Schweigend hockten die drei Gefährten vor einem niedrig brennenden Lagerfeuer und warteten darauf, dass die Kinder einschliefen. Sie hatten beschlossen, die Nacht im Freien zu verbringen, denn es stand zu befürchten, dass der Mann in Grau mit Verstärkung zum Haus zurückkehren würde.
Nachdem Wolldecken aufgetrieben und die Kinder darin eingepackt worden waren, hatte sich die seltsame Truppe unverzüglich auf den Weg zurück nach Haguefort gemacht, dem Schloss von Stephen Navarne.
Es war schon längst dunkel geworden, als die Erwachsenen schließlich einsehen mussten, dass sich die jüngeren Kinder nicht länger auf den Beinen halten konnten. Sie schlugen daraufhin ihr Lager auf und gruppierten sich um zwei kleine, von Rhapsody eingerichtete Feuerstellen. Müde und erschöpft, wie sie waren, nickten die Kinder bald ein; nicht weniger als fünf von ihnen hatten sich dicht an Rhapsody geschmiegt.
Als sie sicher sein konnte, dass die Kleinen eingeschlafen waren, blickte sie zu Achmed auf.
»Ich fürchte, wir schaffen’s nicht«, sagte sie. »In den Wäldern und bei dem Schnee haben wir mit den Kindern kaum eine Chance. Es ist nur eine Frage der Zeit, ehe sie uns eingeholt haben.«
»Ich weiß.«
»Wenn wir einen sicheren Unterschlupf finden, könnte sich einer von uns allein durchzuschlagen versuchen.«
»Nich weit von hier gibt’s ’ne verlassene Bärenhöhle, im Nordwesten, ungefähr anderthalb Wegstunden entfernt«, sagte Grunthor. »Die war groß genug und ist außerdem trocken.«
Nach einem kurzen Moment der Verwirrung leuchtete ihr Gesicht im Feuerschein auf. »Oh, ja natürlich! Fast hätte ich ihn vergessen: deinen besonderen Sinn für die Erde. Tut mir Leid, Grunthor.«
Sie dachte zurück an die Szene im Haus der Erinnerung, an die Zerstörung, die der Mann in Grau angerichtet hatte. »Dieses Miststück versteht sich aufs Feuer, und das nicht zu knapp.«
»Allerdings«, pflichtete ihr Achmed bei.
»Und seine Männer warn verflixt gut ausgebildet«, fügte Grunthor hinzu, »nich bloß irgendwelche dahergelaufenen Banditen, sondern regelrechte Profis.«
»Auch das ist mir nicht entgangen.«
»Ich nehme an, er ist die Person, auf die der Vertrag Bezug nimmt, der Rakshas«, sagte Rhapsody nachdenklich. Das Feuer war heruntergebrannt und knisterte leise, wie um sich ihrer Stimmung anzupassen.
»Wie kommst du darauf?«
»Nun, zum einen hat er das Haus als das seine bezeichnet, und im Vertrag steht, dass der Rakshas nunmehr Herr dieses Hauses ist. Dass dieser Kerl außerdem von dämonischer Art ist, war mir sofort klar. Das Feuer, mit dem er uns beworfen hat, fühlte sich verquer und böse an.«
»Und nicht nur das«, sagte Achmed. »Mir ist ein ganz ähnliches Gefühl aufgestoßen, als ich ihn zum ersten Mal zu Gesicht bekam dank dieser sonderbaren Gabe, die mich auch das Haus hat sehen lassen. Übrigens, das Feuer war schwarz. Hast du jemals schwarzes Feuer gesehen, Grunthor?«
Der Bolg gab keine Antwort; er starrte zu Boden und schüttelte nur den Kopf. Rhapsody blickte von dem einen Gefährten zum anderen.
»Was? Was ist?«, fragte sie nervös.
»Wir können deinen Verdacht nur bestätigen«, antwortete Achmed. »Es deutet alles darauf hin, dass dieser Kerl, den wir den Rakshas nennen, zur Unterwelt gehört. Als ich ihn sah, wurde mir schlecht – doch erst in dem Augenblick, da ich ihm ins Gesicht schaute, nicht vorher. Wäre er ein Dämon, hätte ich viel früher Notiz von ihm genommen. Trotzdem steht er irgendwie mit dämonischen Kräften im Bunde, ich weiß nur noch nicht, wie. Um eine Antwort darauf zu finden, müsste ich ihn noch einmal sehen.«
»Lieber nich«, meinte Grunthor. »Wir sollten ihm aus dem Weg gehen.« Achmed nickte.
»Aber wie lässt sich verhindern, dass er seine Verbrechen wiederholt?« Rhapsody tätschelte das Kind auf ihrem Schoß, das im Schlaf zu stöhnen angefangen hatte.
