20

Der Tag, der heraufzog, wurde nur verstohlen sichtbar und wurde von den Schatten der schwindenden Nacht grau umhüllt, als er auf der Suche nach dem Morgen unsicher aus dem Gestern herauskroch. Die Gefährten standen auf und begrüßten ihn mit müden Augen. Verzagt spürten sie das Verrinnen der Zeit und damit ihrer Chancen wie einen Kettenpanzer, der sie hinabzuziehen drohte. Sie schulterten ihre Umhänge und Rucksäcke und Waffen und brachen erneut auf, eingehüllt in das Schweigen ihrer Gedanken, die grimmigen Gesichter der drohenden Mauer aus Angst und Zweifeln entgegengereckt.

Wenn ich doch nur eine Nacht schlafen könnte, dachte Wren, während sie versuchte, ihre Müdigkeit fortzublinzeln. Nur eine.

In der letzten Nacht hatte sie nur wenig Erholung gehabt, denn sie war wieder ruhelos gewesen, als sie in der Stille wach lag, umlagert von Dämonen aller Formen und Arten, von Dämonen, die die Gesichter jener trugen, die ihr am nächsten gestanden hatten oder standen, von Freunden und Familie, von den Schwindlern in ihrem Leben. Sie flüsterten ihr Worte zu, neckten und foppten sie und warnten sie vor Geheimnissen, die sie nicht kennen konnte. Sie ließen sie Spuren verfolgen und Lasten tragen, und dann verschwanden sie von ihrer Seite wie der Morgennebel.

Ihre Hände umklammerten den Ruhkstab, auf den sie sich stützte, während sie kletterte. Vertraue niemandem, zischte die Addershag erneut aus ihrer Erinnerung.

Der Aufstieg war kurz, denn sie waren am Tag zuvor auf ihrem Weg aus den Lavatunneln nahe am Gipfel herausgekommen, der Grat war bereits in Sichtweite. Sie erreichten ihn daher jetzt schnell, indem sie die letzte Strecke des zerstörten Pfades hinaufkletterten. Schließlich standen sie oben auf der Bergwand und hielten inne, um zurück in den Nebel zu schauen, der das Land, das sie durchquert hatten, einhüllte – es war, als erwarteten sie etwas zu sehen, was dort auf sie wartete. Aber es war nichts zu erkennen, alles war von Wolken und Nebel bedeckt, eine Welt und ein Leben, die in der Vergangenheit verschwunden waren. Sie konnten es im Geiste noch immer sehen und es sich vorstellen, als sei es in die Luft vor ihnen gezeichnet. Sie konnten sich erinnern, was es sie gekostet hatte, hindurchzugelangen, was es ihnen abverlangt hatte und wie wenig es zurückgegeben hatte. Sie betrachteten es noch einen Augenblick und wandten sich dann schnell ab.

Dann gingen sie durch schmale Durchgänge zwischen den Felsen hindurch, die von Bäumen durchsetzt waren, die sich wie Finger vom Blackledge erhoben, bis alles abrupt in einem zerklüfteten Gewirr von Schluchten und Graten endete, die sich teilten und sich in sich selbst zurückfalteten, große Furchen in der Haut des Landes. Ein Lavafluß aus dem Schlund Killeshans hatte diesen Weg vor einigen Jahren passiert und den Gipfel freigefegt. Alles war verbrannt, bis auf eine Ansammlung silbriger Baumstämme, die kahl und skelettartig hervorstanden, einige in seltsamen Winkeln umgestürzt, andere in unseliger Verzweiflung gegeneinander gestützt. Gestrüpp wuchs in verkümmerten Flecken aus der Lava heraus, und Moosteppiche verdunkelten die schattige Seite rauher Spalten.

Stresa führte sie an den Rand dieser abstoßenden Welt und blieb auf einer kleinen Anhöhe stehen, wo er seine Stacheln vorsichtig aufstellte. Die Gefährten schauten freudlos auf das, was vor ihnen lag, lauschten und hörten nichts, schauten und sahen nichts und spürten die Gegenwart des Todes an jeder Ecke. Verwüstung breitete sich vor ihnen aus, eine weite und leere Landschaft, die in graues Schweigen gehüllt war.

Auf Wrens Schulter setzte sich Faun steif auf und beugte sich mit gespitzten Ohren vor. Sie konnte spüren, wie der Baumschreier zitterte.

»Was für ein Ort ist das hier?« fragte Gavilan.

Ein schweres Rumpeln erreichte sie für einen Augenblick und ließ sie nordwärts schauen, dorthin, wo die Masse Killeshans dunkel aufragte und ihnen so nahe erschien wie bei ihrem Auszug aus Arborlon. Das Rumpeln nahm ab und erstarb.

Stresa wandte sich langsam um. »Dies ist der Harrow«, sagte er. »Hssttt! Hier leben die Drakuls.«

Das war eine Art Dämonen – oder Schattenwesen –, wie sich Wren erinnerte. Stresa hatte sie bereits erwähnt. Sie seien gefährlich, hatte er zu verstehen gegeben.

