Ich zerbrach eine weitere Lampe während einer meiner Fieberanfälle.
Diesmal gelang es Diane, den Schaden vor dem Concierge zu verheimlichen. Sie hatte das Reinigungspersonal bestochen, die schmutzige Bettwäsche jeden zweiten Morgen vor der Tür gegen saubere auszutauschen, damit die Zimmermädchen nicht hereinkämen und mich im Delirium vorfänden. Im städtischen Krankenhaus waren in den vergangenen sechs Monaten Fälle von Denguefieber, Cholera und menschlichem KVES aufgetreten, und ich wollte nicht in der Epidemiologiestation neben einem Quarantänefall aufwachen.
»Was mir Sorge macht«, sagte Diane, »ist, was alles passieren könnte, wenn ich nicht da bin.«
»Ich kann auf mich aufpassen.«
»Nicht, wenn das Fieber zuschlägt.«
»Dann kommt es einfach auf Glück und Timing an. Hast du die Absicht, irgendwohin zu gehen?«
»Nur das Übliche. Aber ich meine, in einem Notfall. Oder falls ich aus irgendeinem Grund nicht ins Zimmer zurück kann.«
»Was für ein Notfall?«
Sie zuckte mit den Achseln. »Das ist rein hypothetisch«, sagte sie in einem Ton, der vermuten ließ, dass es alles andere als das sei.
Aber ich drang nicht weiter in sie. Es gab nichts, was ich zur Verbesserung der Situation beitragen konnte — außer zu kooperieren.
Ich ging in die zweite Woche der Behandlung, näherte mich der Krisis. Das sich in meinem Blut und Gewebe ansammelnde marsianische Präparat hatte einen kritischen Pegel erreicht. Selbst wenn das Fieber nachließ, fühlte ich mich desorientiert, verwirrt. Die rein körperlichen Nebenwirkungen waren auch kein Spaß: Gelenkschmerzen, Gelbsucht, Ausschlag — sofern man mit »Ausschlag« den Vorgang bezeichnen will, bei dem einem die Haut abpellt, Schicht um Schicht, und rohes Fleisch, fast wie eine offene Wunde, freigelegt wird. In einigen Nächten schlief ich vier oder fünf Stunden — fünf war der Rekord, glaube ich —, bevor ich in einem Brei von Hautpartikeln aufwachte, die Diane dann aus dem blutverschmierten Bett entfernte, während ich mich wie ein Arthritiker solange auf einen Stuhl setzte.
Ich begann selbst meinen klarsten Momenten zu misstrauen. Denn oft war das, was ich empfand, eine rein halluzinatorische Klarheit: die Welt überhell und extrem scharf in ihren Konturen, Worte und Erinnerungen wie die Zahnräder eines durchdrehenden Motors. Schlimm für mich. Schlimmer noch vielleicht für Diane, die Bettschüsseldienste verrichten musste in der Zeit, in der ich inkontinent war. In gewisser Weise erwiderte sie damit einen Gefallen. Ich war bei ihr gewesen, als sie diese Quälerei selbst durchlebt hatte. Aber das war viele Jahre her.
Meistens schlief sie nachts neben mir, obwohl ich nicht weiß, wie sie das aushielt. Sie hielt sorgsam Abstand — manchmal war schon der Druck des Baumwolllakens so schmerzhaft, dass mir die Tränen kamen —, aber allein ihre Gegenwart war beruhigend.
In den wirklich schlimmen Nächten, wenn man damit rechnen musste, dass ich um mich schlug und ihr dabei wehtun konnte, rollte sie sich auf der Couch neben der Balkontür zusammen.
Sie erzählte nicht viel über ihre Ausflüge nach Padang. Ich hatte eine annähernde Vorstellung davon, was sie dort machte: Kontakte knüpfen zu Zahl- und Frachtmeistern, die Kosten und Bedingungen für einen Transit auskundschaften. Gefährliche Arbeit. Wenn es etwas gab, das mir mehr zu schaffen machte als die Wirkungen der Droge, dann war es das Wissen darum, dass Diane in einer potenziell gewalttätigen asiatischen Halbwelt herumzog, mit nicht mehr Schutz als einer Dose Tränengas und ihrem beträchtlichen Mut.
Aber selbst dieses Risiko war besser, als aufgegriffen zu werden.