»Jedenfalls nicht durch uns. Das überlassen wir besser Herzog Stephen und seinen Soldaten. Immerhin können wir ihnen jetzt sagen, wonach sie suchen müssen.«
Die überrascht aufblickenden grünen Augen funkelten im Feuerschein wie Edelsteine. »Könnten wir ihn denn nicht aufzutreiben versuchen?«
»Das habe ich ja schon getan. Aber Fehlanzeige. Er hat keine Spur hinterlassen, der ich hätte folgen können. Also, selbst wenn wir es versuchten, würden wir ihn nicht finden. Außerdem haben wir fünfzehn Kinder bei uns. Willst du mit denen Jagd auf ihn machen?«
Rhapsody schwieg. Sie starrte in die Flammen und dachte an das, was die Kinder durchgemacht hatten und wovor sie jetzt durch ihr Eingreifen bewahrt blieben. Doch für wie lange? Gleichwohl, Achmed hatte Recht. Im Augenblick gab es nur eines für sie zu tun. Sie mussten die Kinder nach Hause zurückführen, zumindest nach Navarne, wo sich Stephen um sie kümmern würde.
Achmed reichte das Tagebuch an Rhapsody weiter, denn er wollte wissen, was sie davon hielt. Während sie darin las, streichelte sie über das Haar des Kindes, das, den Kopf an ihre Schulter gelehnt, dicht neben ihr kauerte. Schließlich blickte sie auf.
»Das ist ein über vierhundert Jahre alter Bericht aus der Zeit nach der Vertreibung aus Canrif durch die Firbolg gegen Ende des Cymrischen Krieges.«
»Ja.«
Die glitzernden grünen Augen schauten ihn fragend an. »Und?«, fragte sie und kniff die Brauen zusammen. Anstatt zu antworten, stand Achmed auf und stocherte im Feuer herum.
»Was ist los, Achmed?« Als er immer noch nichts sagte, dämmerte ihr die Antwort. »Oh, nein. Du willst doch nicht etwa dorthin?«
Er begegnete ihrem Blick. »Das war doch wohl von Anfang an klar, oder?«
»Zugegeben«, sagte sie. »Aber jetzt, da wir wissen, dass diese Leute dieselbe Karte und denselben Plan haben, stellt sich die Sache ganz anders dar.«
»Ach, du warst doch immer schon dagegen. Aber denk einmal scharf nach. Diese Hunde sind nicht in Canrif; sie sind hier ...«
»Wer sagt denn, dass sie nicht mehr in Canrif sind?«, fiel sie ihm ins Wort.
»... und im Unterschied zu uns handelt es sich bei denen nicht etwa um Bolg.«
»Sprich für dich. Ich bin keiner.«
»Darum bist du überall willkommen. Für uns aber gibt es nur einen Ort, an dem wir leben können, und das ist Canrif. Wir, Grunthor und ich, haben es satt, uns im Land der Menschen immer bedeckt halten und leise treten zu müssen. Bei den Bolg bist du eher gelitten als unsereins bei euch.«
»Klar«, entgegnete Rhapsody, »als Fleischmahlzeit.«
Achmed verlor allmählich die Geduld. »Hast du denn ein besseres Ziel vor Augen? Ich habe dir angeboten, dich nach Tyrian zu bringen, ins Land der Lirin, aber du wolltest ja unbedingt mit uns kommen. Steht dir der Sinn jetzt nach was anderem? Wenn ja, zeig ich dir den Weg, und du kannst mit den Gören abziehen. Bring sie her, Grunthor.«
Rhapsody machte große Augen; sie hatte die letzte Bemerkung nicht verstanden. Der Riese sprang auf, eilte davon und kehrte wenig später zurück, ein sich windendes Bündel unter den Arm geklemmt. Es war das Mädchen, das Jo genannt wurde. Es hatte davonzulaufen versucht und fluchte nun aufs Deftigste. Die Sängerin war schockiert und beeindruckt zugleich, hatte sie doch in Jos Alter ganz ähnliche Gassenausdrücke parat gehabt. Das Mädchen schien tatsächlich auf der Straße groß geworden zu sein; nur so war sein Verhalten zu erklären.
Grunthor ließ Jo in den Schnee fallen und musterte sie mit amüsierter Miene. »Na, dann verrat uns doch mal, wohin du so eilig wolltest. Auf den Prinzenball vielleicht?«
Das Mädchen versuchte aufzustehen, wurde aber von der Hand des Riesen, die sich ihr auf den Kopf gelegt hatte, daran gehindert. »Dahin bringen mich keine zehn Pferde zurück«, zischte es und schlug auf Grunthors Hand ein.
»Wovon sprichst du, Jo?«, fragte Rhapsody.
»Von Navarne. Ich habe euch belauscht. Dahin will ich auf keinen Fall zurück. Lass mich aufstehen.«
Rhapsody löste sich vorsichtig von den schlafenden Kindern und sorgte dafür, dass sie warm zugedeckt waren. Dann stand sie auf und trat vor Grunthor hin, der das aufsässige Mädchen weiterhin in Schach hielt.
