44

Vier Stunden später war Kara nicht mehr ganz sicher, ob es nicht wirklich einfacher gewesen wäre, den direkten Weg in die Tiefe zu wählen. Sie hatten nicht sofort aufbrechen können, obwohl alles in Kara danach drängte, ihren Ausflug in Schelfheims Unterwelt möglichst rasch hinter sich zu bringen, damit sie zum Drachenhort und den anderen zurückkehren konnten. Aber zugleich hatte sie auch Angst vor dem gehabt, was sie finden mochten. Denn ob es nun ein Beweis für Elders Schuld oder im Gegenteil für seine Ehrlichkeit war, es würde die Dinge so oder so komplizieren.

Stand Elder auf ihrer Seite, wie er behauptete, und sprach die Wahrheit, dann kämpften sie einen Kampf ohne jede Aussicht auf einen Sieg. Log er und war ein Verräter, der in Wirklichkeit mit den Männern in den blauen Uniformen zusammenarbeitete, dann standen ihre Chancen noch viel schlechter, denn dann wußten ihre Feinde mittlerweile alles über den Drachenhort und seine Bewohner.

Sie war auf dem besten Weg gewesen, tatsächlich trübsinnig zu werden, als Donay und Cord schließlich kamen und ihr mitteilten, daß sie bereit seien. Cord hatte allerdings den Spürhund nicht bei sich, womit sie fest gerechnet hatte, und irgendein Teufel hatte Donay geritten, seinen brabbelnden Erinnerer mitnehmen zu wollen; eine Kreatur, die bei aller Intelligenz, die Kara ihr zubilligte, kaum in der Lage war, aus eigenem Entschluß mehr als drei Schritte zu tun. Außerdem hatte Cord nur abgewunken, als sie sich herumdrehen und zu dem an einer fast mannsgroßen Seilwinde hängenden Aufzugkorb gehen wollte, den Gendiks Männer in den letzten Tagen installiert hatten. Die feindlichen Truppen hatten ihn nicht zerstört, so daß er noch immer einen relativ sicheren und bequemen Weg bot, in die tieferen Gefilde der Stadt vorzustoßen.

Aber obwohl es ihr nicht behagte, folgte Kara Cord widerspruchslos zu einem halb heruntergebrannten Haus, das einen guten Block weit entfernt lag. Vorbei an Trümmern und verkohlten Balken, die man nur notdürftig zur Seite geräumt hatte, erreichten sie eine ausgetretene Treppe, über die sie in das hinunterstiegen, was vor zehn oder zwölf Jahren einmal der Wohnraum dieses Hauses gewesen war, jetzt aber als Keller diente. Cord versah sich mit einem ganzen Arm voller kleiner Leuchtstäbe, entfernte von dreien sorgsam die lichtundurchlässige Hülle und geduldete sich einen Moment, bis die Bakterien im Inneren des Holzschwammes begannen, ihr kaltes grünes Licht zu produzieren. Zwei dieser Stäbe reichte er Kara und Donay, den Rest schob er unter seinen Gürtel und in sein Hemd. Während der ersten halben Stunde ihres Abstiegs verspürte Kara trotz allem wieder die gleiche Neugier und beinahe Ehrfurcht, die sie beim ersten Mal hier unten empfunden hatte, brachte sie doch jede Stufe, auf die sie ihren Fuß setzte, gewissermaßen ein Jahr in die Vergangenheit zurück. Die unterirdischen Räume und Säle waren in erstaunlich gutem Zustand, bedachte sie, wie alt sie waren und wie tief sie sich schon nach kurzer Zeit unter der Erdoberfläche befanden: Nach dem zehnten Geschoß nicht nur fünfundzwanzig Meter, sondern gleichsam auch ein Jahrhundert weit in der Vergangenheit. Es gab kaum Staub oder Spuren von Verfall, und selbst hier unten trafen sie noch auf die Zeugnisse menschlicher Anwesenheit, die nicht älter als wenige Tage oder Wochen sein konnten: ein achtlos weggeworfener Wurstzipfel, ein Stück schimmelndes Brot, eine Flasche mit Wasser, deren Inhalt schal, aber noch nicht faulig roch, und zu Karas Erstaunen einen Schuh. Sie fragte sich, wie man einen Schuh vergessen konnte, ohne es zu merken. Einmal hörten sie Geräusche, und Kara war sehr sicher, am Rand der grünen Helligkeit, die ihnen vorauseilte, eine Bewegung zu sehen; ein Schatten in der Dunkelheit, das Glitzern eines dunklen Augenpaares, das sie mißtrauisch ansah. Voller Unbehagen dachte sie daran, was Cord oder Angella ihr bei ihrem allerersten Besuch hier unten erzählt hatten, daß nämlich diese Unterwelt das bevorzugte Jagdrevier der Schmuggler und Diebe, der Halsabschneider und Banditen sei. Eigentlich das wahre Schelfheim.

Aber je weiter sie in die Erde vordrangen, desto stiller wurde es rings um sie herum. Sie mußten sich noch immer in der Nähe des Schachtes aufhalten, denn dann und wann glaubte Kara einen kühlen Luftzug auf dem Gesicht zu spüren, der nach Salz roch. Erneut fragte sie sich, warum Cord diesen mühseligen Weg über die Treppen gewählt hatte.

»Weil dies der Weg ist, den auch Elder genommen hat«, antwortete Cord auf ihre Frage. Und Kara schalt sich in Gedanken, daß sie nicht selbst auf diese einfache Erklärung gekommen war. Der verschwommene Schatten, der in der blaßgrünen Helligkeit neben ihr war, zuckte mit den Schultern. »Ich fürchte, er hat eine Menge Umwege gemacht. Aber der Hund ist hier entlanggelaufen. Und ich bin nicht sicher, ob ich den Weg wiederfinde, wenn ich versuche, eine Abkürzung zu nehmen.«

Der bloße Gedanke, sich hier unten zu verirren, versetzte Kara beinahe in Panik. So etwas war schon häufiger vorgekommen, und selbst im oberirdischen Schelfheim sollen sich schon Menschen hoffnungslos verlaufen haben.

Der Weg hinunter war länger, als Kara befürchtet hatte. Sie wußte, daß die Leuchtstäbe eine Lebensdauer von gut drei Stunden hatten, und eigentlich hätte sie allein die große Zahl, die Cord mitgenommen hatte, warnen müssen. Trotzdem war sie erstaunt, als Donays Stab an Leuchtkraft verlor und dann erlosch und zu Staub zerfiel. Cord blieb stehen, reichte Donay einen neuen Stab und tauschte vorsichtshalber auch seinen und Karas aus, ehe sie ihren Weg fortsetzten.

Nach einer Weile wurde der Weg wirklich mühsam. Kara hatte schon nach einer halben Stunde aufgehört, die Stufen zu zählen. Sie hatte auch bisher ganz bewußt jeden Gedanken daran verdrängt, daß sie all die Tausende und Abertausende von Stufen wieder hinaufsteigen mußten. Die Vorstellung einer drei oder vier Meilen hohen Treppe war im Moment mehr, als sie verkraften konnte. Eines war ihr jedoch klar: Sie waren längst an jener Ebene vorbei, auf der sie damals die Leichen der drei Drachenkämpfer gefunden hatten. Sie unterbrach ihr kräftesparendes Schweigen zum erstenmal, um Cord auf diesen scheinbaren Widerspruch anzusprechen.