Sie — die Agenten der Regierung Chaykin oder ihrer Verbündeten in Jakarta — waren aus einer Reihe von Gründen an uns interessiert. Wegen des Präparats natürlich, aber, wichtiger noch, auch wegen diverser digitaler Kopien der marsianischen Archive, die wir mit uns führten. Und herzlich gern hätten sie uns auch über Jasons letzte Stunden befragt: über den Monolog, den ich mitgehört und aufgezeichnet hatte, über all das, was er mir über das Wesen der Hypothetischen und des Spins erzählt hatte. Wissen, das nur Jason besessen hatte.
Ich schlief und erwachte, und sie war nicht mehr da.
Eine Stunde brachte ich damit zu, die Bewegung der Balkonvorhänge zu beobachten, sah das Sonnenlicht den sichtbaren Fuß des Torbogens emporwandern und träumte dabei von den Seychellen.
Schon mal auf den Seychellen gewesen? Ich auch nicht. Was in meinem Kopf ablief, war ein alter Dokumentarfilm, den ich früher auf PBS gesehen hatte. Die Seychellen sind tropische Inseln, Heimat von Schildkröten und der Coco de Mer und einem Dutzend verschiedener seltener Vogelarten. Geologisch gesehen sind sie das, was von dem Kontinent übrig geblieben ist, der einst Asien und Südamerika miteinander verband, lange vor der Entwicklung des modernen Menschen.
Träume, hatte Diane einmal gesagt, seien wild gewordene Metaphern. Der Grund, warum ich von den Seychellen träumte (ich stellte mir vor, wie sie es mir erklärte), war, dass ich mich versunken fühlte, uralt, ausgestorben.
Wie ein untergegangener Kontinent, überflutet in der Erwartung meiner eigenen Verwandlung.
Ich schlief wieder ein, erwachte, und sie war immer noch nicht da.
Wachte im Dunkeln auf, noch immer allein, und wusste, dass mittlerweile zu viel Zeit vergangen war. Schlechtes Zeichen. Bisher war Diane immer vor Anbruch der Dunkelheit zurückgekehrt.
Ich hatte mich im Schlaf heftig gewälzt. Das Baumwolllaken lag zerknüllt auf der Erde, kaum zu erkennen im von der Gipsdecke reflektierten Licht, das von der Straße hereinfiel. Mir war kalt, aber ich war zu wund, um mich hinunterzubeugen und es wieder aufzuheben.
Der Himmel draußen war außerordentlich klar. Wenn ich die Zähne zusammenbiss und meinen Kopf nach links neigte, konnte ich durch die Balkontür einige helle Sterne sehen. Ich unterhielt mich mit dem Gedanken, dass einige dieser Sterne jünger waren als ich.
Ich versuchte, nicht darüber nachzudenken, wo Diane war und was ihr vielleicht zugestoßen sein mochte.
Und schließlich schlief ich wieder ein. Das Sternenlicht brannte durch meine Augenlider, phosphoreszierende Geister schwebten durch die rötliche Dunkelheit.
Morgens.
Zumindest dachte ich, dass es Morgen sei. Hinter dem Fenster war jetzt Tageslicht. Jemand, wahrscheinlich das Zimmermädchen, klopfte von draußen an die Tür und sagte etwas Gereiztes auf Malayisch. Und ging wieder weg.
Jetzt war ich doch wirklich besorgt, auch wenn die Sorge sich in dieser speziellen Phase der Behandlung als verworrene Übellaunigkeit ausdrückte. Was fiel Diane ein, so unerträglich lange wegzubleiben, und warum war sie nicht hier, um mir die Hand zu halten und die Stirn zu kühlen? Die Vorstellung, dass ihr etwas geschehen sein könnte, war unwillkommen, unbewiesen, wurde vom Gericht gar nicht erst zugelassen.
Dennoch: Die Wasserflasche neben dem Bett war mindestens seit gestern oder noch länger leer, meine Lippen so spröde, dass sie fast aufplatzten, und ich konnte mich nicht mehr erinnern, wann ich zuletzt zur Toilette gehumpelt war. Wenn ich nicht wollte, dass meine Nieren völlig zusammenklappten, dann musste ich mir Wasser aus dem Bad holen.
Aber es war schon schwer genug, sich auch nur aufzusetzen, ohne loszuschreien. Die simple Aufgabe, die Beine über die Seite der Matratze zu heben, war fast nicht zu bewältigen, es fühlte sich an, als seien meine Knochen und Knorpel durch zerbrochenes Glas und rostige Rasierklingen ersetzt worden.
