Bald gehörte Ashe gewissermaßen mit zum festen Personal von Ylork. Auf Achmeds Geheiß war ihm allerdings der Zutritt zu Gwylliams Gruft und zur alten Bibliothek verwehrt. In diese Kammern durften nur Rhapsody, Grunthor und der König. Dank seines Drachenspürsinns wusste Ashe natürlich, wo diese Kammern lagen, aber aus irgendeinem Grund blieb ihm verborgen, was sich darin befand. Er konnte in dem abgesperrten Bereich keine Einzelheiten ausmachen.
Diese Einschränkung überraschte, störte ihn aber nicht weiter. Denn Rhapsody war gern bereit, ihm zu schildern, was sie an Kunstschätzen dort vorgefunden hatte, und wenn Achmed abends nach dem Essen in den Manuskripten aus der Bibliothek las, gab er auch, ohne es zu wissen, Ashe die Gelegenheit, Einblick zu nehmen.
Als dieser wieder einmal dem Firbolg-König mit seinem Drachensinn gewissermaßen über die Schulter schaute, wurde ihm der Blick jedoch verwehrt. Er öffnete die Augen und sah sich von Achmed, der das Dokument in seinen Händen zusammengerollt hatte, mit scharfem Blick fixiert. Der Kriegsherr schien ihm auf die Schliche gekommen zu sein. Als wäre er selbst ein Drache, so spürte er offenbar ganz genau, was in seinem Herrschaftsbereich vor sich ging. Ashes Möglichkeiten waren entsprechend begrenzt.
Alle Beleidigungen und Beschränkungen waren es jedoch wert, ertragen zu werden, denn so konnte er in Rhapsodys Nähe sein. Sie war eine Freude, so viel stand fest. Ihr Charakter offenbarte eine Unzahl an Facetten und Widersprüchlichkeiten; mal war sie sanft, mal wild, je nach den Umständen, und besaß die seltene Fähigkeit, über sich selbst zu lachen oder die mitunter schroffen Hänseleien ihrer Freunde zu ertragen. Sie kümmerte sich rührend um Jo und nahm sie vor Angriffen in Schutz wie eine Löwin ihr Junges. Ihre Intelligenz und ihr Sinn für Humor waren unvergleichlich.
Ashe wollte seine Reise unbedingt fortsetzen, denn er wollte seine Liebste schließlich nicht länger warten lassen, doch es erschien ihm kaum möglich, sich von der Sängerin zu verabschieden. Um sie nicht zu irritieren oder gar zu verschrecken, vermied er es, ihr seine wahren Gefühle zu zeigen. So konnte sie ihm gegenüber ganz unbefangen auftreten, und es schien, als fasste sie Zuneigung zu ihm.
Nur noch ein paar Tage, redete er sich Nacht für Nacht ein, wenn er in seinem Bett lag und darüber nachdachte, was sie wohl träumen mochte. Achmeds Wille setzte sich auch innerhalb der Felsgemäuer durch, sodass es Ashe nicht gelingen wollte, ihr mit seinem Spürsinn nachzustellen. Das beunruhigte ihn.
Ein paar Tage später sollte sich all das ändern. Achmed und Grunthor waren unterwegs, um Höhlen zu erforschen. Mit Rhapsody als Zuschauerin lieferten sich Ashe und Jo gerade einen Wettkampf im Messerwerfen, als die beiden Bolg von ihrem Ausflug zurückkehrten. Sie waren bei bester Laune, wie es schien.
»Sieh mal, was wir gefunden ham, Gräfin«, rief Grunthor und reichte ihr eine schmale, mit Edelsteinen besetzte Kassette. Sie wies keinen einzigen Kratzer auf und war aus dem dunklen, blaustichigen Holz der Hespera gemacht, einem im Verborgenen Reich beheimateten Baum, aus dem viele der alten Möbel, die sie in Canrif vorgefunden hatten, getischlert worden waren. Der Deckel ließ sich über zwei kleine goldene Scharniere aufklappen. Ein Schloss gab es nicht.
»Das Ding lag verschüttet unter einem Haufen von Kisten und Kästen«, berichtete Achmed und schenkte sich aus einer Karaffe ein Glas Wein ein.
Rhapsody öffnete die Kassette mit gebotener Vorsicht. Darin lag ein krummer, schartiger Dolch mit beinernem Griff und einer Klinge, die, der Farbe nach zu urteilen, aus einer Kupfer-Gold-Legierung geschmiedet zu sein schien.
»Seltsam.« Vorsichtig nahm sie den Dolch aus der Kassette und wog ihn in der Hand. »Eine Waffe aus rotem Gold. Wer denkt sich denn so etwas aus? Eine solche Klinge ist doch viel zu weich. Und handwerklich ist sie auch nicht sonderlich gut gemacht. Seht nur, all die Macken an der Oberfläche.«
»Vielleicht wär’s nur ein zeremoniell genutzter Gegenstand.«
Rhapsody schloss die Augen und lauschte. In der Luft rings um den Dolch nahm sie ein deutliches Summen wahr. Alarmiert schlug sie die Augen wieder auf. »Himmel! Ich glaube, ich weiß, was es ist«, hauchte sie und wurde schlagartig bleich im Gesicht.
