18

Einer der Sleensoldaten, der sich eben erheben wollte, wurde herumgerissen; ein Pfeil war ihm durch die Brust gedrungen, und die Spitze ragte an seiner linken Hüfte hervor.

Verzweifelt schaute Hci himmelwärts.

Der Tarn landete, und seine Krallen packten Agleskala. Der Aufprall mußte ihm sofort das Rückgrat gebrochen haben. Hci und ich bewegten uns stolpernd rückwärts, von den Flügelschlägen zur Seite gedrückt. In dem aufwallenden Staub vermochten wir kaum etwas zu erkennen. Der Tarnkämpfer, der lediglich einen Lendenschurz trug und seinen Körper mit purpurner und gelber Farbe grell angemalt hatte, stach mit einer langen Tarnlanze nach uns. Die Bewegung erreichte uns aber nicht mehr, da der Tarn sich bereits wieder in die Lüfte schwang. Hci und ich lagen im Dreck und schauten empor. In hundert Fuß Höhe wurde Agleskalas Körper losgelassen.

»Waffen! Holt Waffen!« rief Hci.

Dicht neben uns traf ein Pfeil auf und versank beinahe bis zu den Federn im weichen Boden.

Ich roch Rauch. Geschrei gellte ringsum.

»Kaiila!« rief Hci. »Holt die Kaiila!«

»Lauft!« rief ein Mann. »Wir haben keine Zeit, Kriegsmedizin zu machen!«

»Bewaffnet euch!« brüllte Hci. »Holt Kaiila! Versammelt euch am Ratszelt! Kämpft!«

»Flieht!« schrie ein Mann.

»Flieht!« fiel ein anderer in das Geschrei ein.

»Aufpassen!« mahnte ich.

Ein Tarnreiter, der sich flach über den Rücken seines tieffliegenden Vogels gebeugt hatte, senkte die Lanze in unsere Richtung. Ich packte Hci, zerrte ihn zu Boden und sah die gefiederte Lanze wie einen langen, verwischten Schatten über uns dahinrasen. Und schon gewann der Vogel wieder an Höhe.

»Tarnkämpfer können das Lager nicht einnehmen«, sagte ich. Hier und dort brannten Zelte. Frauen kreischten.

Die Männer, die bei uns gewesen waren, hatten sich in alle Winde verlaufen.

»Faß mich nicht an!« fauchte Hci barsch.

Ich löste meine Hände von ihm.

»Die Leute werden nach Westen fliehen«, sagte Cuwignaka.

»Das dürfen sie nicht!« rief ich.

Wir sahen einen Kaiilareiter auf uns zugaloppieren. Plötzlich verlor er die Balance und fiel vom Rücken seines Tiers. Sich überschlagend, rollte er durch den Staub. Wir liefen zu ihm, und ich nahm ihn in die Arme. Sein Rücken war blutig. »Sie sind im Lager!« keuchte er.

»Wer?«

»Gelbmesser!« hauchte der Mann. »Hunderte von Gelbmessern. Zwischen den Zelten!«

»Sie sind aus dem Westen gekommen«, sagte Cuwignaka grimmig.

»Watonka muß sterben«, sagte Hci.

Ich legte den Körper des Mannes nieder. Er war tot. Eine Frau mit einem Kind im Arm floh an uns vorbei.

Hci stand auf und begab sich in das Zelt der Sleensoldaten. Ich schaute zum Himmel auf. Dieser Teil des Lagers wurde nicht mehr direkt angegriffen. Das Interesse der Tarnreiter, davon war ich überzeugt, würde dem Ratszelt und der näheren Umgebung gelten. Allein wegen seiner Größe war das Zelt nicht zu verfehlen, außerdem hatten die Angreifer von Watonka und seinen Verbündeten zweifellos genaue Beschreibungen erhalten. Kein Wunder, daß er wenig Lust gehabt hatte, dieses Zelt zu betreten.

»Ich gehe zu Grunts Bau«, sagte ich. »Meine Waffen liegen dort. Er hat sie für mich aufbewahrt. Außerdem finde ich dort Wasnapohdi. Sie braucht vielleicht Hilfe.«

»In meinem Zelt liegt eine Lanze«, sagte Cuwignaka.

»Wir holen sie unterwegs«, sagte ich. Es war die Lanze, die vor einigen Wochen mit dem Schaft nach unten neben dem angepflockten Cuwignaka im Boden gesteckt hatte. Anschließend war er von mir befreit worden.

Wir sahen zwei Männer vorbeilaufen.

»Wir müssen uns beeilen«, sagte ich.

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