»Drakuls«, wiederholte Gavilan mit Besorgnis in der Stimme.

Der Killeshan rumpelte erneut und diesmal eindringlicher als zuvor. Es war eine unnötige Erinnerung an seine Gegenwart, an den Groll, den er gegen sie hegte, weil sie die Magie fortgenommen hatten und das Gleichgewicht der Dinge unterbrochen hatten. Morrowindl erschauerte zur Antwort.

»Erzähle mir von den Drakuls«, wies Wren den Stachelkater ruhig an.

Stresas Augen fixierten sie. »Es sind Dämonen, wie die anderen. Phfffft! Sie schlafen bei Tageslicht und kommen nachts zur Nahrungsaufnahme hervor. Sie entziehen den Wesen, die sie fangen, das Leben – das Blut, die Körperflüssigkeiten. Sie verwandeln – hsssst – einige in Wesen wie sie selbst.« Die stumpfe Nase verzog sich. »Sie jagen wie Geister, nehmen aber Gestalt an, um Nahrung aufzunehmen. Als Geister können sie auch nicht verletzt werden.« Er spie angewidert aus.

»Wir werden darum herumgehen«, verkündete Triss sofort.

Stresa spie erneut aus, als wolle der Geschmack nicht vergehen. »Darum herum! Phhhhh! Es gibt kein Darum-herum! Im Norden verläuft der Harrow Meilen auf Meilen zum Killeshan zurück – zurück zu dem Tal und den Dämonen, die uns verfolgen. Grrrrr. Im Süden erstreckt sich der Harrow bis zu den Klippen. Die Drakuls jagen auch an ihren Ausläufern. Auf jeden Fall würden wir niemals – hrrrrr – darum herum gelangen, bevor die Nacht hereinbricht, aber das müßten wir schaffen, wenn wir überleben wollen. Ihn bei Tageslicht zu durchqueren, ist unsere einzige Chance.«

»Während die Drakuls schlafen?« fragte Wren sofort.

»Ja, Wren von den Elfen«, grollte der Stachelkater sanft. »Während sie schlafen. Und selbst dann – hsssttt – wird es nicht ganz sicher sein. Die Drakuls sind selbst dann noch da – als Stimmen aus der Luft, als Gesichter aus dem Nebel, als Empfindungen und Ahnungen und Ängste und Zweifel. Phffffft. Sie werden versuchen, uns abzulenken und zu locken und uns innerhalb des Harrow festzuhalten, bis die Nacht hereinbricht.«

Wren schaute hinaus in die verwüstete Landschaft und in den Dunst, der vom Himmel bis zur Erde reichte. Erneut gefangen, dachte sie, die ganze Insel ist eine Falle.

»Es steht uns kein anderer Weg offen?«

Stresa antwortete nicht – er brauchte es nicht.

»Und auf der anderen Seite des Harrow?«

»Der In Ju. Und dahinter die Strande.«

Triss war neben sie getreten. Sein hageres Gesicht war angespannt. »Aurin Striate hat oft von den Drakuls gesprochen«, erzählte er ruhig und sah sie eindringlich an. »Er sagte, es gäbe keinen Schutz gegen sie.«

»Aber sie schlafen jetzt«, erwiderte sie genauso ruhig.

Seine grauen Augen wandten sich ab. »Ist das wirklich so?«

Ein erneutes Rumpeln erschütterte tief und drohend die Insel. Es war wie ein Riese, der sich erhebt, der ärgerlich erwacht. Sein Donner rollte, während sich die Beben steigerten. Risse bildeten sich im Boden um sie herum, und Felsgestein und Sand fielen in die Leere. Dampf und Asche wurden aus Killeshans Schlund ausgestoßen, schossen in turmhohen Geysiren himmelwärts und regneten in einem Bogen nieder und verschwanden im Dunst. Feuer bahnte sich unheilvoll seinen Weg vom Rand des Vulkans herab, nur ein Tröpfeln, kaum sichtbar in den Nebeln.

Garth suchte Wrens Aufmerksamkeit durch eine einfache Bewegung seiner Schulter. Seine Finger gestikulierten. Beeile dich, Wren. Die Insel fängt an, sich auseinanderzuschütteln.

Sie sah sie nacheinander an – Garth, so rätselhaft und ungerührt wie immer, der beständige Triss, der jetzt ihr Beschützer war, nachdem er diese Aufgabe angenommen hatte. Dal voller Unruhe, während er hinaus in den Nebel schaute – sie hatte ihn noch niemals sprechen hören, Eowen, ein weißer Schatten vor dem Grau, die aussah, als würde sie darin verschwinden, und Gavilan, widerstrebend, unberechenbar, gehetzt, für sie verloren.

