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Ich fesselte Mira die Hände und hievte sie auf den Rücken einer Kaiila.

»Meinst du, man wird mich in Port Kar töten?« fragte sie angstvoll.

»Ich nehme es nicht an«, erwiderte ich, »aber an deiner Stelle würde ich mich offen und detailliert äußern.«

Sie erschauderte. »Das werde ich tun.«

Gestern nacht hatte ich dem Mädchen die wahre Identität ihres Herrn offenbart. Entsetzt hatte sie sich vor mir gewunden, waren doch ihre schlimmsten Vermutungen wahr geworden. Sie, eine ehemalige Agentin der Kurii, war in die Hände eines Mannes gefallen, der den Priesterkönigen gedient hatte, der mit Samos aus Port Kar befreundet war, der vielen als Tarl Cabot, vielen aber auch als Bosk aus Port Kar bekannt war.

»Wenn du rückhaltlos mitmachst«, hatte ich dem entsetzten Mädchen gesagt, »darfst du vielleicht weiterleben – als Sklavin.«

Ich befestigte Vorräte an der Kaiila, auf dem das Mädchen saß. In den Bündeln, die ich links und rechts verknotete, befand sich auch das Übersetzungsgerät.

Wir standen auf einer Anhöhe unweit des Siegeslagers. Es war fast Morgen. Einige Gestalten waren uns aus dem Lager gefolgt. Der Abschied dauerte nicht lange.

Ich bestieg meine eigene Kaiila und ritt in westlicher Richtung los.

Den Tarn, den ich im Tarnland gefangen und gezähmt hatte, ließ ich zurück. Die Kaiila konnten ihn sicher besser gebrauchen als ich. So wie das Aufkommen der Kaiila bei den Stämmen zu einer sozialen und kulturellen Revolution geführt hatte, würde nun wohl auch der Tarn Veränderungen auslösen. Einerseits bereitete mir der Gedanke Kummer, die geschickten Kaiilakämpfer auf dem Tarnrücken zu erleben. Andererseits schien mir die Beherrschung des Tarn in gewisser Weise die Gewähr zu bieten, daß die Lage im Ödland weiter stabil blieb. Sollten nämlich die Stämme, die nicht über Tarns verfügten, den tarnreitenden Wilden weichen müssen, so mochte diese Verdrängung langfristig die Stabilität der Ihanke gefährden.

Ich zügelte meine Kaiila und schaute zurück. Viele meiner Freunde standen auf der Anhöhe am Lager und schauten mir nach.

Zarendargar war nicht darunter.

Vor zwei Tagen hatte er mich in sein Zelt gerufen. Dort fand ich in Zarendargars Gesellschaft den achten Kur vor, der keine Fesseln trug.

Dieser Kur berichtete, er sei bei seiner ziellosen Wanderung durch das Ödland von einem Schiff der Kurii besucht worden. Seinen Ausführungen nach war das gegen Zarendargar ausgesprochene Todesurteil aufgehoben worden. Er hatte Anweisung auf die Stahlwelten zurückzukehren.

»Das glaubst du doch nicht etwa?« fragte ich Zarendargar, Halb-Ohr, durch das Übersetzungsgerät.

»Allein deswegen hat mein Kamerad mich hier gesucht«, antwortete der Kur, »was für ihn sehr gefährlich war.«

»Glaubst du das?« fragte ich.

»Ja«, antwortete Zarendargar. »Es ist die Wahrheit.«

»Woher willst du das wissen?«

»Er hat auf die Ringe geschworen«, sagte Zarendargar.

»Du wirst ihn begleiten?« wollte ich wissen.

