33

Was vor einer Woche noch die Spitze des Hauptturmes gewesen war, hatte sich in eine gewaltige Schutt- und Trümmerhalde verwandelt, die sowohl den Zugang als auch die untere Reihe der schmalen Fenster blockierte. Zerborstene Balken und scharfkantige Glas- und Metallsplitter ragten aus dem Trümmerberg. Die Erdstöße waren zudem heftig genug gewesen, den Turm nicht nur seiner beiden oberen Stockwerke zu berauben, sondern den stehengebliebenen Rest auch der Länge nach zu spalten. Ein Netz haarfeiner Risse durchzog den Innenhof.

»Und es ist wirklich niemand getötet worden?« fragte Kara zweifelnd.

»Niemand«, bestätigte Cord. »Wir hatten großes Glück.

Aber das Beben kam nicht ganz ohne Vorwarnung. Wir hatten Zeit, die Leute aus dem Turm zu bringen.«

Kara sah ihn fragend an.

»Es gab einige leichte Erdstöße, die große Beben ankündigten«, erklärte Cord. »Dieser Turm hat mir schon lange Sorgen bereitet. Er muß schon einmal beschädigt worden sein; lange, bevor wir diese Burg in Besitz nahmen.«

»Aber ein Erdbeben? Hier?« sagte Kara zweifelnd. »So etwas gab es doch noch nie!«

»Nicht seit wir hier sind«, sagte Cord. »Doch zwanzig Jahre sind keine lange Zeit. Nicht für diese Berge.«

Nicht einmal für diese Festung, dachte Kara. Natürlich kannte sie die Geschichte dieser Festung wie alle hier – beziehungsweise kannte sie sie eben nicht. Die Burg war uralt. Sie waren nicht die ersten, die sie erobert und zu ihrem neuen Hauptquartier gemacht hatten. Vor ihnen hatten das Jandhis Drachentöchter getan, und vor ihnen viele, viele andere, von denen niemand mehr wußte. Die Burg war so alt, daß von ihren ursprünglichen Erbauern nicht einmal Legenden zurückgeblieben waren.

Was nichts daran änderte, daß es in all der Zeit nicht die Spur eines Erdbebens gegeben hatte. Der Turm, dessen Trümmer sich zu Karas Füßen ausbreiteten, war fünfzigtausend Jahre alt, und das war eine lange Zeit.

»Du glaubst doch nicht wirklich, daß es ein Zufall ist, oder?« fragte sie.

Cord schwieg.

»Erdbeben. Seen mit vergiftetem Wasser, die aus dem Nichts erscheinen; ein Meer, das nach zweimal hunderttausend Jahren zurückkehrt; Regen, der nicht aufhört zu fallen... das sind keine Zufälle, Cord.«

»Ich weiß, worauf du hinaus willst«, antwortete Cord. »Vielleicht hast du recht. Aber sei vorsichtig. Man darf nie anfangen, zuviel in die Dinge hineinzugeheimnissen. Einen Gegner zu überschätzen kann ebenso verhängnisvoll sein wie ihn zu unterschätzen.«

»Lehrbuch für junge Krieger, Seite elf«, sagte Kara spöttisch. »Seite zwölf, erster Abschnitt, um genau zu sein.« Auch Cord lächelte, aber sein Blick blieb ernst. »Aber weißt du, warum man Dinge in Lehrbücher schreibt, Kara! Weil sie wahr sind.«

Er sah zum Himmel, um die Zeit am Stand der Sonne abzulesen. »Ich glaube, wir sollten Aires und die anderen nicht zu lange warten lassen.«

Vor allem die anderen, dachte Kara. Nicht Zen, Silvy und Maran, sondern den Rest des Drachenhortes.

Ihre Vermutung vom gestrigen Abend hatte sich als richtig erwiesen: Niemand hier wußte bis jetzt, was sie draußen im Schlund gefunden hatten. Silvy, Zen und Maran waren in ihre Quartiere gebracht worden und standen gewissermaßen unter Hausarrest, und Cord hätte am liebsten auch Kara das Verlassen des Zimmers verboten, aber das hatte er dann doch nicht gewagt, allerdings hatte er dafür gesorgt, daß ihr niemand begegnete. Es hatte eine Weile gedauert, bis Kara das halbe Dutzend Männer aufgefallen war, das sie und Cord diskret abschirmte. Sie lächelte. Als Cord sie fragend ansah, meinte sie:

»Ich dachte gerade daran, daß ich nie richtig verstanden habe, was Angella damit meinte, als sie sich einmal darüber beklagte, daß sie eine Gefangene dessen sei, was sie ist. Ich glaube, jetzt weiß ich es.«

Cord zog es vor so zu tun, als verstünde er nicht, und Kara wandte sich seufzend um und ging zum Haupthaus zurück. Sie war gleichzeitig erleichtert wie verärgert darüber, daß ihr Ausflug so kurz gewesen war. Sie hatte es genossen, endlich wieder zu Hause zu sein und das Gefühl der Sicherheit zu spüren, mit dem sie die vertraute Umgebung erfüllte. Aber der Anblick des Turms hatte ihr auch deutlich vor Augen geführt, wie trügerisch dieses Gefühl der Sicherheit war.