»Wie lange werden wir brauchen, um hindurchzukommen?« fragte sie Stresa. Faun kletterte von ihrer Schulter und lief fort.

»Einen halben Tag, vielleicht ein wenig mehr«, gab der Stachelkater an.

»Ein Leben lang, wenn du dich irrst, Stachel«, sagte Gavilan düster.

»Dann werden wir uns beeilen müssen«, erklärte Wren und rief Faun zurück auf ihre Schulter. Sie hielt den Ruhkstab vor sich, um ihre Gedanken zu sammeln. »Wir haben keine Wahl. Laßt uns gehen. Bleibt dicht beieinander. Seid vorsichtig.«

Sie gingen zielstrebig über die Ebenen, wanden sich hinunter in den Irrgarten der Landsenken und durch das Gewirr von Baumhüllen. Mit aufmerksamen Augen durchforsteten sie das verwüstete Land um sie herum. Stresa führte sie, so schnell er konnte, aber die Reise ging dennoch langsam voran, denn das Gebiet war zerklüftet und zerstört, von Windungen und Kurven durchsetzt, die ein schnelles Vorwärtskommen ohne Umwege verhinderten. Der Harrow verschluckte sie innerhalb von Augenblicken und schloß sich fast magisch um sie herum, bis in keiner Richtung mehr etwas zu sehen war. Nebel wirbelte und wand sich im Luftstrom, Dampf stieg aus Rissen in der Erde, die sich ihren Weg bis zum Kern von Killeshan gruben, und Vog schwebte vom Schlund des Vulkans herab. Nichts bewegte sich in dem Land. Überall um sie herum war es still und leer. Schatten umspielten sie, schwarze Linien, die von skelettartigen Bäumen auf den Boden projiziert wurden, eherne Blenden vor dem Licht. Und die ganze Zeit über rumpelte die Erde unter ihnen unheilvoll, und das Gefühl von etwas Gefährlichem regte sich in ihnen.

Schon in der ersten Stunde begannen Stimmen zu erklingen. Sie erhoben sich aus dem Nichts wie ein Flüstern in der Luft, das von überallher hätte kommen können. Die Rufe forderten sie heraus, und für jeden von ihnen hatten die Worte eine andere Bedeutung. Zuerst schaute jeder den anderen an und dachte, daß alle es gehört haben müßten und daß die Stimmen unmißverständlich seien. Sie fragten ängstlich und angespannt: Hast du das gehört? Hast du gehört? Aber natürlich hatte niemand es gehört – nur derjenige, der persönlich angerufen worden war, absichtlich, angezogen von einer Art Spiegel des Selbst, von einer Spiegelung von Verstand und Gefühl.

Die Bilder kamen ganz nahe, Gesichter aus der Luft, Gestalten, die sich schnell bildeten und genauso schnell wieder in den wabernden Dunst verschwanden, Visionen von Wesen, die jedem von ihnen seltsam erschienen – die Personifizierungen von Sehnsüchten, Bedürfnissen und Hoffnungen. Für Wren nahmen sie die Gestalt ihrer Eltern an. Für Triss und Eowen waren sie die Königin. Für die anderen waren sie etwas anderes. Die Bilder machten sich am Rand ihres Bewußtseins breit und kämpften darum, die Barrieren zu durchbrechen, die sie errichtet hatten, um sie in Schach zu halten. Sie versuchten, die Gefährten von ihrem Weg abzubringen und in die Irre zu führen.

So ging es unaufhörlich weiter. Die Stimmen waren niemals laut, die Bilder niemals klar und die Erfahrung auch nicht unangenehm, nicht bedrohlich, nicht einmal real – eine fehlerhafte Erinnerung an etwas, was niemals gewesen war. Stresa, der mit der Gefahr vertraut war, brachte sie dazu, daß sie miteinander sprachen, um den Angriff abzuwehren – denn es gab keinen Zweifel darüber, was es war. Die Drakuls pirschten sich, da sie die Beute ahnten, der sie nach dem Erwachen folgen wollten, sogar im Schlaf an sie heran, und versuchten, sie zögern zu lassen oder sie zurückzuhalten, sie vom Weg ab in die Irre zu führen, damit sie beim Einbruch der Nacht noch innerhalb des Harrow waren.

