Schratt war tot, als wir in Washington Junction ankamen.
Janice und ich hatten auf unserer schnellen Fahrt über zweihundertfünfzig Meilen Chaussee nicht von ihm gesprochen. Wir wußten, was uns erwartete.
Sie saß dicht neben mir, so daß ich die Nähe ihres Körpers fühlte. Mit jedem Atemzug, den sie tat, wurde mir ihre Gegenwart bewußter. Ich brauchte nur in ihr Gesicht zu blicken – ruhig in seinem Vorauswissen – und alle Furcht, Donovan könne zurückkehren, wich aus meinem Herzen.
Als wir vor unserm Haus in Washington Junction hielten, kam Tuttle aus seinem Laden zu uns gelaufen. Er war erleichtert, daß ich kam. Er und Phillips hatten sich schon Sorgen um Schratt gemacht. Sie hatten gerade ein Gespräch nach dem Roosevelt-Hotel angemeldet. Schratt hatte meine Adresse bei Tuttle deponiert, im Falle man ihn drei Tage nicht sehen sollte, hatte ihnen aber ausdrücklich verboten, das Haus zu betreten.
Ich dankte Tuttle und schickte ihn in seinen Laden zurück, mit der Versicherung, ich würde ihn rufen, falls ich ihn brauchte. Er ging zögernd und hielt auf halbem Wege auf der Straße an, um mich auf meinen Hof treten zu sehen.
Wir gingen zusammen durch den hinteren Garten. Ich fürchtete mich, das Laboratorium zu betreten. Um mich auf den unvermeidlichen Schock vorzubereiten, wollte ich zuerst einen Blick durchs Fenster werfen.
In der Einfahrt stand ein neues Cadillac-Coupé, vermutlich das Yocums.
Eines der Laborfenster war eingedrückt, aber die Vorhänge waren zugezogen. Innen brannte das Licht, und es summte fortgesetzt.
Ich schloß die Hintertür auf und bat Janice, draußen zu bleiben, bis ich sie rief. Ich wollte ihr einen Anblick ersparen, der entsetzlich sein mußte. Sie aber schüttelte heftig den Kopf und preßte meinen Arm. Sie wollte mich nicht allein hineingehen lassen.
In meinem kleinen Vorraum lag Yocum, das Gesicht zur Wand gekehrt. Schratt mußte ihn dorthin gebracht haben, hatte sich aber nicht Zeit genommen, ihn mit einem Laken zu bedecken.
Schratt lag im Laboratorium, das Gesicht in einer Blutlache. Sein großer Kopf mit dem spärlichen weißen Haar war besudelt, und in seinen schweren Händen hielt er das Hirn. Er hatte die Finger tief in die weiche grauweiße Masse gegraben, sie mit aller Kraft festhaltend, als fürchte er immer noch, sie könne sich befreien und ihr verdorbenes Leben fortsetzen. Das Glasgefäß war zerbrochen, das Serum über Boden und Wände verspritzt, die elektrischen Drähte herausgerissen. Ohne Form und mit Gummiröhren gespickt sah das Hirn in seiner trägen Masse immer noch fürchterlich aus.
Ich hob Schratt auf und trug ihn in mein Schlafzimmer. Dort wuschen wir sein Gesicht und seine Hände.
Es war leicht zu rekonstruieren, was geschehen war:
Als Donovan Janice in den Hollywood-Bergen anfiel, erkannte Schratt die wütenden, neurotischen Verzerrungen auf dem Enzephalogramm. Er wußte, das Hirn war beschäftigt – es mordete wieder!
Er ergriff seine Chance, sprang zu dem Gefäß und riß es aus seinen elektrischen Verbindungen.
Sofort verließ das Hirn Janice und wandte sich gegen den Angreifer. In einer verzweifelten Anstrengung, alle seine Kraft auf den neuen Feind konzentrierend, tötete es Schratt. Doch seines Serums und seiner Pumpe beraubt, starb es selbst.
Schratts Gesicht zeigte die typischen Kennzeichen eines Todes durch Thrombose der Kranzgefäße, einschließlich der Blässe, die auf Zyanose folgt. In seiner Stirn war ein tiefer Schnitt. Doch wo sich sonst die Angst in verzerrten Zügen spiegelt, die ahnende Erkenntnis des nahen Todes, war Schratts Gesicht sehr still und sehr glücklich. Er muß schnell gestorben sein.
Als ich in sein Gesicht sah, begann mein Hirn sich zu drehen. Ich wandte mich um, von einem furchtbaren Schmerz in Stirn und Augen gepeinigt. Ich sah, wie Janice mich erschrocken anstarrte.
Mein Körper fing an, krampfhaft zu zittern. Ich streckte die Hände nach Hilfe aus, und sie trat rasch auf mich zu.
Doch bevor sie mich erreichte, verlor ich das Bewußtsein.