29 Die Wiese

»Nicht genug! Nicht genug!« schrie der kleine, verdrehte Mann mit dem gelblichen, fahlen Teint und hockte sich mit dem Rücken zu uns hin.

Die gesamte rechte Seite seines Gesichtes bestand aus weißem, altem Narbengewebe. Sein rechtes Ohr war halb abgerissen. Es war, als wäre seine rechte Gesichtshälfte dadurch entstellt worden, dass er schnell und heftig über Steine geschleift worden war. Er war so entstellt, dass man daran zweifelte, dass er sich jemals wieder unter Menschen wagen würde. Die fünf Männer, die neben ihm auf der anderen Seite der Decke hockten, verachteten ihn offensichtlich. Rechts neben der Decke, lag ein Paket auf dem Boden, das mit Schmuckstücken gefüllt war, wie Hausierer sie anbieten. Der kleine Mann schien Hausierer zu sein oder jemand, der sich bemühte, diesen Eindruck zu erwecken.

»Wenn dir unser Angebot nicht gefällt«, entgegnete der Anführer der fünf Männer, ein bärtiger Mann, »dann kannst du auch nach Tharna zurückkehren.«

Der kleine Mann setzte sich ärgerlich zurück auf seine Fersen.

»Und ich brauche dazu noch Fleisch, viel Fleisch!« sagte er.

»Sei nicht dumm«, erwiderte einer der Männer, die vor ihm hockten, »wir haben ein getrocknetes Tarskviertel mitgebracht. Das reicht für dich, um einen Monat daran zu kauen.«

»Das reicht nicht!« widersprach der kleine Mann. »Wir brauchen mehr!«

»Hast du ein Sleengehege?«

Der kleine Mann antwortete zunächst nicht. Aber dann wiederholte er: »Wir brauchen mehr.«

»Mit dem Silber kannst du mehr kaufen.« sagte der Anführer.

Der kleine Mann hatte zwei Begleiter mit, die sich wie die anderen niedergehockt hatten, aber links von uns. Diese Männer sahen sich unruhig an.

»Wir bieten fünfzehn Silberstücke, fünfzehn harte, klingende Silber-Tarsks.« sagte der Anführer. »Das ist genug.«

»Fünfundzwanzig waren ausgemacht!« entgegnete der kleine Mann. »Fünf für jede!«

»Wir geben dir drei für jede.« sagte der Anführer und legte seine Finger an seinen Helm, der neben ihm im Gras lag.

»Nein!« lehnte der kleine Mann ab, sprang wütend auf und ging hinkend auf uns zu.

»Sieh sie dir an!« sagte er. »Da ist keine darunter, die, wenn sie nackt auf dem Block steht, nicht ein hohes Gebot bringen würde! Ist auch nur eine dabei, bei der ein Mann nicht davon träumen würde, sie nackt vor sich her nach Hause marschieren zu lassen, um sie an seinen Sklavenring zu fesseln! Sieh dir diese Gesichter, diese Sklavinnenkurven an! Keine von denen ist weniger als fünf Tarsks wert!«

»Drei Tarsks für jede«, beharrte der Anführer, »gute Tarsks.«

»Diese zwei«, sagte der kleine Mann und zeigte auf Tupita und mich, »dienten im Zelt von Pietro Vacchi. Ich weiß es! Ich war im Lager!«

Also musste er, vermutete ich, der menschliche Kontaktmann zu den Bestien sein.

»Und die hier«, er zeigte auf Tela, »hat ein Aufseher ausgewählt, ein Mann, der die Wahl zwischen fast hundert Frauen, hundert Sklavinnen hatte!«

»Arbeitssklavinnen.« sagte der Anführer abfällig.

Tela versteifte sich in ihren Fesseln. Aber es stimmte, sie war, wie wir alle, als Arbeitssklavin in das Lager der Schwarzen Kette gebracht worden.

»Sie war in Lydius eine reiche Frau.« lockte der kleine Mann.

»Jetzt trägt sie ein Brandzeichen.« stellte der Anführer fest.

»Und diese hier«, lockte der kleine Mann und lenkte die Aufmerksamkeit auf mich, »ist Tänzerin.«

»Tänzerinnen sind nichts«, entgegnete der Anführer, »zehn gehen auf einen Tarsk.«

Ich versteifte mich wütend. Männer in Brundisium hatten viel für mich bezahlt. Ich galt als eine der besten Tänzerinnen der Stadt.

»Und diese zwei« sagte der kleine Mann, auf Mina und Cara zeigend, »sind offensichtliche Schönheiten.«

»Arbeitssklavinnen.« grinste der Anführer.

Tupita war rechts von mir, Tela links. Dann kamen Mina und Cara. Wir knieten. Unsere Oberkörper waren an ein Geländer zurückgedrückt worden, bis wir es mit dem Genick berührten. Dieses Geländer stand vor den Überresten eines langen, niedrigen Gebäudes, das vielleicht einmal ein Tharlarionstall oder so etwas gewesen war. Vielleicht war das hier einmal eine Tharlarionranch gewesen oder auch ein Ausbildungsplatz für Renn-Tharlarions. Jetzt war alles verlassen. Venna war nicht weit weg.

Als unser Genick das Geländer berührte, wurden wir mit dem Hals daran gefesselt. Unsere Hände waren hinter dem Rücken gebunden. Das war getan worden, gleich nachdem wir aus dem Brunnen hinaufgezogen worden waren. Das Heraufziehen war schrecklich gewesen, wir mussten uns im Eimer zusammenkauern und schwankten hin und her, während er sich nach oben bewegte. Wir konnten dabei keinen Laut von uns zu geben, weil wir uns gegenseitig geknebelt hatten, wie es uns vor dem Heraufziehen von oben befohlen worden war. Seile für Tela, Tupita und mich lagen noch vom Herunterlassen auf dem Grund des Brunnens bereit, die für Mina und Cara wurden uns heruntergeworfen.

Ich war sehr froh, als ich oben ankam und ein Hakenstock das Seil mit dem Eimer ergriff und in Reichweite eines Mannes zog. Dann kniete ich neben dem Brunnen im Gras. Das Seil um meinen Mund musste ich in die Hand eines Mannes legen. Er hatte es dann, nass wie es war, benutzt, um meine Hände zu fesseln. Es hatte mich nicht gestört, dazu freute ich mich viel zu sehr, wieder an der Oberfläche zu sein. Ich wurde dann zu dem Geländer gebracht, musste niederknien, wurde dagegen gedrückt und festgebunden. Dann wurden auch meine Knöchel übereinander geschlagen und gefesselt.

Tupita war schon so gefesselt worden. Nach mir kamen Tela und dann Mika und Cara an die Reihe. Bei Mina und Cara wurden Stricke einfach durch Kettenglieder an ihren Handfesseln und Eisenringen an ihren Knöcheln gezogen. Dann wurden die Kettenglieder mit dem Strick zusammengezogen. Auf diese Weise waren wir alle fünf mit typisch goreanischer Effizienz völlig hilflos gemacht worden.

Von dort, wo wir knieten, konnten wir etwa vierzig Yard entfernt die Reste des Brunnens sehen. Sie standen auf einer kleinen Wiese mit kleinen, wilden Bäumen, die sich links und hinter uns erstreckte, und waren vielleicht schon seit Jahren verlassen.

Mein Blick kreuzte den eines der Männer. Ich hatte, wie es schien, versehentlich meine Knie etwas zu sehr zusammengepresst. Sofort spreizte ich sie wieder, so weit ich konnte und soweit die Fesseln an meinen Knöcheln es zuließen. Eine wie ich, eine Kajira zeigte sich so vor freien Männern. Er lächelte. Ich senkte meinen Kopf.

Der kleine Mann ging wütend zurück und hockte sich wieder gegenüber dem Anführer der fünf Männer auf die Decke.

»Fünfundzwanzig!« sagte er. »Und dazu noch Fleisch, viel Fleisch!«

Er schien sehr ärgerlich zu sein, fast seit dem Moment an, als die fünf Männer zwischen den Bäumen aufgetaucht waren. Sie schienen das Geschäft nicht zu den vorher vereinbarten Bedingungen abschließen zu wollen und wollten, was unter den gegebenen Umständen vorher als überflüssig angesehen worden war, nun die Ware kritisch prüfen.

Der Mann gegenüber grinste mich an. Ich senkte wieder meinen Kopf. Wie hatte ich mich in meinen Fesseln in seinem Griff gewunden, als er mich angefasst hatte! Die Arbeitstuniken von Mina und Cara waren nach hinten über ihre Arme zurückgeschlagen worden. Die Reste der Tuniken hingen jetzt von ihren Handgelenken herab. Ihre Brüste waren sehr schön, genauso wie die Kurven ihrer Hüften. Außerdem waren ihre und Tupitas Rock heraufgeschoben und das Sklavinnenhöschen (oder G-String) von Tupita und mir war beiseite gezogen worden, vielleicht um zu sehen, ob wir enthaart oder rasiert waren oder ob das Höschen etwa einen Fehler an uns verbarg. Alles in allem war mit uns ohne Rücksicht auf unsere Intimsphäre und sehr bestimmt umgegangen worden. Wir waren Sklavinnen.