Die Zeit verstrich langsam, so behutsam und gleichmäßig wie der Dunst, durch den sie gingen, so freudlos wie die Landschaft, die sich vor ihnen erstreckte. Die Einschnitte in der Landschaft vertieften sich, und an manchen Stellen bildeten die leblosen Bäume Barrieren, die sie nicht überwinden konnten, sondern umgehen mußten. Wren sprach ständig mit den anderen, während sie sich mühsam vorwärts schleppte, sich an den Stimmen vorbeidrängte, sich durch die Gesichter hindurchwarf und sich bemühte, sie alle zusammen und in Bewegung zu halten. Die Mittagszeit näherte sich, und der Tag wurde dunkler. Schwere Regenwolken verdichteten sich über ihnen, es begann zu tröpfeln und dann zu regnen. Der Wind frischte auf, und der Regen peitschte in Strömen auf sie ein. Er fegte als Vorhang über sie hinweg und nahm wieder ab bis zu einem Nieseln, um den Kreislauf dann wieder zu beginnen. Das hielt eine Weile an und war dann vorbei. Die Hitze der Erde kehrte zurück, und der Nebel begann sich zu verdichten. Er schloß sich um sie herum, und bald war über ein Dutzend Fuß hinaus nichts mehr sichtbar. Sie blieben dicht beieinander, so nah, daß sie übereinander stolperten und ineinander stießen, als seien sie blind, denn sie mußten sich ihren Weg durch die Dunkelheit erspüren.

»Stresa! Wie weit noch?« rief Wren durch das Schrillen der Stimmen, die um ihre Ohren wirbelten.

»Sppt! Jetzt ist es nicht mehr weit«, kam Stresas Antwort. »Es ist direkt vor uns.«

Sie stiegen in eine besonders tiefe Schlucht hinab, die aussah, als habe ein gezacktes Messer die Oberfläche des Lavagesteins durchschnitten. Sie war voller Schatten und waberndem Dunst. Wren wußte, daß es gefährlich war, und hätte die anderen beinahe zurückgerufen, doch sie sah auch, daß dies der direkte Weg nach draußen war, daß es der einzige Weg war, den sie nehmen konnten. Sie stieg in die Dunkelheit hinab und hielt den Ruhkstab vor sich wie einen Schild. Faun schnatterte wild auf ihrer Schulter. Das war ein weiteres Geräusch, das sich mit den anderen, den unsichtbaren Stimmen vermischte, die dröhnten und tobten und sie immer mehr dahin trieben, daß sie das Bedürfnis hatte, laut zu schreien. Sie sah Triss vor sich und Stresa als schwachen, dunklen Fleck dahinter. Sie hörte Schritte hinter sich, jemanden, der folgte, die anderen...

Und dann ergriffen sie plötzlich Hände, erschreckend und so hart wie Eisen. Sie kamen aus dem Nichts, wurden auf einmal im Nebel sichtbar, schlössen sich um ihre Beine und Knöchel und rissen sie vom Weg fort. Sie schrie entsetzt auf und schlug mit dem Ende des Ruhkstabes nach unten. Weißes Feuer brach aus der Erde hervor und loderte in alle Richtungen, und die Magie des Elfensteins reagierte. Es erschreckte und bestürzte sie, daß die Magie so leicht hervorkommen konnte. Sie hörte die Rufe der anderen, ihre Warnschreie. Wren wirbelte wild herum, und die Hände, die sich an sie geklammert hatten, fielen ab. Etwas bewegte sich im Nebel – Dutzende, gesichtslos und gestaltlos und Wesen. Die Drakuls waren aus irgendeinem Grunde wach, erkannte sie. Obwohl sie es nicht sein sollten. Vielleicht war es hier in diesem Einschnitt verhangen und düster genug, um als Nacht zu gelten. Sie warnte die anderen, rief sie zu sich und führte sie auf den fernen Abhang der Schlucht zu. Die Gestalten wirbelten überall um sie herum, griffen nach ihnen und suchten sie zu berühren. Es waren Nichtwesen, und doch waren sie irgendwie real. Sie sah des Lebens beraubte Gesichter, die blasse Abbildungen waren ihres eigenen, leere und blinde Augen, Zähne, die wie die Fänge von Tieren aussahen, eingesunkene Wangen und Schläfen und Körper, die zu nichts dahingesiecht waren. Sie kämpfte sich durch sie hindurch, denn sie schienen es alle auf sie abgesehen zu haben, als würden sie von ihr angezogen, als sei sie diejenige, die ihnen am wichtigsten war. Es war die Magie, erkannte sie. Wie bei allen Schattenwesen war es die Magie, die sie zuerst anzog.

Drakulgeister materialisierten sich vor ihr, und Garth ging entschlossen voran und schlug mit dem Kurzschwert zu. Die Bilder lösten sich auf, blieben aber unversehrt und bildeten sich rasch neu. Wren wirbelte herum, als sie den Grund der Schlucht erreichten. Einer, zwei... Sie zählte hastig. Sie waren noch sechs. Stresa kletterte bereits weiter, und sie wandte sich um und folgte ihm. Sie stiegen hastig den jenseitigen Abhang hinauf und bahnten sich ihren Weg über regenglattes Lavagestein und an Gestrüpp und umgestürzten Bäumen vorbei. Die Bilder folgten ihnen, die Stimmen der aus dem Schlaf emporgestiegenen Phantome, der untoten Monster, die sie verfolgten. Wren schlug sie mit Zorn und Abscheu zurück, mit heftigen Bewegungen, wobei ihr bewußt war, daß Faun an ihrem Hals hing, als sei er ein Teil von ihr geworden. Sie spürte die Hitze des Ruhkstabes in ihren Händen, dessen Magie erneut ausbrechen wollte. Es war Magie, die alles tun konnte, dachte sie düster, die alles erschaffen konnte – sogar Monster wie diese. Sie schrak bei dieser Vorstellung innerlich zurück. Der Schrecken einer Wahrheit, von der sie wünschte, daß sie niemals gewesen wäre, ergriff sie, einer Wahrheit, von der sie fürchtete, sie würde sich erheben und sie verfolgen, wenn sie ihr Versprechen, die Elfen zu retten, halten sollte.

