14 Bestrafung

Ich kniete auf dem Teppich am Fuß des Podiums, das den großen Stuhl meines Herrn, Hendows von Brundisium, trug. Mein Kopf lag zwischen meinen Händen auf dem Teppich. Ich war zu ihm befohlen worden.

Ich war schon früher hier gewesen. Es war das Empfangszimmer meines Herrn Hendow. An einer Seite gab es ein Klappe, die geöffnet werden konnte, um Borko, den grauen Jagdsleen einzulassen. Irgendwo in dem dunklen, schrecklichen Gehirn der Bestie waren mein Name und mein Geruch eingeprägt. Dem Tier konnte jederzeit befohlen werden, mich aufzuspüren. Ich zitterte. Ich wusste nicht, warum ich zu meinem Herrn gerufen worden war.

»Hebe deinen Kopf«, befahl Hendow von Brundisium, »steh auf.«

Ich gehorchte.

»Komm zu mir«, forderte er, »und knie vor dem Stuhl nieder.«

Ich erklomm die breiten, teppichbelegten Stufen zum Podium und kniete vor ihm nieder. Er lehnte sich nach vorn.

»Dreh deinen Kopf nach links«, befahl er, »und jetzt nach rechts.«

»Gut.« sagte er zufrieden.

Meine Ohren waren gestern am Morgen durchstochen worden. Der Metallarbeiter hatte kleine, ringförmige vorläufige Nadeln hineingesteckt, um die Löcher offen zu halten. Ich war erleichtert. Es schien, als hätte mein Herr nur die Resultate der Arbeit des Metallarbeiters kontrollieren wollen. Außerdem freute ich mich, dass er mit dessen Arbeit zufrieden schien.

»Du kannst jetzt zurückgehen und dich unten hinstellen.« sagte er.

Ich ging mit gesenktem Kopf zurück und stellte mich am Fuß des Podiums aufrecht und anmutig vor meinen Herrn, wie es von einem weiblichen Sklaven erwartet wurde. Ich rechnete damit, entlassen zu werden. Aber ich wurde nicht entlassen. Ich bekam wieder Angst.

»Darf ich niederknien, Herr?« fragte ich.

In der Gegenwart eines solchen Mannes wie Hendow würde ich mich kniend besser fühlen.

»Nein.« lehnte er ab.

Ich blieb stehen. Ich zitterte. So wie ich stand, am Fuß des Podestes, fürchtete ich, dass er nur geringe Schwierigkeiten haben würde, meinen Körper zu studieren und seine Schlüsse zu ziehen. Das kleinste Zittern und die geringste Schwäche in den Beinen würden ihm sofort auffallen.

»Der Metallarbeiter hat seine Arbeit gut gemacht«, bemerkte Hendow, »deine Ohren sind exzellent durchstochen.«

»Ja, Herr«, antwortete ich, »ich danke dir, Herr.«

Ich war natürlich auch erfreut darüber, dass die Arbeit so gut ausgeführt worden war. Ich war wirklich begierig darauf, neuen Schmuck zu tragen, um für Männer noch attraktiver zu werden. Außerdem hatte ich einiges davon begriffen, was Ohrringe für goreanische Männer bedeuteten und welche Wirkung sie auf sie hatten.

»Zieh dein Gewand aus.« befahl er.

Ich zog an der Schleife an der linken Schulter des kurzen Seidengewands, das ich trug. Es war dicke Seide, denn es war am Morgen und keine durchsichtige Seide, wie wir sie gewöhnlich am Abend trugen, wenn wir im Lokal waren und die Gäste unseres Herrn bedienten. Diese Seide trugen wir auch außerhalb der Taverne. Natürlich war es trotzdem Seide, die nur von einer Vergnügungssklavin getragen wurde. Wir sind so angezogen, wie Männer es lieben. Ich durfte die Taverne übrigens noch nie verlassen. Manchmal durfte ich auf dem Gelände der Taverne spazieren gehen oder Übungen verrichten.

Dann stand ich nackt vor ihm, mein Gewand lag zu meinen Füßen. Er betrachtete mich. Ich war jetzt sicher, dass er meinen Körper studieren wollte. Ich zitterte. Manchmal schien es mir, dass er mich nur anzusehen brauchte, um meine geheimsten Gedanken zu lesen. Meine Knie wurden schwach, ich schwankte. Dann fing ich mich wieder.