»Ich weiß«, sagte er. Er machte eine vage Geste in die Schwärze hinein. »Es gibt eine Spur, die dort hinführt. Sie endet im Nichts. Dieser Teil der Katakomben ist mit abgestürzt.«

»Niemand hat bisher bewiesen, daß Elder die drei getötet hat«, sagte Donay.

»Wer soll es sonst gewesen sein? Keiner wußte, daß sie erschossen wurden. Keiner außer denen, die sie gefunden haben. Und wir haben es niemandem erzählt«, erwiderte Cord. »Ich habe nicht gesagt, daß er sie nicht gesehen hat«, sagte Donay ruhig. »Ich bin sogar sicher, daß er uns eine Menge verschweigt.«

»Wieso verteidigst du ihn dann?« fragte Cord.

»Das tue ich ja gar nicht«, antwortete Donay. »Ich mag diesen Kerl nicht. Ich möchte nur nicht, daß wir alles ihm anhängen, weil es so bequem ist, und dabei vielleicht etwas Wichtiges übersehen.«

Cord murmelte eine übellaunige Antwort, und dann schwiegen sie wieder, weil der Weg immer mehr Kraft und Aufmerksamkeit von ihnen verlangte. Sie mußten sich nahe der tiefsten Ebenen Schelfheims befinden, die noch zugänglich waren. Die Treppen und Gänge, durch die sie kamen, waren zum größten Teil halb oder ganz zusammengebrochen, so daß sie bald mehr kletterten als wirklich gingen. Der Staub, den sie bei jedem Schritt aufwirbelten, brachte sie zum Husten. Manchmal tasteten sie sich blind und mit klopfenden Herzen über eine Treppe, deren Stufen unter dem Schmutz von Jahrzehntausenden nicht mehr zu sehen waren, und ein paarmal glaubte Kara fest, daß sie sich verirrt hatten und es nicht mehr weiterging, wenn sie an Stellen kamen, wo Decken und Wände zusammengebrochen waren oder der Weg vor einer massiven Mauer zu enden schien. Aber Cord fand jedesmal einen Durchschlupf, irgendeinen Spalt, durch den sie sich hindurchquetschen konnten. Ohne den Hund, dachte Kara, der Cord hier heruntergeführt hatte, hätten sie wahrscheinlich in einer Million Jahre nicht die Chance gehabt, Elders kleines Geheimnis aufzudecken.

Sie waren alle vier völlig erschöpft und so verdreckt, daß ihre Gesichter kaum mehr zu erkennen waren, als sie endlich die unterste Ebene der Stadt erreichten. Cord war noch einmal stehengeblieben und hatte einen weiteren Leuchtstab für sich und zwei zusätzliche für Donay und sie selbst entzündet, so daß das Licht ein wenig heller wurde, aber im Grunde unterschied Kara ihn, Donay und den Erinnerer – der sich als einzig angenehme Enttäuschung dieses Ausfluges erwiesen hatte, denn er hatte ihnen nicht die mindesten Schwierigkeiten bereitet – nur noch an ihren Schattengestalten.

Sie befanden sich in einem langgestreckten, rechteckigen Raum, der sich auf den ersten Blick in nichts von dem unterschied, was sie auf dem Weg hierher gesehen hatte. Der Gang war zum Teil verschüttet, und die Kruste, die die Zeit auf den Wänden und dem Boden zurückgelassen hatte, verlieh allen Konturen etwas sonderbar Weiches und Fließendes, als hätte jemand diesen Raum mit flüssigem Wachs ausgegossen. Dann erkannte Kara ihren Irrtum. Verblüfft ließ sie sich in die Hocke hinabsinken, legte einen der Leuchtstäbe aus der Hand und streckte beinahe furchtsam die Finger aus. Cord sah ihr verwirrt und Donay eindeutig alarmiert zu, während der Erinnerer nur idiotisch grinste.

Karas Fingerspitzen tauchten in die Staubschicht ein und trafen auf einen sehr harten Widerstand, der aber nicht aus Stein war.

»Was hast du?« fragte Donay. Er trat neben sie und streckte wie sie die Hand aus. Aber er berührte den Boden nicht, sondern sah sehr aufmerksam zu, wie Kara die Staubschicht beiseite wischte, vorsichtig, um die grauen Flocken nicht aufzuwirbeln und wieder husten zu müssen.

»Metall!« flüsterte er. »Das ist Metall!«

Cord trat schweigend hinter ihn und beugte sich vor. Er sah verwirrt aus.

»Geschmolzenes Metall«, fuhr Donay in fast ehrfürchtigem Ton fort. Er legte den Kopf in den Nacken und sah Cord gleichermaßen fragend wie fassungslos an. »Das ist Stahl!« flüsterte er. »Dieser ganze Raum besteht aus geschmolzenem Stahl.«

Cord sagte auch jetzt noch nichts, ließ sich aber mit einer beinahe aggressiven Bewegung auf ein Knie herabsinken und überzeugte sich davon, daß Donay die Wahrheit sprach. »Das ist mir gar nicht aufgefallen, als ich gestern hier war«, sagte er. Donay wollte antworten, aber Kara hinderte ihn daran, indem sie rasch aufstand und eine Geste auf die linke Seite des Raumes machte, wo das grüne Licht die sonderbar deformierten Konturen einer Tür enthüllte. »Kommt weiter«, sagte sie. »Ich habe keine Lust, länger als unbedingt nötig hier unten zu bleiben.«

Gebückt trat sie durch die Tür, machte einen Schritt zur Seite und blieb stehen. »Ist dies der Raum, von dem du gesprochen hast?« fragte sie, während sie die beiden Leuchtstäbe über den Kopf hob. Das grüne Licht vermochte die Kammer nicht ganz zu erhellen, aber sie sah, daß sie viel kleiner war als der Gang draußen – und nicht rechteckig, sondern rund. In einer Stadt wie Schelfheim, in der jeder gerade so baute, wie es ihm in den Sinn kam, war das an sich nichts Außergewöhnliches. Trotzdem beunruhigte sie irgend etwas. Cord trat dicht gefolgt von Donay und dem Erinnerer hinter ihr durch die Tür, nickte wortlos und legte seine beiden Leuchtstäbe auf den Boden. Rasch hintereinander ließ er vier weitere der lichtspendenden Hölzer aufflammen und verteilte sie in einem Halbkreis vor der Tür, so daß sie nunmehr beinahe jede Einzelheit der kleinen Kammer sehen konnten. Kara sah, daß ihre Frage überflüssig gewesen war – in der Staubschicht am Boden waren die Spuren zu sehen, die Cord, der Suchhund, und vor ihnen Elder hinterlassen hatten.

Die Kammer bestand nicht aus Metall, aber auch nicht aus gewöhnlichem Stein. Von einem Gefühl beunruhigt, dessen Ursache sie nicht ergründen konnte, trat Kara näher an die Wand neben der Tür heran und hob den Leuchtstab dicht vor das Gesicht. In dem fast schattenlosen grünen Licht erkannte sie eine Oberfläche, die so rauh wie Sandpapier war, aber völlig fugenlos. Nirgends war ein Spalt zu erkennen, keine noch so kleine Unterbrechung – dieser Raum mußte direkt aus einem einzigen, gewaltigen Steinblock herausgemeißelt worden sein. Die Wände waren kahl und nackt bis auf die sinnlosen Muster, die das Alter darauf hinterlassen hatte. Es gab keine Fenster, keine Nischen, keine weitere Tür – nichts bis auf den Eingang und eine mannshohe Tafel, die unweit der Tür in die Wand eingelassen war.