Die sechs stolperten über den Rand der Schlucht und begannen zu rennen. Die Dunkelheit war dicht und verschob sich vor ihnen wie Schichten von Gaze, aber sie verlangsamten ihren Schritt nicht, sondern jagten achtlos weiter und riefen einander ermutigende Worte zu, während sie sich gegen ihre Verfolger zur Wehr setzten. Die Drakuls zischten und fauchten wie Katzen, und die Bosheit ihrer Gedanken war ein Feuer, das in ihnen brannte. Und doch waren es jetzt nur Stimmen und Bilder, die nicht real waren, denn die Drakuls konnten die Dunkelheit ihres Versteckes am Tag niemals verlassen, um sich in den Harrow zu wagen. Langsam schwanden die Trugbilder, flössen zurück wie die im Gezeitenstrom zurückweichenden Wasser eines weiten Ozeans. Die kleine Gruppe begann den Schritt zu verlangsamen. Sie atmeten schwer in der plötzlichen Stille, und ihre Stiefel knirschten, als sie abrupt stehenblieben.

Wren schaute zurück in den Nebel. Es war nichts zu sehen außer dem Nebel und den schwachen Schatten des verkümmerten Landes und der dahinter liegenden Baumskelette, alles war leer und starr. Faun hob vorsichtig den Kopf. Stresa walzte keuchend mit heraushängender Zunge herüber, um sich zu ihnen zu gesellen. Der Stachelkater fauchte. »Hsssttt! Einfältige Geister!«

Wren nickte. Die Hitze des Ruhkstabes in ihren Händen ließ nach und erstarb. Sie spürte, wie ihr eigener Körper in der Luft abkühlte. Erleichterung breitete sich in ihr aus.

Doch dann drängte Garth plötzlich vorwärts, erschreckt von etwas, das ihr entgangen war, angespannt und aufmerksam, während er den Nebel absuchte. Wren folgte seinem Blick. Sie wurde ängstlich, ohne jedoch schon zu wissen, warum. Sie sah, wie sich die anderen unbehaglich anschauten.

Ihr Herz machte einen Satz. Was war falsch?

Dann sah sie es. Sie waren nur fünf. Eowen fehlte.

Zuerst hielt sie es für unmöglich und dachte, sie müßte sich irren. Sie hatte alle sechs gezählt, als sie aus der Schlucht herausgeklettert waren. Eowen war bei ihnen gewesen, sie hatte ihr Gesicht erkannt...

Sie hielt inne. Eowen. Sie sah die rothaarige Seherin im Geiste vor sich, wie sie ihnen folgte – zu blaß, zu vergänglich. Fast als sei sie nicht wirklich da – was sie ja auch nicht war. Wren spürte ein flaues Gefühl in ihrer Magengrube, einen Schmerz, der sie zu verschlingen drohte. Sie hatte nichts weiter als ein Bild gesehen, ein ausgeklügelteres und berechneteres als die anderen, ein Bild, das gestaltet worden war, um sie alle glauben zu machen, sie seien zusammen, obwohl sie es tatsächlich nicht mehr waren.

Die Drakuls hatten Eowen in ihrer Gewalt.

Garth machte ihr eilig Zeichen. Ich habe auf sie aufgepaßt, wie ich es versprochen hatte. Sie war direkt hinter uns, als wir aus der Schlucht kletterten. Wie konnte ich sie verlieren?

»Du hast sie nicht verloren«, erwiderte Wren sofort. Sie spürte eine seltsame Ruhe über sich kommen, als habe sie resigniert. Sie akzeptierte die Unvermeidlichkeit des Zufalls und des Schicksals. »Es ist in Ordnung, Garth«, flüsterte sie.

Sie spürte, wie sich der Boden unter ihr öffnete und ein Loch sich auftat, in das sie wahrscheinlich fallen würde. Sie wartete, daß das Gefühl vorbeiging und daß sie wieder Standfestigkeit erlangte. Sie wußte, was sie tun mußte. Was auch immer geschehen würde, sie konnte Eowen nicht aufgeben. Um sie zu retten, würde sie in den Harrow zurückgehen müssen, zurück unter die Drakuls. Sie konnte natürlich die anderen schicken, sie würden gehen, wenn sie sie bat. Aber das würde sie niemals tun – sie konnte es niemals auch nur in Erwägung ziehen. Denn das Wissen eines Spurenlesers, die Erfahrung eines Fahrenden, die Ausbildung eines Elfenjägers – alles das war gegen die Drakuls nutzlos. Nur eines war etwas anderes.