»Hast du Angst?« fragte er.

»Ja, Herr.«

»Warum?«

»Ich bin in der Gegenwart meines Herrn.«

Er sah mich weiter an. Ich atmete selbstsicherer. Es schien mir, als wollte er sich nur an meiner Schönheit weiden. Das ist bei goreanischen Herren nicht ungewöhnlich. Oft lassen sie ihre Mädchen sich ausziehen, dann müssen sie sich vor ihnen drehen, bestimmte Posen einnehmen, sich auf bestimmte Art bewegen und so etwas. Goreanische Männer schätzen, wie gesunde Männer im Allgemeinen, weibliche Schönheit sehr hoch. Außerdem besitzen sie das Mädchen als Sklavin, deshalb können sie ihr Befehle erteilen, können sie sich zeigen, sich von ihr erfreuen lassen und sie muss natürlich gehorchen. Sie ist ihre Sklavin.

Ich nehme an, so etwas ist Ausdruck des verständlichen Wunsches, sich an seinem Besitz zu erfreuen. Auf der Erde wirkt es ja durchaus nicht seltsam, wenn jemand seine Münz- oder Briefmarkensammlung von Zeit zu Zeit herausholt und sie liebevoll betrachtet. Er mag sie schließlich sehr. Genauso verständlich erscheint es, wenn, sagen wir, ein hoher Friedensrichter, ein General oder ein Urbar gern in seinem Garten sitzt, sich seine Frauen besieht und sie dazu nackt oder bekleidet vor sich erscheinen lässt. Und auch ein weniger reicher Mann genießt gern, auf einer bescheideneren Ebene, den Anblick seiner Mädchen und je weniger er besitzt um so mehr erfreut er sich an ihnen.

Wenn man ein Mann ist und gelegentlich auf der Straße, im Bus oder der U-Bahn eine attraktive Frau sieht, hat man sicherlich schon einmal mit Vergnügen daran gedacht, wie es wäre, die Macht eines Herrn, eines Eigentümers, über diese Frau zu haben und mit ihr alles tun zu können, ihr vielleicht einen Namen zu geben oder ihr zu befehlen »zieh dich aus und zeige dich!«. Und dann wäre es nur folgerichtig, wenn man sich vorstellt, die Frau danach zu nehmen.

Aber so passiert es nicht zwangsläufig. Manchmal genießt ein Herr die Schönheit seiner Sklavin auch nur, lässt sie sich dann wieder anziehen und schickt sie zurück an ihre Arbeit. Unnötig zu sagen, dass so etwas für die Sklavin erregend und frustrierend sein kann. Es ist schwer, sich vor einem Mann auszuziehen und gezwungen zu werden, nackt vor ihm zu posieren und dabei den heftigen, aufwühlenden eigenen Begierden zu widerstehen.

»Interessant.« sagte Hendow.

»Herr?«

»Du bist ziemlich schön.«

»Ich danke dir, Herr.«

»Aber es gibt sicher viele genauso schöne Frauen.«

»Herr?« fragte ich erstaunt.

»Was ist dann anders an dir?«

»Ich verstehe nicht, Herr.«

»Bist du eine Erdenfrau?«

»In gewissem Sinn schon«, antwortete ich, »nämlich dass ich eine Frau von der Erde bin. In anderer Hinsicht bin ich keine Erdenfrau. Ich bin jetzt nur ein goreanisches Sklavenmädchen.«

»Was hast du auf Gor gelernt?«

»Ich habe gelernt, Männer ›Herr‹ zu nennen.«

»Ist das gut so?«

»Herr?«

»Warum nennst du Männer ›Herr‹?«

»Ich verstehe«, entgegnete ich, »verzeih mir, Herr. Ich hätte mich eindeutiger ausdrücken müssen.«

Er betrachtete mich.

»Ich habe auf Gor gelernt, dass Männer meine Herren sind.« fuhr ich fort.

Das war wahr.

»Dann ist es angemessen, sie ›Herr‹ zu nennen.«

»Ja, Herr.«

»Ich habe deine Ohren durchstechen lassen.«

»Wie es dir gefällt, Herr.«

»Du bist jetzt nur noch ein Mädchen mit durchstochenen Ohren.«

»Ja, Herr.« sagte ich erstaunt.

