Neunundzwanzigster November

Anton Sternli hat mich besucht. Er ließ erst aus der Empfangsstelle anrufen. Janice war am Telefon, sie ging hinaus, um ihn beim Fahrstuhl abzuholen. Sie blieb fast eine Stunde mit ihm im Korridor, ehe sie ihn zu mir ließ.

Als wir in der Wüste lebten, beschränkte Janice ihre Tätigkeit darauf, unsern Haushalt zu führen. Nun machte sie sich meine Hilflosigkeit zunutze und hat ihr Feld bis zu den Leuten ausgedehnt, die mit mir in Verbindung stehen. Schratt hat sie immer um den Finger wickeln können, und bei Sternli hatte sie leichtes Spiel.

Sternli sah mehr denn je wie ein Schweizer Professor aus, als er in mein Zimmer kam, durch seine schweren Gläser waren seine Augen klein wie Haselnüsse. Der Anzug war bestimmt nicht für ihn gemacht. Die Hosen beutelten über den Knien. Er trug einen weißen Stock wie ein Blinder.

Er hatte in der Zeitung von meinem Unfall gelesen und wäre schon eher gekommen, aber er bekam erst gestern seine Brille. Er wollte mir nur sagen, wie leid es ihm tat.

Er sprach über unbedeutende Dinge, bis Janice das Zimmer verließ. Sie hatte aus seinem eifrigen Gesicht gesehen, daß er mit mir allein sein wollte.

»Sie haben mich mit dem Memorandum in Donovans Handschrift außer Fassung gebracht«, begann Sternli. »Sehen Sie, ehe er Florida verließ, gab er mir den Schlüssel und schrieb eine Nummer auf. Er war sein Leben lang übervorsichtig in allen Dingen. Selbst wenn er seinen Namen schrieb, schützte er seine linke Hand mit der rechten, so daß niemand sehen konnte, was er schrieb, bis er fertig war. Ich bin so erstaunt, daß er in der Stunde seines Todes an mich gedacht haben soll! Und warum hatte er meinen Namen auf einem Umschlag mit Geld in seiner Tasche? Er war niemals großmütig – wenn es ihm nicht selbst einen Vorteil brachte! Das macht mich sehr unsicher, Dr. Cory!«

»Sie beurteilen ihn zu hart«, sagte ich. Ich ahnte Komplikationen.

»O nein!« Sternli nahm die Gläser ab und reinigte sie sorgsam mit einem Stück Wildleder, wobei er sie ab und zu dicht vor die Augen hielt. »W. H. war mein ganzes Leben. Wie könnte ich hassen, wovon ich ein Teil gewesen bin? Als mich W. H. entließ, hatte ich nichts, wofür ich leben konnte. Ich habe keine Familie, nicht einmal einen Freund. Um sich Freunde zu machen, muß man tolerant und interessiert sein, und mit fortschreitendem Alter werden wir immer weniger anpassungsfähig. Man muß geben, um sich Freunde zu erhalten – und mein Vorrat ist erschöpft. Es gibt zwei Arten von Menschen – die schöpferischen und die nachahmenden. Ich gehöre zu den letzteren. Und solche Menschen sind sehr unfruchtbar – wenn nicht von außen her eine Beeinflussung kommt.«

Er sprach ruhig. So war seine Philosophie; er sprach sie ohne Bitterkeit aus.

»Ein Verlag ist an mich herangetreten, ob ich nicht ein Buch über W. H. schreiben will – er bietet mir dafür eine große Summe. Ich hätte das Geld für die Zukunft bitter nötig, mein Gehalt war zu klein, als daß ich hätte sparen können.«

Sternli sprach eifrig. Er fühlte, daß meine Beziehung zu Donovan enger war, als das Ergebnis des einen unglücklichen Zusammentreffens. Er konnte das Band zwischen seinem früheren Herrn und mir nicht erkennen, aber er fühlte sich gezwungen, mit mir zu reden, um viele ungesprochene Worte endlich einmal loszuwerden.

Zu Donovan hatte er nie gesprochen wie jetzt zu mir. Seine natürliche Schüchternheit und die Furcht vor seinem Herrn hatten ihn daran gehindert. Doch jahrelang hatte Sternli im Herzen gehofft, daß er eines Tages den Mut finden würde, zu ihm zu sprechen wie ein Mann zum anderen. Der Tag kam nie.