»Fünfundzwanzig!« forderte der kleine Mann.

Ich nahm an, dass er aus Tharna kam. Das ist eine Stadt, weit weg von Venna im Nordosten. Sie ist für ihre Silberminen bekannt, genauso wie Argentum, wo ich Tyrrhenius gehört und ihm als Ködermädchen gedient hatte. Man kann einen Mann aus Tharna gewöhnlich an zwei gelben, etwa achtzehn Zoll langen Schnüren erkennen, die vom Gürtel herabhängen. Diese Schnüre werden dazu benutzt, Frauen an Händen und Füßen zu fesseln. Wenn eine Frau diese Schnüre sieht, begreift sie, dass sie ihr angelegt werden können, um sie der Gnade eines Mannes auszuliefern.

Die Schnüre haben möglicherweise etwas mit der Geschichte der Stadt Tharna zu tun. Interessanterweise gibt es kaum eine freie Frau in Tharna. Weiter wird gesagt, dass selten Sklavinnen nach Tharna gebracht oder von dort nach außerhalb verkauft werden. Es scheint, als werden dort nur die eigenen Frauen als Sklavinnen gehalten, und zwar in sehr strenger Sklaverei. Selbst wenn eine Sklavin darum fleht, woandershin verkauft zu werden, wird ihr das normalerweise verweigert. Man könnte fast denken, die Versklavung der Frauen in Tharna wäre keine gewöhnliche Sklaverei, sondern in gewisser Hinsicht sehr speziell. Es ist fast so, als wäre die Sklaverei den tharnaischen Frauen als Strafe auferlegt, als wären sie dazu verurteilt worden. Überraschenderweise und in einer solch strengen Gesellschaft kaum zu erwarten wird die Stadt von einer Tatrix regiert. Ihr Name, wird gesagt, ist Lara. Genauso paradox ist, dass Tharnas erster Minister, der als Zweiter unter der Tatrix steht, nicht aus einer hohen Kaste kommt, sondern als Metallarbeiter von niederer Geburt ist. Sein Name, wird gesagt, ist Kron. Diese Dinge machen Tharna zu einer ungewöhnlichen Stadt.

Sie wird gut verteidigt und es wird scherzhaft erzählt, dass ihr Silber sogar sicherer wäre als das von Argentum, das immerhin ein Verbündeter Ars ist. Ein Mann aus Tharna, wird gesagt, zählt soviel wie zehn Männer aus den meisten anderen Städten. Auch wenn das sicher nicht stimmt, kann doch nicht bezweifelt werden, das Krieger aus Tharna zu den gefährlichsten auf Gor zählen. Nicht umsonst erhalten Söldner aus Tharna die höchste Löhnung. Viele Söldnertruppen werben sie als Krieger oder Offiziere an.

»Nein.« sagte der bärtige Mann, der dem kleinen Mann auf der Decke gegenüberhockte. Der kleine Mann trug an seinem Gürtel nicht die zwei Tharna-Schnüre. Das zeigte mir, dass er, wenn er wirklich aus Tharna kam, jetzt jedenfalls nicht mehr dorthin gehörte. Vielleicht war er aus der Stadt verbannt und ins Exil geschickt worden. Der Bärtige hatte einen, wie ich fand, etwas harten Scherz über die Minen mit ihm gemacht. Vielleicht hatte er einmal dort gearbeitet? Wenn das zutraf, so war er entweder ein Verbrecher oder ein ehemaliger Sklave. In diesem Fall hätte er bestimmt kein Interesse daran, dorthin zurückzukehren. Vielleicht war er in den Minen so entstellt worden und humpelte seither.

»Ja.« rief der kleine Mann.

»Ich bleibe hier nicht länger.« sagte der Bärtige. »Wir waren heute morgen im Lager von Pietro Vacchi. Dort herrscht große Aufregung darüber, dass zum zweiten Mal ein Mädchen verschwunden ist. Vielleicht wird nach ihr gesucht. Im Lager ist jetzt einer, der einen Sleen dabei hat. Er kam letzte Nacht über die Vitkel Aria aus Venna.«

»Es gibt keinen Sleen, der dieser Spur folgen könnte.« behauptete der kleine Mann.

»Du hast keine Angst vor einem Sleen?« fragte der Bärtige skeptisch.

»Nein.«

»Was wäre mehr als ein Sleen zu fürchten?« fragte der Anführer. »Vielleicht ein Larl?«

»Es gäbe etwas.« entgegnete der kleine Mann.

»Männer.« grinste der Bärtige.

»Manchmal.« sagte der kleine Mann unbehaglich.

»Deine Mädchen sind Topfmädchen«, bemerkte der Bärtige, »Kessel- und Mattenmädchen, Waschfrauen, Stallschlampen.«

Ich hörte, wie Tupita, die zu meiner Rechten gefesselt kniete, empört aufkeuchte. Sie war in einer viel besuchten Taverne in Brundisium Erstes Mädchen gewesen. Dann sank sie sehr leise zurück. Sie befürchtete sicher, Aufmerksamkeit erregt zu haben. Manchmal wünscht sich eine Sklavin sehnlichst, die Aufmerksamkeit eines Mannes auf sich zu ziehen, aber manchmal auch nicht. Manchmal hofft sie, dass er wenigstens offiziell keine Notiz von ihr nimmt. Es ist nicht angenehm, geschlagen zu werden. Auch die Peitsche tut weh. Ich jedenfalls, obwohl ich mich viel unauffälliger als Tupita verhalten hatte, war nicht erfreut über sie.

Ich war, jedenfalls einige Zeit lang, die erste auf einigen der Listen in den Bädern Brundisiums gewesen. Außerdem war ich eine gute Tänzerin, eine der besten, vermute ich, in Brundisium gewesen! Wenn sie mich gesehen hätten, wie ich mich in einem Alkoven um die Füße eines Mannes wand, sie leckte und küsste, dann hoffnungsvoll und mitleiderregend an ihnen höherkriechend bis ich neben dem Mann kniete, zu ihm hochsah, ihn küsste, leckte und bettelte, dann, glaube ich, hätten sie mich nicht so schnell als »Topfmädchen« bezeichnet.

Auch Tela ärgerte sich darüber, da war ich mir sicher. Schließlich war sie nicht nur einmal eine reiche freie Frau von hohem Stand und großem Einfluss in einer bedeutenden Stadt, in Lydius, gewesen, sie galt außerdem, nachdem sie gefangengenommen und sofort zu einer bedingungslosen und totalen Sklavin gemacht worden war, als so schön, so köstlich und begehrenswert, dass sie aus vielen Frauen ausgewählt worden war, um in Aulus’ Zelt zu dienen.

Und auch Mina und Cara waren sicher nicht erfreut. Sie waren beide große Schönheiten und ich bin sicher, dass sie sich beide dessen bewusst waren. Beide würden auf dem Sklavenblock einen hohen Preis bringen.

Wenn es in den Köpfen dieser Männer jemals Zweifel an unserer Attraktivität und unserer Möglichkeiten gegeben hatte, so waren diese Zweifel bestimmt während der intimen Prüfungen zerstreut worden, zu denen wir alle gezwungen worden waren. Was könnten sie sich noch wünschen als uns so zu nehmen, wie es sie erfreute? Vielleicht könnten sie uns für eine Woche versuchsweise mit nach Hause nehmen?

»Sehr gut.« sagte der kleine Mann. »Betrachtet sie als Topfmädchen, Putzsklavinnen oder Waschfrauen, das ist mir egal. Lasst sie die niedersten und demütigendsten Arbeiten verrichten. Peitscht sie, wenn sie auf dem Bauch vor euerm Lager betteln. Das geht mich nichts an!«

Ich glaube, wir waren alle über diese Sätze erschrocken. Schließlich waren wir, jede von uns, exquisites Sklavenfleisch! Ich bezweifelte, dass es auf Gor viele Sklavenbalken gab, an denen fünf Frauen wie wir angebunden waren. Sicher müssen fast alle weiblichen Sklaven auf Gor damit rechnen, zu häuslichen Arbeiten wie Kochen, Nähen, Putzen, Bügeln und so etwas herangezogen zu werden. Wir waren schließlich Frauen. Sogar freie Frauen erledigten in Haushalten ohne Sklaven solche Arbeiten. Wie konnten wir dann erwarten, davon befreit zu sein? Manchmal mussten sogar hohe Vergnügungssklavinnen in Urbar-Palästen auf Händen und Knien, nackt und in Ketten Böden schrubben, und wenn es nur war, um sie nicht vergessen zu lassen, dass sie Sklavinnen sind. Trotzdem waren wir immer noch für andere Dinge gut. Legte das die Schönheit unserer Gesichter und unserer Sklavinnenkurven nicht nahe? Schließlich ist es die erste und wichtigste Bestimmung der weiblichen Sklaven, und zwar jeder Art weiblicher Sklaven, dem Herrn zu dienen.