Rhapsody musterte das Mädchen. Es war lang aufgeschossen, um eine Handbreit größer als sie selbst, dünn und schlaksig. Die Augen waren wässrig blau, aber sehr ausdrucksstark. Rhapsody hatte den Eindruck, auf ihr um viele Jahre verjüngtes Ebenbild zu blicken, und dachte zurück an ihr unglückliches Lebens auf der Straße. Ein ungemein starkes Gefühl von Zärtlichkeit und Mitgefühl für das Mädchen überkam sie.
»Du hast keine Eltern mehr?«
»Nein«, antwortete das Mädchen trotzig. »Lass mich aufstehen, du dicker, hässlicher Ochse.«
Grunthor lachte laut auf und schlug sich vor die Brust. »Oh, du tust mir weh mit deinen Worten«, klagte er gespielt.
»Lass sie aufstehen und mach dich nicht über sie lustig«, sagte Rhapsody. Kaum war Jo frei, richtete sie ihren stechenden Blick auf die Sängerin. Doch dann entspannte sich ihre Miene.
Rhapsody ging neben Jo in die Hocke und fragte: »Warum willst du nicht zurück nach Navarne?«
»Weil man mich da als Diebin sucht, und ich will nicht, dass man mir die Hand abhackt.«
Rhapsody war sichtlich erstaunt. »Die Hand abhackt? Hast du je erlebt, dass in Navarne einem Dieb die Hand abgehakt worden ist?«
Das Straßenmädchen presste die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf. »Nein, aber es weiß doch jedermann, dass das die Strafe ist.«
Die Sängerin lächelte. »Verstehe, unser guter alter Jedermann weiß wieder einmal alles. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass unter Herzog Stephen solche Strafen tatsächlich verhängt werden.«
»O doch. Er ist ein mieser Klotzkopf.«
Diesmal lachten alle drei. »Ein zweifellos sehr scharfsinniges Urteil von dir, bedenkt man, wie eng befreundet ihr seid«, erwiderte Rhapsody. Als sie aber die Panik im Gesicht des Mädchens sah, wurde sie ernst. Jo hatte Angst, und die war nicht gespielt.
»Ich mache dir einen Vorschlag. Wie wär’s, wenn ich dich dem Herzog als meine Schwester vorstelle? Ich habe bei seinen Kindern und so auch bei ihm einen Stein im Brett, und deshalb wird er wohl, was dich betrifft, ein Auge zudrücken.«
Das Mädchen starrte sie an. »Das würdest du für mich tun?«
»Ja, aber es muss der Wahrheit entsprechen, denn zu lügen ist mir unmöglich. Das verträgt sich nicht mit meinem Beruf.«
Jo zog die Stirn kraus. »Was soll das denn heißen?«
»Ich werde dich, wenn du einverstanden bist, als Schwester adoptieren. Dann brauche ich nicht zu lügen, und der Herzog wird über deine Vergehen hinwegsehen.«
»Gütiger Himmel«, murmelte Achmed.
»Ist das ’ne Angewohnheit von dir, die du uns bislang unterschlagen hast?«, wollte Grunthor wissen.
»So könnte man’s auch nennen«, antwortete Rhapsody mit breitem Grinsen. »Seid froh, dass ich euch beide adoptiert habe. Von anderen als meinen Brüdern würde ich mir so viele Unverschämtheiten nicht gefallen lassen.«
»Nun, die äußerlichen Ähnlichkeiten sind ja nich zu übersehen, besonders die zwischen uns beiden, nicht wahr, Euer Liebden?«
»Was meinst du, Jo?«, fragte Rhapsody. »Willst du meine Schwester sein? Ich habe mir schon immer eine gewünscht. Wir sehen uns sogar ein bisschen ähnlich.«
Jo schnaubte. »Du machst Witze.«
»Aber nein.« Die Sängerin schüttelte den Kopf. »Wir haben beide blonde Haare und helle Augen.«
»Ihr könntet glatt als Zwillinge durchgehn«, kicherte Grunthor.
»Halt’s Maul«, zischte Jo, was Grunthor nicht daran hinderte, ihr ein freundliches Lächeln zu schenken.
»Tatsächlich hast du einiges mit unsrer Gräfin hier gemein. Das vorlaute Mundwerk zum Beispiel. Ich rate dir, den Vorschlag der Gräfin anzunehmen, sonst seh ich schwarz für dich in Navarne.«
»Hallo, Schwesterherz«, beeilte sich Jo zu sagen.
Rhapsody klatschte vor Vergnügen in die Hände. »Prima. Aber ich glaube, es macht sich besser, wenn du mich einfach Rhapsody nennst. Wie heißt du?«
Das Mädchen sah sie an wie einen Schwachsinnigen. »Das weißt du doch. Jo.«
»Ist Jo nicht eine Kurzform? Wofür? Und hast du auch einen Nachnamen?«
Das Mädchen verschränkte die Arme vor der Brust. »Leck mich.«
»Jo Leck-mich. Ein seltsamer Name.«
»Immerhin passt er zu dir«, meinte Achmed, worauf sich die trotzige Miene des Mädchens unwillkürlich in ein Schmunzeln auflöste.