Nun war mit Donovans Tod diese Hoffnung gestorben, aber mit mir zu sprechen bedeutete für ihn die Beichte von Verbrechen, bei denen er – wenn auch nur als Werkzeug seines Herrn – irgendwie der Sünder war.

Er erzählte mir seine Lebensgeschichte, die typisch war für einen zurückgezogenen, nachdenklichen Menschen, der sich von der Welt abschloß.

Sternli hatte Donovan in einem Maße verehrt, daß diese Verehrung seine eigene Persönlichkeit zerstörte. Donovan hatte diese Ergebenheit hingenommen und ohne jede Skrupel den größtmöglichen Vorteil aus diesem Mann gezogen, der kein eigenes Leben leben konnte oder leben wollte.

Sternli hatte Donovan in Zürich getroffen, wo er Sprachen studierte. Als er den Millionär zum erstenmal sah, natürlich im teuersten Hotel, war der Student sofort fasziniert durch seine mächtige Persönlichkeit. Er war an einem Nachmittag ins Baur-au-Lac-Hotel gegangen, bloß um einmal zu sehen, wie die Reichen dieser Welt lebten. Während er langsam seinen Kaffee trank, hörte Sternli Donovans dröhnende Stimme nach jemand rufen, der ihm ein paar Telegramme ins Portugiesische übersetzen konnte. Er hörte auch, wie der erschrockene Portier sich entschuldigte.

In einem seltenen Anfall von Mut, der den Wendepunkt seines Lebens kennzeichnete, bot Sternli seine Dienste an.

Donovan behielt ihn um sich, während er in Zürich war, und als er abreiste, bot er ihm an, ihn als Sekretär zu begleiten. Der junge Mann stürzte sich auf die Gelegenheit, die Welt zu sehen.

Sternli wurde Donovans Schatten, Teil von ihm wie ein Paar Brillengläser. Er schlief Tür an Tür mit Donovan, folgte ihm von Konferenz zu Konferenz, von Stadt zu Stadt, von Land zu Land, von Kontinent zu Kontinent. Als Donovans Sekretär, Briefschreiber, Dolmetscher (doch niemals als sein Freund) wuchs Sternli in seine Stellung hinein, er wurde das lebende Gedächtnis der komplizierten Maschinerie, die Donovans Hirn war.

Er nahm niemals Urlaub. Er hätte nicht gewußt, was er mit sich selbst anfangen sollte. Nur einmal, als seine Mutter gefährlich erkrankte, bat er um einen kurzen Urlaub, um sie zu besuchen. Zögernd willigte Donovan ein, und als Sternli ihn um Geld für seine Europareise bat, ließ ihn Donovan einen persönlichen Schuldschein auf fünfhundert Dollar unterzeichnen.

Als Sternli seine Geschichte erzählte, unterschlug er einen Abschnitt seines Lebens. Ich konnte nur erraten, was er zu verbergen wünschte.

Er hatte einmal geliebt. Und wie das Schicksal ironisch wollte – er liebte Donovans Frau, Katherine. Sie muß eine schöne Frau gewesen sein, zurückgezogen und unglücklich. Sie ermutigte den schüchternen jungen Mann nicht; ich glaube, wahrscheinlich ahnte sie gar nichts von seiner heimlichen Anbetung.

Eines Tages konnte der ehrliche Sternli den Konflikt nicht mehr ertragen, der sein Gewissen zerriß. Er hatte das Gefühl, nicht ehrlich zu arbeiten, und es erschien ihm wie ein Treubruch, daß er die Frau seines Brotgebers liebte. Und so bat er Donovan, ihn von seinen Pflichten zu entbinden.

Donovan bot Sternli sofort eine Gehaltserhöhung an. Unzufriedenheit ließ sich immer durch Geld kurieren! Aber Sternli begann zu berichten.

»So, so ... Sie lieben Katherine?« sagte Donovan ruhig. »Und was meint sie dazu?«

Natürlich hatte Sternli nie ein Wort darüber zu Frau Donovan gesagt. Sich in eine verheiratete Frau zu verlieben, hieß für ihn bereits, Gottes Gebote offenkundig zu verletzen.

»Wenn Sie es ihr nicht gesagt haben, so liegt doch kein Grund vor, fortzugehen«, sagte Donovan nüchtern. Er fügte hinzu: »Und auch kein Grund, Ihr Gehalt zu erhöhen.«

Mit dieser Entscheidung hatte Donovan den Zwischenfall zu seiner Zufriedenheit geregelt. Sternli blieb. Die Entscheidung war für ihn getroffen worden, sogar in diesem intimsten und wichtigsten Bereich seines Lebens, in der Liebe. Das machte ihn noch abhängiger.