»Aber«, sagte der Kleine, »wie immer ihr sie bezeichnet oder was immer ihr von ihnen haltet, wir haben ein Geschäft abgeschlossen.«

»Du hast keinen Heimstein.« entgegnete der Bärtige.

Ich schauderte. Er hatte dem Kleinen gerade gesagt, dass man zu ihm kein Vertrauen haben konnte. Auf Gor wird gesagt, dass nur die Priesterkönige, Geächtete und Sklaven keinen Heimstein haben. Genau genommen ist das natürlich viel zu simpel. Zum Beispiel haben Tiere wie Tarsks oder Verrs genauso wie Sklaven keinen Heimstein. Außerdem kann keiner, dessen Bürgerschaft aus irgendeinem Grund in einem Gerichtsverfahren aufgehoben oder widerrufen wurde, sich auf den Schutz und die Rechte des Heimstein seines Gemeinwesens berufen. Er hat ebenfalls keinen Heimstein mehr.

Ich vermutete deshalb wieder, dass der kleine Mann aus Tharna verbannt sein könnte. Er schien mir kein Geächteter zu sein, jedenfalls nicht im eigentlichen Sinn des Wortes. Da schien mir der Mann, mit dem er feilschte, so rau, gefährlich und ungepflegt, wie er war, diese Bezeichnung eher zu verdienen.

»Hüte dich.« warnte der Kleine.

Der Anführer der fünf Männer sah wütend auf ihn hinunter.

»Was ist denn dann dein Heimstein?« fragte er.

Der Kleine sah ärgerlich zu Boden und rupfte eine Handvoll Gras aus.

»Du hast keinen Heimstein.« verkündete der Anführer mit einem Grinsen.

»Fünfundzwanzig Silber-Tarsks für die Frauen.« beharrte der kleine Mann. »Und Fleisch, viel Fleisch dazu!«

»Du hast keinen Heimstein.« grinste der Anführer.

»Fünf für jede«, sagte der Kleine, »nicht drei!«

»Also gut.« sagte der Anführer.

»Gut!« freute sich der Kleine.

»Nicht drei«, sprach der Anführer weiter, »sondern zwei.«

»Nein!« schrie der Kleine.

»Dann eins für jede.« sagte der Anführer.

»Nimm dich in Acht!« schrie der kleine Mann.

»Ich soll mich in Acht nehmen?« erkundigte sich der Anführer. »Bist du verrückt? An wen willst du diese fünf Topfmädchen verkaufen, wenn nicht an uns? Willst du diese zwei hier zurück zu Pietro Vacchi bringen, um zu sehen, ob er sie zurückkauft? Willst du die anderen drei nach Venna zurückbringen?«

»Sei fair mit uns.« forderte der Kleine.

»Wir sind zu fünft« sagte der Anführer und zeigte mit dem Daumen erst auf sich und dann auf die anderen hinter ihm. »Und ich habe noch drei, die in einem geschlossenen Sklavenwagen hinter den Bäumen warten. Das sind zusammen acht. Ihr seid nur zu dritt.«

»Dann bringt ihr mehr Fleisch.« erwiderte der Kleine.

Der Anführer lachte: »Anscheinend willst du uns diese Frauen trotz unserer Vereinbarung nicht verkaufen. Nun gut. Das ist deine Entscheidung. Wir werden sie also nicht kaufen. Wir werden sie uns einfach nehmen.«

Tupita, ich und die anderen schraken in unseren Fesseln zusammen und wichen dann schreckerfüllt zurück zum Geländer, an dem unsere Hälse befestigt waren. Wenn wir gekonnt hätten, hätten wir es von seinen Pfosten abgerissen. Der Anführer der fünf Männer blickte zu uns und lachte. Glaubte er, unser Schrecken kam von der Möglichkeit, in die Fänge solcher Herren zu gelangen? Der kleine Mann und seine zwei Genossen, die links hinter ihm hockten, rührten sich nicht. Sie waren sehr ruhig.

»Was ist los?« fragte der Anführer.

Dann schrie einer seiner Männer plötzlich auf und wurde mit wild zuckenden Beinen hochgehoben. Wir schrien. Das Ding musste acht Fuß hoch sein. Wir sahen, wie es seinen Kopf im hohen Gras hob, etwa sieben oder acht Yard hinter den fünf Männern. Es hatte sich vielleicht in einer Grube versteckt. Seine Ohren waren aufgestellt. Es biss den Nacken des Mannes durch und warf seinen Körper auf das getrocknete Tarskviertel, das die Männer mitgebracht hatten. Fast gleichzeitig versuchte ein anderer der Männer, sein Schwert zu ziehen, aber die Bestie erreichte ihn, bevor die Klinge halb aus der Scheide war, sich mit unheimlicher Schnelligkeit auf allen vieren, viel schneller als ein Zweibeiner fortbewegend und schlitzte seine Kehle mit einem einzigen Biss seiner schrecklichen Reißzähne auf. Wir schrien schreckerfüllt, gefesselt, ans Geländer gebunden und halb erdrosselt.

»Zieht eure Schwerter nicht!« schrie der kleine Mann. »Zieht eure Schwerter nicht! Es ist harmlos! Es ist harmlos!«

Die Bestie betrachtete die Männer, die vor ihm zurückwichen, die Hände an den Griffen ihrer Schwerter, aber es nicht wagten, sie zu ziehen. Die Bestie warf den zweiten Körper dann zu dem ersten zu dem getrockneten Tarskviertel.

»Lauft nicht weg«, sagte der kleine Mann schnell, »es würde euch verfolgen. Bleibt hier. Bewegt euch nicht. Zieht nicht eure Waffen. Es ist friedlich. Es wird euch nichts tun.«

Die Bestie kauerte jetzt neben den zwei Körpern. Sein Maul war rot, genauso wie das Fell an seinen Kiefern und seiner Schnauze. Es sah die Männer unheilvoll an und ein tiefes Knurren warnte sie.

»Geht nicht zu nahe heran.« warnte der kleine Mann.

Ich glaube, dass war das Letzte, was die drei Männer wollten. Die Bestie senkte ihren Kopf, die Ohren blieben aber aufgestellt. Ich glaube, sie hätte die kleinsten Geräusche, sogar das Rascheln des Grases, geschweige denn das Ziehen eines Schwertes, hören können. Ich sah weg, krank vor Angst.

»Es gibt wenig Grund zur Furcht«, sagte der kleine Mann, »es bevorzugt Tarsks.«

»Es frisst den Tarsk aber gar nicht.« widersprach einer der Männer.

»Es hat keinen Hunger.« sagte der kleine Mann. »Seid nicht zu streng mit ihm. Der Tarsk ist getrocknet. Die anderen sind frisch. Ihr hättet mehr Fleisch mitbringen sollen.«

Die Bestie sah fressend zu ihnen hoch.

»Seht euch die Hand an.« sagte einer der Männer.

Die Hand, oder Pfote, hatte lange, starke, dicke, mit mehreren Gelenken versehene Finger. Solche Hände, die dieser Kreatur, hatten die Gitterstäbe des Mädchengeheges gepackt und auseinander gebogen.

»Es hat sechs Finger.« flüsterte ein anderer Mann.

»Was ist das?« fragte der Anführer der Männer.

»Eine Bestie.« antwortete der kleine, lahme Mann lakonisch. »Ich weiß nicht, wie sie genannt wird. Ich habe sie letztes Jahr draußen in Corcyros getroffen.«

»Sie?«

»Ja«, antwortete der Kleine, »es gibt noch zwei, hier irgendwo.«

Die Männer sahen sich erschrocken um. Sogar die zwei Begleiter des kleinen Mannes, die sich bisher nicht gerührt hatten, schienen unruhig. Dieses Ding war wie durch Zauberei aus dem Gras aufgetaucht. Trotz ihrer Größe schienen diese Bestien nicht ungeschickt beim Verstecken und Anschleichen zu sein.

»Was meinst du damit, du ›trafst sie draußen in Corcyrus‹?«

»Als Corcyrus im Silberkrieg an Argentum fiel«, erklärte der kleine Mann, »und die stolze Sheila, die erbarmungslose Tatrix, abgesetzt wurde, sind sie anscheinend aus der Stadt geflohen.«

Ich hatte vom Silberkrieg gehört, als ich in Argentum war. Sheila, die Tatrix, von der gesagt wurde, sie wäre so schön, wie sie stolz und unbarmherzig sei, war gerade geflohen. Sie wurde aber später in Ar gefangen genommen, amüsanterweise und sicher zu ihrer Schande und Demütigung, von einem professionellen Sklavenjäger. Sie wurde in einen goldenen Sack gesteckt und zurück nach Corcyrus gebracht, um vor Gericht gestellt zu werden. Zuletzt hieß es von ihr, dass sie das Eigentum des professionellen Sklavenjägers, der sie gefangen hatte, geworden war.

»Sie konnten sich wegen der Kriegswirren aus ihrer Gefangenschaft befreien?« fragte der Anführer.