»Ja«, antwortete Halb-Ohr. »Es wurde ein Treffen mit dem Schiff vereinbart.«

»Wann brecht ihr auf?«

»Morgen«, antwortete Zarendargar. »Der Treffpunkt ist weit. Es wird eine lange Wanderung.«

»Warum wurde das Urteil verworfen?«

»In den Klippen hat es einen Wechsel der politischen Macht gegeben«, sagte er. »Anscheinend werden meine Dienste nun wieder benötigt.«

»Mit welchem Ziel?«

Die Lippen in dem breiten, zerklüfteten Kur-Gesicht wurden gespannt und entblößten die Reißzähne. Es war ein Kur-Lächeln. »Ich glaube nicht, daß es angebracht wäre, dies zu verraten«, tönte es aus dem Ubersetzungsgerät.

»Als jemand, der gelegentlich für die Sache der Priesterkönige eingetreten ist, müßte ich dich jetzt wohl töten«, sagte ich.

»Gewiß bist du nicht aus diesem Grund ins Ödland gekommen.«

»Nein«, sagte ich lächelnd.

»Und nicht deswegen ließ ich die Bilderhaut nach Westen schaffen.«

»Du hast das mit Absicht getan?«

»Ja«, sagte Zarendargar. »Damit wollte ich das Exekutionskommando in das Ödland locken, wo ich mit ihm fertigwerden konnte. Außerdem wollte ich mich deiner Hilfe versichern.«

»Das verstehe ich nicht«, sagte ich.

»Ich ging davon aus, daß die anderen Kurii versuchen würden, sich der Hilfe von Menschen zu versichern; immerhin ging es um ein Projekt, das aus ihrer Sicht auch die Menschen interessieren mußte – meine Gefangennahme und Vernichtung. Dazu würden sie bestimmt Samos aus Port Kar ansprechen, der mit Sicherheit dich von diesen Plänen unterrichten würde.«

»Wir haben ihnen nicht geholfen«, sagte ich. »Sie mußten andere Vereinbarungen eingehen – mit Söldnern.«

»Damit hatte ich gerechnet«, sagte Zarendargar. »Ich glaube, in diesem Punkt konnte ich die Menschen richtiger einschätzen als sie.«

»Möglich«, sagte ich.

»Du würdest ins Ödland kommen, davon war ich überzeugt. Die Kurii dagegen rechneten nicht damit. Und das war ein schlimmer Fehler. Aber vielleicht kann man es ihnen nicht verübeln. Schließlich konnten sie etwas nicht wissen, das mir gut bekannt war.«

»Und das wäre?«

»Daß wir einmal vor langer Zeit Paga geteilt haben.«

Gestern früh hatten Zarendargar und sein Begleiter das Siegeslager verlassen. Ich machte natürlich keinen Versuch, den Kurii zu folgen.

Mein Blick war auf die Anhöhe am Lager gerichtet. Zum Abschied hob ich die Hand.

Dort drüben standen Mahpiyasapa, Zivilhäuptling der Kaiila, und sein Freund Kahintokapa von den Gelben Kaiila-Reitern. Auf seinem Schild leuchtete noch immer das Bild Halb-Ohrs. Neben ihnen verabschiedeten mich Grunt und sein Sohn. Ich sah Canka und Winyela, Wasnapohdi und Waiyeyeca und Oiputake mit ihrem Herrn Wapike. Viele andere waren aus dem Lager geströmt, vor allem natürlich meine Blutsbrüder Hci und Cuwignaka.

Und wieder wandte ich mich ab und ritt langsam in westlicher Richtung. Mein Ziel war die Ihanke.

Zur Mittagsstunde schaute ich einmal hinter mir zum Himmel auf. Mein Blick fiel auf einen großen schwarzen Tarn.

Gemächlich hob ich Arm und Hand zum goreanischen Gruß. Gleich darauf wandte sich das Tier nach Osten und flog davon. Ich schaute ihm nach, bis es am blauen Himmel über der Weite des Ödlandes nur noch ein kleiner Punkt war, der gleich darauf verschwand.

Dann setzte ich meinen Weg fort; den Zügel der nachfolgenden Kaiila mit der Sklavin hatte ich um meinen Sattelknauf geschlungen.

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