»Na bitte«, sagte Grunthor. »Du hast ja Humor. Den hast du in unsrer Gesellschaft auch nötig.«
Am Morgen fanden sie die von Grunthor in Aussicht gestellte Bärenhöhle, ein zwischen dichtem Gestrüpp verstecktes Loch, das in einen erstaunlich großen Hohlraum unter der Erde führte. Achmed hatte sich als Erster hineingewagt und feststellen können, dass der Bau unbewohnt und sicher war. Rhapsody kam mit den Kindern nach und bereitete sie auf eine Zeit des Wartens vor.
»Du kannst die Vorräte getrost aufbrauchen«, sagte Achmed. »Ich bin sicher, Stephen wird uns genügend Proviant mit auf den Weg geben, wenn wir zurückkommen, um euch zu holen.«
Rhapsody sah sich nervös im stillen Wald um. Mit dem Untergang der Sonne war es kälter geworden. Die Oberfläche des Schnees gefror zu einer harten Kruste, und die Kinder fingen an zu frieren. »Beeilt euch bitte«, sagte sie, obwohl ihr bewusst war, dass sie sich diese Mahnung hätte ersparen können. »Ich will nicht, dass wir sie gerettet haben, nur um sie wenig später erfrieren zu lassen.«
»Das ist wohl weniger zu befürchten«, erwiderte Achmed schmunzelnd. »Ich bin sicher, dir wird schon noch einfallen, wie du sie vor der Kälte schützen kannst. Gefährlicher ist etwas anderes, vor allem ein gewisser Kerl in Grau. Bleib mit den Kindern also immer in Deckung. Ich lege ein paar Spuren, die ihn, falls er hier aufkreuzen sollte, ablenken werden. Außerdem ist Grunthor da, der Wache hält.«
Rhapsody schaute Achmed ins Gesicht und lächelte. »Ich weiß. Sei vorsichtig.« Sie umarmte ihn und wandte sich dann ab, um zurück in die Höhle zu klettern.
»Rhapsody?«
»Ja?«
»Wenn ich wieder zurück bin, sollten wir uns über dieses Mädchen unterhalten.«
Rhapsody drehte sich zu ihm um. »Warum nicht jetzt gleich?«
Der Dhrakier schüttelte den Kopf. »Dazu fehlt die Zeit. Ich will so schnell wie möglich bei Stephen sein.«
»Dann gibt es nichts zu bereden«, entgegnete Rhapsody. »Ich weiß, was du sagen willst... dass ich sie nicht hätte adoptieren sollen, dass ihr nicht zu trauen ist.«
Achmed nickte. »So ist es.«
»Na schön. Ich habe meine Wahl getroffen, jetzt musst du dich entscheiden. Jo und ich gehören zusammen. Wenn du uns los sein willst, werden wir nach deiner Rückkehr auf getrennten Wegen weiterziehen.«
Achmed schnappte nach Luft und versuchte seine Wut zu zügeln. »Es wäre nett gewesen, du hättest uns vorher zu Rate gezogen.«
»Ich weiß«, antwortete Rhapsody leise. »Du hast Recht, und es tut mir Leid. Der Entschluss kam ganz spontan. Er schien mir genau das Richtige zu sein.«
»Was ist ›das Richtige‹ für dich? Du hast unsere Überlebens-Chancen aufs Spiel gesetzt, Rhapsody. Ist dir das überhaupt klar?«
»Wie kannst du so etwas sagen, nach dem, was wir in diesem Haus gesehen haben?«, empörte sich Rhapsody. »Ausgerechnet du, der es schafft, ein ganzes Heer von Soldaten im Alleingang aufzureiben. Sie ist noch ein Kind, Achmed. Und im Unterschied zu den anderen armen Kindern, die wenigstens noch ein Zuhause haben, steht Jo mutterseelenallein da. Wir hätten sie ja vielleicht zurücklassen sollen, damit sie ohne uns die besseren Überlebenschancen hat.«
»Und wie kommt es verdammt noch mal, dass du dich ausgerechnet für sie verantwortlich fühlst?«
Rhapsodys Stimme senkte sich zu einem bedrohlichen Wispern. »Ich habe mich dazu entschieden. Ob du es mir nun glaubst oder nicht, ich bin tatsächlich in der Lage, meine eigenen Entscheidungen zu fällen. Dass du mich immer zu bevormunden versuchst, ändert daran nichts. Und dies ist eine meiner Entscheidungen. Entweder sie bleibt oder wir trennen uns von euch. Ich werde sie auf keinen Fall im Stich lassen.«
»Wenn’s denn interessiert: Ich find die Kleine ganz nett«, schaltete sich Grunthor ein. Seine Miene war ernst.