»Weißt du, was das bedeutet?«

»Ich bin nicht sicher.«

»Du kannst jetzt nicht mehr hoffen, jemals aus dem Kragen herauszukommen.«

»Ja, Herr.«

Ich hatte angenommen, dass er mir aus dem Grund die Ohren durchstechen ließ, um mich für seine Kunden und für Männer im Allgemeinen aufregender zu machen. Außerdem hatte ich vermutet, dass es mein Sklaventum bekräftigen und vertiefen würde. Aber das störte mich nicht. Ich war eine Sklavin!

»Weißt du, warum ich deine Ohren durchstechen ließ?«

»Nein, Herr.«

»Es gibt verschiedene Gründe dafür, so etwas mit einem weiblichen Sklaven zu machen.«

»Herr?«

»Es macht sie zu einer besseren Sklavin.« erklärte er. »Es macht sie aufreizender und verführerischer. Es macht sie auch erregbarer.«

»Ja, Herr.« sagte ich und wurde rot von Kopf bis Fuß.

»Außerdem gibt es auch einen geschäftlichen Hintergrund. Es erhöht ihren Preis.«

»Natürlich, Herr.«

»Es gibt noch viele andere Gründe«, sagte er, »außer diesen.«

»Ich verstehe, Herr.«

»Außerdem«, fuhr er fort, »hielt ich es in deinem Fall für besonders passend.«

»Herr?«

»Du bist ein Mädchen mit durchstochenen Ohren«, sprach er weiter, »und warst es schon, sogar bevor deine Ohren durchstochen wurden.«

»Ja, Herr.« antwortete ich erstaunt.

»Ich verachte dich.« sagte er.

Ich senkte meinen Kopf. Ich zweifelte nicht daran, dass er mich verachtete. Aber ich glaubte, dass seine Gefühle mir gegenüber komplizierter waren. Ich war sicher, dass sie nicht nur einfach aus der Verachtung einer versklavten Hure bestanden.

»Und deshalb«, sprach er weiter, »habe ich dir die Ohren durchstechen lassen.«

»Ja, Herr.«

»Du gehörst in einen Kragen.« fuhr er fort. »Jetzt ist zu sehen, dass du darin bleiben wirst.«

»Ja, Herr.«

»Bist du deshalb nicht unglücklich und schämst dich?«

»Nein, Herr.«

»Was für eine dreiste, schamlose Sklavin.«

»Ja, Herr.«

»Du bist gern Sklavin.« stellte er fest.

»Ich bin eine Sklavin.« entgegnete ich. »Darum muss ich akzeptieren, was in meinem geheimen Herzen ist, es offen gestehen und mein Glück und meine Erfüllung darin finden.«

»Du Schlampe«, sagte er, »du bist gern eine Sklavin.«

»Ja, Herr.«

Ich dachte, ich sagte ihm besser nicht, dass ich es liebte.

»Wir denken daran, ein neues Erstes Mädchen zu ernennen.« sagte er.

»Ich habe Gerüchte darüber gehört.«

»Was hältst du von Tupita?«

»Ich spreche für sie.«

Er lächelte. Ich nahm an, dass er wusste, wie gemein Tupita zu mir gewesen war, wie sehr wir verfeindet waren. Andererseits hatte ich Tupita versprochen, für sie zu sprechen. Und dann hatte sie letzte Nacht die Bauchkette und die Fesseln nicht so straff angezogen wie in den Nächten davor.

»Hat sie dir für deine Unterstützung den Posten des Zweiten Mädchens angeboten?«

»Des Dritten Mädchens.«

»Wer wäre das Zweite Mädchen?«

»Sita.«

Er lächelte.

»Zweifellos glaubt Tupita, dass Sita ihre Verbündete ist.« bemerkte er.

»Ja, Herr.«

»Was meinst du zu Sita als Erstes Mädchen?«

»Sie würde diesen Posten nicht ablehnen.«

»Würdest du für sie sprechen?«

»Ja«. antwortete ich, »ich spreche für Sita.«

Ich hielt meinen Kopf gesenkt. Ich wollte eigentlich nicht an diesen Intrigen beteiligt sein.