Und als ich mich abzulenken versuchte, indem ich an etwas anderes dachte — die Seychellen, den Himmel —, wurde selbst dieses bescheidene Schmerzmittel von der Linse des Fiebers verzerrt. Ich stellte mir vor, Jasons Stimme von hinten zu hören, er bat mich, ihm etwas zu holen — einen Lappen, ein Ledertuch, seine Hände seien schmutzig —, und als ich aus dem Bad kam, hatte ich statt eines Glases mit Wasser einen Waschlappen in der Hand und war schon fast wieder im Bett, bevor ich meinen Irrtum bemerkte. Bescheuert. Noch mal von vorn. Diesmal die leere Wasserflasche mitnehmen. Bis zum Rand vollfüllen. Dem Trinkkürbis folgen.
Den Lederlappen hatte ich ihm im Schuppen hinter dem Großen Haus gereicht, wo die Gärtner ihre Geräte aufbewahrten. Jason muss ungefähr zwölf Jahre alt gewesen sein. Im Frühsommer, ein paar Jahre vor dem Spin.
Wasser schlürfen und die Zeit schmecken. Hier kommt die Erinnerung wieder.
Ich war überrascht, als Jason vorschlug, den Rasenmäher des Gärtners zu reparieren. Der Gärtner des Großen Hauses war ein reizbarer Belgier namens De Meyer, der eine Gauloise nach der anderen rauchte und stets missmutig mit den Achseln zuckte, wenn wir ihn ansprachen; er fluchte schon lange über den Mäher, dessen Motor stotterte und alle paar Minuten ausging. Warum diesem Mann einen Gefallen tun? Doch es war die intellektuelle Herausforderung, die Jase faszinierte. Er erzählte mir, er sei bis nach Mitternacht aufgeblieben, um sich im Internet über Benzinmotoren zu informieren. Seine Neugier war geweckt. Er sagte, er wolle sich so ein Ding mal in vivo ansehen. (Dass ich nicht wusste, was »in vivo« bedeutet, machte die Angelegenheit doppelt interessant.) Ich sagte, ich würde mit Freuden behilflich sein.
Tatsächlich tat ich nicht viel mehr als zuzuschauen, während er den Mäher auf einem Dutzend ausgebreiteter Seiten der Washington Post vom Vortag platzierte und mit seiner Untersuchung begann. Das geschah in dem muffigen, aber störungsfreien Geräteschuppen am hinteren Ende des Rasens, wo die Luft nach Öl und Benzin, Düngemittel und Herbiziden stank. Säcke voller Rasensamen und Borkenmulch beulten sich aus den Kiefernholzregalen, dazwischen die spatigen Klingen und die gesplitterten Griffe der Gartengeräte. Es war uns nicht erlaubt, im Schuppen zu spielen, und für gewöhnlich war er verschlossen — Jason hatte sich den Schlüssel von einem Brett hinter der Kellertür geholt.
Draußen war ein heißer Freitagnachmittag, und ich hatte nichts dagegen, mich dort drinnen aufzuhalten und ihm beim Arbeiten zuzusehen; es war sowohl lehrreich als auch auf seltsame Weise beruhigend. Zunächst legte er sich lang auf den Boden, um das Gerät zu inspizieren. Geduldig strich er mit den Fingern über die Motorhaube, machte die Schrauben ausfindig, dann löste er sie und legte sie beiseite, schön geordnet, und das Gehäuse, nachdem er es abgenommen hatte, gleich daneben.
Dann weiter ins Innenleben der Maschine hinein. Irgendwie hatte sich Jason den richtigen Gebrauch von Schraubenzieher und -Schlüssel selbst beigebracht oder wusste intuitiv, wie man es macht. Manchmal ging er vorsichtig testend vor, doch niemals zaghaft. Er arbeitete wie ein Künstler oder Sportler — nuanciert, einsichtig, immer im Bewusstsein der eigenen Grenzen. Gerade hatte er alle Teile, zu denen er Zugang hatte, ausgebaut und sie wie bei einer anatomischen Illustration auf den ölverschmierten Seiten der Post ausgelegt, da ging quietschend die Schuppentür auf. Wir fuhren zusammen.
E. D. Lawton war früher als sonst nach Hause gekommen. »Scheiße«, flüsterte ich, was mir einen strengen Blick von E. D. eintrug. Er stand in der Tür, in einem makellosen grauen Anzug, und begutachtete die Wrackteile, während Jason und ich auf unsere Füße starrten, ebenso schuldbewusst, als wären wir mit einer Penthouse-Ausgabe erwischt worden.