Wenige Monate später starb Katherine Donovan.

Während seiner ganzen Erzählung machte Sternli nicht den Eindruck, ein von Natur mitteilsamer Mensch zu sein. Er berichtete einfach Tatsachen, ohne daß auch nur einmal seine Stimme bebte. Nur manchmal, wenn er eine ernste Enthüllung unterstreichen wollte, lächelte er, nahm seine Brille ab und putzte sie sorgsam.

Er sprach weiter, ruhig und bescheiden. Er wünschte mir näher zu kommen – und das gelang ihm durch seine Geschichte.

Ich bin sicher, er wußte nicht, warum er sein Herz einem Fremden öffnete, um seine Lebensgeschichte herunterzubeten – aber langsam nahmen seine und Donovans Gestalt Leben und Farbe an. Indem ich Sternli zuhörte, erfuhr ich mehr über Donovan als über Sternli selbst. Es interessierte mich sehr. Diese Seite hatte ich völlig übersehen. Donovans Geschichte, die in den Zeitungen stand, war übertrieben, gefälscht, auf Journalismus zurechtgemacht. Hier aber entfaltete sich seine wahre Natur.

Ich fing an, die Arbeit des Hirns zu verstehen. Wenn ich Donovans Charakter gründlich erforschte, jede Regung seiner Gefühle kannte, jede Reaktion seines Bewußtseins, so konnte ich auch viele Widersprüche des Hirns verstehen.

Ich drängte Sternli, fortzufahren. Wie ein guter Psychoanalytiker versuchte ich zu lesen, was sich hinter den Worten verbarg. Die Teile, die er unbewußt verheimlichte – weil sie ihm nicht von Wichtigkeit schienen – fügte ich zusammen, um sie in das riesige Puzzle-Bild eines mächtigen Mannes einzufügen, der jeden Gewissensbiß und jeden Schwächeanfall in einem schmetternden Angriff auf seinen Gegner überwindet, der wie ein Boxer wütend angreift, wenn er in die Ecke gedrängt ist.

Sternli war ein idealisiertes Bild Donovans. Er war gegen die Fehler seines Herrn blind. Er ahnte nicht einmal, wie dieser Mann das Gefüge seines Lebens zerstört hatte – raffiniert, geduldig und gründlich.

Es wurde mir klar, daß Donovan in dem Augenblick, da Sternli ihm von seiner Liebe zu Katherine sprach, seinen Untergang beschlossen hatte. Nicht, daß Donovan eifersüchtig war. Er war zu groß, um sich eine solche Schwäche zu gestatten – aber jemand war freventlich auf sein Eigentum aus. Auch wenn das Verbrechen nur eine Gedankensünde war, fühlte Donovan sich doch betrogen und bestohlen.

Sternli berichtete mir von Donovans Gewohnheit, Leute durch Spitzel beobachten zu lassen. Jeder in seiner nächsten Umgebung stand unter heimlicher Bewachung. Nummer Eins der Verdächtigen war Katherine. Ich war überzeugt, Donovan kannte jeden ihrer Schritte, war informiert, wie sie jede Minute ihrer Zeit verbrachte. Er hatte auch Sternli bespitzeln lassen – rein gewohnheitsmäßig. Seine Wachhunde hatten diesem kleinen Mann nachgespürt.

Sternlis Augen wurden schlecht. Langsam verlor er die Sehkraft, er war nicht mehr imstande, Donovans schnelle Diktate aufzunehmen. Es mußte ein neuer Sekretär engagiert werden.

Sternli hatte jetzt keine andere Verwendbarkeit mehr als die einer lebendigen Kartothek, eines unfehlbaren Protokolls über vergangene Dinge. Da seine Nützlichkeit auf die Hälfte reduziert war, reduzierte Donovan auch sein Gehalt auf die Hälfte. Und eines Tages begann er die fünfhundert Dollar einzubehalten, die er ihm vor Jahren geborgt hatte – in Fünf- und Zehn-Dollar-Raten aus Sternlis ohnedies gekürztem Gehalt.

Als Sternli sich selbst in Bedrängnis sah, tat Donovan sehr überrascht. »Erzählen Sie mir doch nicht, daß Sie kein Geld haben«, sagte er. »Sie müssen doch reich sein! Sie haben doch bestimmt genug auf die Seite gelegt!«

Sternli war tief gekränkt und verteidigte sich.