Cord und sie waren die letzten, die den Versammlungsraum betraten, und Aires’ Blick nach zu schließen, betrug ihre Verspätung mehr als ein paar Augenblicke. Zen, Silvy und Maran saßen neben ihr an der großen Tafel, auf der sie die erbeutete Karte ausgebreitet hatten. Außer ihnen waren noch Storm, Borss, Tera und natürlich Hrhon anwesend. Der harte Kern, dachte Kara spöttisch. Seltsam – sie fühlte sich plötzlich wie eine Fremde.

Sie verscheuchte den Gedanken, ignorierte Aires’ strafenden Blick und nahm auf dem Stuhl am Kopfende der Tafel Platz. Bisher hatte Angella hier gesessen. Sie verjagte auch diesen Gedanken. »Warum ist Elder nicht hier?« eröffnete sie das Gespräch.

Anstatt zu antworten, wandte sich Aires an Cord, der sich als einziger noch nicht gesetzt hatte, sondern seinen Platz ansteuerte. »Würdest du ihn holen. Und... beeil dich nicht zu sehr.«

Kara blickte fragend, und Aires machte eine Kopfbewegung in Marans Richtung. Kara fiel der düstere Ausdruck auf den Zügen des jungen Drachenkämpfers auf. Offensichtlich hatte Aires nicht auf sie gewartet, ehe sie mit dem Gespräch begann. »Wir sollten vorher entscheiden, was mit ihm zu geschehen hat.«

»Zu geschehen? Ich... verstehe nicht ganz, fürchte ich.«

Aires machte eine zornige Geste. »Er hat seinen Drachen verloren. Findest du nicht, daß wir darüber reden sollten?«

Kara seufzte leise. Natürlich hatte Aires recht – die Drachen waren der wertvollste Besitz des Hortes. Eines der Tiere durch Fahrlässigkeit oder gar Leichtsinn zu verlieren, war das schlimmste nur vorstellbare Verbrechen, dessen sich ein Drachenkämpfer schuldig machen konnte; schlimmer als Mord und unverzeihlicher als Verrat. Und auch sie zweifelte noch immer am Wahrheitsgehalt der Geschichte, die Maran ihnen erzählt hatte. Aber jetzt war einfach nicht der Moment, darüber zu reden.

»Maran hat uns bereits alles erklärt«, sagte Kara. »Er hat vielleicht unbedacht gehandelt, aber das ist auch alles, was man ihm vorwerfen kann. Der Verlust seines Drachen ist schlimm, aber nicht mehr zu ändern. Es war nicht seine Schuld.«

Selbst Maran sah sie überrascht an, während es in Zens Augen fast ebenso zornig aufblitzte wie in Aires.

»Und das ist alles?« fragte Aires. »Damit ist die Sache erledigt, meinst du?« Sie funkelte Maran an, dann wandte sie sich wieder an Kara. »Warum eigentlich nicht? Ich schlage vor, wir geben ihm einen neuen Drachen. Es dauert ja nur ungefähr fünfzig Jahre, ein solches Tier auszubilden!«

»Wir werden über das, was er getan hat, reden«, sagte Kara besänftigend. »Was er getan hat, war so dumm, daß er dafür eine Strafe verdient hat. Aber vergiß nicht, Aires, daß der Verlust seines Drachen allein schon Strafe genug ist.« Eine innere Stimme flüsterte ihr zu, daß sie schon wieder einen schweren Fehler begangen hatte, und ein einziger Blick in die Runde bestätigte diese Vermutung. Trotzdem hielt sie Aires’ bohrendem Blick gelassen stand. Was hatte Angella einmal zu ihr gesagt? Besser, du machst einen Fehler, als du tust gar nichts.

Sie wechselte abrupt das Thema, indem sie die Zeit bis zu Cords Rückkehr nutzte, Storm und den beiden anderen Kriegern, die gestern abend nicht dabeigewesen waren, noch einmal mit knappen Worten zu schildern, was sie unter dem zweiten Drachenfels im Schlund gefunden hatte. Natürlich hatte Aires ihnen bereits alles erzählt. Trotzdem hörten sie gebannt zu, und auch auf dem Gesicht der Magierin erschien der gleiche, besorgte Ausdruck wie am vergangenen Abend, während sie Karas Geschichte zum zweitenmal lauschte.

Kara hatte den letzten Satz ausgesprochen, als die Tür aufging und Cord und Elder hereinkamen. Sie registrierte mit einer Mischung aus Schrecken und Verärgerung, daß Cord es nicht einmal für nötig befunden hatte, Elder zu fesseln. Sie ließ sich nichts anmerken, nahm sich aber vor, mit ihm darüber zu reden, daß man seine Feinde niemals unterschätzen sollte. Cord war einer der erfahrensten Krieger des Hortes, aber nur Kara wußte, wie gefährlich Elder war.

Hrhon löste sich plötzlich von seinem Platz neben der Tür und trat hinter den Stuhl, auf den Cord Elder bugsierte. Cord nahm ebenfalls Platz, jedoch nicht, ohne dem Waga einen sonderbaren Blick zuzuwerfen. Wie kompliziert Menschen doch waren, dachte Kara, und wieviele Probleme ihnen wohl allen erspart geblieben wären, weil sie es waren.