»Ich glaube nicht, dass sie gefangen gehalten wurden.« erwiderte der Kleine.

»Sie wurden als Haustiere gehalten?« fragte der Anführer beeindruckt.

»Nein.«

»Ich verstehe nicht.«

»Ich hatte mein Lager nicht weit von Corcyrus aufgeschlagen.« erzählte der kleine Mann. »Ich hatte gehofft, billig etwas aus der Beute der Soldaten zu kaufen. Die Bestien kamen in mein Lager. Ich glaube, sie hatten Nahrung gewittert. Ich warf ihnen schreckerfüllt meine Lebensmittel vor. Damals habe ich sie zum ersten Mal getroffen, vorher hatte ich von solchen Bestien noch nie gehört.«

»Seitdem sind sie bei dir?«

»Ja.«

»Seht doch.« sagte einer der Männer, auf die Bestie zeigend.

Nach seinem Ausruf blickte die Bestie neugierig zu ihm. Er wich zurück. Die Pfote der Bestie hatte den Geldbeutel eines der getöteten Männer hervorgeholt und zerriss deren Lederriemen. Dann, während sie zu den Männern sah, machte sie das gleiche bei der anderen Leiche.

»Du hast sie zum Stehlen ausgebildet.« stellte der Anführer erschrocken und bewundernd fest.

Die Bestie öffnete die Geldbeutel und schüttete den Inhalt in seine Pfote. Dann schüttete sie die Münzen von einer Pfote in die andere. Für solch eine große Bestie war sie sehr geschickt. Ihre Pfoten waren eindeutig sehr hoch entwickelt. Ich sah das mit Schrecken.

Die Bestie schüttete die Münzen dann in einen der Geldbeutel und warf ihn vor den kleinen Mann auf die Decke.

»Sie finden, was von Wert ist und geben es mir.« sagte der. »Wie du dir vorstellen kannst, wäre es schwierig für sie, eine Stadt zu betreten, zum Markt zu gehen und einzukaufen.«

»Ich verstehe nicht«, stammelte der Anführer erbleichend, »das sind doch Tiere, Bestien!«

»Ja.«

»Es ist schwer zu glauben, dass solche Bestien in Corcyrus Haustiere waren.«

»Sie waren keine Haustiere.«

»Das verstehe ich nicht.«

»Sie waren Verbündete.«

»Wer ist hier der Kapitän?« fragte der Anführer furchterfüllt.

Da erhob sich die Bestie hinter den Leichen. Sie war etwa acht Fuß hoch und musste acht- oder neunhundert Pfund wiegen. Reißzähne ragten zu beiden Seiten aus ihrem Maul, in man eine Doppelreihe Zähne sah. Ihr Maul war blutverschmiert. Sie wischte es mit einer ihrer langen Arme ab. Sie sah den Anführer der Männer an.

»Ich bin der Kapitän.« sagte sie.

»Verschone uns.« flehte der Anführer. »Nimm unser Geld! Lass uns am Leben!«

Er holte seinen Geldbeutel heraus und warf ihn hastig und furchtsam auf die Decke, neben den anderen Geldbeutel, der das Geld der beiden getöteten Männer enthielt. Die zwei ihm verbliebenen Männer machten es ebenso.

»Nein, nein«, sagte der kleine Mann, »du verstehst nicht. Wir wollen euch nichts tun. Du warst es, der nicht fair mit uns handeln wollte. Wir haben jetzt genug Fleisch, wenn ich auch anderes Fleisch vorgezogen hätte. Er hat nur dass genommen, auf das wir uns, wie wir alle sehr gut wissen, geeinigt hatten. Er hat nur das genommen, was uns zusteht. Wir wollen nur fünf Silber-Tarsks für jede dieser Frauen.«

»Wir wollen sie nicht mehr.« sagte der Anführer.

»Sei nicht albern.« entgegnete der kleine Mann.

Er nahm den Geldbeutel des Anführers, holte einige Münzen heraus und legte sie als kleinen Stapel auf die Decke. Es waren fünf Stapel, jeder bestand aus fünf Silber-Tarsks. Dann gab er dem Anführer seinen Geldbeutel zurück. Die anderen zwei Männer bekamen ihre ebenfalls zurück.

»Das Geld der anderen beiden«, sagte der kleine Mann, »behalten wir als Strafe.«

»Natürlich.« stimmte der Anführer eilig zu.

Ich glaube, sie wünschten alle, sie könnten sich einfach umdrehen und wegrennen.

»Habt keine Angst«, sagte der kleine Mann, »er wird euch nichts tun. Er ist freundlich.«

Die Bestie hob ihren Kopf, ihre Ohren waren aufgestellt. Aufmerksam und sorgfältig schnüffelte sie in der Luft. Ich vermutete, dass solch ein Ding ungewöhnlich scharfe Sinne hatte. Ich dachte daran, wie mühelos es sich in der Nacht orientiert hatte. Und ich dachte an seine Wildheit und Stärke. Außerdem hatte ich gesehen, dass es das Geld gezählt hatte. Ich hatte es sprechen hören. Es konnte Gitterstäbe verbiegen. Es konnte Männer töten. Solch eine Bestie, fürchtete ich, war eine dominierende Lebensform. Wie klein und schwach Menschen gegenüber solch einem Ding erschienen. Wie ich damals um meine Art fürchtete!

Ich wollte jetzt so schnell wie möglich an die Räuber verkauft und im geschlossenen Sklavenwagen von diesem Ort weggebracht werden. Würde ich dort geschützt sein, oder konnte solch ein Ding die Eisenplatten abreißen, um an uns heranzukommen? Ich hatte keine Erlaubnis zu sprechen und traute mich nicht, zu fragen. Wenn ich sprechen dürfte, würde ich darum flehen, vom Geländer losgemacht zu werden und mich den Herren unterwerfen zu dürfen, nur um von diesem Ort wegzukommen.

»Was ist?« fragte der kleine Mann die Bestie.

»Sleen.« antwortete sie.

»Sind Männer dabei?« fragte der kleine Mann besorgt.

»Nein.«

»Dann ist es ein wilder Sleen.«

»Mittag ist vorbei«, mischte sich der Anführer der anderen Männer ein, »das ist recht spät für einen Sleen.«

Der Sleen ist eigentlich ein nachtaktives Tier.

»Er folgt vielleicht Tabuks Spur von letzter Nacht.« vermutete der kleine Mann.

Ich zog am Seil, mit dem meine Handgelenke gefesselt waren. Es war immer noch feucht, weil ich, während ich aus dem Brunnen gezogen wurde, damit geknebelt worden war. Ich wand mich auf meinen Knien, mein Hals war an das Geländer gebunden. Wenn dort draußen ein Sleen war, wären wir ihm völlig hilflos ausgeliefert. Wir könnten nicht einmal wegrennen. Es war, als wären wir auf eine Fleischbank gebunden.

»Wir sind erst in die Gegend gekommen, als es schon hell war.« bemerkte einer der Männer des bärtigen Anführers.

Aus dieser Bemerkung schloss ich, dass es unwahrscheinlich war, dass das Tier hinter uns her war. Ein Sleen folgt gewöhnlich der ersten Spur, die es während der Jagd aufspürt, und bleibt dann hartnäckig auf ihr. Es gibt Erzählungen darüber, wie ein solches Tier einer Spur inmitten anderer Tiere oder Männer folgt und sich durch nichts ablenken lässt.

»Sleen greifen selten Gruppen an.« beruhigte sich der Bärtige. »Sie bevorzugen Einzeltiere.«

Nach dieser Bemerkung schöpfte ich wieder etwas Mut.

»Wir sollten die Frauen wegbringen.« sagte der Anführer. »Wir sind schon zu lange an diesem Ort.«

Ich war erfreut, das zu hören. Selbst wenn ich eine freie Frau und nicht nur eine Sklavin gewesen wäre, ich hätte eifrig mitgemacht, auch wenn meine Glieder gefesselt blieben, hätte ich mein Hals für den Kragen vorgestreckt.

»Löst ihre Fußfesseln.« befahl der Anführer.

»Seht.« rief da einer der Begleiter des kleinen Mannes und zeigte über die Wiese.

Einer der zwei Männer des Anführers hatte sich gerade vorgebeugt, um die Knoten von Tupitas Fußfesseln zu lösen, als er wegen dieses Ausrufs innehielt. Er richtete sich auf und schirmte seine Augen mit einer Hand ab. Zwei Bestien näherten sich, zweifellos die Begleiter derjenigen, die bei uns stand. Eine stieß einen Mann vor sich her. Die andere schleifte etwas hinter sich durch das Gras, einen Gürtel, an dem eine Scheide mit einem Schwert befestigt war.

»Nein!« schrie Tupita leidvoll auf.

Der Mann, der von der Bestie vorwärts gestoßen wurde, sah sie ärgerlich an. Ich wich ein wenig zurück, bis das Geländer hart gegen meinen Nacken drückte. Ich sah, wie er mich frustriert und hasserfüllt musterte.