»Ich behaupte ja gar nicht, daß Sie mir Nickel aus der Tasche gestohlen haben«, meinte Donovan. »Aber Sie haben doch sicher ein paar hundert Dollar mit angelegt, wenn ich Börsenpapiere kaufte!«

Sternli hatte niemals an etwas Derartiges gedacht, und nach seinem sehr strengen Ehrenkodex wäre das unehrlich gewesen.

Nur einmal hatte Sternli Donovan schwach und unbeherrscht gesehen. Am Tage, da Katherine starb. Sie entfloh Donovans Tyrannei, indem sie ihm ganz still aus der Hand glitt. Durch ihr Sterben beraubte sie ihn des endgültigen Sieges, sie zu brechen. Um sie zu halten, hatte er sie gezwungen, ihm ein Kind nach dem andern zu gebären. Nur das erste und das letzte blieben am Leben – Howard und Chloe. Als Katherine starb, mußte Sternli ständig mit Donovan in einem Zimmer bleiben. Er sah zu, wie der schwere Mann nächtelang hin und her lief und etwas vor sich hinmurmelte.

Donovan schwach gesehen zu haben, war ein Todesurteil – wie für einen Sklaven, der weiß, wo seines Königs Schatz verborgen ist. Nun saß mir hier ein Mann von fünfzig Jahren gegenüber, der wie siebzig aussah, der halb blind, hilflos und arm wie eine Feldmaus war.

»Ich weiß nicht, warum mir Herr Donovan die fünfhundert Dollar geschickt hat, Dr. Cory. Genau die Summe, die er mir lieh und dann wieder ratenweise einkassierte. Fünfhundert Dollar. Hat er gerade diese Summe aus irgendeinem Grunde gewählt? Wollte er gern, daß ich glauben soll, er bereue manche Dinge, durch die er mich unbewußt verletzt hat? Ich bin überzeugt, er glaubte, immer gut zu sein. Und er starb nicht, ohne sich meiner zu entsinnen! Es ist nicht das Geld, es ist sein Gedenken, das mich glücklich macht.«

»Er wußte nicht, daß er sterben mußte«, sagte ich.

»O ja!« antwortete Sternli ruhig. »Er wußte seit mehr als einem Jahr, daß seine Tage gezählt waren.«

Diese Enthüllung erschütterte mich. Sie stellte Donovan plötzlich in ein ganz anderes Licht. Sie gab mir eine Perspektive für die Beurteilung seines Charakters, die ich vorher nicht hatte.

»Was konnte er denn im voraus über den Unfall wissen?« sagte ich überrascht.

»Oh, darüber nichts!« erwiderte Sternli mit düsterem Lächeln, »aber er wußte, daß er krank war. Es bestand keine Hoffnung. Die Ärzte gaben ihm nicht mehr als ein Jahr.«

»Nierensache«, diagnostizierte ich, mich der Farbe von Donovans Gesicht erinnernd – weißlich, mit einem Stich ins Gelbe. Er hatte an einer nephritischen Entartung der Nieren gelitten, die gewöhnlich mit einem gleichen Prozeß in der Leber zusammengeht.

»Ja«, nickte Sternli. »Das ist, was sie ihm gesagt haben. W. H. pflegte allein zu trinken. Einsame Trinker sind gefährlich. Manchmal dachte ich, er machte sich absichtlich betrunken, nicht, weil er das Trinken liebte, sondern weil er seine Gedanken auslöschen wollte. Er war es müde, so viele neue und gewaltige Projekte zu erwägen. Er war von seiner eigenen Intelligenz gehetzt. Oft rief er mich mitten in der Nacht herein und diktierte stundenlang. Ich schenkte ihm einmal zum Geburtstag ein Diktaphon, aber er blieb dabei, mich zu den unmöglichsten Stunden rufen zu lassen. Und während der letzten Jahre fing er an, heimlich zu trinken. Er wollte nicht, daß es irgend jemand merkte, und lud mich niemals ein, eine Flasche mit ihm zu teilen. Ich glaube, daß er den Alkohol in Wirklichkeit haßte.«

Sternli fiel plötzlich ins Grübeln und vergaß mich darüber. Also hatte Donovan versucht, sich selbst zu entfliehen. Hatte er demnach doch ein Gewissen? Und was versuchte er zu vergessen? »Er hat seinen Ärzten die Wahrheit herausgelockt. Niemand konnte Donovan belügen. Und als er erfuhr, daß seine Tage gezählt waren, veränderte er sich sehr«, sagte Sternli.