Für eine Weile trat ein unbehagliches Schweigen ein. Sie alle starrten Elder an, und Elder starrte zurück. Das Gefühl in seinen Augen, als er Kara ansah, erschreckte sie ein wenig. Es war kein Haß, aber ein tiefer Zorn. Kara konnte ihn beinahe verstehen. Sein Gesicht war noch immer angeschwollen, und die Kopfschmerzen, die er in den letzten zwei Tagen gehabt hatte, würde er wahrscheinlich in fünfzig Jahren noch nicht vergessen haben.

Schließlich war es auch Elder, der das Schweigen brach. »Darf ich jetzt reden?« fragte er herausfordernd.

»Dazu bist du hier«, antwortete Kara. Es fiel ihr erstaunlich leicht, Ruhe zu bewahren.

»Ich frage ja nur«, sagte Elder sarkastisch. »Gestern abend hat man mir einen Knebel verpaßt, als ich auch nur nach einem Schluck Wasser verlangt habe.«

»Wie bedauerlich«, erwiderte Kara kalt. »Vielleicht hätte man dir statt dessen lieber die Zunge herausschneiden sollen. Oder sie wenigstens spalten. Das hätte zu dir gepaßt.«

Aires warf ihr einen warnenden Blick zu, überging ihre Bemerkung aber ansonsten. »Ich nehme an, du weißt, was wir von dir wollen, Elder.«

»So? Weiß ich das?«

»Wenn nicht, bist du dümmer, als ich annahm. Und das wäre nicht gut. Ich verachte Dummheit. Ich schätze sie nicht einmal bei meinem Gegner, obwohl sie da manchmal ganz nützlich ist. Aber ich nehme nicht an, daß du dumm bist.«

»Nein«, antwortete Elder. »Und ich bin auch nicht euer Feind.«

»Was bist du dann?« schnappte Kara.

Elder starrte sie schon wieder voller Zorn an. »Ich dachte, daß du das eigentlich am besten wissen müßtest. Verdammt, ich bin euer Verbündeter, ob es dir paßt oder nicht.«

»Verbündeter?« Kara zog die Augenbrauen hoch. »Du hast eine sonderbare Art, das zu zeigen.«

»Ach?« machte Elder spitz.

»Unsere Verbündeten«, sagte Storm an Karas Stelle, »belügen uns für gewöhnlich nicht. Sie spielen uns auch nicht vor, jemand anderes zu sein als der, der sie wirklich sind.«

Elder schnaubte. »Du weißt ja nicht einmal, wovon du sprichst«, sagte er.

»Dann erklär es uns«, sagte Kara. Sie spürte, daß sie nun doch allmählich die Beherrschung verlor. »Versuch doch einmal etwas Neues, Elder: Sag einfach die Wahrheit. Erzähl uns zum Beispiel, warum ihr Gäa tötet. Warum ihr den Schlund vernichten wollt – und uns offensichtlich auch!«

»Wir?« wiederholte Elder in einem Tonfall, der Fassungslosigkeit ausdrücken sollte. »Bist du von Sinnen, du dummes Kind?«

Cord versetzte ihm einen Stoß, der ihn zusammenfahren und schmerzhaft das Gesicht verziehen ließ. »Das dumme Kind, mit dem du sprichst, ist unsere Herrscherin«, sagte er. »Überleg dir also, was du sagst.«

Kara machte eine Geste. »Laß es gut sein, Cord.« An Elder gewandt, der sie verwirrt ansah, sagte sie: »Es ist die Wahrheit. Du bist nicht mehr ganz auf dem laufenden.«

»Meinen Glückwunsch«, sagte Elder böse. »Du hast schnell Karriere gemacht. Von einem kleinen Mädchen zur Herrscherin des Drachenhorts.«

»So wie du«, versetzte Kara. »Von einem kleinen Hauptmann zu einem Mann, der sich noch Minuten von einem sehr unangenehmen Tod entfernt befindet.«

»Genug!« sagte Aires scharf. »Wenn ihr euch streiten wollt, könnt ihr das gern später tun, aber jetzt haben wir Wichtigeres zu besprechen.«

Kara biß sich zornig auf die Unterlippe, sagte aber nichts. Sie hatte sich den Rüffel verdient.

»Was hast du damit gemeint: Du bist unser Verbündeter?« fuhr Aires fort. »Die Kleider, in denen man dich hergebracht hat, waren die unserer Feinde. Und der Ort, an dem man dich aufgegriffen hat, gehörte ihnen.«

»Was für ein schöner Satz«, sagte Elder abfällig. »Du solltest ihn aufschreiben.«

»DU...«

Elder hob hastig die Hand. Hrhon, der die Bewegung wohl falsch deutete, trat noch einen Schritt vor. »Schon gut, schon gut«, sagte Elder hastig. »Du hast ja recht. Aber diese Männer dort draußen sind ebenso meine Feinde wie eure.« Er deutete anklagend auf Kara. »Hätte eure Herrscherin da nicht meine Maschinen in die Luft gejagt, meine Männer erschossen und mich niedergeschlagen, ohne uns auch nur zu Wort kommen zu lassen, dann hätte ich alles erklären können und vielleicht das Schlimmste verhindert. Was jetzt passiert, das habt ihr euch selbst zuzuschreiben.«

