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»An der Schuld dieser beiden besteht kein Zweifel«, sagte Mahpiyasapa.

Die ihn umringenden Männer brummten zustimmend. »Cinto!« sagten mehrere. »Richtig!«

Die beiden Frauen, Bloketu und Iwoso, knieten vor den Männern.

»Die Aussagen sind gemacht worden, die Beweise klar. Ihre Beteiligung an der Vorbereitung des Angriffs auf das Sommerlager ist erwiesen. Sie haben sich gegen das Volk der Kaiila verschworen.«

»Cinto!« riefen die Männer.

»Habt ihr dazu irgend etwas zu sagen?« fragte Mahpiyasapa.

Die Mädchen schluchzten nur.

»Ich spreche euch schuldig«, fuhr Mahpiyasapa fort. »Da aber eine von euch die Tochter eines Kaiilahäuptlings ist, Watonka, einst ein großer Krieger und mein Freund, und die andere ihre Zofe, lasse ich euch nicht foltern.«

»Mahpiyasapa ist gnädig«, sagte jemand.

»Ihr werdet behandelt wie freie Frauen. Morgen früh werdet ihr auf den Gipfel gebracht und in die Tiefe gestürzt.«

Bloketu blickte den Häuptling entsetzt an.

»Nein!« schrie Iwoso. »Nein! Nein!«


Der Wind wehte kühl am oberen Ende des Weges, unweit der Stelle, wo die Barrikade errichtet gewesen war.

Es war kurz nach Tagesanbruch.

»Sind die Gefangenen anwesend?« fragte Mahpiyasapa.

»Ja«, sagte Cuwignaka.

»Dann möge das Urteil vollstreckt werden«, befahl der Häuptling, der von den Mitgliedern des Rates umgeben war. Es hatten sich zahlreiche Zuschauer eingefunden, die sich in größerem Abstand hielten.

Cuwignaka packte Bloketu an den Armen. »Nein!« schrie sie heftig und warf den Kopf in den Nacken. »Ich erflehe die Alternative!« rief sie. »Ich erflehe die Alternative, Herr!« Und sie fiel auf die Knie.

»Herr?« fragte Mahpiyasapa.

»Ja, ›Herr‹!« rief sie. »Als Sklavin muß ich alle freien Männer so ansprechen. Ich unterwerfe mich hiermit als Sklavin. Ich bin seit Jahren schon im tiefsten Herzen Sklavin der Männer. Verzeiht mir, ihr Herren!«

Erstaunt blickte Mahpiyasapa sie an. »Du hast dich zur Sklavin gemacht – nun gibt es kein Zurück mehr.« Er wandte sich an seine Ratsmitglieder. »Einer Sklavin steht der ehrenhafte Tod einer freien Frau nicht mehr zu, nicht wahr?«

Die Ratsmitglieder nickten zustimmend.

Im gleichen Moment löste sich Iwoso aus Hcis Griff und warf sich auf die Knie. »Auch ich bin Sklavin!« schluchzte sie. »Auch ich unterwerfe mich als Sklavin dem Willen aller Männer.«

»Meinst du das ernst?« fragte Mahpiyasapa.

»Ja, Herr.«

»Sie lügt doch nur, um dem Tod zu entgehen«, sagte ein Mann verächtlich.

»Vielleicht glaubt sie zu lügen, doch wenn sie nicht im Grunde ihres Herzen das ist, was sie zu sein behauptet, wäre ihr dieser Ausweg sicher nicht eingefallen.«

»Jedenfalls«, sagte ein Mann, »hat sie sich als Sklavin unterworfen.«

»Euch ist doch klar«, wandte sich Mahpiyasapa an die Mädchen, »daß die Worte allein genügen, daß ihr Sklavinnen wurdet, als ihr sie ausspracht?«

»Ja, Herr.«

»Dann hebe ich mein früheres Urteil hiermit auf.«

Erfreut blickten die Mädchen zu ihm auf.

»Überlaßt sie den Frauen«, fuhr Mahpiyasapa fort.

»Nein«, sagte Cuwignaka und richtete sich auf. »Ich nehme diese Frau zu meiner Sklavin.« Und er deutete auf das Mädchen, das bisher Bloketu geheißen hatte.

Erschaudernd warf sich das Mädchen herum und schmiegte ihre Wange an sein Bein.

Iwoso warf sich vor Hci auf den Boden. »Ich flehe dich an, Herr!« schluchzte sie. »Nimm mich als deine Sklavin!«

Er hockte sich zu ihr nieder. »Du hast gesagt, du würdest lieber sterben, als meine Sklavin zu sein«, sagte er leise.

»Das war gelogen!« rief sie. »Ich habe gelogen! Ich bin Sklavin! Und nicht nur das, ich bin deine Sklavin!«

»Meine Sklavin?« fragte er.

»Seit Jahren«, sagte sie, »wußte ich, daß ich dir ergeben war. Bei jedem Blick auf mich mußt du doch gemerkt haben, daß du mein Herr warst! Gib mir die Gelegenheit, dir zu beweisen, daß ich es wert bin, deine Sklavin zu sein!«

Mit verschränkten Armen richtete er sich wieder auf.

»So sei es denn«, sagte Mahpiyasapa. »Die Angelegenheit ist geregelt.«

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