Im gleichen Moment, in dem Karas Blick auf die Tafel fiel, begriff sie, was Cord gemeint hatte.

Sie wußte nicht, ob es eine Schrift war, ein Bild oder eine Mischung aus beidem, aber das spielte auch keine Rolle. Cord hatte behauptet, daß ihn der Anblick irgendwie beunruhigte. Kara erfüllte er mit einer Angst, die beinahe an Panik grenzte. Sie konnte es nicht erklären. Die fremdartigen Zeichen- und Linien ergaben keinen Sinn, es waren keine Buchstaben irgendeiner ihr bekannten Sprache, sondern allenfalls Symbole, Zeichen, die nur dem einen Zweck zu dienen schienen, den Betrachter in Schrecken und Furcht zu versetzen.

Und nicht nur Kara überwältigte die Angst. Als sie erschrocken den Blick von der Tafel löste, sah sie, daß auch Donay für einen Moment wie gelähmt dastand. Seine Hände zitterten ganz leicht.

Sie sah Cord an und glaubte, daß auch er nervöser geworden war. Aber von Angst oder gar dem Gefühl von Panik war bei ihm nichts zu spüren. Die Tafel beunruhigte ihn lediglich. Mit einem raschen Schritt trat Kara zwischen Donay und die Inschrift, um ihn aus dem Bann der bösen Symbole zu lösen. Aber er tat etwas, womit sie nicht gerechnet hatte: Mit einer beinahe hastigen Bewegung hob er die Arme und schob sie aus dem Weg. Als er sie berührte, spürte sie, wie heftig seine Hände zitterten. Sein Herz schlug so hart, daß sie seinen Puls bis in seine Fingerspitzen fühlen konnte.

»Donay!« sagte sie. »Sieh nicht hin! Du...«

»Laß mich!« unterbrach sie Donay. Seine Stimme war so leise, daß Kara sie kaum verstand. »Ich bin in Ordnung.«

»Ja, ganz bestimmt«, knurrte Kara. Sie trat ihm abermals in den Weg, und diesmal ließ sie sich nicht einfach beiseite schieben, sondern ergriff seine Schultern und schüttelte ihn heftig. Donay blinzelte. Sein Blick löste sich von der furchtbaren Inschrift, tastete für einen Moment hilflos über Karas Gesicht und kehrte dann zu der Tafel hinter ihr zurück. »Das ist... unglaublich«, murmelte er.

»Das ist gräßlich!« sagte Kara. »Sieh nicht hin, Donay.«

Er schüttelte den Kopf. »Das ist es«, sagte er. »Und ich glaube, ganz genau das soll es sein.«

»Wie bitte?« Kara runzelte die Stirn.

»Schau es dir an!« Donay hob erregt die Hand und deutete auf die mannshohe Tafel hinter ihr. »Wer immer das gemacht hat, muß...« Er verriet Kara nie, wofür er den Schöpfer dieser gedankenverdrehenden Symbole hielt, aber sein Blick sprach Bände.

»Wir sollten gehen«, sagte Kara.

»Gehen?« Donays Augen lösten sich widerwillig von der Wand, um Kara auf eine Art zu mustern, als zweifle er an ihrem Verstand. »Wir sind extra hierher gekommen, um uns das da anzusehen.«

»Ja«, antwortete Kara ungeduldig. »Und nun haben wir es gesehen und können wieder gehen.«

»Verstehst du denn nicht?« Donay starrte wieder die Inschrift an und schob sie zum zweiten Mal aus dem Weg, um näher an die Wand zu treten. »Sieh es dir an, Kara. Begreifst du nicht, was das ist!«

»Nein«, antwortete Kara. »Und ich glaube, ich will es nicht begreifen.«

»Es ist nicht so schlimm, wie es im ersten Moment aussieht«, fuhr Donay erregt fort. »Bitte, versuch es, Kara. Es ist nur im ersten Moment schlimm.«

Kara zögerte. Sie verspürte kein großes Bedürfnis, sich das schreckenerregende Bild an der Wand noch einmal anzusehen. Dann begegnete ihr Blick dem Cords, und was sie auf seinem Gesicht las, war eine tiefe, fassungslose Verwunderung. Schließlich überwand Kara ihren Widerwillen und drehte sich mit einem Ruck herum.

Im allerersten Moment war es so schlimm, wie sie befürchtet hatte. Die Zeichen schienen sie anzuspringen und ihre Seele zu vergewaltigen. Dann wurde es noch schlimmer – sie hatte einfach nur noch Angst, ohne zu wissen wovor. Doch plötzlich geschah genau das, was Donay behauptet hatte: Ihre Furcht erlosch beinahe ebenso rasch, wie sie gekommen war. Sie verging nicht ganz, sondern rumorte lediglich als bohrendes Unwohlsein weiter in ihr. Es kostete Kara noch immer spürbare Überwindung, neben Donay zu treten und sich die mannshohe Tafel genauer anzusehen.

Ihre Hoffnung, einen Sinn in den uralten Runen zu entdecken, erfüllte sich nicht. Es blieben fremdartige, düstere Zeichen, von denen sie jetzt zwar annahm, daß es Symbole einer untergegangenen Schrift waren, die ihr aber rein gar nichts sagten. Es waren Buchstaben von unterschiedlicher Größe und Forin, die so tief in die Oberfläche der Platte hineingemeißelt oder gebrannt worden waren, daß nicht einmal zweihundert Jahrtausende sie völlig hatten auslöschen können. Hier und da sah die Schrift ein wenig verwischt aus. Im unteren Teil der Platte hatte jemand offensichtlich versucht, die Schrift auszulöschen: Das Metall war dort zerkratzt und von Schrammen übersät, und die Runen mit feuchtem Lehm oder Erdreich gefüllt, um die Schrift auf diese Weise unkenntlich zu machen, was allerdings erfolglos geblieben war.

»Weißt du, was das ist?« fragte Donay. In seiner Stimme lag keine Furcht mehr, sondern nur noch fasziniertes Erstaunen. »Etwas, das mir nicht gefällt«, antwortete Kara, nachdem sie ihm einen raschen, prüfenden Blick zugeworfen hatte.

»Eine Warnung«, sagte Donay leise.

»Eine Warnung?« Kara warf wieder einen Blick auf die Platte. »Wie kommst du darauf?«

»Sieh es dir doch an!« Donay deutete erregt mit der Hand. »Ich habe keine Ahnung, was diese Zeichen sagen – falls sie überhaupt irgend etwas sagen. Wer immer sie geschaffen hat, hat es nur aus dem Grund getan, zu warnen.«

»Ja«, grollte Kara. »Um harmlose Höhlenforscher zu erschrecken.« Die Worte klangen selbst in ihren eigenen Ohren schal. Ihr Versuch, dem Unheimlichen seinen Schrecken zu nehmen, indem sie es ins Lächerliche zog, scheiterte kläglich.