»Seid ihr dabei, das Ding zu reparieren oder es mutwillig zu zerstören?«, fragte er schließlich in einem Tonfall, der zu E. D. Lawtons stimmlichen Markenzeichen geworden war, eine Mischung aus Hochmut und Schärfe, über so lange Jahre perfektioniert, dass sie ihm zur zweiten Natur geworden war.
»Sir«, sagte Jason ergeben. »Wir reparieren es.«
»Verstehe. Ist es euer Rasenmäher?«
»Nein, natürlich nicht, aber ich dachte, Mr. de Meyer würde es vielleicht gefallen, wenn ich…«
»Aber es ist auch nicht der Rasenmäher von Mr. de Meyer, nicht wahr? Mr. de Meyer besitzt keine eigenen Werkzeuge. Er müsste von der Sozialhilfe leben, wenn ich ihn nicht jeden Sommer einstellen würde. Zufällig ist es mein Rasenmäher.« E. D. schwieg, bis es fast schmerzhaft wurde. Dann sagte er: »Hast du das Problem ausfindig gemacht?«
»Noch nicht.«
»Noch nicht? Dann solltest du dich lieber ranhalten.«
Jason wirkte fast übernatürlich erleichtert. »Ja, Sir. Ich dachte, nach dem Abendessen könnte ich…«
»Nein. Nicht nach dem Abendessen. Du hast ihn auseinander genommen, also wirst du ihn jetzt in Ordnung bringen und wieder zusammensetzen. Dann kannst du essen.« Jetzt wandte E. D. seine überaus unwillkommene Aufmerksamkeit mir zu. »Geh nach Hause, Tyler. Ich möchte dich nicht wieder hier drinnen sehen. Du solltest es eigentlich besser wissen.«
Ich huschte hinaus, blinzelte in die grelle Nachmittagssonne.
Er erwischte mich nie wieder im Schuppen, aber nur, weil ich ihm von da an sorgsam aus dem Weg ging. Später am Abend war ich schon wieder da — nach zehn Uhr, nachdem ich von meinem Zimmerfenster aus gesehen hatte, dass noch immer Licht durch den Spalt unter der Schuppentür drang. Ich nahm ein übrig gebliebenes Hühnerbein aus dem Kühlschrank, wickelte es in Alufolie und schlich im Schutze der Dunkelheit hinüber. Ich machte mich flüsternd bemerkbar, und Jase löschte das Licht so lange, dass ich ungesehen reinschlüpfen konnte.
Er trug Maori-Tätowierungen aus Öl und Schmiere am Körper, und der Rasenmähermotor war erst halb wieder zusammengesetzt. Nachdem er gierig ein paar Bissen Hühnerfleisch verschlungen hatte, fragte ich ihn, warum es so lange dauerte.
»Einfach zusammensetzen könnte ich das Ding in fünfzehn Minuten. Aber es würde nicht funktionieren. Das Schwierige ist, festzustellen, was genau da drinnen nicht in Ordnung ist. Und außerdem mache ich es immer schlimmer. Wenn ich versuche, die Benzinleitung zu reinigen, kommt Luft hinein. Oder das Gummi bricht. Kein einziges Teil ist in richtig gutem Zustand. Da ist ein Haarriss im Vergasergehäuse, aber ich weiß nicht, wie ich das dicht kriege. Ich hab keine Ersatzteile und nicht die richtigen Werkzeuge. Ich weiß nicht einmal, welches die richtigen Werkzeuge wären.« Sein Gesicht legte sich in Falten und für einen Moment dachte ich, er würde anfangen zu weinen.
»Dann gib doch einfach auf. Sag E. D., dass es dir Leid tut, und lass es dir vom Taschengeld abziehen.«
Er starrte mich an, als hätte ich etwas zwar Ehrenhaftes, aber auch völlig Naives gesagt. »Nein, Tyler. Danke, aber das werde ich nicht tun.«
»Warum nicht?«
Er antwortete mir nicht. Legte nur das Hühnerbein beiseite und kehrte zu den verstreuten Scherben seines Eigensinns zurück.
Ich wollte gerade wieder gehen, als es ganz leise an der Tür klopfte. Jason bedeutete mir, das Licht zu löschen. Er machte die Tür einen Spalt auf und ließ seine Schwester herein.
