»Das ist Brundisium«, rief eines der Mädchen, die aus dem Wagen spähten, »ich bin ganz sicher.«
»Hier möchte ich verkauft werden.« sagte eine andere sehnsüchtig.
»Das hängt von den Marktbedingungen ab.« bemerkte die nächste.
»Ich glaube, wir haben den Sklavenmarkt schon passiert.« sagte eine.
»Wir sind immer noch innerhalb der Mauern.« sagte ein Mädchen.
»Es ist einer der größten Häfen.« erklärte jemand.
»Hier landete die Flotte von Cos.« erinnerte sich eine.
Wir waren nackt im Sklavenwagen, unsere Knöchel waren an einen Mittelbalken gekettet. Der hohe, quadratische Aufbau des Wagens war mit blauer und gelber Seide bedeckt, darunter war gewöhnliches Segeltuch. Die Seide wird bei schlechtem Wetter oft entfernt. Wir hatten Segeltuch und Seide an Ende des Wagens ein oder zwei Zoll hochgeschlagen, uns umgedreht und spähten kniend, manche halb sitzend oder halb liegend, eifrig und neugierig, unsere Ketten verdrehend, hinaus.
»Da sind immer noch Soldaten und Seeleute aus Cos.« bemerkte eines der Mädchen.
»Hier ist einer.« sagte eine andere.
»Er sieht gut aus«, sagte die nächste, »ich würde nicht ungern ihm gehören.«
Diese Bemerkung empfand ich plötzlich als aufwühlend und beängstigend. Ich hatte es akzeptiert, dass wir besessen werden konnten und es ja auch schon waren, aber es erschreckte mich immer noch, wenn so offen davon gesprochen wurde, besessen, von einem persönlichen Herrn!
»Da sind Banner von Cos und auch welche von Brundisium.« fiel einer auf.
»Ja.« stimmte eine andere zu.
»Wir müssen von Cos gekommen sein.« sagte eines der Mädchen.
»Vielleicht Telnus.« vermutete eine.
»Ja.« stimmte die erste zu.
Anscheinend waren wir im Gewahrsam unseres Großhändlers außerhalb der Stadtmauern, in einem provisorischen Sklavenlager angekommen. Die goreanischen Mädchen unter uns hatten gehört, oder behaupteten es jedenfalls, dass dies die Steuern vermied, die innerhalb Brundisiums auf geschäftliche Transaktionen erhoben wurden.
Aber solche Lager hatten natürlich auch noch andere Vorteile. Platz außerhalb der Stadtmauern ist normalerweise billiger zu mieten als innerhalb der Mauern. Außerdem können solche Lager auch verlegt werden, was sie geschäftlich anpassungsfähiger macht. Sie können zum Beispiel an Orte verlegt werden, wo Frauen, vielleicht wegen eines groß angelegten Überfalls oder der Kapitulation einer Stadt, reichlich und billig zu haben sind oder auch an Orte, wo es eine ungewöhnliche Zunahme der Nachfrage im Einzelhandel gibt. Darüber hinaus sind sie auch schwerer zu verfolgen, wenn irgend jemand Interesse daran haben sollte.
Ein Nachteil solcher Lager ist ihre größere Gefährdung durch Angriffe als wenn sie, sagen wir, in Häusern oder Höfen innerhalb der Stadtmauern untergebracht wären. Andererseits befinden sie sich gewöhnlich in der Nähe von Städten, normalerweise in Sichtweite ihrer Mauern, so dass dadurch die Wahrscheinlichkeit von Angriffen reduziert wird. In diesen Lagern gibt es natürlich meist mehrere Händler. Das sind im Allgemeinen sowohl Groß- als auch Einzelhändler, aber in erster Linie Großhändler, da Einzelhändler gewöhnlich in Städten ansässig sind. Diese Großhändler vertreiben ihre Ware in der Regel an die Einzelhändler in ihren jeweiligen Städten oder oft auch in gut bekannten Sklavenzentren, von denen es viele gibt, zum Beispiel Ar, Ko-ro-ba, Venna, Vonda, Victoria am Vosk, Markt von Semris, Besnit, Esalinus, Harfax, Corcynus, Argentum, Torcadino und andere. Ich nahm an, dass die meisten Großhändler irgendwo ein Hauptquartier haben, aber sie oder ihre Agenten verkehren oft in diesen Lagern und machen von den beträchtlichen Vorteilen Gebrauch, den der Handel an solchen Plätzen bietet.
Die Gruppe, in der ich jetzt war, hatte zehn Mädchen an ihrer Kette. Drei Mädchen waren neu, alle Goreanerinnen und von den ursprünglich zehn waren noch wir sieben im Wagen. Interessanterweise waren mit Gloria, Clarissa und mir selbst noch alle Erdenmädchen in der Gruppe.