Der Dhrakier wandte sich dem Freund zu und schien angestrengt nachzudenken.
»Bist du denn bereit, Verantwortung für sie mit zu übernehmen?«
»Sicher doch, warum nich? Es hat schließlich auch bei unserer Gräfin funktioniert.«
»Das ist nicht zu vergleichen.«
»Warum nicht?«, fragte Rhapsody. »Worin liegt der Unterschied? Ihr wolltet mir helfen; jetzt bin ich es, die ihr helfen will.«
Achmed rang sich ein Lächeln ab. »Du glaubst, wir wollten dir helfen?«
Rhapsody schlug die Augen auf. »Ja, zu Anfang jedenfalls, und das gegen meinen Willen. Ich wollte nämlich gar nicht weg von der Insel.«
»Und dir ist nicht in den Sinn gekommen, dass wir dich nur deshalb mitgenommen haben, weil wir dich als eine Art Rückversicherung ganz gut gebrauchen konnten?«
»Oder als letzte Reserve, wenn es sonst nichts mehr zu futtern gegeben hätte«, warf Grunthor ein.
»Klar, auch daran habe ich gedacht, aber mit der Zeit hat sich etwas anderes herausgestellt. Sei’s drum, das Mädchen braucht uns. Es wird uns keine Probleme machen, keine größeren zumindest als ich.«
»Tja also, wenn du’s so siehst...«
»Sie ist jähzornig bis zur Zerstörungswut«, sagte Achmed gereizt.
Rhapsodys Miene verdüsterte sich. Sie warf einen Blick zurück auf die Höhle, um sich zu vergewissern, dass Jo nicht mithören konnte.
»Mit Verlaub«, entgegnete sie frostig, »das ließe sich uns gelegentlich auch vorwerfen.«
»Sprich für dich selbst«, sagte Grunthor.
»Das tue ich. Jo braucht mich, sie braucht uns. Und ich brauche sie. Ich übernehme Verantwortung für sie. Wenn ihr uns nicht länger bei euch haben wollt, müssen sich unsere Wege eben trennen. Jedenfalls werde ich sie nicht allein lassen.«
Verärgert stieß Achmed einen Schwall Luft aus. »Also gut, von mir aus soll sie mitkommen. Allerdings sollte ihr von Anfang an klar sein, dass wir uns voll und ganz auf sie verlassen können müssen. Wohin wir gehen, darf sie wissen; aber verrate ihr lieber nichts von unserer Vergangenheit. Einverstanden?«
Rhapsody warf sich ihm um den Hals, so stürmisch, dass er das Gleichgewicht verlor. »Ja. Danke.«
Dann ließ sie schnell wieder von ihm ab und brachte seinen verrutschten Umhang in Ordnung. »Und jetzt beeil dich. Sei vorsichtig und lass dir vom Herzog auch Medikamente mitgeben.«
Über eine Woche harrte die seltsame Gruppe, auf Achmed wartend, in der Höhle aus. Kraft ihrer Feuerkunde konnte Rhapsody die Felsen erhitzen, sodass sie es warm hatten wie in einem Haus mit bullerndem Kamin.
Zu essen gab es genug. Grunthor hatte Proviant für mehrere Wochen bei sich, und was er selbst an einem Tag an Nahrung brauchte, machte alle Kinder satt. Weil es nicht nötig war, Feuer zu machen, blieb die Luft in der Höhle sauber und frisch, und es stieg auch kein Rauch auf, der auf sie aufmerksam gemacht hätte.
Weil der Mangel an Licht den Kindern zu schaffen machte, zog Rhapsody ihre Tagessternfanfare und rammte die Schwertspitze in den weichen Boden der Höhle. Die Flammen, die, ohne Rauch zu entwickeln, der Klinge entsprangen, füllten den Raum mit warmem Licht. Noch wohliger wurde die Stimmung durch die Lieder, die Rhapsody zur allgemeinen Unterhaltung leise vortrug. Mit Hilfe der Kräuter aus ihrem Gepäck versorgte sie die Wunden der Kinder und stellte sie ruhig, damit kein Laut nach draußen drang, der sie verraten würde.
Wie gewohnt, hielt sie morgens und abends ihre Andacht ab. Wenn sie dann ihre Lieder anstimmte, tauchten die Gesichter ihrer jüngst adoptierten Enkelkinder Gwydion und Melisande vor ihrem geistigen Auge auf, lächelnd wie während ihres letzten Beisammenseins. Der Kontrast zu den bleichen, ängstlichen Gesichtern, die jetzt auf sie gerichtet waren, hätte nicht größer sein können und machte ihr Angst um alle Kinder von Navarne.
Selbst wenn sie schliefen, entspannten sich die Mienen der Kleinen nicht, die bis in die Träume hinein von ihren Nöten verfolgt zu werden schienen. Rhapsody dachte an Analise zurück, an jenes von Michael spöttisch Petunia genannte Mädchen, das sie vor diesem Unhold gerettet hatte.