»Was machst du hier?« fragte der kleine Mann den Gefangenen.

Er blieb stumm. Die Bestie hinter ihm gab ein Knurren von sich.

»Er sucht mich.« sagte Tupita kühn.

»Nein.« widersprach der Mann und sah sie an.

»Was dann? Was dann?« fragte der kleine Mann.

»Ich verfolgte dieses Ding.« sagte er und rieb sich den Arm, wo die Bestie ihn gepackt hatte.

»Er ist aus Pietro Vacchis Lager«, sagte der Anführer, »ich habe ihn dort vor zwei Tagen gesehen.«

»Ja«, bestätigte der kleine Mann, »ich habe ihn auch dort gesehen, da bin ich sicher.«

»Er ist einer von Vacchis Männern.« sagte einer der Begleiter des kleinen Mannes.

»Es müssen noch mehr von ihnen in der Nähe sein.« sagte der andere beunruhigt. »Sie suchen sicher nach den zwei Frauen.«

»Ich bin nicht in Pietro Vacchis Diensten.« widersprach der Mann.

»Wie bist du hierher gelangt?«

»Ich folgte dem da«, antwortete der Mann und wies auf die Bestie, »wie ich schon sagte.«

Die Bestie knurrte bedrohlich. Ich nehme an, es gefiel ihr nicht, dass ein Mann fähig sein könnte, ihr zu folgen.

»Bist du Jäger?« fragte einer der Männer des Bärtigen.

»In gewisser Weise schon.«

»Du bist ein mutiger Mann« bemerkte einer der Männer des Bärtigen, »solch einer Bestie zu folgen.«

»Ich war nicht an ihr interessiert.«

»Wieviele seid ihr?« fragte einer der Begleiter des kleinen Mannes.

»Ich bin allein.« antwortete er stolz.

»Was machst du hier?« fragte der kleine Mann noch einmal. »Was suchst du?«

»Ich suche das Blut einer Sklavin.« antwortete der Mann und betrachtete mich.

Ich senkte den Kopf. Tupita schluchzte auf.

Er hielt sich sicher schon für verloren. Anders war der Stolz und die Würde, mit der er sprach, nicht zu deuten. Er hatte alles riskiert und alles verloren. Er stand mit verschränkten Armen da. Für mein Blut hatte er es sogar gewagt, solch einer schrecklichen Bestie zu folgen. Dies zeigte, wie sehr er mich hasste und wie verbissen er sich rächen wollte. Er sah sich mit Verachtung um. Er verbarg seine Entschlossenheit nicht und was sein Ziel war. Es schien, als hätte er in seiner Verbissenheit alles andere vergessen. Er war gefangen. Ich zweifelte nicht daran, dass sie in ihrer Art auch Jäger waren.

»Töte es.« sagte die größte der Bestien, ihr Anführer.

Tupita schrie protestierend auf, doch die Bestie, die dem Gefangenen am nächsten stand, schlug ihn mit der Rückseite ihrer Pfote nieder. Es gab ein widerwärtiges Geräusch, als der Kopf des Gefangenen zur Seite flog. Die andere Bestie beugte sich hinunter, hob die Gestalt auf und legte sie zu dem Fleischvorrat an der Seite.

»Nein, nein«, schluchzte Tupita, »nein, nein, nein!«

»Da sind vielleicht noch mehr«, bemerkte der Anführer der Männer, »wir sollten die Gegend absuchen.«

»Verstehst du?« fragte der kleine Mann die größten Bestie.

Sie sah ihn an und ihre lange, dunkle Zunge kam seitwärts aus ihrem Maul hervor und leckte über das blutige Fell neben ihrem Kiefer. Dann sah sie sich mit aufgestellten Ohren um.

»Er will sich umsehen.« sagte der kleine Mann und machte eine große, die ganze Wiese umfassende Handbewegung. »Er will sich umsehen. Da sind vielleicht noch andere.«

Die Bestie richtete ihren Blick auf den kleinen Mann, der ängstlich zurückwich.

»Ja«, antwortete sie, »wir werden uns umsehen.«

»Schwärmt aus«, befahl der kleine Mann seinen Begleitern und den anderen, »wir treffen uns hier wieder.«

Ich sah Mirus von Brundisium an. Sein Kopf war an der Seite blutig.

»Es ist alles deine Schuld.« weinte Tupita, die ihren Kopf mit den Seilen um den Hals zu mir gedreht hatte.

»Verzeih mir, Tupita.« weinte ich.

»Jetzt kann dir nichts mehr passieren«, schluchzte sie, »freue dich! Wenn ich dich in meine Hände bekommen könnte, würde ich dich umbringen!«

»Bitte, Tupita!« flehte ich. »Ich bin auch traurig! Er war gut zu mir gewesen!«

»Genau das hast du doch gewollt!« rief sie.

»Nein.« sagte ich. »Niemals, niemals!«

»Du hast ihn umgebracht!« schluchzte sie. »Du warst es, die ihn wahnsinnig gemacht hat! Du hast ihn verändert, du hast aus ihm eine blutdürstige Bestie gemacht! Du bist dafür verantwortlich! Du hast ihm das angetan!«

»Nein!« weinte ich. »Nein!«

Dann begann sie, mit zurückgeworfenem Kopf unkontrolliert zu weinen.

»Verzeih mir, Tupita«, schluchzte ich, »verzeih mir!«

»Du hast ihn umgebracht!« jammerte sie.

»Nein! Nein!« sagte ich.

Dann begann ich in meiner Trauer auch zu weinen. Weil die Männer uns gefesselt hatten, konnten wir unsere Tränen nicht abwischen. Sie flossen an unseren Wangen hinunter, die salzigen Tropfen fielen auf unsere Körper und flossen dort weiter hinunter. Ich sah auf die blutige, stille Gestalt, die auf die Leichen und das Tarskviertel geworfen worden war.

»Tupita!« sagte ich plötzlich.

Sie reagierte nicht, so versunken war sie in ihren Kummer.

»Tupita«, flüsterte ich wieder, »ich glaube, er ist nicht tot.«

»Was?« schrie Tupita.

»Sieh doch«, fuhr ich fort, »er blutet immer noch.«

»Oh, Herr«, rief sie plötzlich erschrocken.

»Er ist sehr stark.« sprach ich weiter. »Ich glaube nicht, dass er tot ist.«

»Nein«, schluchzte sie da, »er ist am Leben! Mein Herr ist am Leben! Er lebt!«

Sie sah mich wild an. Sie lachte und schluchzte. Ihre Tränen waren nun Freudentränen. Dann stockte sie plötzlich und blickte wieder zu mir. Sie schien sehr erschrocken.

»Oh, Tuka«, sagte sie, »du bist in schrecklicher Gefahr!«

Ich zerrte schaudernd an meinen Fesseln.

»Vielleicht kommt er nicht wieder zu Bewusstsein, bevor wir weggebracht werden.« sagte ich. »Vielleicht merken die Bestien nicht, dass er am Leben ist. Vielleicht kann er flüchten.«

Plötzlich machte Tela zu meiner Linken erschrocken ein Geräusch.

»Dort«, sagte sie, »dort, neben dem Brunnen!«

»Was ist das?« fragte Mina.

Ich konnte nichts sehen. Ich versuchte, meinen Kopf zu recken, doch gefesselt, wie ich war, mit dem Hals an das Geländer gebunden, gelang mir das nur ein winziges Stück. Ich weinte vor Enttäuschung.

»Was ist das?« fragte Mina mit Nachdruck.

»Du kannst es jetzt nicht sehen.« sagte Tela. »Ich glaube, es ist hinter dem Brunnen.«

»Was war es?« fragte Mina.

»Dort!« rief Tela verängstigt. »Ein Sleen!«

Ein Schrecken durchfuhr uns.

»Es ist wahrscheinlich nicht auf unserer Spur«, sagte Tupita, »bewegt euch nicht!«

Wir konnten das Tier jetzt neben dem Brunnen sehen, wie es seinen Kopf über das Gras hob. Es sah uns an.

»Bewegt euch nicht.« sagte Tupita.

Ich wusste nicht, ob wir uns überhaupt bewegen könnten, so ängstlich waren wir. Der Kopf des Sleen blieb für mehr als zwanzig Sekunden unbeweglich. Wenn wir ihn nicht gesehen und gewusst hätten, dass er dort war, wir hätten ihn nicht bemerkt, obwohl er nur wenige Yard entfernt war. Es ist unglaublich, wie ruhig sich solche Tiere verhalten können. Dann bewegte er sich plötzlich. Er umkreiste den Brunnen. Dann legte er seltsamerweise die vorderen seiner sechs Pfoten auf die Brunnenumrandung, reckten seinen Kopf darüber und spähte anscheinend hinein. Schließlich zog er seinen Kopf wieder zurück und glitt zurück ins Gras.

Mirus, der auf den zwei Leichen lag, rührte sich. Er stöhnte.