»Was denn?«
»Das ist die Kralle eines Drachen. Seht doch.« Sie hob das Fundstück in die Höhe. Tatsächlich, da gab es keinen Zweifel, und aus der Größe war zu schließen, dass der Drache gigantische Ausmaße gehabt haben musste.
»Gerade das richtige Schwert für unser kleines Mädchen«, sagte Grunthor.
»Du spinnst wohl«, platzte es aus Rhapsody heraus, was sie aber angesichts der betroffenen Miene des Riesen sofort bereute. »Tut mir Leid, Grunthor«, sagte sie. »Mir ist nur sogleich eine Geschichte eingefallen, die in unserer alten Heimat erzählt wurde. Darin heißt es, dass Drachen besonders eigensinnige Lebewesen sind, die ihre Schätze sehr eifersüchtig hüten. Sollte der Drache, dem diese Kralle gehört, noch am Leben sein, wird er wissen, wer sie hat, oder danach suchen und nicht ruhen, bis er sie wieder gefunden hat. Ich will nicht, dass Jo auch nur in die Nähe dieses Dings kommt. Vielmehr rät sich wohl, dass wir es von hier wegschaffen. Vielleicht sollten wir es ihr zurückbringen.«
»Ihr?«
»Elynsynos, Anwyns Mutter. Erinnerst du dich nicht? Llaurons Großmutter. Oder weiß jemand von einem anderen Drachen, der in diesem Land gelebt hätte?«
»Das Ding liegt hier nun schon seit Jahrhunderten«, entgegnete Achmed in gereiztem Tonfall. »Warum sollte sie es jetzt noch zurückhaben wollen?«
»Vielleicht hat sie die Spur verloren, weil die Kralle in einem versiegelten Gewölbe lag. Jetzt aber, da ihr sie wieder ins Freie geholt habt, wird sie Wind davon bekommen. Damit ist wirklich nicht zu spaßen, Achmed. Gleich zu Anfang unserer Gesangsausbildung wurden uns Geschichten von Drachen und anderen Erstgeborenen erzählt. Viele dieser Geschichten handeln von der Rache dieser Wyrmer an denen, die sich an ihren Schätzen vergriffen haben. Wir sollten uns wirklich ein paar ernste Gedanken über diese Kralle machen. Sonst könnte es womöglich passieren, dass wir eines Nachts aufwachen, und es regnet Feuer vom Himmel.«
Grunthor seufzte. »Wenn ich wieder mal was Schönes finde, werd ich’s dir bestimmt nich zeigen«, maulte er.
»Sie könnte aber Recht haben«, erwiderte Achmed und ließ damit die anderen überrascht aufmerken. Auch er kannte die von ihr angesprochenen Geschichten – und noch bedrohlichere. »Aber ob es das Richtige ist, die Kralle zurückzubringen, halte ich für fraglich. Vielleicht sollten wir damit auf die höchste Bergspitze steigen und sie hinaus auf das Plateau werfen. Wenn die Drachenfrau tatsächlich noch lebt, wird sie sie finden.«
»Oder jemand anders findet sie«, entgegnete Rhapsody. »Da könnte doch zufällig einer vorbeikommen, der die Kassette findet und aufmacht. Dieser Unglücksrabe wäre rettungslos verloren. Und außerdem glaube ich kaum, dass die Drachenfrau einverstanden damit wäre, wenn wir etwas, an dem ihr so viel liegt, einfach achtlos von einem Berg herunterwerfen würden, als wäre es Abfall.«
Jo hatte die Bolg-Kinder der Felsenstadt organisiert und kleine Gruppen gebildet, die sich nützlich machten, indem sie den Unrat einsammelten, mit dem die Umgebung seit Jahrhunderten verschmutzt worden war. »Dass hier jemand irgendetwas in die Landschaft schmeißt, kommt überhaupt nicht in Frage«, protestierte sie.
»Und was schlägst du stattdessen vor?«, fragte Achmed, an Rhapsody gewandt.
»Ich mache mich mit der Kralle auf den Weg und bringe sie ihr zurück«, antwortete sie. »Das könnte eine interessante Reise werden, auf der sich einiges zum Thema Drachenkunde dazu-lernen ließe, und zwar aus erster Hand.«
»Nein.«
»Wie bitte?« Rhapsody zog die Stirn in Falten und deutete damit an, dass sie keinen Widerspruch duldete.
»Ich sagte, nein«, wiederholte Achmed. »Wenn ich mich richtig erinnere, wär’s doch Elynsynos, die, weil Merithyn nicht zurückkehrte, vor Wut in Raserei geraten ist und ihre kleinen Kinder im Stich gelassen hat. Stimmt’s?«
»Ja«, räumte sie ein.