Sie machte ein paar unsichere Schritte und blieb dann stehen. Ihr Verstand rief ihr zu, es sich noch einmal zu überlegen. Sie bemerkte, daß die anderen nacheinander nach vorn kamen und zu ihr traten, wobei ihre Augen ihren eigenen folgten, als sie in die Dunkelheit des Harrow hinausspähte.

»Nein!« warnte Stresa. »Phffft! Es wird bereits dunkel!«

Sie beachtete ihn nicht und wandte sich statt dessen an Gavilan. Schweigend taxierte sie ihn und streckte dann den Ruhkstab aus. »Es ist an der Zeit, daß du dich wieder als mein Freund erweist, Gavilan«, sagte sie ruhig. »Nimm den Stab. Bewahre ihn bis zu meiner Rückkehr für mich auf. Hüte ihn.«

Gavilan sah sie ungläubig an und griff dann vorsichtig nach dem Talisman. Seine Hände schlössen sich darüber, legten sich fest darum und zogen ihn fort. Sie erlaubte ihren Augen nicht, den seinen zu begegnen, denn sie hatte Angst davor, was sie dort finden könnte. Er war der einzige, der von ihrer Familie übriggeblieben war. Sie mußte ihm vertrauen.

Triss und Dal hatten ihre Rucksäcke abgelegt und überprüften ihre Waffengürtel. Garth hatte bereits sein Kurzschwert gezogen.

»Nein«, belehrte sie die drei. »Ich gehe allein zurück.«

Sie widersprachen mit schnellen und drängenden Worten, aber sie unterbrach sie sofort. »Nein!« wiederholte sie. Sie sah sie an. »Ich bin die einzige, die eine Chance hat, Eowen zu finden und wieder hier herauszubringen. Ich.« Sie griff in ihre Tunika und zog den Beutel mit den Elfensteinen hervor. »Die Magie, sie zu finden und mich zu beschützen – nichts weniger ist hier nötig. Wenn ihr mit mir kommt, muß ich mich auch um euren Schutz sorgen. Diese Wesen können von euren Waffen nicht verletzt werden, und zumindest dieses eine Mal könnt ihr mir nicht helfen.«

Sie legte Triss eine Hand auf den Arm, sanft, aber auch fest. »Du hast die Aufgabe, mich zu beschützen, das weiß ich. Aber ich befehle dir, statt dessen auf den Loden aufzupassen – bei Gavilan zu bleiben, zusammen mit Dal, um dafür zu sorgen, daß die Elfen in Sicherheit sind, was immer auch geschieht.«

Die harten, grauen Augen von Triss verengten sich. »Ich bitte Euch, dies nicht zu tun, Hoheit. Die Leibgarde dient zuerst der Königin.«

»Und die Königin, wenn es das ist, was ich in Wahrheit bin, meint, daß du ihr am besten dienst, indem du hierbleibst. Ich befehle es, Triss.«

Garth signalisierte ärgerlich. Tu mit ihnen, was du willst. Aber es hat keinen Sinn, wenn ich zurückbleibe. Ich komme mit dir.

Sie schüttelte den Kopf, und ihre Finger bewegten sich, während sie sprach. »Nein, Garth. Wenn ich umkomme, werden sie dich brauchen, um sicher zum Strand und zu Tiger Ty zu kommen. Sie werden deine Erfahrung brauchen. Ich liebe dich, Garth, aber du kannst mir hierbei nicht helfen. Du mußt bei den anderen bleiben.«

Der große Mann sah sie an, als hätte sie ihn geschlagen.

»Dies ist der Zeitpunkt, von dem wir immer wußten, daß er kommen würde«, belehrte sie ihn ruhig und bestimmt, »der Zeitpunkt, auf den du mich so lange vorbereitet hast. Es ist jetzt zu spät für weitere Lektionen. Ich muß mich auf das verlassen, was ich weiß.«

Sie nahm Faun von ihrer Schulter und setzte ihn neben Stresa auf den Boden. »Bleib hier, Kleiner«, befahl sie und trat fort.

»Grrrrr! Wren von den Elfen, nimmt mich mit!« grollte Stresa, und seine Stacheln rasselten. »Ich kann für dich die Spuren lesen – besser als jeder der anderen!«

Sie schüttelte erneut den Kopf. »Die Elfensteine können den Spuren noch besser folgen. Garth wird euch sicher ins Westland führen, Stresa, falls ich nicht zurückkommen sollte. Er weiß von meinem Versprechen dir gegenüber.«

Sie legte ihren Rucksack ab und ließ ihre Waffen fallen – bis auf das lange Messer an ihrer Taille. Die vier Männer, der Stachelkater und der Baumschreier sahen schweigend zu. Vorsichtig schüttelte sie die Elfensteine aus ihrem Beutel und ließ sie in ihre geöffnete Hand fallen. Dann schlössen sich ihre Finger um sie.