»Oh, Herr«, klagte Tupita leise, »wach noch nicht auf. Mach keinen Lärm!«

»Er blutet.« sagte Cara. »Das Tier wird hierher kommen.«

»Es darf nicht hierher kommen«, entgegnete Tupita, »es könnte den Herrn verletzen.«

»Und was ist mit uns?« fragte Cara.

Ihre Handgelenksketten rasselten leise. Bestimmt konnte das Tier das hören!

»Wir sind nicht wichtig«, erwiderte Tupita, »wir sind doch nur Sklavinnen.«

Cara stöhnte auf.

»Nicht aufwachen, Herr«, wisperte Tupita Mirus zu, »lieg still.«

Ich denke, er konnte sie weder hören noch verstehen. Obwohl ich glaube, dass das Tier uns hören konnte, beachtete es uns nicht. Es schien andere Absichten zu haben.

Mirus stöhnte und hob seinen Kopf. Er hob auch seinen Körper etwas an. Er war ein sehr starker Mann.

»Lieg still, Herr«, flüsterte Tupita, »da ist ein Sleen.«

»Er hat ihn gewittert«, flüsterte Tela, »sieh nur!«

Das Tier schien jetzt sehr erregt zu sein. Es war neben dem Brunnen und hielt seine Schnauze am Boden. Es umkreiste den Brunnen zweimal und dann noch einmal in einem größeren Kreis. Dann bewegte es sich einen Augenblick lang in unsere Richtung, hielt inne und kam weiter auf uns zu.

Mirus kroch taumelnd, mit von seinem Kopf heruntertropfendem Blut zu seinem Schwert, das ihm die Bestie abgenommen und neben ihm liegengelassen hatte. Die Klingen der zwei erschlagenen Männer lagen daneben, eine steckte immer noch in ihrer Scheide, die andere war halb herausgezogen.

»Geh weg! Geh weg!« schrie Tela den Sleen an.

Die Augen des Tiers glänzten jetzt sehr hell. Es war ein grauer Jagdsleen. Mirus stand unsicher auf seinen Füßen und warf die Schwertscheide weg. Fast wäre er umgefallen, konnte sich aber auf den Füßen halten. Er hatte den Schwertgriff mit zwei Händen gepackt. Er kam taumelnd und aus seinen Wunden blutend auf mich zu. Mir wurde klar, dass er mich umbringen wollte.

»Da ist ein Sleen hinter dir!« schrie Tupita. »Dreh dich um! Dreh dich um!«

»Das ist kein wilder Sleen!« schrie Mina.

Das Tier trug ein Halsband, ein großes Stachelhalsband. Mirus schwenkte herum. Er stand mit blankem Schwert zwischen der Bestie und uns. Tela warf ihren Kopf zurück und schrie wild und schrill und hilflos. Die Bestie betrachtete uns.

»Das ist Borko, Hendows Sleen!« schrie Tupita. »Er ist gekommen, um uns zu töten!«

Das Tier hatte uns zweifellos als weggelaufene Sklavinnen verfolgt! Ich erinnerte mich plötzlich, dass in Argentum von meinem damaligern Herrn, Tyrrhenius, eine Nachfrage erwähnt worden war. Bald danach war ich verkauft worden. Ich erinnerte mich auch daran, dass ich barfuss an Aulus’ Steigbügel auf der Vitkel Aria gelaufen war, und so auch Pietro Vacchis Lager betreten hatte.

»Nein«, sagte Mirus, »er verfolgt eine Spur. Die Spur nur einer Beute.«

Ich sah, dass der Sleen mich betrachtete.

»Herr«, rief ich Mirus zu, »beschütze mich!«

Aber er senkte das Schwert und wich zurück. Er stand nun zwischen der Bestie und Tupita. Borko sah ihn an. Zweifellos erinnerte er sich noch von Brundisium an ihn. Ohne die Augen von der Bestie abzuwenden, nur nach seinem Gefühl, zerschnitt Mirus die Fesseln, die Tupita an das Geländer banden, und danach die an ihren Armen und Beinen.

»Kümmere dich nicht um mich«, schluchzte Tupita, »lass ihn nicht Tuka töten!«

Aber Mirus packte sie am Arm und trat zurück.

»Ich finde das«, sagte er zu mir, »eine akzeptable Rache, sogar besser als mit dem Schwert oder besser als tausend Stiche, wenn du, meine liebe Doreen oder Tuka oder wie immer deine Herren dich jetzt nennen, du stinkende, wertlose, dralle, verräterische Sklavenschlampe von einem Sleen in Stücke gerissen wirst!«

»Nein!« schrie Tupita.

»Töte sie, Borko, töte sie!« schrie Mirus und zeigte mit seinem Schwert auf mich.

Ich schloss die Augen und schluchzte. Ich spürte, wie die riesige, kalte Schnauze der Bestie unter meinen linken Arm stieß. Ich keuchte und schrie leise auf. Aber die Bestie schien mich nicht angreifen zu wollen. Vielleicht wollte sie vorher meinen Geruch aufnehmen. Wieder rieb sie ihre Schnauze an meinem Körper. Das schien eindeutig ein Ausdruck von Zuneigung zu sein. Ich hatte gesehen, wie sie bei Hendow so etwas getan hatte. Das Tier beschnupperte mich. Dann spürte ich, wie seine große Zunge über meinen Körper leckte.

»Gut, Borko! Gut, Borko!« rief Tupita.

»Töte sie!« schrie Mirus. »Töte sie!«

Borko sah ihn fragend an.

»Also gut, du dummes Vieh«, sagte Mirus, »ich werde es selbst tun!«

Er hob sein Schwert. Sofort änderte sich das Verhalten des Tieres. Es nahm plötzlich eine bedrohliche Haltung ein. Sein Fell sträubte sich, seine Augen blitzten und es knurrte bösartig. Mirus trat erschrocken zurück. Ich glaube, wenn der Sleen ihn nicht aus Brundisium als Freund seines Herrn gekannt hätte, hätte er ihn angegriffen. Jedenfalls schien er den Mann nicht an mich herankommen lassen zu wollen.

»Er beschützt sie!« rief Tupita erfreut. »Sieh doch! Er wird dich töten, wenn du ihr etwas antust! Tritt zurück! Lass sie gehen! Wozu soviel Aufhebens um eine Sklavin?«

Mirus hielt wütend das Schwert in einer Hand. Wenn er es nur ein wenig hob, knurrte Borko ihn an.

»Befreie die anderen Mädchen, Herr.« bat Tupita. »Lass uns gehen, bevor die Bestien zurückkehren!«

Mirus sah sie aufgebracht an.

»Es gab einmal eine Zeit, in der du mich zu deinem großen Vergnügen benutzt hast.« sprach Tupita weiter. »Hast du kein Interesse mehr an mir? Bin ich so unattraktiv geworden? Hast du alles vergessen? Ist es so lange her?«

Mirus gab ein Geräusch von sich, es klang fast wie von einem Tier.

»Sieh dir Tela dort an«, fuhr sie fort, »sie war das Mädchen des Aufsehers. Sieh dir Mina und Cara an! Sie sind beide schön. Du kannst uns alle als deine Schwertbeute mitnehmen!«

Mirus schlug wütend nach Tupita. Sie fiel mit blutigem Mund auf den Pfosten rechts von mir, der das Geländer stützte. Mirus zauderte. Sein Kopf begann wieder zu bluten. Er schwankte.

»Sieh!« rief Tupita und zeigte auf die Wiese.

Mirus sank auf seine Knie. Der Blutverlust hatte ihn geschwächt. Es schien, als könne er kaum noch das Schwert halten. Wir blickten dorthin, wo Tupita hinwies. Eine Gestalt näherte sich uns über die Wiese. Ich erkannte ihn, obwohl er ganz anders aussah, als ich ihn zum letzten Mal gesehen hatte.

»Es ist Hendow!« rief Tupita.

»Ja.« sagte ich.

Aber es war nicht der Hendow, an den ich mich von Brundisium erinnerte. Er hatte dieselbe Statur, dieselben Schultern und starken Arme, aber es war ein bronzefarbener, schlankerer Hendow, schrecklicher und grimmiger als ich ihn gekannt hatte, und er hielt ein blutiges Schwert in seiner Hand.

»Mirus«, rief er, »alter Freund! Was machst du denn hier?«

»Hendow!« antwortete Mirus mit Tränen in den Augen. »Teurer Freund!«

»Du bist verletzt.« stellte Hendow fest.

»Du bist hier willkommen.« entgegnete Mirus schwach.

»Verzeih mir, alter Freund, dass ich dich in Brundisium verstoßen habe.« sprach Hendow. »Ich war ein Narr.«

»Wie hast du uns hier gefunden?« fragte Mirus.

»Ich bin Borko gefolgt.« antwortete Hendow. »Dann hörte ich einen Schrei.«

Das war sicher Telas Schrei gewesen. Andere könnten ihn natürlich auch gehört haben.

»Ihr Herren, lasst uns von hier verschwinden.« drängte Tupita.

»Dein Schwert ist blutig.« stellte Mirus fest.