»Er wurde weicher, nehme ich an?« wollte ich ihm weiterhelfen, aber Sternli schüttelte den Kopf. Er polierte seine Gläser wieder und lächelte. Seine kurzsichtigen Augen standen weit offen.

»Nein. Nicht, was man gemeinhin darunter versteht. Das erste, was er tat, war, daß er mich hinauswarf, ohne Pension. Er gab die Präsidentschaft an seinen Sohn ab. Er übereignete seiner Familie alles außer Häuser und Appartements, in denen er zu wohnen pflegte. Er hatte eine ganze Reihe Landhäuser überall im Lande, und in jeder Stadt ein Appartement. In jeder seiner Privatwohnungen mußte täglich das Frühstück hereingebracht werden, ob nun der Herr da oder das Bett leer war. Die Dienstboten hatten zu klopfen, einzutreten und nach einer angemessenen Zeit das Tablett wieder herauszunehmen. Dasselbe geschah mittags. In jedem Haus wurde ein Essen für acht Personen jeden Abend um dieselbe Zeit serviert. Donovan liebte es, überraschend zu erscheinen, wenn der erste Gang aufgetragen wurde. In einem Buch über Philipp II. von Spanien hatte er die Beschreibung dieses Brauchs gelesen, und er entsprach seinem Gefühl für das ›Herrschaftliche‹. ›Ich bin allgegenwärtig‹, pflegte er zu sagen, ›und wenn ich zahle, erwarte ich die entsprechenden Dienste.‹ Doch als man ihm sagte, daß er sterben müsse, schloß er alle diese Häuser. Er hatte einen Plan für die begrenzte Zeit, die ihm noch übrig blieb.«

»Was für einen Plan?« fragte ich. Ich fühlte, jetzt war ich Donovans Geheimnis nähergekommen.

»Er sagte, er wolle seine Bücher ausgleichen«, antwortete Sternli. Die blauen Augen hinter den scharfen Brillengläsern sahen nachdenklich aus. »Ich weiß nicht, was er damit meinte.«

Plötzlich wurde Sternli unruhig und sah nach der Uhr.

»Ich darf nicht mehr so viel reden«, sagte er, als merkte er erst jetzt, daß er mir eine Geschichte anvertraute, die er bisher noch niemandem erzählt hatte. Er war so verlegen, daß er sich entschuldigen mußte: »Verzeihen Sie einem alten Mann, daß er so viel geschwatzt hat!«

Er hatte es eilig wegzukommen, aber ich bat ihn, noch nicht zu gehen. Ich empfing plötzlich die Befehle des Hirns stärker denn je zuvor. Als hätte es die ganze Zeit zugehört und wolle nun das seine zu der Unterhaltung beitragen.

»Da Sie unbeschäftigt sind«, sagte ich, durch das Hirn dazu veranlaßt, »hätten Sie Lust, für mich zu arbeiten? Ich kann Ihnen ebensoviel zahlen wie Donovan.«

»Für Sie arbeiten?« Sternlis Gesicht wurde rot vor glücklicher Überraschung. »Aber womit könnte ich Ihnen denn zu Diensten sein?«

»Ich möchte zunächst, daß Sie ein Konto bei der Handelsbank am Hollywood Boulevard anlegen. In der Tasche meines Überziehers finden Sie eine Rolle Banknoten. Bitte zahlen Sie sie darauf ein.« Sternli blickte kurzsichtig nach dem Schrank, und während er die Tür aufmachte, nahm ich das Scheckbuch aus meiner Brieftasche und schrieb: »Auf das Konto von Herrn Anton Sternli, Dollar 100 000.–, Roger Hinds.«

Sternli kam mit dem Geld in der Hand zurück. »Wieviel soll ich nehmen?« fragte er.

»Alles. Zählen Sie nicht erst nach – zahlen Sie es einfach ein. Und nehmen Sie das hier mit.« Ich händigte ihm den Scheck aus.

Plötzlich hörte der Befehl des Hirns auf. Ich fühlte, wie der Schmerz mich übermannte, und nahm die Morphiumspritze, die Janice im Falle eines Anfalls vorbereitet hatte.

Sternli nahm den Scheck und den Schlüssel. Er hielt das Papier dicht an die Augen und starrte es mit offenem Munde an. Er hatte Donovans Handschrift erkannt.

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