirklich Zeit«, sagte er. »Wir sind schon viel zu spät dran.«

Er legte Aton die Hand auf den Arm und wollte sich umwenden, aber die Polizistin rief ihn noch einmal zurück. »Wo erreiche ich Sie, falls es nötig ist?« fragte sie.

Petach biß sich auf die Unterlippe. Aton sah ihm an, daß er innerlich vor Wut beinahe kochte. »Warum sollte es denn nötig sein?« fragte er.

»Vielleicht ergeben sich ja noch Fragen wegen des gestrigen Einbruchs«, antwortete Sascha. »Man weiß ja nie.«

»Sicher«, antwortete Petach knapp. »Aber Sie haben ja Atons Adresse.« Er verstärkte den Druck auf Atons Arm. »Auf Wiedersehen.«

Sie drehten sich um und gingen - genau zwei Schritte weit, dann rief die Beamtin Aton zurück. Petach preßte so heftig die Kiefer zusammen, daß Aton glaubte, seine Zähne knirschen zu hören. Rasch löste er seinen Arm aus dem Griff des Ägypters und drehte sich noch einmal herum.

Die Beamtin hatte sich gebückt und etwas vom Boden aufgehoben. »Hier, das gehört dir.«

Aton streckte automatisch die Hand aus - und verhielt mitten in der Bewegung, als er sah, was auf Saschas Handfläche blitzte.

Im ersten Moment hielt er es für ein Kreuz, aber das war es nicht. Es besaß zwar die ungefähre Form eines Kreuzes, aber der obere, kürzere Balken war zu einem spitzen Oval ausgeformt. Es war ein Ankh, das altägyptische Henkelkreuz, Symbol des Sonnengottes Re und auch des ewigen Lebens.

»Das ... gehört mir nicht«, sagte er stockend.

»Aber es ist aus deiner Tasche gefallen«, widersprach Sascha.

»Ich habe es genau gesehen.« Sie wartete einen Moment lang vergeblich darauf, daß Aton das Ankh an sich nahm, dann hob sie es ein Stück höher und betrachtete es interessiert.

»Das ist sehr hübsch«, sagte sie. »Was ist es?«

»Ankh«, antwortete Aton ganz automatisch. »Ein altes ägyptisches Symbol.«

»Also gehört es doch dir«, sagte Sascha. »Deine Eltern haben ja wohl eine ganze Sammlung von solchen Dingen.«

Aton fing einen warnenden Blick Petachs auf und griff endlich nach dem kleinen Henkelkreuz. Es war sehr schwer, sehr kalt - und naß. Hastig ließ er es in der Hosentasche verschwinden. »Ich wußte gar nicht, daß ich es eingesteckt habe«, sagte er - was nicht einmal gelogen war.

»Du solltest besser auf dein Eigentum achtgeben«, sagte Sascha. »So etwas muß doch ungeheuer wertvoll sein.«

»Ja, das ist es«, antwortete Aton. »Trotzdem - vielen Dank.«

Und damit wandten sie sich endgültig um und gingen. Diesmal wurden sie nicht mehr zurückgerufen, aber als sie das Ende des Korridors erreichten und das Parkhaus verließen, sah Aton noch einmal über die Schulter zurück. Sascha stand noch immer da und blickte ihnen nach.

»Was in Amuns Namen ist passiert?« fragte Petach. »Verdammt, ich bin fast gestorben vor Sorge! Du warst mehr als zwei Stunden fort!«

»Vielleicht war ich sogar ein paar tausend Jahre weit fort«, antwortete Aton leise. Petach warf ihm einen fragenden Blick zu, winkte aber ab, als Aton zu einer Erklärung ansetzte, und deutete auf seinen Wagen, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite geparkt war, mit zwei Rädern auf dem Bürgersteig und einem Strafzettel unter dem Scheibenwischer. Petach warf ihn achtlos zu Boden, öffnete die Tür und wartete, bis Aton und der Hund eingestiegen waren, ehe er selbst hinter dem Steuer Platz nahm und die Tür schloß. Aton registrierte ohne die geringste Überraschung, daß Anubis nicht allein gekommen war. Auf der Ablage unter der Heckscheibe räkelte sich eine graue Katze.

Petach startete den Motor, fuhr jedoch nicht los, sondern schaltete nur die Heizung ein, und Aton streckte dankbar die Hände aus und rieb sie in dem warmen Luftstrom, der aus den Schlitzen im Armaturenbrett quoll. Er wunderte sich etwas, daß die Heizung sofort ansprang, obwohl der Wagen doch offensichtlich schon seit einer geraumen Weile hier stand.

»Also«, begann Petach. »Erzähle.«

Aton begann mit seiner Begegnung mit dem Parkhauswächter und berichtete jede Kleinigkeit, die er erlebt hatte, wobei er Petach aufmerksam im Auge behielt. Der Ägypter unterbrach ihn kein einziges Mal, und sein Gesicht zeigte nicht die geringste Spur von Überraschung oder Staunen, nicht einmal, als Aton von der phantastischen Höhle und dem noch viel phantastischeren Begräbnistempel erzählte - wohl aber einen immer größeren Schrecken. Als Aton mit seinem Bericht zu Ende gekommen war, seufzte er tief.