»Ich traf auf jemanden, der mich nicht durchlassen wollte.«

»Ihr Herren, lasst uns bitte von hier verschwinden!« drängte Tupita wieder.

»Knie nieder.« befahl ihr Hendow mit schrecklicher, wilder Autorität.

Sofort kniete Tupita nieder und war still. Hendow kam zu mir und kauerte vor mir nieder.

»Guter Borko«, lobte er das Tier, »guter Borko!«

Der Sleen drückte seine Schnauze an ihn und leckte über seinen entblößten Arm. Hendow berührte mich sehr sanft am Kopf.

»Bist du in Ordnung?« fragte er.

»Ja, Herr.«

»Sie haben dich gut gefesselt.« lächelte er.

»Wie es sich für eine Sklavin gehört.« entgegnete ich.

»Hier sind noch andere in der Gegend.« sagte Mirus. »Sechs Männer waren hier und drei seltsame Bestien, keine Sleen.«

»Hier muss irgendwo ein Sklavenwagen stehen«, mischte sich Tupita ein, »in dem noch drei Männer sein sollen.«

»Ich habe keinen Sklavenwagen gesehen.« sagte Hendow.

»Du hast einen Mann unschädlich gemacht?« fragte Mirus.

»Es schien so«, antwortete Hendow, »sein Kopf war plötzlich ab.«

»Dann sind noch mindestens fünf übrig«, stellte Mirus fest, »und die Bestien, die sind am gefährlichsten.«

»Außerdem noch drei in einem Sklavenwagen, Herr.« fügte Tupita hinzu.

»Kannst du kämpfen?« fragte Hendow. »Es wäre wie in den alten Zeiten, vor der Taverne.«

»Ich kann dir keine Hilfe sein«, antwortete Mirus, »ich bin zu schwach. Ich glaube, ich habe viel Blut verloren. Ich kann kaum mein Schwert halten und muss kämpfen, um nicht das Bewusstsein zu verlieren.«

»Ich werde dich hier nicht allein zum Sterben zurücklassen.« sagte Hendow. »Dann sterben wir beide zusammen.«

»Nein«, widersprach Mirus, »es ist besser, wenn nur einer stirbt.«

»Ich verlasse dich nicht.«

»Tue mir nur einen Gefallen, bevor du gehst.«

»Ich verlasse dich nicht.«

»Hetze Borko auf diese Sklavin«, forderte Mirus, auf mich zeigend, »oder erschlage sie für mich mit dem Schwert.«

»Teurer Mirus …!« begann Hendow.

»Sie verriet mich an die Ketten des Ionicus!« sagte Mirus.

»Falsch! Falsch!« rief Hendow wütend.

»Es ist wahr«, beharrte Mirus, »ich schwöre es bei unserer Freundschaft.«

»Stimmt das?« fragte mich Hendow ungläubig.

»Ja, Herr.« schluchzte ich.

»Sie war ein Ködermädchen!« rief Tupita. »Müssen wir nicht gehorchen, weil wir Sklavinnen sind?«

»Es scheint«, sagte Hendow, »als wäre hier eine, deren Hals nach dem Schwert schreit.«

»Ja.« sagte Mirus.

»Bist du stark genug, es selbst zu tun?« fragte Hendow.

»Ich denke schon.«

»Du würdest es bestimmt lieber selbst tun.« stellte Hendow fest.

»Ja.« sagte Mirus und erhob sich unsicher auf seine Füße.

Er fasste das Schwert wieder mit beiden Händen. Es sah nicht so aus, als könne er sich länger als einen Augeblick auf den Füßen halten.

»Also gut«, sagte Hendow, »erschlage Tupita.«

»Tupita?« fragte Mirus.

Tupita wich zurück, machte sich so klein sie konnte, dort, im Gras kniend.

»Ja«, erklärte Hendow, »ich fing einen Dieb, zu dessen Unterschlupf mich Borko führte. Er packte ziemlich schnell aus, nachdem ich ihm seine Beine gebrochen hatte. Tupita hat Doreen gestohlen, indem sie sie dazu brachte, das Haus zu verlassen. Doreen glaubte, Tupita wäre noch Erstes Mädchen, aber die plante, sie zu verkaufen, um sich mit dem Geld eine Tarnpassage als freie Frau von Brundisium zu kaufen. Sie ist deshalb eine weggelaufene Sklavin. Außerdem werde ich jetzt ein Schwerturteil über beide verhängen. Streite mit mir über die Mädchen, wenn du willst. Ich erfuhr von dem Dieb, dass beide nach Samnium verkauft wurden. Weil er kooperiert hatte, schonte ich sein Leben. Er stielt jetzt zweifellos zusammen mit seinen Freunden weiter Frauen. In Samnium nahm ich die Spur wieder auf. Borko und ich folgten ihr wochenlang. Wir haben sie viele Male verloren, konnten sie aber immer wieder finden. Zuletzt fanden wir sie auf der Vitkel Aria, südlich von Venna. Du siehst also, ohne Tupita, ohne ihr Weglaufens, ohne ihren Verrat an einer Sklavenschwester, ohne ihrer Absicht, das Gewand einer freien Frau anzulegen, was allein schon ein schweres Verbrechen ist, wäre diese Sklavin nicht nach Argentum gelangt und hätte dich nicht ködern können. Wenn jemand hier schuldig ist, dann Tupita. Deshalb hast du jetzt meine Erlaubnis, sie zu erschlagen.«

»Nein.« rief Mirus.

»Vielleicht sollten beide Hälse an das Schwert fallen.« schlug Hendow vor.

»Nein.« rief Mirus.

Er stellte sich zwischen Hendow und Tupita.

»Lauf!« befahl er Tupita. »Lauf!«

»Bleib auf deinen Knien, Sklavin.« befahl Hendow mit schrecklicher Stimme. »Ich hetze Borko auf dich, bevor du auch nur zwei Schritte gemacht hast.«

Tupita blieb, wo sie war.

»Warum hast du Hendow verraten?« rief Mirus.

»Du warst nicht mehr da!« weinte Tupita. »Du warst entlassen worden. Du warst weg! Ich hasste Doreen, weil Hendow dich wegen ihr entlassen hatte. Ich wollte sie verkaufen und es euch allen zeigen, wenn ich aus Brundisium flüchtete.«

»Aber du bist nicht geflohen, oder?« fragte Hendow.

»Nein, Herr!« schluchzte sie.

»Du bist jetzt offensichtlich eine Sklavin, im Kragen, halbnackt, im Gras kniend und um dein Leben fürchtend!«

»Ja, Herr.«

»Wenn du aus Brundisium entkommen wärst, wohin wärst du gegangen?« fragte er. »In welchem Dorf oder welcher Stadt hättest du erwartet, dass deine Vergangenheit nicht untersucht worden wäre? Wo wolltest du deinen Kragen loswerden? Hättest du nicht immer noch dein Brandzeichen gehabt?«

Sie schluchzte auf.

»Gibt es für solche wie dich ein Entkommen?« bohrte Hendow weiter.

»Nein, Herr«, weinte sie, »solche wie ich können nicht entkommen.«

»Warum hast du es dann getan?« fragte Mirus, ohne seine Augen von Hendow zu lösen.

Ich glaubte nicht, dass Mirus sich noch lange auf den Beinen halten konnte.

»Verstehst du denn nicht?« schluchzte sie. »Ich habe es wegen dir getan.«

»Absurd.« entgegnete Mirus.

»Ich wollte nicht ohne dich sein.« schluchzte sie.

»Du kleine Närrin.«

»Außerdem war ich eifersüchtig auf Doreen. Ich habe geglaubt, dass du dich für sie interessiertest.«

»Möglichweise habe ich Interesse an ihr gefunden«, sagte Mirus, »so wie an vielen Sklavinnen. Aber sie, obwohl sie vielleicht schöner als andere ist, bedeutete mir nie mehr, wirklich, das weiß ich jetzt und wusste es schon lange, als jede andere Hure, die ich von Zeit zu Zeit für ein Ahn zur Melodie meiner Peitsche, wenn ich Lust dazu hatte, mit in einen Alkoven genommen hatte, um mich mit ihr zu vergnügen.«

»Oh, Herr!« keuchte sie.

»Aber wie ist das mit dir?« fragte er.

»Verstehst du nicht, Herr?« schluchzte sie. »Obwohl du kaum weißt, dass es mich gibt, obwohl du mich vielleicht verachtest oder hasst oder über mich lachst, liebe ich dich doch!«

Er schien erschrocken.

»Ja«, schrie sie, »Ich bin deine dich liebende Sklavin! Ich habe das gewusst, seit ich zum ersten Mal zu deinen Füßen sein durfte! Wenn du mich mit tausend Ketten und Schlössern fesseln würdest, könnte mich das nicht hilfloser machen als die Liebe, die ich für dich empfinde! Ach, jetzt weißt du alles! Jetzt kannst du mich töten, wenn du willst!«

Schluchzend legte sie ihren Kopf auf den Boden.