»Was soll das heißen?« fragte Kara. »Die Männer, die diese Anlage errichtet haben...«

»... sind genauso scharf auf meinen Hals, wie du es warst«, fiel ihr Elder ins Wort. »Zum Teufel noch mal, was glaubst du eigentlich, wer diesen Berg angegriffen hat! Das waren wir! Ich hätte noch eine Stunde gebraucht, um ihren Pararaumsender umzuprogrammieren und meine Leute zu verständigen, wenn du nicht gekommen und wie ein tollwütiger Hund über uns hergefallen wärst.«

Kara starrte ihn an. Sie sah den Ausdruck auf Aires’ Gesicht und auch auf denen der anderen, und sie begriff, daß Elder sich vermutlich gerade um Kopf und Kragen geredet hatte, ohne es überhaupt zu wissen.

»Du hast diesen Berg angegriffen?« fragte Aires. In ihrer Stimme war ein Zittern, dessen wahre Bedeutung Elder wahrscheinlich nicht einmal ahnte, denn er nickte nur trotzig. »Die... die Explosion, von der Kara berichtet hat, das... das war dein Werk?«

Elder schnaubte. »Ich wollte, es wäre so«, sagte er. »Wenn du es genau wissen willst, es war der Fusionsreaktor meines Schiffes.«

»Was?« fragte Tera.

Elder setzte zu einer Antwort an, seufzte aber dann bloß und winkte ab. »Es hätte wenig Sinn, es erklären zu wollen«, sagte er. »Sagen wir: die Maschine, die mein Schiff angetrieben hat.«

»Von was für einem Schiff sprichst du?« fragte Storm. Er deutete auf Kara. »Sie hat nichts von einem Schiff erzählt. Seid ihr über das Meer gekommen, von einem der unbekannten Kontinente im Norden?«

Elder verdrehte die Augen und machte ein Gesicht, als wollte er jeden Moment vor Lachen einfach herausplatzen, schien sich aber im letzten Moment selbst zu sagen, daß er den Bogen besser nicht überspannte. »Nein«, antwortete er erzwungen ruhig. »Ich komme nicht von einem der anderen Kontinente. Ich komme von...« – er zögerte einen Moment – »... von einer anderen Welt.«

Die Reaktion auf diese Worte schien anders auszufallen, als er erwartet hatte, denn er legte eine Pause ein, in der er sich mit wachsender Verwirrung umsah. Einzig Aires und Kara schienen wirklich zu verstehen, was Elder meinte.

»Und?« fragte Storm schließlich.

Elder fuhr sich nervös mit der Zungenspitze über die Lippen. »Ich fürchte, ich habe mich nicht richtig ausgedrückt. Wir benutzen das Wort Welt in einem anderen Sinn als ihr. Ihr meint mit anderen Welten die Kontinente, die ihr jenseits des Schlundes vermutet, nicht wahr?«

Storm nickte. Er wirkte plötzlich sehr aufmerksam.

»Wir nicht«, fuhr Elder vorsichtig fort. »Wir meinen damit andere Planeten. Planeten, die so groß sind wie eure Welt.«

»Wie bitte?« ächzte Cord.

»Eure Welt ist nicht die einzige im Universum«, antwortete Elder in einem Tonfall, als versuche er einem Kind die ersten Buchstaben des Alphabets beizubringen. »Es gibt Milliarden Sonnen in der Galaxis, und viele von ihnen haben Begleiter wie diese Welt.«

»Das reicht«, sagte Aires zornig. »Wir bauen vielleicht keine Maschinen wie ihr, aber das bedeutet nicht, daß wir dämlich sind.« Sie beugte sich vor, und es gelang ihr kaum, ihre Erregung zu unterdrücken. »Du behauptest also, du kämst von einer dieser anderen Welten?«

Elder nickte. »Ebenso wie die Männer, gegen die ihr kämpft.«

»Das ist lächerlich!« sagte Storm. »Ich glaube ihm kein Wort. Er lügt, um uns von der Wahrheit abzulenken.«

»Warum sollte ich das tun?« erwiderte Elder ruhig. »Warum sollte ich mir wohl eine so unwahrscheinliche Geschichte ausdenken?«

»Vielleicht genau, um diese Frage zu stellen!« schnappte Storm. Kara bedeutete ihm mit einer Geste, still zu sein. Mühsam beherrscht wandte sie sich an Elder. Sie glaubte ihm. Storm hatte nicht gesehen, was sie gesehen hatte. »Vorausgesetzt, du sagst die Wahrheit, Elder«, sagte sie. »Lassen wir einmal deine Geschichte von anderen Welten und Schiffen, die zwischen ihnen verkehren, beiseite...« Das sagte sie nur, um Storm zu beruhigen, der schon wieder auffahren wollte. »... dann beantworte mir nur eine Frage: Warum bekämpfen wir uns?«

»Bekämpfen?« Elder lachte herzhaft. »Großer Gott, sie bekämpfen euch gar nicht. Wenn sie sich dazu entschließen würden, dann wäret ihr nach spätestens drei Tagen alle tot.«