Schließlich wandte sie sich um, bevor sie es sich anders überlegen konnte, und schritt in den Nebel.

Sie ging einige Zeit entschlossen geradeaus und konzentrierte sich nur darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen, Distanz zwischen sich und denen aufzubauen, die sie beschützen wollten. Sie überquerte das bloßliegende Lavagestein und fühlte sich wie ein einsamer Jäger, der innerlich erkaltet war von der Intensität seiner Entschlossenheit. Eowen sprach aus der Erinnerung zu ihr und erzählte ihr von der Vision, die sie vor so langer Zeit gehabt hatte, der Vision ihres eigenen Todes. Nein, schwor sich Wren schweigend. Nicht jetzt, nicht, solange ich noch atme.

Die Drakuls begannen ihr zuzuflüstern, sie zu bedrängen und sie zu sich zu rufen. In ihr kämpfte die Wut gegen die Angst an. Ich werde zu euch kommen, in Ordnung – aber nicht so, wie ihr es euch gedacht habt!

Sie trat durch eine Reihe silbriger Baumstämme, hölzerne Pfähle, die kahl und starr dastanden. Sie waren wie ein Tor in die Unterwelt der Toten. Sie sah Gesichter erscheinen, unheimliche und leere Totenköpfe im Nebel. Sie hob die Elfensteine hoch, hielt sie vor sich und rief ihre Macht an. Die Magie kam sofort, gehorchte ihrem Willen, loderte mit blauem Feuer lebendig auf und schoß hinaus in den Nebel. Sie führte sie nach links, auf einer Fläche entlang, auf der nichts wuchs, wo nichts von dem, was hier einst gewesen war, überlebt hatte. Vor ihr, weit entfernt, konnte sie eine Ansammlung weißer Gestalten sehen, sich bewegender Gestalten, die sich umwandten, als wollten sie sie begrüßen. Stimmen erschollen, Schreie und Flüstern, Rufe des Todes.

Das blaue Feuer erlosch, und sie ging blind weiter.

Wren, hörte sie Eowen rufen.

Sie verdrängte das Gefühl der Dringlichkeit und zwang sich, sich vorsichtig zu bewegen und alles um sie herum zu beobachten, die Bewegungen der Schatten und des Nebels und jeden Hinweis erwachenden Lebens. Stresa hatte recht gehabt. Es wurde jetzt dunkel, der Nachmittag ging in die Nacht über, und das Licht begann zu verblassen. Sie wußte, daß sie Eowen nicht vor Einbruch der Nacht erreichen konnte. Das war es, was die Drakuls beabsichtigten. Das war es, was sie die ganze Zeit geplant hatten. Eowens Magie zog sie zwar an, wie ihre eigene – aber es war die ihre, die sie wollten, diejenige, die die mächtigste war, diejenige, die sie am besten nähren würde. Eowen war ein Köder für die Falle, in der sie gefangen werden sollte.

Sie schloß kurze Zeit die Augen, als sie sich dessen bewußt wurde. Sie hätte es die ganze Zeit wissen müssen.

Die Stimmen wurden lauter, und eindringlicher, und sie sah die Gestalten am Rande ihres Gesichtskreises schwach und ätherisch im Nebel Form annehmen. Eine Schlucht öffnete sich vor ihr – war es diejenige, in der sie Eowen verloren hatten? Sie wußte es nicht und kümmerte sich nicht darum. Sie stieg beherzt hinein, folgte der Führung der Magie und spürte, wie ihr Feuer sie jetzt mit seiner Hitze erfüllte, entzündet in der Schmiede ihrer Seele. Sie wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war – eine Stunde, mehr? Sie hatte ihr Zeitgefühl verloren, den Sinn für alles außer dem, was zu tun sie gekommen war. Königin der Elfen, Beschützerin des Ruhkstabes und des Loden, Besitzerin der Druidenmagie und leibliche Nachfahrin der Elessedils und Ohmsfords gleichermaßen – sie war alles dies, und sie war nichts davon, sondern statt dessen aus mehr gemacht, aus etwas Undefinierbarem.

Nichts, sagte sie sich, konnte ihr je entgegentreten.

Die Dunkelheit schloß sich um sie herum, als sie den Grund der Schlucht erreichte und sich das schwache Licht über ihr im Nebel und den Schatten verlor. Die Drakuls traten jetzt offen auf. Skelettartige Gestalten kamen langsam in Sicht, unheimlich und bar allen Lebens. Sie zögerten noch, denn sie hatten Angst vor der Magie, doch sie waren gleichzeitig begierig darauf. Sie sahen sie mit hungrigen Augen an, und trachteten danach, sie zu ihrem Eigentum zu machen. Sie spürte die Elfensteine warnend in ihrer Handfläche brennen, aber noch immer rief sie deren Magie nicht an. Sie ging beherzt weiter, eine Lebende zwischen den Toten.