Sie hatte offensichtlich große Angst, dass E. D. sie hier finden würde. Lauter als im Flüsterton wollte sie nicht sprechen. Aber auch sie hatte Jason etwas mitgebracht. Kein Hühnerbein, sondern einen kleinen drahtlosen Internetbrowser.
Jasons Gesicht hellte sich auf, als er das sah. »Diane!«, rief er.
Sie bedeutete ihm ruhig zu sein und lächelte nervös in meine Richtung. »Es ist nur so ein Gadget«, flüsterte sie und nickte uns beiden zu, bevor sie wieder nach draußen schlüpfte.
»Sie weiß es besser«, sagte Jason, als sie weg war. »Das Gadget ist trivial. Aber das Netzwerk, das ist nützlich. Es geht nicht um die technische Spielerei, sondern um das Netz.«
Innerhalb einer Stunde hatte er Verbindung mit einer Gruppe von Technikfreaks an der Westküste aufgenommen, die kleine Motoren für Wettkämpfe mit ferngesteuerten Robotern umbauten, und bis Mitternacht hatte er behelfsmäßige Reparaturen an dem einen Dutzend Schwachstellen des Rasenmähers vorgenommen. Ich verzog mich und beobachtete von meinem Zimmerfenster aus, wie er seinen Vater holte. E. D. kam in Pyjamas und offenem Flanellhemd aus dem Großen Haus gelatscht und sah mit verschränkten Armen zu, wie Jason den Mäher anließ, der darauf in einer für die Uhrzeit höchst unpassenden Weise losdröhnte. E. D. hörte es sich eine Weile an, zuckte dann mit den Achseln und forderte Jason auf, wieder mit ins Haus zu kommen.
Jason, der noch kurz an der Schuppentür verharrte, sah mein Licht über den Rasen hinweg und winkte mir unauffällig zu.
Natürlich waren es nur vorläufige Reparaturen. Der Gärtner mit den Gauloises tauchte am darauffolgenden Mittwoch wieder auf und hatte ungefähr die Hälfte des Rasens gemäht, als der Mäher aussetzte und endgültig den Geist aufgab. Aus dem Schatten der Bäume heraus lauschend, lernten wir mindestens ein Dutzend flämische Schimpfwörter. Jason, der ein nahezu eidetisches Gedächtnis hatte, fand besonderen Gefallen an der Wendung »Godverdomme mijn kloten miljardedju!« — wörtlich übersetzt (dem Holländisch-Englischen Wörterbuch in der Bibliothek der Rice Academy zufolge): »Gott verdamme meine Eier eine Milliarde Mal!«. In den folgenden Monaten benutzte er den Ausdruck jedes Mal, wenn ihm ein Schnürsenkel riss oder der Computer abstürzte.
Am Ende musste E. D. wohl oder übel in ein ganz neues Gerät investieren. Im Fachgeschäft teilte man ihm mit, dass eine Reparatur zu teuer wäre, es sei ein Wunder, dass das Ding überhaupt so lange durchgehalten habe. Ich erfuhr das von meiner Mutter, die es wiederum von Carol gehört hatte. Soviel ich weiß, hat E. D. die Angelegenheit später mit keinem Wort mehr erwähnt.
Jason und ich jedoch konnten uns noch ein paarmal darüber amüsieren — Monate später, als der Stachel gezogen war.
Als ich zum Bett zurückschlurfte, dachte ich an Diane, die ihrem Bruder ein Geschenk gemacht hatte, das nicht lediglich der Beschwichtigung diente, so wie meins, sondern das tatsächlich nützlich war. Aber wo war sie jetzt? Welches Geschenk würde sie mir bringen, mir meine Last zu erleichtern? Ihre bloße Gegenwart hätte mir schon genügt.
Tageslicht flutete in das Zimmer wie Wasser, wie ein leuchtender Fluss, in dem ich davontrieb, in dem ich langsam an den leeren Minuten ertrank.
Nicht jedes Delirium ist hell und hektisch. Manchmal ist es auch langsam, reptilienartig, kaltblütig. Ich beobachtete Schatten, die wie Eidechsen an den Zimmerwänden hochkrochen, und schon war eine Stunde vergangen. Noch einmal blinzeln, und die Nacht brach an, kein Sonnenlicht auf dem Torbogen, als ich meinen Kopf neigte, stattdessen dunkler Himmel, tropische Regenwolken, Blitze, nicht zu unterscheiden von den durchs Fieber erzeugten visuellen Stacheln, aber unverkennbarer Donner und plötzlich ein mineralischer Geruch von draußen, das Geräusch von Regentropfen, die auf den Beton des Balkons klatschten.