Unter dem Schutz von Nanas Wachen war sie mit Analise in die Weiten Marschen geflohen, in die große offene Ebene, die Ostend im Norden, Westen und Süden umschloss. Dort hatten sie die Anführerin der Liringlas aufgesucht, die ihnen bereitwillig Unterschlupf gewährt hatte. Das Kind war herzlich aufgenommen worden, und als Rhapsody schließlich Abschied von ihm genommen hatte, hatte sie es in guten Händen gewusst. Analise, hoch zu Ross im Sattel vor der Lirinfürstin sitzend, lachend und winkend – dieses Bild war Rhapsody nach wie vor in lieber Erinnerung.
Erst sehr viel später sollte sich der Verlustschmerz einstellen, ein Schmerz, der sich auch nicht durch das Wissen darum lindern ließ, dass sie für das Waisenkind das einzig Richtige getan hatte. Sie vermisste Analise und fragte sich, ob das Kind nach seinen schrecklichen Erfahrungen mit Michael jemals wieder glücklich geworden war. Rhapsody hatte damals gelobt, sich jedem Missbrauch von Kindern entschieden und mit aller Macht Zur Wehr zu setzen, zu welchem Preis auch immer. Sie streichelte die kleinen Hände im Dunkeln und drängte die Erinnerungen zurück. Mehrere Tage lang tobte ein heftiger Sturm und heulte wie ein Rudel Wölfe über dem Einstieg der Höhle. Rhapsody tröstete sich mit dem Gedanken, dass der Wind und das Schneetreiben ihre Spuren verwischt haben würden; dennoch machte sie das unablässige Heulen beklommen.
Als draußen ein Baum umgerissen wurde, schrien die Kinder vor Angst auf und suchten Trost in Rhapsodys Armen. Manche waren so verschreckt, dass sie sogar ihre Scheu vor Grunthor ablegten und seinen Schutz erbaten. Er lenkte sie mit seinen Scherzen ab und brachte sie zum Lachen, auch wenn es über ihnen noch so sehr tobte und das Donnergrollen Lehm und Steine von den Höhlenwänden bröckeln ließ. Endlich legte sich der Sturm; die Kinder aber rückten von ihrem neu gewonnenen Freund, dem Riesen, nicht mehr ab.
Grunthor hielt tagsüber Wache, legte sich dann nach dem Abendessen aufs Ohr und schlief bis Mitternacht, um anschließend wieder seinen Posten zu beziehen. Rhapsody und Jo wachten, so lange er schlief. Doch da war niemand, der ihrem Versteck nahe kam, nicht einmal die Tiere des Waldes. Längst war alles Wild geflohen vor dem Bösen, das den Wald verpestet hatte.
Die beiden, Rhapsody und Jo, lernten sich in dieser Zeit besser kennen und fanden Zuneigung zueinander. Doch immer noch weigerte sich das Mädchen, Auskunft über seinen vollen Namen zu geben. Die beiden hatten einen ganz ähnlichen Sinn für Humor und mussten sich häufig zurückhalten, um nicht lauthals und ausgelassen loszulachen, was die anderen und vor allem Grunthor womöglich irritiert hätte.
Wenn sie Jo beobachtete, fühlte sich Rhapsody oft an die eigene Kindheit erinnert, und das stimmte sie traurig. Unglückliche Umstände hatten das Mädchen zu einem Leben auf der Straße verurteilt, und ganz ähnlich war es Rhapsody in jungen Jahren ergangen. Jo war ohne Familie; Rhapsody hatte die ihre und alle Freunde und Bekannten verlassen. Sie alle, die ihr lieb und teuer waren, lebten nun schon längst nicht mehr; sie hatten nie erfahren, was aus ihr, Rhapsody, geworden war. Die Träume, die solchen Erinnerungen folgten, waren so qualvoll, dass sie ihr wie eine Strafe für all ihre Verfehlungen vorkamen. Rhapsody ertappte sich immer häufiger bei dem Wunschgedanken, das Mädchen anstatt ins Land der Bolg nach Navarne zurückführen zu können. Schließlich vertraute sie sich Jo an, die sie mit einer Kopfbewegung in Richtung auf die schlafenden Kinder daran erinnerte, wie wichtig es war, vorsichtig zu bleiben und sich nicht etwa in Sicherheit zu wiegen.
Endlich, nach gut einer Woche, kehrte Achmed mit Verstärkung zurück. Der lärmende Tross kündigte sich schon in der Ferne an; Grunthor war durch seinen scharfen, übernatürlichen Sinn für das Erdreich sogar noch früher auf sie aufmerksam worden.
Taumelnd stieg Rhapsody auf in schmerzhaft blendendes Tageslicht, schirmte die Augen mit den Händen ab und spähte durch das mit Raureif überzogene Dickicht den Rettern entgegen.