»Und wie nennst du das, was sie uns bisher angetan haben?«

»In ihrer Bilanz taucht der Posten wahrscheinlich unter Diverses auf«, antwortete Elder, ohne daß einer von ihnen verstand, was er damit meinte. »Du meinst, sie bekämpfen euch? Du solltest einmal die Bewohner des östlichen Kontinents fragen. Denen haben sie wirklich übel mitgespielt, weißt du?«

»Wer sind sie?« fragte Aires erregt. »Und was wollen sie wenn nicht uns bekämpfen, wie du behauptest? Warum sind sie hier? Und warum bist du hier?«

»Vielleicht führen sie Krieg gegeneinander?« sagte Kara zornig. »Und haben sich unsere Welt ausgesucht, um ihn auszutragen.«

»Wir führen schon seit Jahrtausenden keine Kriege mehr«, sagte Elder. »Kriege sind barbarisch.«

»Und wie nennst du das, was hier geschieht?«

»Ein Geschäft«, antwortete Elder ruhig.

Kara war fassungslos. Weder sie noch die anderen begriffen, wovon ihr Gefangener überhaupt sprach.

Elder seufzte tief, schüttelte ein paarmal den Kopf und drehte sich auf seinem Stuhl zu Aires herum. »Vielleicht ist es das beste, wenn ich euch die ganze Geschichte erzähle. Glaubst du, daß das möglich ist, ohne daß mir eure Herrin oder dieser Hitzkopf dort drüben die Kehle herausreißen?«

»Versuch es einfach«, sagte Kara, ehe Aires antworten konnte.

Elder runzelte die Stirn und murmelte eine Antwort, die sie besser nicht verstand, begann dann aber mit ruhiger Stimme an Aires gewandt zu erzählen. »Ich glaube, daß alles mit einem Irrtum angefangen hat. Die Sonde, die diesen Planeten katalogisieren sollte, war entweder defekt, oder jemand hat Mist gebaut, als er die Daten ausgewertet hat.«

»Bitte, Elder«, sagte Aires. »Versuche so zu erzählen, daß auch wir Barbaren begreifen, was du meinst.«

Elder lächelte. »Ich habe euch erzählt, daß es Tausende von bewohnbaren Welten in der Galaxis gibt. Die allerwenigsten sind den Menschen freundlich gesonnen. Nur eine von tausend Welten ist so beschaffen, daß wir ohne Schwierigkeiten darauf leben können. Und wir brauchen Platz. Unsere Rasse wächst, und sie wächst schnell.«

»Soll das heißen, sie... sie sind hierhergekommen, weil sie unsere Welt wollen? Diesen ganzen Planeten?« krächzte Storm. »Ich fürchte, ja«, antwortete Elder. »Du mußt das verstehen. Es gibt nicht viele Welten, auf denen Menschen leben können. Aus diesem Grund haben wir schon vor langer Zeit begonnen, die etwas weniger gastlichen Welten unseren Bedürfnissen anzupassen.«

»Wie bitte?« Aires riß erstaunt die Augen auf.

»Das Projekt nennt sich Terraforming, und die Idee ist so alt wie der Plan, zu den Sternen zu fliegen«, antwortete Elder. »Es ist nicht so unmöglich, wie es sich im Moment vielleicht anhört. Meistens braucht man nicht mehr dazu als einen kleinen Anstoß, der das ökologische System einer Welt in die richtige Richtung lenkt. Manchmal ist auch ein wenig mehr nötig. Aber im Grunde ist es nichts anderes als das, was auch ihr tut, wenn ihr neues Land kolonisiert. Ihr paßt es euren Bedürfnissen an. Dasselbe tun auch wir – nur in etwas größerem Maßstab.«

»Wir stehlen niemandem seine Welt«, sagte Storm mit zornbebender Stimme.

»Wir auch nicht«, erwiderte Elder. Plötzlich war er wieder sehr ernst. »Ich sagte bereits – was hier geschehen ist, war ein... ein unglücklicher Zufall. Wir schicken Sonden los, unbemannte Maschinen, die manchmal Jahrhunderte unterwegs sind und neue Planeten suchen, die sich zur Kolonisation oder dem Terraforming eignen. Aber wir haben sehr strenge Gesetze. Kein Planet, der bereits eine eigene Spezies intelligenten Lebens hervorgebracht hat, darf verändert werden. Wir zeigen uns ihnen nicht einmal, ehe sie nicht von sich aus den ersten Schritt tun. Stößt eine unserer Sonden auf eine bewohnte Welt, so parken wir ein Robotraumschiff in ihrer Nähe, das sie beobachtet. Mehr nicht. Wir zeigen uns nicht, wir mischen uns nicht ein.«

»Das haben wir deutlich zu spüren bekommen«, bemerkte Kara spöttisch.