»Und der willst du einen Besuch abstatten und sagen: ›Hier, das haben wir gefunden. Ich geh dann gleich mal wieder‹? So wird das nicht laufen. Und außerdem, hast du überhaupt eine Ahnung, wo sie sich zurzeit aufhält?«
»Ich weiß es«, sagte Ashe leise. Er hatte bislang stumm dagesessen und der Unterhaltung interessiert und zugleich ein wenig amüsiert zugehört. Die Frauen zuckten verschreckt zusammen, als er plötzlich die Stimme erhob, denn dass er noch anwesend war, hatten sie vergessen. »Ich könnte dich zu ihr führen.«
»Nein«, wiederholte Achmed mit Nachdruck.
»Weißt du was Besseres?«, fragte Rhapsody, deren Ärger merklich zunahm.
Achmed seufzte und warf einen Blick in Ashes Richtung. »Vielleicht sollte ich statt nein lieber sagen noch nicht. Es könnte tatsächlich interessant sein zu erfahren, wie sie reagieren wird und ob sie womöglich sogar mit einer Belohnung herausrückt.«
»Du willst doch nicht etwa mit einem Drachen feilschen?«, warf Ashe ein, und es war seiner Stimme nicht anzuhören, ob er entrüstet war oder belustigt. Wie auch immer, seine Frage machte Achmed wütend.
»Unsinn. Es geht mir nur darum, dass sie sich gegebenenfalls daran erinnert, wem sie die Rückgabe der Kralle zu verdanken hat.«
Rhapsody wurde ungeduldig. »Ich will kein Risiko eingehen«, sagte sie. »Ashe weiß, wo sie steckt.«
»Schön. Dann kann er uns ja einen Lageplan zeichnen und beschriften, vorausgesetzt natürlich, er kann schreiben.«
Ashe lachte. »Von wegen. Aber falls morgen noch Interesse besteht, könnten wir Vorbereitungen für die Reise treffen. Jetzt würde ich mich gern verabschieden und allen eine gute Nacht wünschen.«
Jo stand ebenfalls auf. »Ich geh dann auch.« Sie drückte Rhapsody einen Kuss auf die Wange und folgte dem verhüllten Mann nach draußen.
Rhapsody wartete, bis sie sicher sein konnte, dass die beiden außer Hörweite waren. Dann wandte sie sich an Achmed und fragte: »Was ist nur los mit dir? Warum verhältst du dich so?«
»Was soll schon los sein? Jedenfalls nichts von Bedeutung.«
»Und wieso bist du dann so grantig?«
»Ich bin nicht grantig, sondern nur vorsichtig. Wir wissen schließlich nicht, wie der Hase läuft.«
Rhapsody kniff die Brauen zusammen. »Ashe scheint sich aber auszukennen.«
»Mit dem unbekannten Hasen meine ich Ashe selbst. Ich verstehe dich nicht, Rhapsody. Lernst dieses Früchtchen auf dem Marktplatz kennen; er nennt dich eine Hure, gibt dir dann reumütig ein Mittagessen aus, und du verzeihst ihm, zumal er irgendwie ja doch nicht ganz Unrecht hat. Dann kreuzt er hier auf, an meinem Hof, unangemeldet und ohne willkommen geheißen zu sein, und schleicht sich in dein Vertrauen ein. Ist dir die Gesellschaft der Firbolg so sehr zuwider, dass du um die Aufmerksamkeit eines nutzlosen Idioten buhlst, nur um unter deinesgleichen zu sein?«
Es hätte nicht viel gefehlt, und Rhapsody wäre in Tränen ausgebrochen. Dass er häufig taktlos war, wusste sie längst; aber solche gemeinen Worte hätte sie ihm dann doch nicht zugetraut. »Dass du so etwas Schreckliches sagen kannst...«
»Du hast mit noch viel Schrecklicherem zu rechnen, wenn du dich diesem Mann, den du kaum kennst, anschließen solltest. Ich werde dir nicht helfen können. Du weißt, dass es mir im Augenblick unmöglich ist, Ylorc zu verlassen. Wir stecken bis über beide Ohren in wichtiger politischer Arbeit, von der unser aller Zukunft abhängt.«
Rhapsodys Augen verengten sich wieder, und Grunthor, der sie aus der gegenüberliegenden Ecke des Raums beobachtete, sah grünes Feuer in ihnen brennen. Er kannte diesen Ausdruck.