»Ja«, sagte Donay ernst. »Verstehst du denn nicht?« Plötzlich drehte er sich zu ihr herum und begann erregt zu gestikulieren. »Hier hat sich jemand sehr große Mühe gemacht, um etwas zu schaffen, das durch seinen bloßen Anblick schon erschreckend wirkt.« Er deutete aufgeregt auf Cord. »Erinnere dich, was er erzählt hat! Selbst den Hund hat es nervös gemacht.«

»Mich macht es auch nervös«, sagte Cord.

Kara sah ihn an und fragte sich, ob er vielleicht in Wahrheit ebenso erschrocken und entsetzt gewesen war wie sie und Donay und vielleicht einfach nur mit seiner Furcht besser fertig wurde.

»Aber welchen Sinn sollte so etwas haben?« fragte sie verstört. »Selbst wenn es möglich wäre.«

»Es ist möglich«, korrigierte sie Donay. »Sieh hin, und du hast den Beweis.«

»Und welchen Sinn!«

Er zuckte mit den Schultern. »Um uns vor irgend etwas zu warnen. Um jeden zu warnen, der hier herunter kommt.«

»Ach ja?« machte Kara nervös. »Und wovor?«

Donay antwortete nicht gleich, sondern musterte wieder die Platte. Ihre seitlichen Ränder waren fast fugenlos mit der Wand verbunden, aber ihre obere Kante bildete einen sichtbaren Absatz.

»Vielleicht vor etwas, was dahinter liegt«, murmelte Donay. »Auf diese Idee bin ich auch schon gekommen«, sagte Cord. Nach ihrer eigenen Furcht und der überschwenglichen Begeisterung Donays empfand sie Cords Nüchternheit als wohltuend. »Worauf?« fragte Donay.

Cord deutete auf die Platte. »Daß es eine sehr massive Tür ist.« Er ballte die Hand zur Faust und schlug gegen den Stein neben der Platte. Kara hatte plötzlich die absurde Vorstellung, daß die Zeichen aus ihrer Jahrhunderttausend währenden Ruhe erwachen und sich auf die Hand stürzen mußten, die es gewagt hatte, sie zu schlagen.

»Hörst du? Das klingt nicht sehr hohl.«

»Was bedeutet das schon«, sagte Donay mit einer wegwerfenden Handbewegung.

»Das bedeutet, daß es für uns gleich sein kann, ob es nun nur eine Platte oder eine Tür ist«, antwortete Cord ruhig. »Wir haben nichts dabei, um sie aufzubrechen.«

Donay schüttelte ärgerlich den Kopf, trat dichter an die Wand heran und tastete mit spitzen Fingern über die verschlungenen, unangenehmen Linien der Runenschrift. »Du bist ein Krieger, Cord«, sagte er spöttisch. »Vielleicht ist es ja für dich der einfachste Weg, eine Tür kurzerhand einzuschlagen, die dir im Weg ist. Aber es gibt noch andere Möglichkeiten.« Er winkte den Erinnerer heran. »Frage«, sagte er mit dieser übertrieben modulierten Stimme, mit der er stets mit Irata zu sprechen pflegte. »Erkennst du in diesen Symbolen eine dir bekannte Schrift oder Zeichensprache wieder?«

Iratas trübe Augen richteten sich zum ersten Mal bewußt auf die Platte, und so etwas wie Leben blitzte in ihnen auf. Kara verstand sehr gut, warum so viele Menschen instinktiv Angst vor den Erinnerern hatten und fast alle Abscheu vor ihnen empfanden. Vielleicht war nicht alles gut, was Männer wie Donay mit der Natur anstellten.

»Antwort«, blubberte der Erinnerer. »Nein.«

Donay wirkte keineswegs enttäuscht. Er überlegte nur einen Moment, dann stellte er die nächste Frage. »Frage: Erkennst du eine mathematische oder sonstwie geartete Regelmäßigkeit in diesen Zeichen!«

Diesmal dauerte es länger, bis Irata seine Antwort hervorwürgte. »Antwort: Ja.«

Donay frohlockte, und der Erinnerer fuhr nach einem keuchenden Atemzug fort: »Aber die Informationen reichen nicht für eine wörtliche oder auch sinngemäße Übersetzung aus.«

Donay seufzte enttäuscht. »Wenn du lange genug mit ihm herumgespielt hast, dann können wir vielleicht endlich gehen«, sagte Kara ungeduldig. Sie machte eine Kopfbewegung zur Decke. »Wir haben noch ungefähr vierundachtzigtausend Stufen vor uns, falls du das vergessen haben solltest.«

Cord wollte etwas sagen, aber Donay ließ ihn gar nicht zu Wort kommen, sondern wedelte ungeduldig mit der Hand.

»Noch einen Versuch«, bat er.

Ihre innere Stimme riet ihr, nein zu sagen. Aber gleichzeitig begriff sie, daß es wahrscheinlich sehr viel schneller ging, wenn sie Donay diesen letzten Versuch gestattete. Wortlos nickte sie. Donay machte einen großen Schritt von der Schrifttafel fort. »Befehl«, sagte er. »Untersuche die Symbole nach einem mathematisch oder sonstwie gearteten Hinweis auf einen eventuell vorhandenen Öffnungsmechanismus.«

»Umständlicher ging es wohl nicht mehr, wie?« knurrte Cord.

Donay brachte ihn mit einem ärgerlichen Blick zum Verstummen, und auch Kara sah ihn mahnend an.

Der Erinnerer trat zwei Schritte vor. Der Funke in seinen kleinen, trüben Idiotenaugen schien plötzlich heller zu brennen, während sein Blick rasch und ohne zu blinzeln über die Zeichen huschte. Das Gesicht des Erinnerers erschlaffte immer mehr, im gleichen Maße, in dem die Konzentration in seinem Blick zunahm. Sein Unterkiefer klappte herunter, die Zunge glitt haltlos über seine Zähne, und ein dicker Speichelfaden rann aus seinem Mundwinkel und lief an seinem Kinn hinab. Ein ekelerregender Geruch breitete sich aus.

»Das ist widerlich«, sagte Kara.

»Widerlich«, korrigierte sie Donay in überheblichem, belehrendem Tonfall, »sind Gehirne unter Glasglocken, die man in künstliche Körper stopft.«

Kara starrte ihn ärgerlich an. Sie wußte, daß Donay das nur gesagt hatte, um sie zu verletzen. Was ihr aber nicht klar gewesen war, war die Tatsache, wie sehr es ihn verletzte, wenn man Irata angriff. Offensichtlich war der Erinnerer für Donay mehr als ein lebendiges Werkzeug. »Er braucht all seine Kraft zum Nachdenken, wie?« fragte sie ironisch.

»Ganz genau so ist es«, sagte Donay betont.

Mit einem verlegenen Lächeln drehte Kara sich herum, ließ ihn und seinen sabbernden Erinnererfreund stehen und ging zu Cord hinüber, der sich zur Tür zurückgezogen hatte und im Schein seines Leuchtstabes auf den Gang hinausblickte.

»Ich möchte wissen, was er hier unten gesucht hat«, murmelte Cord, ohne sie anzusehen.