»Was hat sie dir versprochen?«

»Den Posten des Zweiten Mädchens.«

»Dann ist klar«, stellte er fest, »dass du Sita mehr als Tupita unterstützen würdest.«

»Nein, Herr.«

»Also unterstützt du Tupita.«

»Ich spreche für beide.«

»Es kann nur ein Erstes Mädchen geben.«

»Ja, Herr.«

»Wen bevorzugst du?«

»Von den beiden: Tupita.«

»Warum?«

»Sita ist Tupita gegenüber illoyal,« sagte ich, »sie verrät sie. Sie tut so, als wäre sie ihre Freundin, ist es aber nicht.«

»Denkst du, dass Tupita, wenn sich ihre Positionen ändern, sich anders benimmt?«

»Ich weiß nicht, Herr.«

»Und es ist nicht deshalb, weil Tupita dir eine Pastete gebracht hat?«

Ich sah ihn erschrocken an.

»Ich habe sie dafür auspeitschen lassen.« fuhr er fort. »Sie muss sehr gierig auf den Posten des Ersten Mädchens sein, um das Risiko einzugehen, eine Pastete zu stehlen. Aber sie hat sicher nicht erwartet, dass es entdeckt werden würde.«

»Herr?«

»Der Küchenchef hat bemerkt, dass eine Pastete fehlte.« erklärte er. »Nur das Erste Mädchen Tupita hatte außer dem Personal und den Küchensklavinnen hatte Zutritt zur Küche. An ihren Fingern war Zucker. Am nächsten Morgen wurden Krümel in deiner Hundehütte gefunden.«

»Ich verstehe.«

»Sie bekam nur fünf Schläge.«

»Der Herr ist großzügig.«

Es hätten auch tausend Schläge sein oder sie hätte einfach erschlagen werden können. Sie war schließlich nur eine Sklavin.

»Was hältst du von Aynur?«

»Ich glaube, sie wäre ein gutes Erstes Mädchen.«

»Kannst du dir irgendeine bessere vorstellen?«

»Nein, Herr.«

»Anscheinend bauen sowohl Tupita als auch Sita auf deine Unterstützung.«

»Ich denke, man kann auch für mehrere Mädchen sprechen.«

»Aber sicher denkt nicht jede wie du.«

»Oh?«

Das überraschte mich.

»Beide denken offensichtlich, dass du Einfluss auf mich hast.« sagte Hendow. »Glaubst du das auch?«

»Nein, Herr.« antwortete ich hastig.

Ich hatte Hendow außer jetzt und in der Taverne kaum jemals gesehen. Er war mit mir niemals intim geworden. Darüber hatte ich mich schon gewundert und ich hatte mich gefragt, ob ich für ihn nicht attraktiv genug sei. Er benutzte öfter andere Mädchen. Sie schienen sich davor zu fürchten, in seine Kammer gerufen zu werden, weil er so hässlich und grob war. Ich nahm auch an, dass er nicht gerade zart zu ihnen war und sie trotz ihres Widerwillens und ihres Abscheus zwang, ihm kompromisslos und vollkommen zu dienen. Im Sklavenbereich schienen die meisten mich richtig darum zu beneiden, dass Hendow mir keine Aufmerksamkeit schenkte.

Interessanter- und paradoxerweise sah ich ihn nicht mit demselben Widerwillen wie viele meiner Sklavinnenschwestern. Ich fürchtete ihn natürlich als meinen Herrn, achtete ihn aber auch sehr wegen seiner Stärke, seines Scharfsinns und der Intelligenz, die ich in ihm spürte. Manchmal bedauerte ich ihn auch. Ich glaubte, dass er ein sehr schweres Leben gehabt haben müsse. Er schien einmal von seinem besten Freund verraten und in Lebensgefahr gebracht worden zu sein. Borko hatte ihn gerächt. Würde ich in seine Kammer gerufen, würde ich versuchen, ihm so gut wie möglich zu dienen. Wenn ich auch nicht gerade begierig darauf war, hatte ich doch auch keine Angst davor. Manchmal war ich sogar richtig neugierig auf ihn gewesen und hatte mich gefragt, wie es wohl wäre, ihm zu dienen.

Männer sind so unterschiedlich. Vielleicht war es paradoxerweise gerade meine Bereitschaft, in seine Kammer gerufen zu werden, die mich bisher genau davor bewahrt hatte. Ich wusste es nicht. Vielleicht hatte er auch Freude daran, ängstliche und widerwillige Frauen zu zwingen, ihn zu befriedigen und, wenn ich nicht irrte, gerade Frauen, die ihn widerwärtig fanden und ihn verabscheuten. Er nahm vielleicht solche Frauen, drehte ihre Innenseite nach außen und brachte sie dazu, sich ihm hinzugeben. Auf jeden Fall hatten sie, wenn sie zerschrammt und zitternd, kaum in der Lage zu gehen, in die Sklavenquartiere zurückkamen, keine Zweifel an ihrer Weiblichkeit und an der Macht ihres Herrn.