Elder wirkte verletzt. »Eure Welt ist nicht wie die anderen«, sagte er. »Es gibt hier nicht nur ein, sondern gleich vier oder fünf Dutzend verschiedener intelligenter Gattungen. Eure Ökologie ist der reine Irrsinn! Ich habe so etwas noch nie gesehen, und glaube mir – ich bin auf vielen Welten gewesen. Außerdem bestehen achtzig Prozent der Landmasse aus verstrahlten Wüsten, in denen absolut nichts lebt. Vielleicht ist die Sonde in einem dieser Gebiete niedergegangen, oder die Daten wurden falsch interpretiert. Vielleicht ist sie irgendwo auf ihrem Flug beschädigt worden. Jedenfalls wurde euer Planet als unbewohnt, aber formbar eingestuft. Ein Fehler, mehr nicht.«

»Ein Fehler, mehr nicht?« wiederholte Kara ungläubig. »Mehr nicht?«

Aires hob beruhigend die Hand. »Nehmen wir an, es war so, Elder«, sagte sie rasch. »Warum wurde dieser Fehler nicht korrigiert, nachdem ihr hergekommen wart und gesehen habt, wie unsere Welt wirklich aussieht?«

»Das ist genau die Frage, die ich einigen Herren in der Vorstandsetage von PACK gern stellen würde«, antwortete Elder grimmig.

»PACK?«

»Die Firma, die eure Welt gekauft hat«, erklärte Elder. »Gekauft?« Aires beugte sich vor. Ihre Augen glitzerten. »Sagtest du gekauft?«

»Ja«, bestätigte Elder. »Es gibt eine Reihe großer Firmen, die neuentdeckte Welten kaufen und umformen. Es dauert lange und verschlingt Unsummen, aber wenn das Terraforming gelingt, ist der Gewinn enorm.«

»Aber wie kann man etwas verkaufen, das einem nicht gehört?« fragte Cord. »Ich kann mich nicht erinnern, diese Welt verkauft zu haben.« Er sah Aires an. »Du vielleicht?«

»Die Kaufoptionen werden von unserer Regierung vergeben«, sagte Elder ruhig. »Sie sind nicht billig – und ich sagte bereits mehrfach: Was hier geschehen ist, war ein Fehler.«

»Ja, das sagtest du«, bestätigte Kara. »Aber du sagtest noch nicht, weshalb er bisher nicht korrigiert wurde.«

»Vielleicht sind sie ja gerade dabei, es zu tun«, grollte Storm. »Wenn ihr alles Leben auf dieser Welt auslöscht, dann stimmen die Voraussetzungen wieder, nicht wahr?«

Elder ignorierte sowohl seinen bohrenden Blick als auch den beißenden Spott in seinen Worten. »Was hier geschehen ist, ist ein Verbrechen«, sagte er ruhig. »Ich kann mir ungefähr denken, was passiert ist. PACK gehört zu den größten Firmen der Galaxis, die Planeten bauen. Sie sind nicht so groß geworden, weil sie zimperlich sind. Sie haben viel Geld für diesen Planeten bezahlt und noch sehr viel mehr, um die nötige Ausrüstung hierher zu schaffen. Die Besatzung der Landungsschiffe muß der Schlag getroffen haben, als sie hier ankamen und sahen, daß dieser Planet bewohnt ist.« Er lachte humorlos und schwieg einen Moment.

»Aber sie sind trotzdem geblieben«, sagte Aires.

Elder nickte. »Irgend jemand ist wohl zu der Auffassung gekommen, den Aktionären von PACK den Verlust nicht zumuten zu können, den ein Scheitern des Unternehmens bedeutet.«

Kara hatte keine Ahnung, was ein Aktionär war – aber sie begriff sehr gut, was Elder meinte. »Du willst damit sagen, sie... sie zerstören unsere Welt aus... aus Profitgier?« flüsterte sie stockend.

»Geschäft ist Geschäft, Kindchen«, sagte Elder. »Das war schon immer so, und es wird auch immer so bleiben. Wenn genug Geld auf dem Spiel steht, dann vergißt man sein Gewissen schon einmal.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich habe die Regeln nicht gemacht.«

Kara begann am ganzen Leib zu zittern. Sie wußte nicht, was sie mehr erschütterte: die Monstrosität dessen, was sie hörte, oder die lakonische Art, mit der Elder diese Ungeheuerlichkeit erzählt hatte. Sie konnte nicht einmal schreien, um ihrem Entsetzen Luft zu machen.

»Wie lange sind sie schon hier?« fragte Aires leise.

»Etwas länger als fünfzig Jahre«, antwortete Elder.

»Fünfzig Jahre? Und du willst mir erzählen, daß niemand etwas gemerkt hat in all dieser Zeit? Du sagst, euer Reich besteht aus Tausenden von Welten. Dann muß euer Volk nach Billionen zählen! Und in all dieser Zeit soll niemand...«

»Das Universum dort draußen besteht zum allergrößten Teil aus nichts anderem als Leere«, unterbrach sie Elder. »Es ist nicht so, daß man nur ein paar Schritte zu gehen braucht, um über die nächste bewohnte Welt zu stolpern. Und es ist nicht ungewöhnlich, daß eine Firma den Planeten, an dem sie gerade arbeitet, streng abschirmt. Jede Firma hat ihre speziellen Methoden des Terraforming, die sie streng geheimhält.«

»Ja«, flüsterte Storm. »Eine dieser Methoden lernen wir gerade kennen.«

»Davon abgesehen«, fuhr Elder bitter fort, »würden sich neunundneunzig Prozent dieser Trillionen anderer dort draußen einen Dreck um euer Schicksal kümmern.«

Er sprach nicht weiter, und die anderen verfielen in brütendes Schweigen, so daß sich für Minuten eine unangenehme Stille zwischen ihnen ausbreitete.