Wren, hörte sie Eowen erneut rufen.

Eine Mauer aus bleichen Körpern blockierte ihr den Weg. Sie waren irgendwie menschlich, jedenfalls so geformt, aber doch gewundene, bleiche Imitationen dessen, was sie im Leben gewesen waren. Sie wandten sich um und traten ihr entgegen, waren jetzt keine Erscheinungen mehr, die schimmerten und sich im nächsten Windstoß aufzulösen drohten, sondern Wesen, die die Gegenständlichkeit des Lebens angenommen hatten.

»Eowen!« schrie sie auf.

Einer nach dem anderen traten die Drakuls beiseite, und da sah sie Eowen. So weißhäutig wie sie bis auf ihr feuerrotes Haar und die smaragdgrünen Augen, lag sie in ihren Armen verborgen. Ihre Augen glitzerten lebendig vor Schrecken, als sie Wrens suchten. Ihr Mund war geöffnet, als wolle sie atmen – oder schreien.

Die Münder der Drakuls hatten sich an ihrem Körper festgesaugt, und sie nährten sich von ihr.

Einen Augenblick lang konnte Wren sich nicht bewegen. Sie war wie gelähmt von dem Anblick, gefangen in Spinnweben der Unentschlossenheit.

Auf einmal fuhr Eowens Kopf hoch, ihre Lippen teilten sich mit einem Knurren und enthüllten schimmernde Fänge.

Wren schrie bestürzt auf, und die Drakuls griffen sie an. Sie hob die Elfensteine mit der Schnelligkeit eines Gedankens hoch, rief zornig und entsetzt ihre Macht hervor und richtete das Feuer der Magie gegen alles, was in Sichtweite war. Es fegte durch ihre Angreifer wie eine Sense und verbrannte sie zu Asche. Diejenigen, die bereits feste Gestalt angenommen hatten, diejenigen, die sich nährten, waren ausgelöscht. Und Eowen mit ihnen. Die anderen, die noch Geister waren, verschwanden. Flammen verschlangen alles. Wren lenkte das Feuer in alle Richtungen und fühlte die Magie heiß und rauh durch sich hindurchrinnen. Sie schrie frohlockend auf, als das Feuer die Schlucht von einem Ende bis zum anderen verbrannte. Sie überließ sich seiner Hitze – alles nur, um das Bild von Eowen zu verdrängen. Sie umarmte sie, wie sie einen Liebhaber umarmt hätte. Zeit und Ort verschwanden in dem Ansturm der Empfindungen. Sie begann die Kontrolle über sich zu verlieren.

Dann, kaum einen Moment bevor sie vollständig in der Macht aufgegangen wäre, erkannte sie, was geschah, erinnerte sich daran, wer sie war, und unternahm einen letzten, verzweifelten Versuch, sich wieder zu fangen. Wild schloß sie die Finger über den Steinen. Das Feuer leckte weiter hindurch. Ihre Hand krampfte sich zusammen, und ihr Körper zuckte. Sie krümmte sich unter der Anstrengung vor Schmerz und fiel auf die Knie. Schließlich fuhr die Magie in sie zurück, bestürmte sie noch einmal mit dem Versprechen ihrer Unüberwindlichkeit und war fort.

Sie kauerte sich im Nebel zusammen und kämpfte darum, wieder Herr ihrer selbst zu werden. Im Geiste sah sie wieder ein Bild von den Drakuls und Eowen, wie sie in den Flammen verschwanden, verschlungen von der Magie der Elfensteine.

Macht! Solche Macht! Wie sehr es sie verlangte, sie zurückzubekommen!

Scham durchfuhr sie, und dann folgte Verzweiflung.

Sie hob erschöpft ihren Blick, doch sie wußte bereits, was sie vorfinden würde, denn sie war sich jetzt völlig dessen bewußt, was sie getan hatte. Vor ihr erstreckte sich die leere Schlucht. Rauch und Asche hingen in der Luft. Ihre Kehle zog sich zusammen, als sie zu atmen versuchte. Sie hatte keine Wahl gehabt, das wußte sie – aber dieses Wissen half ihr nicht. Eowen war eine von ihnen gewesen, sie war vor Wrens Augen getötet worden, ihre eigene Prophezeiung hatte sich erfüllt. Obwohl Wren es versucht hatte, hatte sie an dieser Vision der Seherin nichts ändern können. Eowen hatte ihr einmal erzählt, daß ihr Leben um ihre Visionen herum aufgebaut worden sei und daß sie diese schließlich akzeptiert hätte – selbst die, die ihren Tod vorhersagte.

Wren spürte Tränen in ihre Augen treten und die Wangen hinablaufen.

Oh, Eowen!

Загрузка...