Jedenfalls glaubte ich nicht, dass ich hier für die typischen Dienste einer Sklavin verwendet werden würde. Bisher deutete augenscheinlich nichts darauf hin. Außerdem ließ er sich die Frauen gewöhnlich erst am Abend bringen. Ich wusste nicht genau, warum er mich gerufen hatte. Vielleicht wollte er einfach meine durchstochenen Ohren kontrollieren. Vielleicht wollte er auch meinen Anblick genießen, nackt, als sein Eigentum.

Er schien mehrere Mädchen für den Posten als »Erstes Mädchen« in Erwägung zu ziehen. Ich stand am Fuß des teppichbedeckten Podestes nackt und im Kragen vor ihm. Er sah zu mir hinunter. Er erschien schwer in dem Stuhl. Fast schläfrig. Doch ich wusste, dass er ein Mann von großer Energie und Vitalität war.

»Warum hast du Angst?« fragte er.

»Ich bin in Gegenwart meines Herrn.« antwortete ich.

Ich war besorgt. Ich war nicht entlassen worden. Mir war nicht erlaubt worden, niederzuknien. Er hatte mich eingehend untersucht, ohne etwas zu sagen. Ich war mir meines Brandzeichens und meines Kragens sehr bewusst.

Ich betrachtete meinen Herrn. Ich war mir jetzt auf seltsame Weise der kleinen vorläufigen Nadeln bewusst, die der Metallarbeiter gestern morgen in meine Ohren gesteckt hatte. Ich stand vor meinem Herrn jetzt als Mädchen mit durchstochenen Ohren. Für ein Mädchen auf der Erde mag das keine große Angelegenheit sein, aber ich war nicht auf der Erde und hier hatten viele Dinge eine andere Bedeutung. In gewisser Weise bekräftigten die Nadeln in meinen Ohren für mich mein Sklaventum, vielleicht sogar mehr als das Brandzeichen und der Kragen.

»Du bist eine ausgezeichnete und wertvolle Sklavin.« sagte er.

»Ich danke dir, Herr.« antwortete ich erleichtert.

Vielleicht war ich hierher gebracht worden, um gelobt zu werden.

»Du bist eine großartige Tänzerin«, fuhr er fort, »vielleicht eine der besten in Brundisium.«

»Vielen Dank, Herr.«

»Dein Name steht ganz oben in den Listen in den Bädern.«

»Danke, Herr.«

»Der Umsatz in der Taverne hat seit deinem Kauf beträchtlich zugenommen.«

»Ich freue mich, wenn ich für meinen Herrn von Wert bin.«

»Hat dir Mirus vor zwei Nächten von solchen Dingen erzählt?«

»Manches davon schon, Herr.«

Ich hatte Mirus seit vorgestern nicht mehr gesehen.

»Es ist wahr.« sagte er.

»Dann freue ich mich, Herr.«

»Glaubst du, dass du eine hochgestellte Sklavin bist?«

»Nein, Herr.«

»Wirst du stolz werden?«

»Ich denke nicht, Herr.« antwortete ich. »Ich hoffe nicht, Herr.«

»Geh nach rechts«, befahl er, »zur Wand, dort ist eine Truhe. Öffne sie und bring mir den Inhalt.«

Ich drehte mich herum und ging zur Seite. Dort an der Wand, stand, wie er gesagt hatte, eine schwere Truhe mit Eisenbändern und einem gewölbten Deckel. Ich kniete vor ihr nieder und hob den Deckel an. In der Truhe lag nur ein Gegenstand, eine Sklavenpeitsche. Ich nahm sie heraus, stand auf, ging zurück zum Podium, erstieg die Treppe und kniete vor Hendow nieder. Ich küsste die Peitsche und hielt sie mit beiden gestreckten Armen hoch zu ihm, den Kopf gesenkt. Dann erhob ich mich und zog mich wieder zum Fuß des Podiums zurück, wo ich stehen blieb. Ich sah hoch zu Hendow. Mein Stück Seide auf dem Teppich lag rechts neben meinen Füßen.