»Mit anderen Worten, auch ich werde hier bleiben müssen, nicht wahr?«, sagte sie betont ruhig und hatte Mühe, die Stimme unter Kontrolle zu halten. »Dabei habe ich meinen Part zur Vereinigung der Bolg längst geleistet und verflixt viele Opfer dafür auf mich genommen, einzig und allein dir zu Gefallen, weil du es so haben wolltest. Was gäbe es denn jetzt noch für mich zu tun?«
Achmed umklammerte die Armlehnen des Stuhls, auf dem er saß. »Wie wär’s, wenn du dich für den Aufbau der Landwirtschaft stark machtest? Der Gesundheitsfürsorge? An der Entwicklung eines Schulprogramms arbeitetest?«
»All das ist schon angeleiert.«
»Und wer beaufsichtigt die Produktion von Gütern und Lebensmitteln? Den Weinanbau? Bald ist Frühling, da muss gepflanzt werden. Es gäbe so viel, was du tun könntest, um den Bolg, die dir doch angeblich am Herzen liegen, zu helfen.«
»Wäre ihnen nicht geholfen, wenn ich verhindere, dass die Drachenfrau sie mit ihrem heißen Atem bei lebendigem Leib einäschert?«, entgegnete Rhapsody. »Ist dir nicht klar, worum es hier geht? Ich glaube fast, dich bringt mein Begleiter mehr auf als das, was uns droht, wenn ich nicht gehe. Von einem König sollte man eigentlich mehr erwarten, wenn du mich fragst.«
»Wie wär’s, wenn ich dich begleiten würde?«, schaltete sich Grunthor ein.
Rhapsody lächelte dem Riesen zu. »Nein, das wäre nicht gut. Deine Anwesenheit hier ist noch wichtiger als seine.« Achmed nickte zustimmend. Sie sah, dass seine Augen aufleuchteten. Sie ging zu ihm, setzte sich ihm gegenüber an den Tisch und ergriff seine Hand.
»Unsere Freundschaft ist doch, wie ich finde, inzwischen eng und fest genug, dass wir uns gegenseitig sagen können, was wir wirklich meinen, oder? Warum gibst du nicht einfach zu, dass du dich um mich sorgst? Dass du Angst hast, der Drache könnte mich töten oder gefangen halten? Dass du Ashe nicht über den Weg traust und fürchtest, dass ich mich ohne euch nicht zu schützen vermag?«
Achmed hielt ihrem Blick stand. »Hab ich das nicht gesagt?« Sie schüttelte den Kopf und lächelte.
»Wenn du meine Gedanken kennst, warum bleibst du dann nicht hier und ersparst mir diese Sorge?«
Rhapsody seufzte. »Einer muss gehen, und dass ich diejenige bin, liegt doch auf der Hand. Meine Arbeit hier ist getan. Ich bin am ehesten zu entbehren. Und auch wenn du daran zweifelst: Ich kann sehr wohl auf mich selbst aufpassen. Du scheinst vergessen zu haben, dass ich lange Zeit auf der Straße gelebt habe, bevor wir uns begegnet sind. Ich weiß mich zu wehren, glaub mir. Auch gegen Ashe, falls er mir krumm kommen sollte. Ich trage meine Tagessternfanfare und habe die beste Schwertkämpferausbildung genossen, die man sich wünschen kann.« Sie ahnte, dass Grunthor schmunzelte, wandte sich ihm zu und sagte: »Sag’s ihm, Grunthor, sag ihm, dass er sich keine Sorgen zu machen braucht.«
»Unmöglich, Herzchen. Ich kann doch meinen König nicht belügen.«
Sie seufzte wiederum. »Sei’s drum. Erinnerst du dich noch an das, was ich damals am Ufer des Sees Elysian gesagt habe, Achmed? Dass ich ein Ziel brauche, eine Chance, etwas zu tun, was denen, die mir nahe stehen, zugute kommt. Dies ist meine Chance. In dieser Angelegenheit bin ich gefordert. Hier ist jetzt mein Zuhause. Ich will, dass es ein sicherer Ort ist, und werde einiges dafür auf mich nehmen. Ich kann den Bolg helfen, und zwar anders, als ihr es könnt. Das ist mir wichtig, nicht bloß für mich, sondern vor allem für sie.«
»Dann geh«, sagte Achmed. »Und nimm Jo mit. Wie lange werdet ihr weg bleiben?«
Rhapsody blinzelte mit den Augen. »Jetzt willst du auf einmal, dass ich gehe?«
Er schnaubte. »Sei nicht albern. Von wollen kann keine Rede sein. Aber du bist ja nicht davon abzubringen. Und ich kenne dich lange genug, um zu wissen, dass ich in diesem Streit den Kürzeren ziehen werde. Du hast deinen Entschluss schon gefasst. Was bleibt mir also anderes übrig, als darauf zu achten, dass du dir einen vernünftigen Plan zurechtlegst und alle nötigen Vorbereitungen triffst? Schließlich sollten wir auch noch eine Frist festlegen. Wenn die abläuft und du bist immer noch nicht zurück, werden wir deine Habseligkeiten untereinander aufteilen, dein Zimmer jemand anders geben und dich aus unserer Erinnerung streichen.«
Rhapsody fuhr sich mit der Hand durchs Haar und versuchte, die plötzliche Kehrtwende nachzuvollziehen. »Na schön«, sagte sie zögernd. »Aber Jo bleibt hier. Sie mitzunehmen ist keine gute Idee.«
»Sie könnte auf dein Gepäck aufpassen und stünde uns hier nicht im Weg.«
»Aber ich will sie nicht in Gefahr bringen, Achmed«, sagte Rhapsody verärgert. »Endlich habe ich’s geschafft, das Mädchen in Sicherheit zu bringen, und du willst, dass ich sie quer über den Kontinent in eine Drachenhöhle scheuche? Nein, da wird nichts draus. Und überhaupt, dass sie ein loses Mundwerk hat und geschwätzig ist, brauche ich dir ja wohl nicht zu sagen. Womöglich verplappert sie sich und erzählt Ashe oder sonst jemandem mehr über unseren Berg, als uns lieb sein könnte.«
»Apropos Ashe«, sagte Grunthor. »Vielleicht solltest du ihn von vornherein warnen. Wenn er dir was antut oder dich nich mehr zu uns zurückkommen lässt, werd ich mich persönlich auf den Weg machen und ihm ein Ende bereiten, das mir einen Ehrenplatz in der Ruhmeshalle der übelsten Folterer aller Zeiten sichert.«
Rhapsody lachte. »Das werde ich ihm ausrichten.« Sie beugte sich vor und gab ihm einen Kuss auf die Backe.