Wir wussten nicht, wer der Großhändler war, der uns hierher gebracht hatte. Sobald Land in Sicht gekommen war, waren bei uns, die wir an der Originalkette gewesen waren, wieder die vorherigen Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt worden. Unsere Hände wurden wieder gefesselt, unser Mund geknebelt und unser Kopf mit einer schweren, undurchlässigen, mit Schnallen versehenen, abgeschlossenen Sklavenhaube bedeckt. Diese Handfesseln, Knebel und Hauben und unsere Halskette waren nur in den Käfigen der Sklavenzelte entfernt worden. Heute morgen waren wir, eher wie normale Sklaven unter einfachen Sicherheitsvorkehrungen in den Wagen gesteckt worden.
Ich glaube, wir alle waren über diese Lockerung der Sicherheitsbestimmungen dankbar, so wirksam in Bezug auf unsere Verwahrung sie trotzdem noch waren. Ich jedenfalls war es. Soweit ich das sagen konnte, wurden wir jetzt anscheinend an einen oder mehrere Einzelhändler geliefert.
»Seht«, sagte eines der Mädchen, »hier sind viele verbrannte Gebäude.«
Wir spähten hinaus und sahen, dass sie recht hatte. Es schien, als hätte hier ein ganzer Bezirk oder mindestens eine Straße gebrannt. Es sah nicht so aus, als ob die Feuer gerade erst gebrannt hätten. Sie schienen schon vor Wochen oder Monaten gewütet zu haben. Manche Plätze zwischen ausgebrannten, geschwärzten Außenmauern von Gebäuden waren geräumt. Hier schienen die verbrannten Bauten niedergerissen und weggeschafft worden sein. Hier und da warteten große Haufen aus verkohltem Holz und Schutt vermutlich auf ihren Abtransport. An vielen Stellen waren Zelte und provisorische Gebäude, manchmal wenig mehr als Hütten, errichtet worden. Auch schienen hier und da schon wieder feste Gebäude, mit Kellern und massiven Steinmauern im Bau zu sein.
»Ich bin sicher, dass dies Brundisium ist«, sagte das Mädchen, das zuerst gesprochen hatte, »es gab in Brundisium vor fünf Monaten ein großes Feuer.«
»Sprich doch jemanden draußen an«, schlug ein anderes Mädchen vor, »und frage.«
»Nicht ich«, wehrte das erste Mädchen ab, »du kannst ja fragen.«
»Clarissa«, forderte eines der goreanischen Mädchen, »frag du.«
Es machte ihr nicht aus, Clarissa einem Risiko auszusetzen. Clarissa war bei den Wachen sehr beliebt. Wir alle, oder die von uns, die mit ihr im vorherigen Haus gewesen waren, waren, glaube ich, ein wenig eifersüchtig wegen ihrer Anziehungskraft auf die Wachen. Wir wünschten uns wahrscheinlich alle, so begehrt zu sein. Sie hatte sogar Bonbons bekommen. Ich glaubte aber, wenn ich nicht den Eisengürtel tragen müsste, wäre ich sicher genauso beliebt. Ich hätte sicher auch einen oder zwei Bonbons bekommen. Ich war sicher, dass ich, wenn ich es mir vornehmen würde, einen Mann genauso wie sie zufrieden stellen könnte, und mich auch! Selbstverständlich, beschwichtigte ich mich und den Rest der Würde einer frigiden Erdenfrau, der noch in mir steckte, schnell, hätte ich in dieser Sache sowieso keine Wahl. Ich würde ausgepeitscht oder schrecklich bestraft, vielleicht sogar getötet, wenn ich den Mann nicht zufrieden stellen würde. Und die Wachen hatten ja zweifellos auch Interesse an mir gehabt. Mehr als einmal hatten sie es probiert und sehr zu ihrem Ärger und ihrer Enttäuschung die Widerstandskraft und Wirksamkeit des metallenen Geräts, das mir umgeschnallt worden war, getestet.
»Gloria.« drängte das goreanische Mädchen nun.
»Nein.« weigerte sich Gloria.
»Dann Doreen.« forderte das goreanische Mädchen hartnäckig.
Ha.
»Nein, nein.« lehnte ich ab.
Ich wollte auf keinen Fall, dass der Fahrer oder die Wachen mich mit jemandem außerhalb des Wagens reden hörten. Ich wollte schließlich heute Abend nicht ausgepeitscht werden.
»Ihr Erden-Urts.« schimpfte das goreanische Mädchen.
»Mach’s doch selbst.« sagte Gloria.