Er stand auf. Er war ein sehr großer Mann. Auf dem Podium stehend ragte er drohend über mir auf. Die Peitsche war in seiner rechten Hand. Er schüttelte sie und wickelte so die Riemen ab. Ich war nackt. Ich war klein und schwach. Ich war im Kragen.

»Als du zum ersten Mal in diesem Raum warst, vor einigen Wochen« , sagte er, »erinnerst du dich vielleicht, dass ich sagte, dass du schön bist.«

»Ja, Herr.« entgegnete ich vorsichtig.

Ich sah, wie der Riemen der Peitsche ein wenig schwang, fast träge. Verängstigt betrachtete ich das Disziplinierungsinstrument. Plötzlich knallte er mit der Peitsche in der Luft. Es gab einen Knall wie ein Gewehrschuss. Ich konnte nichts tun als zu laufen und mein Elend herauszuschreien.

»Überlege gut«, sagte er, »als ich vor einigen Wochen sagte, du wärst sehr schön, hast du überlegt, wenn das ein Interesse an dir zeigen sollte oder eine Schwäche meinerseits, ob du das nicht ausnutzen könntest.«

»Nein, Herr!« rief ich erschrocken. »Nein, Herr!«

Dann kam er plötzlich zu mir, die Stufen hinunter, schnell für einen so großen Mann, seinen Arm zurückgezogen.

»Bitte nicht, Herr!« schluchzte ich.

Dann fühlte ich den Riemen. Ich stolperte vor Schmerzen rückwärts, drehte mich und fiel auf den Teppich. Dort bewies mir das Leder noch einmal das Missfallen meines Herrn. Ich schrie erbärmlich. Ein weiterer Schlag traf meinen Rücken wie ein Blitz und ich schluchzte, mit dem Bauch auf dem Teppich, zu seinen Füßen.

»Ja, Herr!« weinte ich. »Ja, Herr! Ich habe so etwas gedacht, aber ich habe es nicht getan. Ich bin nur ein Mensch. Ich bin nur eine Frau! Bestrafe mich nicht für etwas, was ich nicht getan habe! Ich habe den Gedanken nicht ausgeführt!«

Ich lag vor seinen Füßen auf dem Bauch. Ich achtete nicht auf die Peitsche. Ich wollte sie nicht spüren. Ich fürchtete sie schrecklich. Es tat so weh. Es ist ein sehr effektives Instrument zur Disziplinierung von Frauen. Kein Wunder, dass die Herren sie bei uns verwenden. Sie und zahlreiche andere Geräte, denen wir hilflos ausgeliefert sind, sorgen dafür, dass wir nicht aus der Reihe tanzen.

»Dafür bist du nicht geschlagen worden.« sagte er.

»Ich verstehe nicht, Herr.« schluchzte ich.

»Ich habe dich nicht für etwas geschlagen, was du gar nicht getan hast.« sagte er. »Für mich ist klar, dass du so etwas nur aus einer mädchenhaften Laune heraus gedacht hast.«

»Warum dann?«

»Brauche ich einen Grund?«

»Nein, Herr!« rief ich. »Nein, Herr!«

Das Mädchen gehört dem Herrn. Er kann mit ihr machen, was er will.

»Du weißt also nicht, warum du geschlagen wurdest?«

»Nein, Herr.«

»Du bist vielleicht dumm.« überlegte er.

»Vielleicht, Herr.«

»Du wurdest geschlagen«, erklärte er, »weil du gelogen hast.«

»Ja, Herr.«

Ich lag erschrocken da. Wie scharfsinnig dieser Mann war! Vor Wochen hatte ich ein einziges Mal und sehr vorsichtig daran gedacht, ob ich sein Interesse an mir für mich benutzen, ihn vielleicht manipulieren könnte, um mein Los irgendwie zu verbessern. Es schien, als hätte er diesen flüchtigen, schnell zurückgewiesenen Gedanken gespürt, vielleicht durch einen flüchtigen Ausdruck oder eine Bewegung meines Körpers, die mir selbst kaum bewusst geworden war.

Er hatte mich dafür nicht bestraft, für einen Gedanken, den ich sowieso nicht verwirklichen konnte. Dafür war ich ihm dankbar. Sicher, wenn ich weiterhin solchen Gedanken nachgehangen hätte, hätte er mich früher oder später mit der Peitsche davon überzeugt, dass so etwas nicht akzeptiert wurde. Jetzt hatte er mich für etwas anderes bestraft, dafür, dass ich ihn gerade angelogen hatte. Er versetzte mir noch einen Schlag und ich krallte mich vor Schmerzen in den Teppich.