Fünf Tage später trat sie mit Ashe die Reise an. Sie war in diesen letzten Tagen sehr viel mit Jo zusammen gewesen, die sich verzweifelt darum bemüht hatte, mitkommen zu dürfen, aber schließlich dann doch überzeugt werden konnte, in Grunthors Obhut zurückzubleiben.
»Soll ich denn nich nur die Gräfin, sondern auch noch meine kleine Kratzbürste verlieren? Oh, bitte nein. Hab ein Herz, Jo. Ich würd mich vor Einsamkeit in die dunkelste Ecke verkriechen und sterben.«
»Die Bitte kannst du ihm einfach nicht abschlagen«, hatte Rhapsody daraufhin gesagt, die Schwester in den Arm genommen und ihr ins Ohr geflüstert: »Und pass auch auf den anderen auf. Er hat’s noch nötiger.«
Im Nachhinein war Rhapsody selbst ins Grübeln geraten. Um Jo zum Nachgeben zu bewegen, hatte sie ganz ähnliche Argumente angeführt wie Achmed und Grunthor bei dem Versuch, ihr, Rhapsody, das Vorhaben auszureden. Diese Einsicht hatte zur Folge, dass sie nun selbst am Sinn und Zweck ihrer Unternehmung zweifelte.
Den letzten Tag hatte sie mit Achmed allein verbracht und ihren Plan in allen Einzelheiten durchgesprochen.
»Gibt es etwas, von dem du ganz und gar nicht willst, dass er’s erfährt?«, fragte sie nach einem stillen Abendessen in seinen Gemächern.
Achmed schaute ihr in die Augen. »Etwas? Alles.« Ein Lächeln stahl sich in sein Gesicht. »Erzähl ihm, was du willst.«
Rhapsody war überrascht. »Meinst du das ernst?«
»Ja. Ich glaube, du bist vernünftig genug, entscheiden zu können, was er erfahren darf und wovon er nichts wissen sollte.«
»Das bin ich. Und ich werde die Augen offen halten und euch Nachricht zukommen lassen, falls es irgendwo zu weiteren dieser rätselhaften Gewaltausbrüchen kommt.«
Achmed nickte. »Bring dich ja nicht unnötig in Gefahr. Achte bitte darauf, dass es möglicherweise eine Verbindung zwischen Ashe und diesen Gewaltausbrüchen gibt. Den Verdacht habe ich schon seit einiger Zeit.«
»Was soll das heißen?«, fragte Rhapsody bestürzt.
»Die Hügel-Augen haben angegriffen, als er aufgekreuzt ist. Davor waren die letzten beiden Aufstände, von denen wir gehört haben, in der Nähe von Bethe Corbair – der eine kurz vor unserer Begegnung in der Stadt, der andere kurz danach. Vielleicht besteht da ein Zusammenhang.«
Sie erschauderte. »Ich kann nur hoffen, dass du dich irrst.«
»Das hoffe ich auch. Denn jetzt ist es wohl zu spät für dich, die Reise abzublasen.«
Rhapsody dachte einen Augenblick lang nach. »Das Risiko einzugehen und schlimmstenfalls noch eingreifen zu können ist besser, als den Kopf in den Sand zu stecken«, antwortete sie. Achmed nickte. Er war ihrer Meinung.
Achmed, Grunthor und Jo waren gekommen, um Abschied zu nehmen, als sie und Ashe am Morgen des fünften Tages aufbrachen. Sie umarmte und küsste alle drei und versicherte ihnen, dass sie alles daransetzen werde, gesund und wohlbehalten zurückzukehren. Dann waren sie losmarschiert.
