2 Hüte dich vor der Finsternis

Wenn der Erwachsene träumte, träumte er wie als Kind. Er träumte, er sei ein Kleinkind, das vor dem Eingang zu einem Tunnel stand. Der einst glatte Quarz, Marmor und Stein um den Eingang war jetzt von Alter und Vernachlässigung schmutzig. Ein kleiner Baum – keine Espe, keine Eiche, nichts, was der Junge in seinem kurzen Leben schon gesehen hatte – wuchs neben dem Höhleneingang aus dem Stein. Die Nase des Jungen zuckte bei dem Geruch nach feuchtem Stein und – blaue Augen wurden groß – dem Duft von Zimt! Zimt und Hagelzucker auf Quith-Pa – die Lieblingsleckerei des Jungen. Und nach einem Tag im Freien war er hungrig und müde.


Aus einem nahen Dickicht des Wäldchens, dem heiligen Hain in der Mitte von Qualinost, hörte er die Stimme seiner Mutter. Der Junge stand unentschlossen in der Öffnung des Tunnels und umklammerte ein Stofftier, einen Kodrachen, mit seiner dicken Hand. Gestern war die Höhle noch nicht dagewesen, dachte das Kind, aber heute war sie es. In einer Kinderwelt ist alles möglich, und dieses Kind hatte noch keine Angst kennengelernt.

Von drinnen lockte eine Gegenwart. Vielleicht würde die Gegenwart mit dem Kleinen spielen. Seine eigenen großen Brüder waren viel zu sehr mit Große-Brüder-Sachen beschäftigt. Die Mutter rief wieder, diesmal mit etwas ängstlicher Stimme.

Das Kind rang mit sich. War das »Das Spiel«, wo Baby sich versteckt und Mami es sucht? Gab es ein besseres Versteck als einen schönen Tunnel? Quarz, Marmor und Stein glänzten jetzt, als hätte eine magische Gegenwart sie von einem Augenblick auf den anderen poliert.

Die Mutter forderte den kleinen Jungen auf, aus seinem Versteck zu kommen. »Sofort, kleiner Elf. Sonst…«, warnte sie.

Damit war die Sache entschieden. Das Kind flitzte in die Höhle. Und in dem Moment, in der ersten unsicheren Pause im dunklen Tunnel, ging die Öffnung zu. Schlingpflanzen schossen aus der feuchten Erde hoch. Steine polterten und schlossen das Nachmittagslicht aus. Innerhalb von Sekunden war der Eingang verschwunden.

Der Kleine stand verunsichert vor dem Geröllhaufen, wo der Eingang zur Höhle gewesen war. Er wollte hinaus, aber es gab kein Hinaus mehr. Es gab kein Licht, keinen Zimtgeruch.

Es gab nur den Tunnel.

Der Mann erwachte wimmernd.

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