»Abscheuliche Schlampe!« schimpfte er.

»Ja, Herr!« weinte ich.

Er schlug wieder zu und die Tränen sprudelten aus Neue aus meinen Augen. Ich lag hilflos vor ihm, eine bestrafte Sklavin.

»Knie nieder«, befahl er, »schnell, das Gesicht von mir weg.«

Ich gehorchte in meinem Schrecken fast hektisch. Mein Gesicht war nun auf die Tür gerichtet.

»Auf alle vier.« befahl er.

Ich gehorchte zitternd. Zweimal schlug er dann zu und der zweite Schlag warf mich schreiend und schluchzend wieder auf den Bauch.

»Knie dich wieder hin.« befahl er.

Ich gehorchte.

»Auf alle vier.« kam das nächste Kommando.

Ich ging wieder auf alle vier.

Er kauerte sich neben mich und hielt die Peitsche an meine Lippen. Ich küsste sie verängstigt wieder und wieder.

»Jetzt knie dich wieder hin«, befahl er, »los, ein bisschen schneller.«

Er ließ mich mit dem Kopf auf dem Boden niederknien, meine Hände wurden hinter meinem Nacken festgehalten. Ich schrie auf als ich gepackt und festgehalten wurde, um weiter erbittert diszipliniert zu werden.

Dann trat er zurück. Ich lag mit dem Bauch auf dem Teppich und keuchte ungläubig. Ich begriff jetzt mehr von meinem Sklaventum als jemals zuvor. Ich glaube, er erstieg dann wieder das Podest und setzte sich auf seinen Stuhl. Ich wusste es nicht genau, weil ich nicht zurückblicken konnte.

Ich lag dort, diszipliniert, bestraft, halb zerschlagen. Ich hatte nie daran gezweifelt, dass er stark war, eine solche Kraft hätte ich aber nie erwartet. Ich hatte nicht begriffen, dass er solch ein Mann war. Ich konnte kaum glauben, was er mit mir gemacht hatte und mit welcher Kraft und Entschiedenheit.

»Du meldest dich in der Küche.« befahl er.

»Ja, Herr.« schluchzte ich.

Ich griff nach der Seide neben mir.

»Nein.« kam es scharf von hinten.

Ich zog meine Hand zurück.

»Dir ist bis auf Widerruf Kleidung nicht erlaubt.«

»Ja, Herr.«

»Und der Küchenchef wird dich an die Kübel stellen.«

»Ja, Herr.«

Ich kämpfte mich hoch. Ich glaube, damals begriff ich, wie sich die Mädchen fühlten, die in die Sklavenquartiere zurückkamen und kaum laufen konnten.

»Darf ich sprechen, Herr?«

»Ja.«

»Werde ich in den Eisengürtel gesteckt?«

»Nein.«

Als ich schon einmal an den Kübeln kniete und neben Ina arbeitete, unsere Arme bis zum Ellenbogen in heißes Wasser und Seifenlauge getaucht, war ich durch meine Jungfräulichkeit geschützt gewesen. Nun würde ich genauso ungeschützt und hilflos wie Ina sein.

Ich ging den langen Weg bis zur Tür. Ich machte mir jetzt keine Illusionen mehr, dass ich etwa in der Gunst meines Herrn stehen würde. An mir war nichts Besonderes, ich war keine bevorzugte oder hochgestellte Sklavin. Ich wusste jetzt, dass ich nur ein Mädchen unter vielen war, nicht anders als die anderen im Haus.

»Sklavin.« sagte er.

»Ja, Herr.«

Weil ich angesprochen worden war, kniete ich nieder, drehte mich aber nicht um. Ich wusste nicht, ob ihm das gefallen würde oder nicht. Wenn er wollte, dass ich mich umdrehte, würde er mir das zweifellos sofort befehlen.

»Erinnerst du dich an jemanden, der Mirus hieß?«

»Ja, Herr.«

»Er arbeitet nicht mehr für mich.«

»Ja, Herr.«

»Du bist entlassen.«

»Ja, Herr«, antwortete ich, »ich danke dir, Herr.«

Ich erhob mich und entfernte mich aus der Gegenwart meines Herrn, Hendow aus Brundisium.

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