Und schließlich noch ein anderes Geräusch: eine Karte im Türschloss, das Quietschen der Angeln.
»Diane«, sagte ich (oder flüsterte ich, krächzte ich).
Sie kam ins Zimmer. Sie trug Straßenkleidung, eine Überjacke mit Lederapplikation und einen breitkrempigen Hut, von dem das Regenwasser tropfte. Sie stand neben meinem Bett.
»Es tut mir Leid«, sagte sie.
»Brauchst dich nicht zu entschuldigen. Nur…«
»Ich meine, tut mir Leid, Tyler, aber du musst dich anziehen. Wir müssen hier weg. Sofort. Unten wartet ein Taxi.«
Ich brauchte eine Weile, um diese Information zu verarbeiten. Unterdessen war Diane schon dabei, Sachen in den Koffer zu werfen: Kleidung, Dokumente — sowohl echte als auch gefälschte —, Speicherkarten, ein gepolstertes Gestell mit kleinen Flaschen und Spritzen. »Ich kann nicht aufstehen«, versuchte ich zu sagen, aber die Worte kamen nicht richtig heraus.
Kurz darauf begann sie mich anzuziehen, und ich bewahrte mir ein bisschen Würde, indem ich meine Beine ohne Aufforderung anhob und die Zähne zusammenbiss, anstatt zu schreien. Ich setzte mich auf, und sie gab mir etwas Wasser aus der Flasche neben dem Bett. Dann führte sie mich ins Bad, wo ich ein dickflüssiges Rinnsal kanariengelben Urins von mir gab. »Verdammt«, sagte sie, »du bist völlig ausgetrocknet.« Sie gab mir mehr Wasser und eine Spritze mit Schmerzmittel, das in meinem Arm brannte wie Gift. »Tyler, es tut mir wirklich Leid!« Aber doch nicht so sehr, dass sie davon abgelassen hätte, mich in einen Regenmantel zu zwängen und mir einen schweren Hut auf den Kopf zu setzen.
Ich war aufmerksam genug, die Besorgnis in ihrer Stimme zu hören. »Wovor laufen wir weg?«
»Sagen wir einfach, ich hatte eine Begegnung mit einigen unangenehmen Leuten.«
»Und wo wollen wir hin?«
»Ins Landesinnere. Beeil dich!«
Also hasteten wir den Hotelflur entlang und die Treppe hinunter ins Erdgeschoss. Diane schleifte den Koffer mit der linken und stützte mich mit der rechten Hand. Es war ein langer Marsch. Die Treppe vor allem. »Hör auf zu stöhnen«, flüsterte sie einige Male. Ich gehorchte. Glaube ich jedenfalls.
Dann hinaus in die Nacht. Regentropfen prallten auf den schmutzigen Bürgersteig, zischten auf der Motorhaube eines überhitzten, mindestens zwanzig Jahre alten Taxis. Der Fahrer sah mich aus dem Schutz seines Wagens misstrauisch an. Ich starrte zurück. »Er ist nicht krank«, sagte Diane und setzte eine imaginäre Flasche an den Mund. Der Fahrer blickte finster drein, akzeptierte aber die Geldscheine, die sie ihm in die Hand drückte.
Die Wirkung des Narkotikums setzte ein, während wir fuhren. Die nächtlichen Straßen von Padang rochen abgestanden, nach feuchtem Asphalt und fauligem Fisch. Ölteppiche teilten sich wie Regenbögen unter den Rädern des Taxis. Wir verließen das Touristenviertel mit seinen Neonlichtern und fuhren in das Gewirr der Läden und Häuser hinein, das in den letzten dreißig Jahren um die Stadt herum gewachsen war, behelfsmäßige Slums, die peu à peu dem neuen Wohlstand wichen, den Bulldozern, die unter Abdeckplanen zwischen Blechdachhütten parkten. Mehrgeschossige Mietshäuser wuchsen wie Pilze aus dem Kompost der Sqattersiedlungen. Dann durchquerten wir das Industriegebiet, überall graue Mauern und Stacheldraht, und ich glaube, ich schlief wohl wieder ein.
Träumte nicht von den Seychellen, sondern von Jason. Von Jason und seiner Liebe zu Netzwerken (»nicht die technische Spielerei, sondern das Netz«), von den Netzwerken, die er geschaffen und bewohnt hatte, und davon, wo diese Netzwerke ihn hingeführt hatten.