9

Sanft legte ich dem Mädchen die Hand auf die schmale weiche Schulter unter der Felldecke. Vorsichtig schüttelte ich sie.

»Nein«, sagte sie. »Nein. Ich muß bestimmt noch nicht ins Büro.«

»Aufwachen«, sagte ich.

Sie öffnete die Augen und nahm ihre Umgebung wahr. Dann begann sie leise zu lachen. »Ich erwache nackt auf einer fernen Welt, den Sklavenkragen eines Mannes tragend«, sagte sie. »Nein, ich muß bestimmt nicht ins Büro.«

»Nein«, sagte ich.

Sie ließ sich auf den Bauch rollen und streckte sich unter der Lederdecke. Ihr Körper bewegte sich auf das Verlockendste.

»Die verdeckte Sklaverei deiner früheren Heimat hast du überwunden«, bemerkte ich. »Dein Sklaventum kann sich hier offener ausleben.«

»Ja«, erwiderte sie.

Ich hob die Decke ein Stück an. Das Mädchen hatte eine ausgezeichnete Figur.

Einen Augenblick lang lauschte ich den Geräuschen des Lagers, das sich auf allen Seiten erstreckte. Irgendwo schrie ein Mädchen, vermutlich eine weiße Sklavin.

Ich betrachtete Winyela, die vor mir lag. Ich begann zu schwitzen und zog mit verkrampften Griff die Decke wieder hoch. Ich mußte mich beherrschen.

Sie drehte sich zur Seite und stemmte sich auf den Ellenbogen hoch, eine Bewegung, die die Decke bis zur Hüfte herunterrutschen ließ. »Vielen Dank, daß du mich hast schlafen lassen«, sagte sie. »Das war sehr nett von dir.«

»Dafür schuldest du mir keinen Dank.«

»Trotzdem möchte ich mich bedanken.« Sie hob die Lippen den meinen entgegen, doch ich faßte sie an den Oberarmen und hielt sie von mir fort. »Was ist?« fragte sie.

»Der Kuß einer Sklavin kann zum Prolog für ihre Vergewaltigung werden«, sagte ich.

»Oh«, entgegnete sie lächelnd. »Ich liebe es, Eigentum von Männern zu sein. Ich finde darin Erregung und Erfüllung.«

»Du scheinst nicht mehr viel Ähnlichkeit zu haben mit Miß Millicent Aubrey-Welles, der Debütantin aus Pennsylvanien«, sagte ich.

»Die war doch ahnungslos! Das beste, was der im Leben widerfahren konnte, war die Versklavung auf Gor.«

»In der Tat scheinst du mir Talente zu offenbaren, die die schlichte Millicent nicht besaß.«

»Ja«, erwiderte sie. »Ich verfüge nun über die Macht einer Sklavin.« Damit hatte sie recht.

»Wir müssen bald zu Cankas Zelt aufbrechen«, sagte ich.

»Aber du hast mich noch nicht bestraft.«

»Nein.«

»Canka hatte mir eine Strafe zugedacht.«

»Ich weiß nicht, ob er das wirklich so gemeint hat.«

»Natürlich. Er ist ein roter Sklavenherr.«

»Wahrscheinlich hast du recht«, sagte ich und mußte daran denken, daß Cuwignaka und Grunt derselben Ansicht gewesen waren.

»Trotzdem hast du nicht die Absicht, mich zu bestrafen? Canka wollte, daß du mich besitzt. Findest du mich nicht attraktiv? Besitze ich nicht wenigstens den geringen Charme einer Sklavin?«

»Du bist attraktiv und schön«, erwiderte ich. »Doch letztlich liegt die Macht bei jenen, die dich besitzen.«

Ich schnipste mit den Fingern, ein Kommando, dem sie sofort nachkam, indem sie aufsprang.

»Siehst du, hübsche Winyela, in letzter Konsequenz zählt mein Wille und nicht deine ›Macht‹.«

Langsam hob sie den Kopf. »Ganz machtlos bin ich nicht«, sagte sie lächelnd.

»Was meinst du?«

»Ich werde dir zeigen, wie die Sklavin den Mann verführen kann.«

Plötzlich legte sie mir die wohlgeformten nackten Arme um den Hals und drückte ihre Lippen auf die meinen. »Ai!« schrie ich erzürnt auf. Doch ich brachte es nicht fertig, sie fortzustoßen. Sie war eine Sklavin. Es ist nicht leicht, eine Sklavin aus seinen Armen zu entlassen. Endlich löste ich mich von ihr. Ihr Kuß, der Kuß einer Sklavin, brannte auf meinen Lippen. Ich war wütend. Der Kuß, zu kurz, köstlich schmeckend, hatte mich erbeben lassen. Er war wie eine Chemikalie, ein Katalysatormittel, das mir plötzlich eingegeben worden war. Reaktionen und Umwandlungen, umwälzend, zwingend, unwiderstehbar, gewalttätig, schienen in mir vorzugehen. Und wieder hielt sie mir die Lippen hin. »Koste noch einmal den Mund einer Sklavin, Herr«, sagte sie und schmiegte sich in meine Arme. Plötzlich schien es nur noch sie und das Dröhnen meines Blutes zu geben. Im nächsten Moment hielt ich sie in den Armen. »Siehst du meinen Kragen?« fragte sie lachend.