»Wer?«

»Elder«, antwortete der Krieger. »Es muß etwas ziemlich Wichtiges gewesen sein, wenn er sich die Mühe gemacht hat, hier herunterzukommen.«

Kara pflichtete ihm mit einem stummen Kopfnicken bei. Sie hatten annähernd vier Stunden gebraucht, um hier herunterzukommen – und sie hatten sich beinahe die ganze Zeit treppab bewegt. Den größten Teil des Weges hinauf würden sie zwar mit dem gerade installierten Aufzug hinter sich bringen, aber Elder hatte das nicht gekonnt, weil es diesen Aufzug noch nicht gegeben hatte. Eine Treppe, die drei oder vier Meilen hoch war... Nein. Ihre Phantasie reichte nicht aus, sich das auszumalen. Es mußte die Hölle sein.

»Was ist das hier?« murmelte Cord.

»Die Alte Welt, Cord.«

Kara hatte nicht einmal bemerkt, daß sich Donay von der Seite des Erinnerers gelöst hatte und zu ihnen getreten war. Cord löste seinen Blick von dem unheimlichen Schatten auf der anderen Seite der Tür und maß Donay mit einem verächtlichen Blick. »Wohl kaum«, sagte er.

»Ich nehme an, wir sind auf der alleruntersten Ebene«, sagte Donay. »Oder zumindest auf einer der untersten. Unter uns ist nur noch Fels – und Karas Meer.«

»Und?« fragte Kara leicht gereizt. Wieso bezeichnete er es als ihr Meer!

Donay deutete mit einer übertriebenen Geste in den Gang hinaus. »Wie alt ist diese Stadt? Zweihunderttausend Jahre? Oder noch älter? Damals hat niemand Korridore aus Stahl gebaut. Und das hier...« Er trat zurück und machte mit der gleichen Hand eine theatralische Bewegung in die Runde. »... habe ich auch noch nie gesehen. Ich verwette meine rechte Hand, daß dieser Gang und dieser Raum hier und alles, was sich hinter jener Tür verbirgt, zur Alten Welt gehören.«

Kara überlegte einen Moment. Donays Worte entbehrten nicht einer gewissen Logik – zumal sie vielleicht erklären würden, warum Elder überhaupt hier heruntergekommen war.

Zugleich sträubte sich etwas in ihr, sie zu glauben. Die Alte Welt war etwas, von dem man sprach und von dem man manchmal noch Überreste fand. Doch was von ihr geblieben war, hatte bisher nur Schrecken und Unglück gebracht.

Aber spürte sie nicht noch immer das bohrende Unwohlsein, das deutliche Gefühl, sich an einem Ort zu befinden, an dem sie besser nicht wäre?

»Ich bin sicher, daß diese Ebene der Stadt das erste, ursprüngliche Schelfheim ist«, fuhr Donay fort. Auf seinem Gesicht erschien schon wieder jener fiebrige Glanz der Begeisterung, den Kara schon beim Anblick der Tür bemerkt hatte. »Wenn wir genügend Zeit hätten und eine vernünftige Ausrüstung, um uns hier unten umzusehen, dann könnten wir...«

»Das haben wir aber nicht«, unterbrach ihn Kara grob. »Und außerdem ist es Unsinn.«

»Sieh dich doch um!« widersprach Donay. »Du kennst die Geschichte Schelfheims so gut wie jeder andere. Die Überlebenden des Zehnten Krieges sind hierher gekommen, weil dies der einzige Ort auf diesem ganzen Planeten war, an dem sie noch leben konnten. Du weißt, wie sie waren. Kaum mehr als Tiere. Glaubst du, sie hätten Häuser aus Stahl gebaut!«

Kara blickte ihn fast wütend an, dann erkannte sie den Fehler in seinen Worten. »Das müssen sie wohl«, sagte sie. »Das alles hier lag damals nämlich zweihundert Meter unter dem Meeresspiegel. Anscheinend kennst du die Geschichte deiner Heimatstadt nicht so gut wie ich. Zumindest scheinst du vergessen zu haben, woher ihr Name stammt.«

Aber Donay war keineswegs so irritiert, wie sie angenommen hatte. Er zuckte nur mit den Schultern. »Und! Wer sagt dir, daß all das hier nicht unter Wasser gelegen hat!«

»Jetzt dreht er völlig durch«, sagte Cord. »Eine Stadt auf dem Meeresgrund, wie? Wahrscheinlich sind sie auf Fischen geritten und haben Wasser geatmet!«

»Und warum nicht?« gab Donay ernst zurück. »Sie sind immerhin zu den Sternen geflogen, Cord.«

»Das sind Legenden!« sagte Cord wegwerfend. »Nichts als Ammenmärchen.«

»Sicher«, meinte Donay höhnisch. »So wie die Legenden von den verschwundenen Meeren, die noch da sind. Und die, die jetzt irgendwo dort draußen im Schlund hocken und einen Plan ausbrüten, wie sie uns alle umbringen können.«

»Genug!« sagte Kara. Donay holte zu einer zornigen Entgegnung Luft, aber sie schnitt ihm mit einer herrischen Handbewegung das Wort ab und fuhr in ungeduldig-aggressivem Tonfall fort: »Wie lange braucht der Erinnerer noch?«

»Nicht mehr lange«, antwortete Donay hastig.

»Das hoffe ich«, sagte Cord. »Während dein schwachsinniger Freund da drüben sich vollsabbert, zünden sie vielleicht über unseren Köpfen den Rest der Welt an.«

»Ja«, antwortete Donay mit zornbebender Stimme. »Und wir finden vielleicht hinter dieser Tür etwas, das sie daran hindert, genau das zu tun.«

»Ich gebe dir noch fünf Minuten«, sagte sie in ganz bewußt sachlichem Ton. »Danach kehren wir zur Oberfläche zurück, und ich werde Elder fragen, was diese Zeichen bedeuten. Falls sie etwas bedeuten.«

Der Ton, in dem sie gesprochen hatte, schien Donay klarzumachen, wie sinnlos jede weitere Diskussion war, denn er sah sie nur einen Moment vorwurfsvoll an, dann drehte er sich herum und ging zu Irata zurück.

Kara wartete, bis er außer Hörweite war. »Das war nicht sehr geschickt von dir«, sagte sie leise. »Er hängt an Irata.«

»Ja, wie eine Mutter«, sagte Cord übellaunig. »Immerhin scheint er ihn sogar zu wickeln und trockenzulegen.«

Wortlos sah Kara weiter zu, wie der Erinnerer die Tafel anstarrte, während Donay dabeistand und vergeblich zu verheimlichen suchte, daß auch er immer nervöser wurde.

Kara hatte keine Möglichkeit, das genaue Verstreichen der Zeit festzustellen, aber sie schätzte, daß die fünf Minuten, die sie Donay zugebilligt hatte, allmählich vorüber sein mußten. Und sie wollte ihn endgültig zum Aufbruch auffordern, als Irata plötzlich aus seiner Starre erwachte und einen Schritt tat. Cord und sie waren gleichzeitig an der Seite des Erinnerers, aber es hätte Donays drohenden Blickes gar nicht bedurft, daß sie ihn nicht unterbrachen. Gegen ihren Willen fasziniert sah Kara zu, wie Iratas Finger, die für gewöhnlich kaum in der Lage waren, eine Schale Suppe zu löffeln, so geschickt und schnell wie die Hände eines Künstlers über die verschlungenen Symbole glitten, hier etwas ertasteten, dort drückten – und dann hörten sie alle ein dumpfes, metallenes Schnappen wie das Einrasten eines gewaltigen Riegels.