»Sie kommt nicht wieder, oder?«, sagte Jo unter Tränen, als die beiden hinter dem nächsten Felsgrat verschwanden. Die gewohnte gleichgültige Miene aufzusetzen wollte ihr einfach nicht gelingen, so traurig war sie.
»Ach, wo denkst du hin«, antwortete Grunthor und legte ihr den massigen Arm um die Schulter. »Die Gräfin ist zäher als es scheint. Das solltest du inzwischen wissen.«
Fuchtig wischte sich Jo die Augen. »Sie wird sterben, und ich bleib dann hier mit euch allein zurück. Wundervoll.«
Achmed schmunzelte. »Immerhin würdest du gesellschaftlich aufsteigen. Du wärst dann die neue Gräfin von Elysian und könntest bei Hofe die Rolle der fremden blonden Dame besetzen, es sei denn, dir würde anderswo ein besseres Angebot gemacht.
»Du kannst mich mal...«, zischte Jo und ging.
Grunthor schirmte die Augen vor dem Licht der aufgehenden Sonne ab. Er wirkte nachdenklich und besorgt. »Angenommen, sie käme tatsächlich um. Wie würden wir davon erfahren?«
Achmed zuckte mit den Schultern. Er spähte mit den Augen des Jägers gen Westen, vergeblich auf der Suche nach einer Spur von ihr oder einem Schatten. »Wahrscheinlich überhaupt nicht. Aber vielleicht würden wir ihr letztes Lied im Wind hören. Die Benenner der Lirin singen noch im Sterben.« Er seufzte stumm. Vielleicht würde er auch mitbekommen, wie ihr Herzschlag, dieser rhythmische, beruhigende Laut, den er auf der Haut spürte, plötzlich aussetzte. Er verdrängte den unliebsamen Gedanken. »Wir werden auch ohne sie zurechtkommen. Ist dir aufgefallen, dass sie ganz anders geklungen hat, als sie sagte, es werde ihr gut gehen und wir hätten keinen Grund zur Sorge? Nach einer Benennerin klang das nicht.«
Grunthor nickte. »Weil sie nicht sicher sein konnte, dass sie die Wahrheit sagt.«
Als sie und Ashe den letzten Gipfelgrat erreicht hatten, drehte sich Rhapsody noch einmal um und schaute nach Osten, der aufgehenden Sonne entgegen. Sie beschirmte die Augen und fragte sich, ob die drei langen Schatten, die sie in der Ferne sah, tatsächlich die der Freunde waren oder doch bloß von den Felsen und Klüften geworfen wurden, die sich in den Himmel reckten. So oder so, sie hob die Hand und winkte.
Der Blick zurück auf die Berge, die mehr und mehr in den Hintergrund rückten, machte sie beklommen. Ein Gefühl von Verlust und Trauer stellte sich ein und schnürte ihr die Kehle zu wie damals in jener Nacht vor langer Zeit. Meine Familie, dachte sie; wieder lasse ich meine Familie zurück.
Irgendwo dahinten, inmitten der Berge, war etwas Großes im Entstehen begriffen, eine neue Ära angebrochen. Ein Volk, für das sie früher nur wenig Respekt hatte aufbringen können, trat aus dem Verborgenen seiner dunklen Felshöhlen ins Freie, um gemeinsam an einer glücklicheren Zukunft zu arbeiten. Und diesmal sollten ihm die Berge nicht Versteck sein, sondern der fruchtbare Boden für großartige Leistungen.
Vor den Firbolg hatte sie längst keine Angst mehr; sie hatte Angst um die Firbolg.
Ihnen drohte nicht nur Gefahr von der blutdürstigen Drachenfrau, die irgendwo am nebelverhangenen Rand der Welt hauste, sondern auch von den Nachbarn. So verschieden die Menschen dieser Länder von ihren einstigen Landsleuten aus Serendair auch sein mochten, in einer Hinsicht waren sie sich auf erschreckende Weise gleich: Sie hielten die Bolg für Ungeheuer und trachteten danach, sie zu vernichten.
Ein frischer Wind fegte wirbelnd durch die Zahnfelsen und vertrieb den Morgendunst aus den Schluchten wie auch den Trübsinn aus ihrer Seele. Ihr wurde warm ums Herz, als sie nun noch einmal zurückblickte auf den Ort, wo ihre Freunde wohnten und die Bolg zu neuem Leben erwachten. Einmal hatte sie im hohen Gras gekauert, unschlüssig, an wen sie sich halten sollte – an die beiden, die ihr in Ostend aus der Klemme geholfen hatten, oder an das Volk, dem ihre Mutter angehörte. Einen solchen Konflikt gab es jetzt für sie nicht mehr.
Im Morgenwind hörte sie die Stimme des Vaters an ihrem Ohr flüstern.