Sie hörte Hufgetrappel und das Knarren von Pferdewagen, die sich langsam auf dem Fuhrweg durch den Wald näherten, derselben Straße, die Rhapsody vor Tagen mit Achmed und Grunthor in Richtung auf das Haus der Erinnerung eingeschlagen hatte.
Es dauerte fast noch eine ganze Stunde, ehe die Soldaten in Sicht kamen, insgesamt mehr als vierzig Männer, angeführt von Achmed und Stephen zu Pferde. Als die beiden in Sichtweite waren, richtete sie sich auf und winkte, worauf sich auf dem Gesicht des Herzogs ein Lächeln zeigte. Stephen sprang aus dem Sattel, eilte herbei und begrüßte sie mit stürmischer Umarmung.
»Allmächtiger, ist alles in Ordnung mit dir? Welche Sorgen habe ich mir seit Achmeds Ankunft um dich gemacht!« Er rückte um Armeslänge von ihr ab und musterte sie mit aufmerksamen Blicken. Dann räusperte er sich, verlegen darüber, dass er errötete.
Rhapsody tätschelte ihm die Schulter. »Es geht uns allen gut, Hoheit, und das verdanken wir Euch. Die Kinder sind mit Grunthor in der Höhle.«
»So hol sie doch her; ich will sehen, wen wir da haben«, sagte er und beugte sich über den Einstieg zur Höhle.
Als er Stephen erblickte, rief Grunthor seine Schützlinge zusammen. »Hopp, hopp, nehmt Aufstellung, schön in Reih und Glied«, befahl er ihnen, und die Kinder gehorchten. Endlich konnten sie wieder unbeschwert miteinander plappern und lachen.
Grunthor reichte ein Kind nach dem anderen durch den Ausstieg nach oben, wo sie von Rhapsody und dem Herzog in Empfang genommen wurden. Er sprach ihnen Mut zu. Manche von ihnen erkannte er wieder, befragte das eine oder andere Kind, und schließlich waren alle vierzehn der Höhle entstiegen und in die Obhut der Soldaten gestellt. Ganz zum Schluss trat Jo in Erscheinung, von Grunthor mit einem kräftigen Schubs in Bewegung gesetzt. Rhapsody ergriff ihre bleiche, zitternde Hand.
»Eure Hoheit, darf ich Euch meine Schwester Jo vorstellen?« Sie lächelte dem Mädchen aufmunternd zu und richtete dann ihren Blick wieder auf den Herzog von Navarne.
Stephen starrte Jo einen Moment lang an, ehe er sich Rhapsody zuwandte, deren Lächeln merklich strahlender geworden war. »Wie geht’s, Jo?«, fragte er schließlich. »Es ist mir eine Ehre, ein weiteres Mitglied aus Rhapsodys Familie kennen zu lernen. Bedauerlich, dass wir uns nicht schon früher begegnet sind.«
»Find ich nicht«, murmelte Jo vor sich hin.
»Sind das alle Kinder?«, fragte der Herzog.
Das Lächeln verschwand aus Rhapsodys Gesicht. »Ja«, sagte sie mit trauriger Stimme. »Ich wünschte, es wären mehr. Wir haben das ganze Haus der Erinnerung durchsucht, aber keine weiteren Kinder gefunden.« Jedenfalls keine lebenden, fügte sie im Stillen hinzu.
Stephen nahm sie liebevoll bei den Schultern. »Ich bin dir und deinen Freunden sehr dankbar für alles, was ihr getan habt«, sagte er. »Wenn wir am Wochenende zurück sind, werden viele trauernde Eltern und Anverwandte überglücklich sein.«
»Ach, wenn es doch nur mehr wären«, entgegnete sie in Gedanken an die kleinen, leblosen Körper, die auf so grausige Weise geopfert worden waren. »Ich hoffe nur, Eure Soldaten haben starke Nerven und keine eigenen Kinder.« Sie warf einen Blick auf Grunthor, der den Kindern auf den Wagen half, und wandte sich erneut mit ernstem Blick dem jungen Herzog zu.
»Ich empfehle Euch, gemeinsam mit den Kindern umzukehren«, sagte sie. »Ihr habt genug gelitten, Hoheit. Überlasst die Aufräumarbeiten am Haus lieber anderen.«
Der Herzog senkte den Blick. »Nenn mich doch einfach Stephen«, sagte er. »Ich will der Empfehlung folgen.«
»Wie sind so weit, Eure Hoheit«, rief der Hauptmann der Truppe. Rhapsody und der Herzog sahen einander noch eine Weile in die Augen. Widerstrebend nahm Stephen die Hände von ihren Schultern. Rhapsody ging an den Wagen, verabschiedete sich von den Kindern und warf ihnen Kusshände zu. Die kleinen Gesichter waren ihr zugewandt, manche ernst, andere lächelnd. Es würde noch lange dauern, ehe sie von ihrem Trauma geheilt wären. Der Kutscher brachte die Pferde in Bewegung, und, flankiert von berittenen Soldaten, rollte der Wagen in Entgegengesetzter Richtung auf dem Fuhrweg davon.
