Sechster Oktober

Nachdem ich tagelang erfolglos experimentiert hatte, habe ich die Telepathie aufgegeben. Donovans Hirn ist nicht dafür geeignet. Das zentrale Nervensystem besteht aus Zerebrum, Zerebellum und Rückenmark. Doch bei Donovans Hirn fehlt die Mitarbeit des Rückenmarks, und ohne sie kann es nicht genug Kraft produzieren, um mein Nervensystem zu beeinflussen.

Ich bin an der gefürchteten Grenzlinie angelangt, wo das Experiment seinen toten Punkt erreicht. Eine neue Annäherung an das Problem ist notwendig geworden – aber ich habe keine neuen Ideen. Wohin ich sehe, stehe ich vor einer nackten Wand.

Schratt hat das Problem nicht nochmals mit mir diskutiert. Nachdem er keine weiteren Vorschläge zu bieten hat, scheut er mich. Auch ich habe ihm nichts zu sagen, und so weichen wir einander aus.

Seine Unfähigkeit hat ihm wohl starke Gewissensbisse verursacht – und ich bin ärgerlich auf ihn wegen seiner negativen Haltung meiner Arbeit gegenüber.

Janice ist gestern ohnmächtig geworden. Schratt kümmert sich um sie. Ich bin überzeugt, die Wüstenluft hat sie bleichsüchtig gemacht. Sie sollte hinweggehen von hier – ehe sie ihre Halsstarrigkeit teuer bezahlen muß! Ich habe sie oft genug gewarnt. Man kann mir keine Vorwürfe machen.

Franklin hat wieder Illustrierte und Zeitungen mit neuen Geschichten über Donovan gebracht.

Die eine zeigt das Begräbnis in Forest Lawn. Hinter dem Sarge gehen sein Sohn Howard und seine Tochter Chloe.

Nun ist Donovan verbrannt – die letzte Spur ist vernichtet. Ich bin in Sicherheit.

Donovan hatte nie daran gedacht, daß seine Tage so kurz bemessen seien. Er hat kein Testament hinterlassen.

Kein Mensch gibt seine Macht auf, um sich ziellos von seinen Aufgaben zurückzuziehen. Man zieht sich zurück, um entweder das Leben zu genießen, oder weil man bald sterben muß. Donovan gab die Zügel eines Hundertmillionen-Unternehmens nicht aus der Hand, um in Florida Golf zu spielen oder Bücher zu lesen. Er war ein Mann, dem Arbeit gleichbedeutend mit Leben war – er hätte nicht leben können, wenn seine Tätigkeit aufhörte. Das wußte er, aber er zog sich von allem zurück, für das er gelebt hatte. Dahinter steckt ein Geheimnis!

Die Zeitungen bringen Vermutungen und Gerüchte, daß Donovan Millionen beiseite gebracht hat. Während der letzten Jahre seines Lebens zog er große Summen Bargeld heraus, die in seinen privaten Bankabrechnungen nirgends erscheinen.

Eine Geschichte in einer Sonntagsbeilage trug die Überschrift: »Das Landhaus der verlorenen Millionen.« Sie zeigte Donovans Haus in Florida, ein großes, breitangelegtes Gebäude, in dem das Geld versteckt sein soll. Ferner eine flüchtige Skizze von Howard, der versucht, die Wandtäfelung mit einer Axt anzugreifen, während Chloe – mit großer Betonung ihres Geschlechtes – ihm mit brennenden Augen zusieht.

Ein Blatt bringt mein Bild, wie ich gerade das Krankenhaus in Phoenix betrete, ferner mein Haus hier in Washington Junction. Auch ein Photo von Janice und meinem Wagen. Ich erinnere mich an den schäbig aussehenden Photographen, der hierhergekommen war.

»Dr. Patrick Cory, mysteriöser Arzt, der W. H. Donovan operierte und in dessen Armen der Millionär starb«, lautete die Überschrift.

Dann kam eine Zeichnung von mir in Whites Küche, auf der ich den Sterbenden dramatisch in den Armen halte. Unterschrift: »Hat der Millionär dem Arzt seine Geheimnisse ins Ohr geflüstert?«

White war auf der Leuchtfeuerstation abgebildet, auf die Stelle deutend, wo Donovans Beine eingegraben wurden. Und auf einem Bild von den Trümmern des Flugzeuges zeigt ein Pfeil auf die Stelle, wo die Leichen gefunden wurden. Die Presse hat sich nichts entgehen lassen. Ich warf die Zeitungen weg. Ich interessierte mich nicht für Donovans Vergangenheit. Mich beschäftigte die Zukunft des Hirns.

Ich wurde telefonisch aufgefordert, einen Bericht über den Unfall an die Geschäftsstelle der Fluggesellschaft in Phoenix zu machen. Da ich nicht wünsche, daß viele Nachforschungen gemacht werden, gab ich eiligst den angeforderten Bericht.

Ich möchte, daß man Donovan vergißt ...

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