»Was war das?« fragte Cord alarmiert.

Jeder Spott in seiner Stimme war verschwunden. Plötzlich hatte auch er Angst.

»Er hat es geschafft!« sagte Donay stolz. »Es ist eine Tür.«

»Sie bewegt sich nicht«, sagte Cord ruhig.

Donay schenkte ihm einen beinahe feindseligen Blick, dann hob auch er die Hände und legte die gespreizten Finger auf die Platte. Kara sah, wie sich seine Muskeln spannten, als er mit aller Kraft drückte und schob. Ebensogut hätte er allerdings auch versuchen können, die Wand daneben mit bloßen Händen niederzureißen.

»Helft mir!« sagte er gepreßt. »Sie muß irgendwie aufgehen.«

Er rüttelte, schob und zerrte, aber aus den in die Platte hineingeätzten Linien löste sich nicht einmal ein Staubkorn. Schließlich trat er keuchend und mit schweißglänzendem Gesicht zurück und maß Kara und Cord mit einem düsteren Blick. »Es ginge wahrscheinlich leichter, wenn ihr mir helfen würdet«, sagte er.

»Ich... bin nicht sicher, daß ich wirklich wissen will, was dahinter liegt«, sagte Kara zögernd.

»Elder würde es interessieren«, antwortete Donay. »Willst du abwarten, bis er hier herunterkommt und nachsieht?«

Nein, das wollte sie ganz gewiß nicht. Aber sie wollte auch nicht hinter diese Tür schauen. Sie wünschte sich, niemals hierhergekommen zu sein. Etwas Furchtbares würde geschehen, wenn sie sie öffneten. Vielleicht war dies die Alte Welt, wie Donay behauptete, und vielleicht hatten sie hinter dieser Tür all die Schrecken eingesperrt, die zum Untergang ihrer Welt geführt hatten.

Donays Augen funkelten, als er begriff, daß weder sie noch Cord ihm helfen würden. »Was soll dieser Unsinn’?« fragte er aufgebracht. »Was seid ihr? Kinder, die sich vor einem Springteufel fürchten?« Er schlug wütend mit der Faust gegen die Platte – und wäre beinahe mit wirbelnden Armen in den dahinterliegenden Raum gestürzt, als die Tür mit einem Knirschen, wie sie nur Jahrtausende alte Scharniere hervorzubringen vermochten, aufschwang. Im letzten Moment fand er am Türrahmen Halt und sprang mit einem Keuchen und schreckensbleich zurück.

Auch Kara erstarrte vor Entsetzen. Die Dunkelheit auf der anderen Seite der Tür schien sie zu überrollen wie eine Flutwelle.

Nichts geschah. Zehn Sekunden, zwanzig, dreißig, schließlich eine Minute lang standen sie alle drei wie gelähmt da und starrten die Schwärze jenseits der Tür an, und nichts kam heraus, um sie zu verschlingen. Alles, was sie fühlte, war ein leichter Luftzug – dem wenige Augenblicke später ein fauliger Geruch folgte, der einen heftigen Brechreiz in Kara auslöste. Es gelang ihr, die Übelkeit zu unterdrücken. Trotzdem kostete es sie enorme Überwindung, neben Donay zu treten und den Leuchtstab zu heben, so daß sein grünes Schimmern in den dahinterliegenden Raum fiel.

Was sie sah, das enttäuschte und erleichterte sie zugleich. Das Licht ihrer leuchtenden Stäbe erhellte eine Dunkelheit, die Jahrtausende gewährt haben mußte. Der Raum hinter dieser Tür mußte gewaltig sein. Aber das Licht verlor sich schon nach wenigen Schritten, ohne ihnen mehr zu zeigen als staubige grüne Leere und zwei oder drei Schritte eines Fußbodens, der aus geriffeltem Metall bestand.

Cord griff unter sein Hemd und zog einen weiteren Leuchtstab hervor. Kara bemerkte nicht ohne eine gewisse Sorge, daß sein Vorrat bereits bedenklich zusammengeschrumpft war. Wenn sie weiter so verschwenderisch mit ihrem Licht umgingen, dann würden sie den Rückweg im Dunkeln zurücklegen müssen, dachte sie. Aber sie sprach ihre Besorgnis nicht aus, sondern sah schweigend zu, wie Cord die Hülle von dem Leuchtstab entfernte und ihn dann im hohen Bogen in den Raum hinter der Tür warf. Ihre Blicke folgten gebannt dem Weg, den die flackernde, grüne Leuchtkugel beschrieb, ehe sie irgendwo ein gutes Stück entfernt auf den Boden prallte und liegenblieb. Sie hatten nichts anderes feststellen können, als daß der Raum sehr groß und offensichtlich vollkommen leer war. Widerwillig gestand sie sich ein, daß sie den Raum wohl oder übel betreten mußten, wollten sie mehr über ihn herausfinden. Ihre Hand mit dem Leuchtstab hoch über dem Kopf erhoben und mit angehaltenem Atem, machte Kara ein paar Schritte vor. Die Luft roch noch immer zum Erbrechen, und ihre Hoffnung, daß sie sich daran gewöhnen würde, erfüllte sich nicht. Der Raum war eine einzige Enttäuschung. Mit Ausnahme des Umstandes, daß der Fußboden aus Metall bestand, auf dem ihre Schritte unheimliche, lang widerhallende Echos hervorriefen, bot er keine Besonderheit. Sie näherten sich vorsichtig dem Leuchtstab, dessen grünes Licht wie ein Signalfeuer zwanzig Meter vor ihnen brannte, blieben ganz instinktiv einen Herzschlag lang im Schein dieses Lichtes stehen und erreichten nach weiteren zwanzig oder auch dreißig Schritten die gegenüberliegende Wand des Raumes. Kara registrierte, daß sie aus dem gleichen, sonderbar rauhen grauen Stein bestand wie die andere Kammer.

Es gab eine zweite Tür, die mit einer simplen Klinke versehen war, die Donay zu Karas Verärgerung kurzerhand herunterdrückte. Sein Versuch, die Tür einfach zu öffnen, scheiterte jedoch. Ärgerlich lehnte er sich mit der Schulter dagegen und drückte mit dem ganzen Gewicht seines Körpers. Die Tür bewegte sich mit einem furchtbaren Quietschen lediglich ein winziges Stück nach innen. Erst als sich Cord zu Donay gesellte und ihm half, gelang es ihnen, sie so weit aufzuschieben, daß sie sich hindurchquetschen konnten.