Stephen stieg über einen am Boden liegenden Baumstamm hinweg, trat auf die beiden Bolg zu und gab ihnen die Hand.
»Vielen Dank«, sagte er. »Navarne und meine Familie stehen für immer in eurer Schuld. Ich habe vier Pferde für euch bereitstellen lassen und ein Empfehlungsschreiben mit meiner Unterschrift aufgesetzt, das euch weiterhelfen wird, falls ihr auf Schwierigkeiten stoßen solltet. Und denkt daran, dass ihr in meinem Hause stets willkommen seid.«
»Nett von Euch«, sagte Grunthor und schüttelte mit der ihm eigenen Herzlichkeit die Hand des jungen Mannes.
»Was sind eure Pläne?«, fragte der Herzog und richtete sich dabei an Achmed.
Der musterte mit seinen ungleichen Augen das Gesicht seines adeligen Gegenübers und sagte schließlich: »Unser nächstes Ziel ist Canrif. Es wäre mir lieb, wenn Ihr diese Information für Euch behalten würdet.«
»Selbstverständlich. Ich schlage vor, ihr reist in nördlicher Richtung bis auf das orlandische Plateau und folgt dann der Hauptstraße über Bethania nach Bethe Corbair, der äußersten Provinz von Roland an der Grenze zu den Bolgländern.« Achmed nickte. Das war auch die Route, die der entsprechende Eintrag im Notizbuch empfahl.
»Wenn ihr in der Provinz von Bethe Corbair die Ebene der Krevensfelder erreicht habt, auf die die Hügel im Westen auslaufen, solltet ihr nach Südosten weiterziehen und euch der Stadt von Süden her nähern. Das ist der sicherere Weg. Falls es trotzdem Probleme geben sollte, wendet euch an den Herzog Quentin Baldasarre oder, wenn der nicht zu erreichen ist, an Lanacan Orlando, den dort amtierenden Seligpreiser. Er ist ein sehr gütiger Mann. Zeigt ihm mein Schreiben, und ich bin sicher, dass er euch helfen wird.«
Rhapsody hatte sich mit Jo den beiden hinzugesellt. »Vielen Dank«, sagte sie. »Und erlaubt mir, dass ich Euch bitte, Eure Soldaten, die das Haus der Erinnerung durchsuchen werden, anzuweisen, alle Gegenstände, die für Euch von Wert sein können, zu konfiszieren. Denn der Urheber dieser Verbrechen behauptet, Eigentümer des Hauses zu sein, und wird womöglich zurückkehren.« Stephen nickte.
»Ich habe ihn schon darauf hingewiesen, Rhapsody«, sagte Achmed. »Wir müssen uns jetzt auf den Weg machen. Die Zeit drängt, und es wird nicht mehr lange hell sein.«
»Lebt wohl, Stephen«, verabschiedete sich Rhapsody vom Herzog. »Grüßt meine Enkel aufs Herzlichste.« Er nahm ihre Hand, drückte einen Kuss auf den Handrücken und versuchte die gleiche Geste dann bei Jo anzubringen, die aber ihre Hand energisch zurückzog und ihn feindselig anblitzte. Grunthor und Achmed begleiteten den Herzog zu seinem Pferd und verabschiedeten sich, als er in den Sattel stieg. Dann schaute er sich noch einmal um und ritt davon.
»Diese Pferdchen sind nich zu verachten », sagte Grunthor, an Rhapsody gewandt, die Stephen immer noch nachblickte, obwohl er schon verschwunden war. »Wer kriegt das große?«
Rhapsody wandte sich um, dem Riesen zu. Drei der vier Pferde waren rassige Reittiere, das vierte ein für den Kriegseinsatz gezüchteter Kaltblüter.
»Mir scheint, für dich ist diese Stute dort gedacht«, sagte Rhapsody und zeigte auf das zierlichste der vier Pferde.
Grunthor wollte gerade eine launige Antwort geben, als ein klägliches Krächzen laut wurde.
»Ich kann nicht reiten«, jammerte Jo mit erstickter Stimme.
Rhapsody nahm sie bei der Hand. »Dass du noch nie auf einem Pferd gesessen hast, muss nicht heißen, dass du nicht reiten kannst. Wie wär’s, steigst du zu mir in den Sattel?«
Achmed nickte. »Das trifft sich gut. Das vierte Pferd schleppt dann das schwere Gepäck. So kommen wir schneller voran.«
Gesagt, getan. Während Achmed und Grunthor die Gepäckstücke umluden, versuchte Rhapsody, das Mädchen mit gutem Zureden zu beruhigen. Schließlich stiegen sie in die Sättel und machten sich auf den Weg, der sie in nordöstlicher Richtung durch die Provinzen von Navarne und nach Bethania führen würde, später über Bethe Corbair und dann südöstlich durch die Ebene der Krevensfelder dem Tor zum dunklen Reich der Firbolg entgegen.