Wenn du in deinem Leben findest, was dir wichtiger und teurer ist als alles andere, bist du es dir schuldig, dass du daran festhältst. Einen solchen Fund machst du kein zweites Mal, mein Kind. Lass dich durch nichts davon abbringen. Auf lange Sicht werden dir auch die Leute zustimmen müssen, die dir anfangs etwas anderes einzureden versucht haben. Finde das, was wirklich zählt – alles andere ergibt sich von selbst.
Ihre Heimat war bei den Bolg und ihren Freunden; ihnen gehörte ihre unverbrüchliche Treue. Um sie zu schützen, war jedes Risiko gerechtfertigt.
»Schau mal«, sagte Ashe und weckte sie mit seiner angenehmen Stimme aus ihren nachdenklichen Träumen. Rhapsody drehte sich um und folgte seinem Fingerzeig auf die entfernten Schatten an der Grenze zwischen der felsigen Steppe und dem Tiefland dahinter.
»Was ist das?«
»Sieht aus wie eine Karawane«, antwortete er.
Rhapsody nickte. »Gesandte mit ihrem Tross«, sagte sie leise. »Sie kommen, um Achmed ihre Aufwartung zu machen.«
Trotz seiner verhüllenden Schleier war deutlich zu sehen, dass Ashe zitterte. »Ich beneide sie nicht«, sagte er humorig. »Sie werden mit ihren Vorstellungen von Protokoll und Etikette wahrscheinlich schwer ins Schleudern kommen.«
Rhapsody blickte in den dunklen Ausschnitt seiner Kapuze und sah nichts als dünne Dampfschlieren. Ihre Kopfhaut priekelte, als sie vergeblich nach seinen Augen suchte, nach einem mimischen Ausdruck. Ashe schien sich unter den Bolg durchaus wohl gefühlt zu haben und war als höflicher, unvoreingenommener Besucher aufgetreten, doch daraus ließ sich für Rhapsody kein verlässlicher Schluss folgern. Die Kapuze barg womöglich ein schrecklich düsteres Geheimnis. Und selbst wenn sie einen Blick auf sein Gesicht erhaschen könnte, bliebe ihr doch sein Herz verborgen.
Und er war ihr Begleiter, von dem sie hoffte, dass er sie zur Drachenhöhle führte, also angewiesen auf ihn um der Sicherheit der Bolgländer willen. Ob sie es bis dorthin schaffen würde oder nicht, war noch fraglich. Auf alle Fälle musste sie sich vor Ashe in Acht nehmen.
Ashe holte aus mit seinem Wanderstab.
»Sollen wir?«
Er schaute nach Westen, auf das zum Teil noch verschneite Tal und über die weite Ebene jenseits der Bergausläufer.
Rhapsody verweilte mit ihrem Blick noch kurz auf dem Panorama der Zahnfelsen und wandte sich dann ebenfalls der vorgegebenen Marschrichtung zu. Im Rücken stieg die Sonne auf und warf ihre goldenen Strahlen auf den grauen Dunst der Welt, die sich vor ihnen ausbreitete. Im Unterschied zu ihnen bewegten sich die kleinen dunklen Gestalten in der Ferne durch triste Schatten.
»Ja«, sagte sie und rückte ihr Gepäck zurecht. »Ich bin so weit.« Ohne sich noch einmal umzudrehen, folgte sie ihm talwärts. Der Anfang des langen Wegs zur Drachenhöhle war gemacht.
In der Ferne blieb eine der Gestalten plötzlich aufmerkend stehen, warf einen Blick auf die Hügel und setzte sich dann wieder in Bewegung, dem Reich der Firbolg entgegen.
Mit schrillem Kreischen riss der Zeitstreifen entzwei, schlug flap-pend um die Spule und entzündete sich. Die Projektion auf dem Bildschirm erlosch, und von der Lampe stieg Rauch auf. Ein Stück des spröden Filmmaterials fiel brennend zu Boden.
Meridion stürzte hinzu, packte die rotierende Spule und drückte die schwelende Glut an der Bruchstelle zwischen zwei Fingern aus. Hastig hantierte er am Schaltpult des Zeit-Editors und atmete erleichtert durch, als das Gerät ausgeschaltet war. Dann hob er den zu Boden gefallenen Streifen auf und fluchte leise vor sich hin. Dass dieses Stück unwiderruflich zerstört war, sah er auf den ersten Blick.
Er setzte sich wieder auf den Stuhl, starrte untröstlich auf das Fragment und hob es schließlich ans Licht.
Er konnte sie tatsächlich sehen, die beiden winzigen Gestalten: die kleine, schlanke Frau mit dem glänzenden Haar, das mit einer schwarzen Schleife im Nacken zusammengehalten wurde, und den grau verhüllten Mann. Von den Strahlen der aufgehenden Sonne beschienen, standen sie auf der letzten Anhöhe über der Ebene.