Die Luft wurde noch schlechter, als sie den dahinterliegenden Raum betraten. Kara fiel erst jetzt die Kälte auf und der feuchte, klebrige Hauch, der sich auf ihr Gesicht, ihre Hände und ihre Kleider gelegt hatte. Zu der ohnehin würgenden Übelkeit in ihrem Magen gesellte sich ein heftiges Ekelgefühl. Mit gesenktem Blick und krampfhaft schluckend trat sie neben Cord und stieß plötzlich gegen etwas Hartes. Im selben Augenblick ergriff Donay ihre linke Schulter und hielt sie zurück. Als Kara erschrocken aufblicke, verstand sie, warum er es getan hatte. Auch der Boden dieses Raumes bestand aus jenem geriffelten, schmutzverkrusteten Metall, aber es war hier nur ein knapp eineinhalb Meter breiter Steg, der von einem hüfthohen Geländer begrenzt wurde. Darunter, in vier oder fünf Metern Tiefe, schwappte eine ölige, schwärzliche Flüssigkeit, die das Licht ihrer Leuchtstäbe nur schwach zurückwarf. Es dauerte einen Moment, bis Kara klarwurde, daß diese Brühe der Quell jenes furchtbaren Geruches war, der ihr allmählich das Gefühl gab, ersticken zu müssen.

»Was ist das?« fragte sie angewidert.

Sie bekam keine Antwort, aber Donay schwenkte seinen Stab, um den Metallsteg zu erhellen. Der Steg setzte sich entlang der Wand fort, aber es gab in wenigen Schritten Entfernung eine schmale Unterbrechung im Geländer, hinter der eine Metalleiter in die Tiefe führte. Wie weit sie reichte, konnte man nicht erkennen, denn sie verschwand nach zwei oder drei Dutzend Sprossen in dem schwarzen See unter ihnen. Karas Magen drehte sich schon bei der bloßen Vorstellung herum, daß irgend jemand in diesen Schlamm hinuntergestiegen sein sollte. Vorsichtig gingen sie weiter. Der Raum mußte gewaltig sein, denn es dauerte allein mehrere Minuten, bis Kara überhaupt auffiel, daß die Wand zu ihrer linken nicht gerade war, sondern leicht gekrümmt. Sie folgten dieser Krümmung ein Stück. In regelmäßigen Abständen stießen sie auf Leitern, die in die Tiefe hinabführten, und zwei- oder dreimal auf die geschlossenen Doppeltüren von Aufzügen. Dann fanden sie eine Tür, die offenstand.

Donay blieb stehen. Kara konnte nicht einmal sein Gesicht erkennen, aber sie erriet seine Gedanken so präzise, als hätte er sie ausgesprochen. »Vergiß es lieber ganz schnell«, sagte sie. »Er funktioniert sowieso nicht mehr. Und selbst wenn...« Sie machte eine Kopfbewegung über das Geländer hinweg in die Tiefe. »Willst du wirklich dort hinunterfahren?«

Donays Blick folgte ihrer Geste. Ohne ein Wort ging er weiter.

Kara zählte ihre Schritte, um zumindest eine ungefähre Vorstellung von der Größe dieses Raumes zu haben, und in ihre Furcht mischte sich beinahe Ehrfurcht, als sie nach einer geraumen Weile zurücksah und erkannte, daß die Tür, durch die sie diese Halle betreten hatten, mittlerweile fast genau auf der gegenüberliegenden Seite lag. Wenn sie sich nicht verzählt hatte, dann mußte dieser unterirdische Saal einen Durchmesser von mindestens dreihundert Metern haben.

»Wozu mag die Halle einmal gedient haben?« murmelte Cord.

»Ich vermute, es war der Eingang«, sagte Donay. »Vielleicht haben sie irgend etwas durch diesen Raum herein- oder auch hinausgebracht.« Er hob den Arm so weit über den Kopf, wie er konnte, und Karas Blick folgte automatisch seiner Bewegung. Der grüne Schimmer des Leuchtstabes erreichte die Decke kaum, denn sie befand sich gute sechs Meter über ihren Köpfen. Aber sie glaubte zu erkennen, daß sie wie der Steg unter ihren Füßen nicht aus Stein, sondern aus Metall gemacht war. Die Zeit war aber nicht einmal an dem fast unzerstörbaren Material der Alten Welt spurlos vorübergegangen: Geschmolzenes Eisen hatte sich zu erstarrten Tropfen und langen, konisch geformten Nadeln arrangiert, die wie die bizarren Skulpturen eines wahnsinnigen Künstlers von der Decke hingen. Doch man konnte trotzdem noch sehen, daß die gewaltige Platte über ihren Köpfen aus mehreren Teilen bestanden hatte. Vielleicht war Donays Vermutung gar nicht so abwegig gewesen, und all diese Korridore und Räume hatten einmal auf dem Grunde des Meeres gelegen. Kara hatte das unheimliche Schiff, auf das sie nicht weit von hier gestoßen war, keineswegs vergessen. Und welchen Sinn machte ein Schiff, das unter Wasser fuhr – wenn nicht den, eine Stadt zu erreichen, die unter Wasser lag. Donay senkte den Arm wieder, trat an das Geländer heran und beugte sich vor. Auch über sein Gesicht huschte ein deutlicher Ausdruck von Ekel. Kara konnte beobachten, wie er immer heftiger und schneller schluckte, als sich Speichel in seinem Mund ansammelte. Trotzdem blieb er sekundenlang reglos stehen und blickte in die Tiefe. »Wasser...« murmelte er. »Das muß einmal Wasser gewesen sein.« Enttäuschung machte sich auf seinem Gesicht breit. »Es ist alles vollgelaufen.«

Kara verstand seine Enttäuschung. Es war nicht schwer zu erraten, was Donay sich hinter der Tür mit dieser schrecklichen Warnung erhofft hatte. Auch sie hatte für einen Augenblick geglaubt, noch einmal Elders spöttische Stimme zu hören: ... irgendeine Superwaffe, die eure Vorfahren euch hinterlassen haben? Die Vorstellung war zu verlockend gewesen, um sich ihr nicht wenigstens für einige Augenblicke hinzugeben.

»Vielleicht gibt es irgendwo doch noch etwas«, sagte Donay. »Ich meine... Wenn ich eine Stadt auf dem Meeresgrund erbauen würde, dann wären die Türen wasserdicht. Vielleicht haben einige standgehalten.«

»Möglich«, sagte Cord. »Warum tauchst du nicht hinunter und siehst nach?«

Donay blickte ihn verärgert an, aber er antwortete nicht. Natürlich hatte Cord auch recht, dachte Kara. Selbst wenn Donays Vermutung zutraf, nutzte ihnen das nichts. Wahrscheinlich war es schon gefährlich, sich überhaupt hier aufzuhalten. Dieses Wasser zu berühren oder gar hineinzutauchen, würde sie umbringen.

Trotzdem bedeutete sie ihm mit einem raschen Blick, still zu sein, und gab Donay zu verstehen, daß er weitergehen sollte. Sie hatten den Raum zu mehr als zwei Dritteln umkreist, als sie eine weitere, offenstehende Aufzugkabine fanden. In einer Ecke lag etwas, das bewies, daß sich hier ein Mensch befunden hatte, als sich ihre Türen zum letzten Mal öffneten: Fetzen einer bräunlichen, undefinierbaren Substanz, eine rostverkrustete Gürtelschnalle aus Metall, die zu Staub zerfiel, als ihre Schritte den Boden erschütterten, ein verbogenes Brillengestell, dessen Glas zersprungen war, und ein paar erstaunlich große Sohlen ohne die dazugehörigen Schuhe. Alles andere hatte die Zeit wieder zu Staub werden lassen, aus dem es einst gemacht worden war. Aber neben diesem bizarren Grab standen zwei Koffer aus dem gleichen geriffelten Metall, aus dem auch der Steg und die Hallendecke gefertigt waren!