»Ghehöhrthen Jhandhi uhnd ihrhe Dhrachhen auch zhu euhch?« fragte Hrhon endlich.

Elder verdrehte den Kopf, um dem Waga ins Gesicht zu blicken. »Jandhil Nein. Ich habe euch von den Bewohnern des östlichen Kontinents erzählt. Das waren sie. Es gibt sie nicht mehr. PACK hat sie ausgelöscht.«

»Wann?« fragte Kara. Ihr Herz begann zu rasen, Elder wich ihrem Blick aus. »Vor ungefähr zehn Jahren«, sagte er dann.

»Vor zehn Jahren?« Storm richtete sich stocksteif auf, und auch Cord sah plötzlich so aus, als hätte er ein Gespenst gesehen.

»Ja«, bestätigte Elder. »Es tut mir leid, wenn ich euch diese Illusion auch noch nehmen muß – aber ihr habt Jandhis Volk nicht besiegt. Das war PACK. Im übrigen solltet ihr ihnen dafür sogar dankbar sein.«

»Wieso?« fragte Kara.

»Weil ihr keine Chance gehabt hättet. Auf dem östlichen Kontinent haben sich die Dinge etwas anders entwickelt als hier bei euch. Dort ist eine Insektenzivilisation entstanden. Die, gegen die ihr gekämpft habt, waren nur ein kleiner Vorposten. Selbst PACKs Sturmtruppen haben sich zwanzig Jahre lang die Zähne an ihnen ausgebissen.«

Plötzlich haßte ihn Kara, allein für die Art, wie er über die Vernichtung eines ganzen Volkes sprach. Sie fragte sich, ob er wirklich ein Mensch war.

»Es wäre gut, wenn ihr begreifen würdet, daß es längst nicht mehr nur um Geld geht«, fuhr Elder mit fast beschwörender Stimme fort. »Sie sind zu weit gegangen. Wenn bekannt wird, was hier geschieht, dann bedeutet dies das Ende für PACK. Sie kämpfen nicht mehr um Profite, sondern ums nackte Überleben.«

»Aber es... es ist doch nur eine Firma«, murmelte Aires. »Nur ein Geschäft.«

»Es ist eine sehr große Firma«, sagte Elder sanft. »Sie ist Zehntausende von Jahren alt. Und unvorstellbar groß und mächtig. Vielleicht stellst du dir etwas anderes unter diesem Wort vor, aber was ist ein Staat im Grunde, wenn nicht eine große funktionierende Firma? Es sind Gebilde wie PACK und die anderen, die unser Reich ausmachen. Irgendwie leben sie, weißt du? Und sie wehren sich wie ein lebendes Wesen, wenn es um ihre Existenz geht.«

»Das heißt, sie haben gar keine andere Wahl mehr, als uns alle umzubringen«, sagte Aires.

»Ich fürchte«, bestätigte Elder. »Wenn es mir nicht gelingt, sie aufzuhalten, seid ihr alle verloren.«

»Du?« Zum ersten Mal glomm so etwas wie Hoffnung in Aires’ Augen auf. »Welche Rolle spielst du in diesem Spiel? Wo liegt dein Profit, Elder?«

Er zögerte. Dann lächelte er flüchtig und schenkte Aires ein anerkennendes Nicken. »Ich glaube, es hat wenig Sinn, dir etwas vormachen zu wollen«, sagte er. »Ich werde dir die Wahrheit sagen – auch wenn ich nicht sicher bin, ob es richtig ist.«

Er warf einen nervösen Blick in Karas Richtung und einen zweiten auf Storm, ehe er fortfuhr: »PACK ist nicht die einzige Firma, die sich mit der Erschließung neuer Welten beschäftigt. Es gibt andere Firmen, die dasselbe tun. Ich gehöre zu einer von ihnen.«

»Du bist...«

»Von der Konkurrenz, wenn du so willst«, bestätigte Elder. »Ja.«

Aires’ Augen wurden schmal. »Wenn das die Wahrheit ist, Elder, dann war es wirklich nicht sehr klug, sie zu erzählen. Du... du sagst, du gehörst zu den gleichen Ungeheuern, die uns unsere Welt stehlen wollen, und glaubst, wir würden dir auch noch helfen? Was versprichst du uns, wenn wir es tun? Einen angenehmen Tod? Einen Grabstein, so groß wie diese Welt?«

Elder blieb ganz ruhig, obwohl die Spannung im Raum immer heftiger wurde und sich bald entladen mußte. »Ich kann mich nicht erinnern, euch um irgendeine Hilfe gebeten zu haben«, sagte er. »Aber ich bitte dich, denke in Ruhe über das nach, was ich dir erzählt habe. PACK ist erledigt, wenn herauskommt, was sie hier treiben. Aber das bedeutet auch gleichzeitig, daß überall bekannt wird, daß diese Welt bewohnt ist. Ich gebe es zu – das Hauptinteresse der Leute, die mich hierher geschickt haben, liegt darin, PACK zu ruinieren. Aber sag selbst: Was kann euch besseres passieren? Meine Auftraggeber würden alles tun, um den entstandenen Schaden wiedergutzumachen. Ihr würdet mehr als entschädigt für das, was man euch angetan hat. Wir würden diesen Planeten in ein Paradies verwandeln. Es sind keine leeren Versprechungen, Aires. Wir können euch eure Welt so umgestalten, wie ihr es wollt.«

»Warum solltet ihr das tun?« fragte Storm verächtlich. »So etwas ist teuer. Und wir können nicht viel bezahlen.« Seine Stimme troff vor Hohn.