Meridion seufzte. Was für eine böse Ironie, dass sie ausgerechnet vor dieser Kulisse erstarren mussten, die ganz ähnlich aussah wie die weiten Felder, bei denen er sie jenes Nachts gesehen hatte. Immerhin hatte er sie wieder zusammengeführt, auf derselben Seite der Zeit. Aber ihre Seelen waren mittlerweile so vernarbt, dass sie einander nicht erkannten. Doch dazu würde es wohl noch kommen. Kommen müssen.
Meridion fuhr wieder mit der Hand über die Instrumententafel, worauf der Editor brausend aufleuchtete. Vorsichtig führte er den verbrannten Rand unter die Linse, justierte das Okular mit ruhiger Hand und versuchte es auf das durch den Schwelbrand wellig gewordene Material scharf einzustellen.
Enttäuscht gab er schließlich auf. Das Bild war nun auf ewig zur Unkenntlichkeit eingeschwärzt. Blieb nur zu hoffen, dass zu den zerstörten Filmbildern nicht auch solche zählten, die er unbedingt hätte sichten müssen, um noch einen Hinweis auf die Identität des F’dor zu finden. Wenn ihm das nicht gelänge, würde er nicht wieder intervenieren können. Die beiden blieben dann ihrem dunklen Zeitabschnitt verhaftet. Dabei war ihre bisherige Geschichte schon tragisch genug. Ohne den Hinweis, den er suchte, würde sie noch tragischer enden.
Er schaltete den Editor wieder aus, lehnte sich im Dunkeln zurück und dachte nach.
Die Nacht brach herein, was ihm nur recht war. Die Dunkelheit war ihm ein Freund. Seine Augen sahen auch ohne Licht; das waren sie gewohnt, denn er kam von weit her, aus dem Reich des schwarzen Feuers.
Was bei Tage nicht auffiel, wurde jetzt deutlich: Das Weiß dieser Augen glühte an den Rändern blutrot. Natürlich war niemand zugegen, der dies gesehen hätte. Er war auf dieser Seite vorsichtig darauf bedacht, nicht erkannt zu werden, schon gar nicht jetzt, wo er seinem Ziel so nahe war. In der Ferne sah er die Gesandtschaft herbeiziehen. Seufzend lehnte er sich in seinem Sessel zurück. Endlich. Nach so langer Zeit waren die drei endlich zur Stelle. Daran ließ sich nicht länger zweifeln. Die seltsamen Vorgänge in Canrif, die Gerüchte und Geschichten über den neuen Firbolg-König wie auch die Fortschritte der monströsen Bevölkerung dort konnten nur als Beweis dafür zu deuten sein, dass seine Einschätzung richtig war. Dabei hatte es nicht einmal der mächtige Gwylliam vermocht, die Bolg zu zähmen. Jetzt stellte sich nur die Frage, was damit anzufangen war.
Es lief alles nach Wunsch, so gut, dass einfach nichts mehr schief gehen durfte. Zwietracht war genug gesät worden; die Aufstände hatten ihre Wirkung gezeitigt. Der Verlust des Hauses der Erinnerung war zwar ein schwerer Rückschlag gewesen, ließ sich aber noch verschmerzen.
Von entscheidenderer Bedeutung für seine Pläne war die bevorstehende Unterbrechung des Patriarchenritus. Ob die neue Macht im Land darauf noch Einfluss nehmen würde, blieb abzuwarten. Sie war zu weit entfernt, als dass ein Eingreifen möglich wäre, falls sich herausstellte, dass sie am Ende nichts anderes im Schilde führte, als die Ungeheuer aufzurüsten, um mit ihnen Eroberungskriege zu führen. Das war wichtig; von dem Auftragsmord in Sepulvarta hing allzu viel ab. Die Sache durfte nicht scheitern.
Er schloss die Augen und schmeckte den Tod, der schwer und erwartungsvoll in der Luft hing. Der Zeitpunkt rückte näher; gleichzeitig steigerte sich die ekelhafte, dumpfe Erregung im Marschtempo zum Kriegswahn. Mit dem Rhythmus des anschwellenden Hasses, der sich unaufhaltsam Bahn brach, zog es aus der Ferne herauf. Bald würde es da sein, gerade rechtzeitig. Ein Klopfen an der Tür unterbrach seine angenehm schwärmerischen Gedankenspiele. Er stand langsam auf, um den Botschafter hereinzulassen, den einen und einzigen, dem er die heikelsten Aufgaben anvertrauen konnte. Seine erste Aufgabe sollte es sein, die Lage in Canrif und dessen neue Herrschaft einzuschätzen. Danach hätte er dafür zu sorgen, dass die drei im Verborgenen Reich der Bolg zurückblieben und ihm nicht in die Quere kämen, wenn er sich den wichtigeren Dingen zuwenden würde.
Als sein Abgesandter wieder gegangen war, um dem Firbolg-König seine Aufwartung zu machen, lehnte er sich entspannt zurück.
»Bald werden wir sehen, wer es wirklich verdient, ›Kind des Blutes‹ genannt zu werden«, flüsterte er und schmunzelte in sich hinein.
Nur die Dunkelheit hörte seine Worte.