»Es war gut, daß du das Schiff nicht betreten hast«, sagte er. »Du wärst gestorben, hättest du es getan.«

»Darin habe ich allmählich Übung«, antwortete Aton sarkastisch. »Im Beinahe-Sterben.«

Petach blieb ernst. »Ich sehe, daß du deinen Humor nicht verloren hast«, sagte er. »Aber er ist unangemessen, Aton. Du schwebst in großer Gefahr.«

»Stellen Sie sich vor, das habe ich sogar schon selbst gemerkt«, erwiderte Aton bissig. »Finden Sie nicht, daß es allmählich Zeit wäre, mir ein bißchen genauer zu erklären, was hier überhaupt vorgeht? Dieser Mann, der mich verfolgt hat - wer war das? Und was wollte er von mir?«

»Es ist meine Schuld«, sagte Petach, ohne auf Atons Frage einzugehen. »Ich hätte wissen müssen, daß sie alles daransetzen würden, dich in ihre Gewalt zu bringen. Ich fürchte, ich habe sie abermals unterschätzt. Mir war nicht klar, daß sie schon so nahe sind.«

»Sie?« fragte Aton.

»Die Götter«, antwortete Petach. »Die Götter, Aton, die endlich ihren Frieden finden wollen.« Er starrte einen Moment an Aton vorbei ins Leere, dann gab er sich einen sichtbaren Ruck.

»Es wird nicht noch einmal passieren«, versprach er mit einem leisen Lächeln. »Ab jetzt lasse ich dich keine Sekunde mehr aus den Augen. Sie werden es nicht wagen, sich dir zu nähern, wenn ich bei dir bin.«

Aton dachte an das, was gestern nacht geschehen war, aber er behielt seine Zweifel für sich. Statt dessen versuchte er noch einmal, endlich ein paar Antworten von Petach zu bekommen.

»Sie haben versprochen, mir die ganze Geschichte zu erzählen, sobald meine Eltern in Sicherheit sind«, sagte er.

»Das werde ich tun«, erwiderte Petach - und drehte sich herum, um nach dem Lenkrad zu greifen und den Gang einzulegen.

Aton war schneller. Blitzschnell drehte er den Zündschlüssel herum. Der Motor ging aus.

Petachs Gesicht verdüsterte sich vor Zorn. Aber er hatte sich rasch wieder in der Gewalt. »Also gut«, sagte er entschlossen. »Ich verstehe dich ja. Und du hast natürlich recht, wenn du eine Antwort auf deine Frage von mir verlangst. Ich mache dir einen Vorschlag: Ich habe dir gesagt, daß es noch etwas gibt, was ich vielleicht tun kann. Es gibt noch eine Möglichkeit, dich und deine Eltern aus dieser Geschichte herauszuhalten. Es ist eine winzige Chance, aber es wäre falsch, sie nicht zu nutzen. Ich brauche dazu die Hilfe eines Freundes, aber er ist hier in der Stadt; wir können in einer Stunde bei ihm sein. Laß es mich versuchen. Gelingt es, ist der Alptraum für dich vorbei. Wenn nicht ... nun, dann werde ich dir jede Frage beantworten, die du mir stellst.«

»Sonst nicht?« fragte Aton.

Petach verneinte. »Glaub mir, Aton«, sagte er ernst. »Es gibt Dinge, die man besser nicht weiß. Und es gibt Dinge, die man gar nicht wissen will.«

Das ist wieder so ein typischer Petach-Satz, dachte Aton verärgert. Er klang nach viel, aber sagte im Grunde überhaupt nichts.

»Also gut«, sagte er. »Eine Stunde.«

»Eine Nacht«, verbesserte ihn Petach. »In einer Stunde können wir das Haus meines Freundes erreichen. Es ist ohnehin besser, wen wir nicht zum Haus deiner Eltern zurückkehren. Denn sie werden dort wieder nach dir suchen. Und in der Sammlung deines Vaters befinden sich Dinge, um deren wahre Bedeutung er nicht einmal selbst weiß. Dinge von großer, magischer Kraft. Ich vermag sie zu nutzen, um uns zu beschützen, wie du ja selbst gesehen hast. Doch ebensogut können sie in der Hand unserer Feinde zu einer Gefahr werden. Es ist besser, wenn wir uns an einen wirklich sicheren Ort begeben.«

Er fuhr los, ohne Atons Antwort abzuwarten. Aber Aton hätte wahrscheinlich auch gar nicht reagiert. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, über die letzten Worte des Ägypters nachzudenken.

Ein wirklich sicherer Ort ...

Aton fragte sich vergeblich, an welchem Ort auf dieser Welt man sich vor den Toten verstecken konnte ...

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