»Das kann ich dir sagen«, erklärte Elder ruhig. »Weil es ein Geschäft ist, von dem wir beide profitieren. Ihr bekommt eine Welt, auf der nicht jeder Tag ein neuer Kampf ums nackte Überleben ist. Und für uns bedeutet eine so großmütige Hilfe einen Imagegewinn, der mit Geld gar nicht aufzuwiegen ist. Wir können beide nur gewinnen, Storm. Die Zeche dafür zahlt PACK. Aber ich glaube nicht, daß euch das allzu leid tut.«

»Genug«, flüsterte Kara. »Hör... auf. Hör sofort auf, Elder.« Ihre Stimme bebte. Sie zitterte am ganzen Leib. In ihrem Inneren tobte ein Sturm von Gefühlen, der sie fast um den Verstand brachte. »Ich kann es nicht mehr hören. Ich... ich lasse nicht zu, daß du um unsere Leben schacherst wie ein Krämer um ein Faß Wein.«

Aires hob besänftigend die Hand. »Beruhige dich, Kara. Ich verstehe dich, aber Elders Vorschlag klingt vernünftig genug, um zumindest darüber nachzudenken. Was nicht bedeutet«, fügte sie an Elder gewandt und mit veränderter Stimme hinzu, »daß wir ihn annehmen oder dir alles glauben.«

»Das habe ich auch nicht erwartet«, sagte Elder. »Nicht sofort.« Er warf Kara einen dunklen Blick zu. »Ich bin ja schon froh, daß ihr mir nicht gleich den Kopf abgeschlagen habt.«

»Gesetzt den Fall, wir glauben dir«, sagte Aires. »Was müßten wir tun?«

»Nichts«, antwortete Elder. »Ihr könnt nichts tun, glaubt mir. Es ist eine Sache zwischen ihnen und mir. Ich kann sie aufhalten, aber das kann ich nur allein. Wenn ihr euch einmischt, werdet ihr zermalmt wie Jandhis Volk.«

»Was könntest du allein tun, was wir nicht können?« fragte Tera.

»Etwas sehr Einfaches und zugleich das einzige, was überhaupt einen Sinn ergibt«, antwortete Elder. Er warf Kara einen beinahe entschuldigenden Blick zu. »Das, was ich zu tun im Begriff stand, ehe sie mich niedergeschlagen und weggeschleppt hat. Hilfe herbeirufen. Ich habe die Basis im Schlund angegriffen, weil ich an ihren Pararaumsender heranwollte. Der Versuch hat mich mein Schiff gekostet, aber es ist gut möglich, daß sie mich für tot halten. Ich habe daher eine gute Chance, es ein zweites Mal zu versuchen. Gelingt es mir, an einen Sender heranzukommen und einen Hilferuf abzusetzen, dann wimmelt es hier in drei Monaten von Truppen, das schwöre ich euch.«

»Was ist ein Pararaumsender?« fragte Aires.

»Etwas wie die Funkgeräte, die sie in Schelfheim benutzen«, antwortete Elder. »Nur sehr viel leistungsfähiger. Ich kann damit andere Welten erreichen. Aber es gibt nur zwei Stück davon auf diesem Planeten. Der eine befindet sich in der Pumpstation, doch ich fürchte, daß sie ihn jetzt etwas besser bewachen werden.«

»Und der andere?«

»In ihrem Schiff«, antwortete Elder. »Leider weiß ich nicht, wo er steht.«

»Und wenn wir einen eigenen Sender bauen?« schlug Kara vor.

Elder starrte sie einen Moment lang aus weit aufgerissenen Augen an – und begann schallend zu lachen.

»Was ist daran so komisch?« grollte Kara. »Habe ich was Falsches gesagt?«

Elder beruhigte sich erst nach einer Weile. »Das hast du«, sagte er schließlich. »Drücken wir es vorsichtig aus: Es ist völlig unmöglich. Ich muß dieses Schiff finden und versuchen, irgendwie hineinzukommen. Ihr könnt dabei gar nichts tun.«

»Wir werden sehen«, sagte Aires. »Vorerst danke ich dir für deine Kooperation, Elder. Ich möchte mich für das entschuldigen, was dir geschehen ist. Kara hat einen Fehler gemacht; aber ich hoffe, daß du verstehst, warum. So wie die Dinge liegen, hätte ich vermutlich auch nicht anders gehandelt.«

Kara war nicht sicher, ob das zornige Funkeln in Elders Augen ihr oder dem Vorwurf in Aires’ Worten galt. Er schwieg. »Du hast sicher Verständnis, daß wir ein wenig Zeit brauchen, um uns zu beraten«, fuhr Aires fort. Sie wandte sich mit einem auffordernden Blick an Hrhon. »Geleite Elder in sein Quartier, Hrhon. Und sorge dafür, daß er mit allem Respekt behandelt wird, der einem Gast zukommt.«

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