»Nicht anfassen«, sagte Donay erschrocken, als Kara automatisch die Hand ausstrecken und danach greifen wollte. Sie zog gehorsam den Arm zurück, sah ihn aber verblüfft an. Donay ging an ihr vorbei, ließ sich neben den Koffern in die Hocke sinken und streckte nun seinerseits die Rechte aus. Er tat es unendlich behutsam, und sein Finger zuckte zurück, als hätte er glühendes Eisen berührt, kaum daß er einen der Koffer flüchtig angefaßt hatte. Kara verstand, was er da tat. Er hatte Angst, das Metall könnte unter seiner Berührung zerfallen wie die Gürtelschnalle zuvor. Als nichts geschah, griff er noch einmal und etwas entschlossener zu. Ein Teil der fingernageldicken Staubkruste, die eine geschlossene Schicht auf dem Koffer bildete, fiel mit einem Knistern wie von trockenem Pergament herab, und darunter kam silberfarbenes, fast unversehrt wirkendes Metall zum Vorschein.

Mutiger geworden schloß Donay die Hand um den Griff des Koffers und zog daran. In der nächsten Sekunde hielt er ihn verblüfft in der Hand, während der Koffer auf dem Boden stehenblieb. Der Griff hatte dem Ansturm der Zeit standgehalten, seine Scharniere, die aus einem anderen Material gefertigt waren, nicht.

Donay ließ den Koffergriff fallen, beugte sich vor und versuchte, die ganze Metallkiste vom Boden hochzuheben. Er mußte einiges an Kraft aufwenden, aber nach einigen Augenblicken gelang es ihm, den Koffer hochzuhieven, ohne daß er zerbrach oder unter seinen Händen zu Staub zerfiel. Donays Gesichtsausdruck und der verkrampften Haltung nach zu schließen, mußte er sehr schwer sein. Trotzdem klemmte Donay ihn sich unter den linken Arm und versuchte mit der anderen Hand, den zweiten Koffer zu ergreifen. Natürlich funktionierte es nicht.

Cord sah ihm einige Sekunden zu, dann bückte er sich wortlos und hob den zweiten Koffer auf.

»Sei vorsichtig!« sagte Donay erschrocken. »Behandle ihn wie ein rohes Ei!«

»Was glaubst du, was sie enthalten?« fragte Kara.

»Ich weiß es nicht«, antwortete Donay. »Ich werde sie öffnen. Aber nicht hier.« Sie verließen die Liftkabine und machten sich auf den Weg. Aber als sie sich der Tür wieder bis auf zwanzig Schritte genähert hatten, begann der Boden unter ihren Füßen zu zittern. Kara blieb erschrocken stehen. Der metallene Steg schwankte und bebte. Auf dem schwarzen Wasserspiegel, fünf Meter unter ihnen, entstand ein bizarres Wellenmuster aus träge ineinander laufenden Kreisen und Ringen, und sie glaubte, ein ganz fernes, dumpfes Mahlen und Knirschen zu hören.

»Was ist das?« fragte Cord erschrocken.

Kara sah sich aus weit aufgerissenen Augen um. Ihre ohnehin überreizte Phantasie spielte ihr Dinge vor, namenlose, grauenhafte Dinge, die sie aus einem Jahrhunderttausende währenden Schlaf gerissen hatten, denn natürlich waren die beiden Koffer keine Koffer, sondern Siegel einer geheimnisvollen Magie gewesen, die den Eingang zu einem Verließ voller unvorstellbarer Ungeheuer verschlossen, und jetzt würden sie den Preis für diesen Frevel zahlen müssen. Aber die Bilder verblaßten so schnell, wie sie gekommen waren, und dann begriff sie auch, was es wirklich war.

»Ein Erdbeben«, flüsterte sie. Wie um ihr recht zu geben, erzitterte der Steg zum zweiten Mal.

Sie gingen schneller weiter. Nicht, daß sie rannten, aber sie bewegten sich doch so rasch, wie es Donay und Cord mit ihrer Last möglich war, und nicht nur Kara atmete hörbar auf, als sie den Saal hinter sich ließen. Der Boden unter ihren Füßen zitterte weiter. Es war ein Beben. Sie befanden sich nicht in seinem Zentrum, nicht einmal wirklich in seiner Nähe, aber sowohl Kara als auch die beiden anderen dachten daran, was ein eben solches Erdbeben dem Drachenhort angetan hatte, ehe eine andere, bösartigere Macht über ihnen hereingebrochen war. Ohne auch nur noch einen Blick zurückzuwerfen, durchquerten sie den leeren Raum und betraten die kleine runde Kammer, in der Irata auf sie wartete.

Donay hielt an, setzte seine Last auf den Boden und blieb erschöpft stehen. Auch Cord verlagerte das Gewicht der Metallkiste, die er trug, ein paarmal ungeschickt auf den Armen und atmete tief durch. Kara wußte zwar, daß es ein unter Umständen gefährlicher Trugschluß sein mochte – doch selbst sie fühlte sich hier sicherer. Dabei gab es hier unten wahrscheinlich keinen Ort, an dem sie sicher waren. Ein Erdbeben in einer Stadt wie Schelfheim... Nein, sie konnte und wollte sich nicht vorstellen, was das bedeutete.

Sie gewährte sich und den beiden anderen eine Minute, um wieder zu Atem zu kommen, dann machte sie ein Zeichen weiterzugehen. Aber Donay schüttelte den Kopf. »Noch nicht«, sagte er. »Bitte, warte noch ein paar Augenblicke.«

»Wie lange?« fragte Kara gereizt. »Bis uns die ganze Stadt auf den Kopf fällt?«

Donay atmete tief ein und aus und versuchte, sich den Schmutz aus dem Gesicht zu wischen. »Nur eine Minute«, sagte er. »Oder zwei. Bitte.« Er wartete Karas Antwort nicht ab, sondern winkte Irata herbei. »Befehl!« sagte er mit einer Stimme, die hörbar schwankte. »Merke dir die Symbole auf der Tafel. Ich brauche später eine genaue Reproduktion.«

»Wozu soll das gut sein?« fauchte Cord.

Donay zuckte mit den Schultern. »Vielleicht gelingt es uns, es zu übersetzen.« sagte er. Dann schwieg er einen Moment, bevor er grimmig hinzufügte: »Schlimmstenfalls reicht es wahrscheinlich wenigstens aus, um eurem Freund Elder einen gehörigen Schrecken einzujagen.«

»Wie lange braucht er?« fragte Kara nervös.

»Nicht lange«, antwortete Donay. »Er vergißt nie etwas, das er einmal gesehen hat.«

»Du auch nicht, denke ich.«

»Das stimmt«, erwiderte Donay. »Aber sicher ist sicher.«

Der Erinnerer löste seinen Blick von der Tür mit der unangenehmen Inschrift und gurgelte ein Wort, das Kara nicht verstand, auf das Donay aber mit einem zufriedenen Nicken reagierte. Ächzend nahm er seine Last wieder auf. Wenige Augenblicke später verließen sie die runde Kammer und begannen den langen, kräftezehrenden Aufstieg hinauf nach Schelfheim.

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