»Ja.«

»Gefällt dir, wie sich die Sklavin anfühlt, Herr?« Wieder legte sie mir die Arme um den Hals, wieder trafen sich unsere Lippen. Ich war außer mir vor Zorn und schleuderte sie zur Seite.

»Dirne! Tier! Sklavin!« schrie ich.

»Ja, Herr!« rief sie lachend. »Ich glaube nicht, daß du mir jetzt noch widerstehen kannst.«

Mein Zorn verrauchte, und ich kniete neben ihr und hob sie in eine halb sitzende Position.

»Es wird eine große Entehrung für mich sein«, sagte sie, »eine schlimme Strafe, von dir genommen zu werden. Denn auch du bist nur Sklave.«

»Zweifellos«, sagte ich.

»Nach den Anweisungen meines Herrn Canka«, sagte sie, »soll ich mich dir rückhaltlos hingeben, als Sklavin.«

»Ja.«

»Aber auch ohne den Befehl könnte ich wohl nichts anderes tun, als mich dir hilflos zu ergeben, denn ich habe deine Hände schon gespürt, ich weiß, daß du mich dazu bringen kannst, dir meine sklavische Hilflosigkeit hinauszuschreien. Ich bin bereit zu meiner Strafe.«

»Schön«, sagte ich.


Schlaff lag sie in meinen Armen. »Das war eine herrliche Strafe, Herr«, sagte sie.

Ich schwieg. Es hatte mir großes Vergnügen bereitet, dieses Mädchen zu strafen. Es ist sehr angenehm, eine Frau in eine sich windende, hilflose Sklavin zu verwandeln.

»Ich gehöre dir für den Nachmittag«, fügte sie hinzu. »Es ist noch früh.«

Das stimmte sicher nicht. Aber immerhin waren die Kochfeuer für das Abendessen noch nicht angezündet worden.

»Herr«, sagte sie.

»Ja.«

»Bestrafe mich noch einmal.«

»Bittest du mich darum?«

»Ja, ich erbitte meine Strafe.«


»Ich liebe meinen Herrn Canka«, sagte sie.

»Ich weiß.«

»Ich möchte ihm in allem gefallen.«

»Das sei dir auch geraten.«

»Da hast du recht. Aber seltsam ist es doch.«

»Was?«

»Ich bin Cankas Sklavin«, erklärte sie. »Doch liebe ich ihn so sehr, daß ich seine Sklavin sein wollte, selbst wenn ich es noch nicht wäre.«

»Interessant.«

»Liebe«, sagte sie, »legt jeder Frau Fesseln an, und je mehr sie liebt, desto unterworfener ist sie.«

»Mag sein«, erwiderte ich.

»Aber wenn das stimmt«, sagte sie, »müßte daraus folgern, daß keine Frau, die nicht Sklavin ist, wirklich lieben kann.«

»Ich finde, man muß daraus schließen, daß jede Frau, die wirklich und wahrhaftig liebt, mit einer Sklavin gleichzusetzen ist.«

»Dann stell dir nur vor«, hauchte sie, »welche Liebe eine echte Sklavin, eine Frau, die im Eigentum ihres Herrn steht, empfinden kann. Wie hilflos sie seiner Zuneigung zu ihm ausgeliefert wäre!«

»Besitz und Unterwerfung der Frau – das ist ein natürlicher Nährboden für die Liebe.«

»Unbedingt«, sagte sie.

»Und dem Zwang der Ketten folgt oft der Zwang der Liebe.«

»Ich rieche Kochfeuer«, sagte sie zufrieden und machte Anstalten, sich aufzurichten, doch ich drückte sie grob wieder auf das Lager. »Herr?« fragte sie.

»Du scheinst begierig, in das Zelt deines Herrn zurückzukehren«, stellte ich fest.

»Ja, Herr.«

»Aber bis ich dich freigebe, mußt du mir als Sklavin dienen, nicht wahr?«

»Ja, Herr.«

»Nun denn, ich werde dich gleich freigeben. Aber erst wenn ich mit dir fertig bin, stehst du auf und folgst mir gehorsam zur Unterkunft deines Herrn.«

»Ja, Herr«, sagte sie. »Ohhh. Ohhh!«

Ich lächelte vor mich hin. Das kleine Biest hatte mich hereingelegt. Nun wollte ich süße Rache an ihr nehmen.

»Ohh!« rief sie. »Ohh! Ohhhh!«

Ja, überlegte ich, meine Rache war durchaus angemessen.

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