Ich war erfreut, dass Gloria widersprach. Sie war ein größeres Mädchen, sie konnte es mit dem goreanischen Mädchen aufnehmen, das ebenfalls größer war. Ich war kleiner und fürchtete mich vor ihr. Ila, das goreanische Mädchen, rief jedoch niemanden draußen an. Sie hatte auch Angst. Sie gehörte wie wir diesen animalischen Männern. Sie hatte wie wir Sorge, unter die herrische, disziplinierende Peitsche zu geraten.
Ich war entzückt, durch den Spalt zwischen dem Holz und dem Segeltuch und der Seide zu sehen. Dies war eine schöne Welt, und ich genoss sie. Ich fand fast alles, was ich sah, anders und interessant, die Männer und Frauen, die Kinder, die Kleider, die Ausstattungen, die Straßen, die Gebäude, die Zelte, die Stände, die Bäume, die Blumen, alles. Es schien alles offen zu sein und schön und frei, und doch ich war dabei eine Sklavin. Dies hier schienen Menschen zu sein, doch ich war nicht auf der Erde. Ich war erschrocken und etwas verängstigt durch das seltsame, große, langhalsige, gelassene, eidechsenähnliche Vierergespann, das den Wagen zog.
»Oh nein«, sagte eines der goreanischen Mädchen enttäuscht, »wir kommen zum Tor! Wir werden die Stadt verlassen!«
Drei oder vier der anderen Mädchen, alles Goreanerinnen, jammerten protestierend.
»Ich möchte hier verkauft werden.« sagte eine von ihnen.
»Was macht das für einen Unterschied?« fragte Gloria hinausspähend.
»Du Erdennärrin!« antwortete eine von ihnen. »Du weißt auch nichts! Du kannst deinen Kragen in einer Kleinstadt tragen, in einem Lager, in einem Bauerndorf, wenn du willst! Ich will meinen in einer großen Stadt tragen!«
»Lass Gloria doch ruhig einen Pflug ziehen, lass sie Unkraut hacken, lass sie Wasser holen auf einem großen Bauernhof.« sagte ein anderes goreanisches Mädchen.
»Sie ist zu hübsch«, widersprach eine andere, »kein Bauer könnte sie sich leisten.«
Ich hoffte, dass ich auch zu hübsch wäre, als dass ein Bauer mich sich leisten könnte.
»Man hat in der Stadt fast immer ein viel leichteres Leben.« sagte eines der goreanischen Mädchen.
»Das hängt von deinem Herrn ab.« merkte ein anderes an.
»Ja.« stimmte ein drittes zu.
Ich nahm an, dass das stimmte. Das wichtigste war nicht, ob du in einer Stadt warst oder nicht, sondern dein Herr. Er wäre das bestimmende Element in deinem Leben. Du würdest ihm gehören, im wahrsten Sinne des Wortes.
›Trotzdem‹, dachte ich, ›wäre es schön, wenn andere Dinge, wie in einer dieser herrlichen Städte zu leben, gleich wichtig wären. Auch wäre die Arbeit einer Sklavin in solch einer Stadt zweifellos viel leichter als auf einem Bauernhof.‹
»Zieht die Plane schnell herunter«, warnte eines der Mädchen, »wir kommen zum Tor.«
Wir zogen das Segeltuch und die Seide so gut wir konnten herunter, drehten uns sehr leise herum und setzten uns. Wir hörten, wie Papiere geprüft wurden. Dann hörten wir eine Männerstimme.
»Bleibt wo ihr seid. Nicht niederknien!«
Die Plane an der Wagenvorderseite wurde geöffnet und ein Mann sah vom Boden vor dem Wagenkasten zu uns herein. Wir saßen mucksmäuschenstill, sahen ihm nicht in die Augen, nackt, die Ketten an unseren Knöcheln über dem Mittelbalken.
»Zehn Kajirae.« sagte er.
Das war der Plural von »Kajira«, das gebräuchlichste Wort dafür, was wir waren. Es bedeutet so etwas wie »Sklavenmädchen«, »Sklavenfrau«, »Sklavin«. Das Branding auf meinem linken Schenkel war ein schräggestelltes »Kef«, der erste Buchstabe des Wortes »Kajira«. Die beste Übersetzung ist zweifellos »Sklavenmädchen«.
Dann schloss der Mann die Plane wieder. Kurze Zeit später rollten wir durch das Tor. Anscheinend waren wir durch diese Stadt, Brundisium wie es schien, auf der Fahrt irgendwohin nur hindurch gefahren. Vielleicht hatte uns diese Route im Vergleich zur Fahrt um die Mauern herum Zeit gespart, denn es war, so hatte ich bemerkt, eine große Stadt.
»Wohin fahren wir nun?« fragte eines der goreanischen Mädchen ein anderes.
»Samnium, bestimmt nach Samnium.« war die Antwort.