»Wenn du sie dein Schwert nicht spüren lassen willst«, mischte sich Hendow ein, »wie es den Anschein hat, dann muss ich das tun.«

»Nein.« rief Mirus.

»Glaubst du, dass du sie in deiner Verfassung genügend schützen kannst?« fragte Hendow.

»Ich werde sie bis zum Tod verteidigen!« rief Mirus.

»Tu nicht so, als wäre sie eine freie Frau«, sagte Hendow, »sie ist nur eine Sklavin.«

»Sie bedeutet mir mehr als zehntausend freie Frauen.« rief Mirus.

»Eine Sklavenschlampe?« fragte Hendow höhnisch. »Eine Frau, die von einem Sklavenblock gekauft werden kann?«

»Ja!« rief Mirus.

»Geh beiseite.« sagte Hendow.

»Hab Mitleid mit ihr!« rief Mirus.

Er konnte kaum sein Schwert halten. Ich fürchtete, er könnte jeden Augenblick in Ohnmacht fallen.

»Zeige Gnade, Herr!« flehte ich Hendow an.

»Du verlierst Blut, alter Freund.« bemerkte Hendow. »Ich glaube, du wirst nicht mehr lange stehen können. Vielleicht solltest du angreifen, solange du noch Kraft dazu hast.«

»Bei unserer Freundschaft«, entgegnete Mirus schwach, »töte sie nicht.«

»Du wolltest diese Sklavin töten, oder?« erkundigte sich Hendow.

»Ja.«

»Aber Tupita soll nicht sterben?«

»Nein.«

»Vielleicht«, sagte Hendow lächelnd, »können wir dann darüber reden.«

Mirus sah ihn wild an.

»Es ist zu spät!« weinte Tupita. »Seht!«

Wir blickten hoch, um zu sehen, dass uns mit einigen Yard Abstand Männer eingeschlossen hatten. Es waren fünf. Bei ihnen waren die Bestien. Borko knurrte bedrohlich.

»Da ist ein Sleen.« bemerkte der Bärtige, der Anführer der Männer, die uns abholen wollten. »Schade, dass wir keine Speere haben.«

Der kleine Mann, der mit dem Anführer verhandelt hatte, stand im Hintergrund. Seine zwei Begleiter standen ein Stück vor ihm. Beide waren raue, grimmig blickende Männer, mit Schwertern bewaffnet. Ich hielt sie für nicht so gefährlich wie den Anführer und seinen Begleiter. Er war mit zwei Männern gekommen, erinnerte ich mich plötzlich.

Zwei der Bestien gingen auf uns zu. Sie knurrten genauso wie Borko. Ich spürte, dass sie nichts fürchteten, nicht einmal ein solch schreckliches Tier wie ein Sleen. Obwohl sie als Waffen nur ihre Zähne und Krallen hatten, hielten sie sich für überlegen.

»Was sind das für Dinger?« fragte Hendow.

»Wo ist Lucinius?« fragte der Bärtige.

»Das sind ja wirklich große Männer«, bemerkte Hendow, »ich hätte auch nichts dagegen, einen Speer zu haben.«

»Dein Schwert ist blutig.« sagte der Bärtige.

»Dann habe ich Lucinius vielleicht getroffen.« sagte Hendow.

»Du solltest fliehen.« sagte Mirus.

»Nein.« entgegnete Hendow.

»Hütet euch vor ihm«, warnte der Bärtige, »er ist vielleicht gefährlich.«

»Komm näher«, sagte Hendow, »und prüfe das Blut auf meiner Klinge. Vielleicht erkennst du es.«

Borko kauerte sich zusammen, seine Schultern waren ein wenig höher als sein Kopf. Er knurrte.

»Ich gebe dich frei, Borko, alter Freund.« sagte Hendow. »Geh. Kehre in die Wildnis zurück. Du bist frei!«

Aber die Bestie blieb, wo sie war, neben ihrem Herrn.

»Wie du willst«, sagte Hendow, »du hast die Wahl, mein Freund.«

»Wir sind verloren«, bemerkte Mirus, »ich kann dich nicht unterstützen.«

»Bleib hinter mir.« sagte Hendow.

Aber Mirus sank dort, wo er war, auf die Knie.

Ich verstand nicht, wie er so lange durchgehalten hatte. Er musste ein Mann von unglaublicher Stärke sein.

»Ihr seid wirklich hässliche Kerle.« sagte Hendow zu den zwei Bestien.

Sie kamen sehr misstrauisch näher.

»He Jungs«, sagte Hendow, »versteckt euch nicht hinter euern Haustier-Urts. Kommt mutig selbst her. Zeigt, dass ihr Männer seid!«

»Lasst euch nicht provozieren!« warnte der Bärtige. »Das Blut von Lucinius sollte euch zur Vorsicht mahnen!«

»Clevere Jungs!« lachte Hendow.

»Achtet auf den Sleen!« rief der kleine Mann den Bestien zu. »Er ist gefährlich!«

Eine der Bestien, die jetzt schon sehr nahe, nur noch etwa fünfzehn Fuß weg waren, zog ihre Lippen zurück und zeigte ihre Reißzähne. Merkwürdigerweise schien das ein Ausdruck des Vergnügens zu sein. Doch dann dachte ich daran, dass man so etwas mit Vernunft beurteilen musste.

»Flieht, Herr!« sagte ich. »Flieht!«

Aber Hendow bewegte sich nicht. Sein ganzer Körper schien so angespannt, so lebendig, so bereit zu sein wie Borkos. Er würde natürlich Mirus nicht im Stich lassen. Außerdem konnte er den Bestien nicht entkommen. Ich hatte gesehen, wie sie sich bewegt hatten. Ich schluchzte auf.

»Hüte dich vor den Bestien, Herr.« sagte ich. »Sie sind vernunftbegabt. Sie können denken. Sie können sprechen!«

»So«, antwortete Hendow, »du hast also immer noch eine Lügenzunge in deinem Kopf. Vielleicht erinnerst du dich daran, wie du mich das letzte Mal belogen hast?«

Ich stöhnte auf. Ich war ausgepeitscht worden. dann war ich gezwungen worden, die Peitsche zu küssen. Dann musste ich niederknien, mein Kopf war auf dem Boden, meine Hände wurden hinter meinem Rücken festgehalten und wurde in dieser Sklavenpose vergewaltigt.

»Ich lüge nicht, Herr.« versicherte ich.

»Du dort, du großes, hässliches Tier«, rief Hendow zu dem Anführer der Bestien, der ein wenig zurückgetreten war, »sie lügt, oder?«

Die Bestie fletschte die Zähne.

»Natürlich.« antwortete sie.

»Da habe ich mir gedacht.« sprach Hendow.

Ich war verwirrt und erschrocken, aber auch etwas ermutigt, weil ich begriff, dass er mir geglaubt hatte, obwohl meine Behauptung sehr unwahrscheinlich geklungen hatte. Doch dann verstand ich, dass schon die Warnung des kleinen Mannes und die Reaktion der Bestien darauf Hendow gezeigt haben musste, dass die Bestien die menschliche Sprache verstanden. Hendow hatte mich, ein Sklavenmädchen, also nur im Rahmen seiner Strategie benutzt, um die Bestien abzulenken und mit ihnen zu spielen. Wie überlegen er mir doch war! Wie richtig es doch war, dass ich entsprechend der natürlichen Ordnung nur die Sklavin eines solchen Mannes war!

»Ihr Kerle seid eine Art Urt, nicht wahr?« fragte Hendow.

Der Anführer der Bestien richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Sein Fell schien sich an seinem Kopf und den Schultern zu sträuben. Seine Augen blitzten. Tela schrie. Seine Ohren legten sich an seinen Kopf an, genauso wie Borkos. Dies, so nahm ich an, war ein Zeichen, dass er kampfbereit war, sie waren dadurch weniger verwundbar, es war weniger wahrscheinlich, dass sie in einem Kampf zerrissen oder zerbissen wurden.

»Ich habe noch nie so große Urts gesehen!« rief Hendow.

»Wir sind ein eigenes Volk!« entgegnete der Anführer der Bestien.

»Erstaunlich«, sagte Hendow zu dem kleinen Mann, von dem er zu Recht annahm, dass er mit den Bestien zusammenarbeitete, »wie hast du ihnen das Reden beigebracht?«

»Lasst euch von ihm nicht wütend machen!« rief der kleine Mann den Bestien zu. »Er will euch hereinlegen!«

Aber ich glaube, sie hörten ihm gar nicht zu. Ihre Aufmerksamkeit war auf Hendow gerichtet. Ich stöhnte auf, hilflos an das Geländer gefesselt. Ich bewegte meine Handgelenke. Ich konnte sie nicht lösen, sie waren perfekt hinter meinem Rücken zusammengebunden. Ich konnte mich nicht selbst befreien.

»Das ist ein großartiges Kunststück«, sprach Hendow weiter zu dem kleinen Mann, »mach es noch einmal! Bring sie noch einmal dazu, so zu tun, als ob sie sprechen könnten!«

Der Anführer der Bestien gab wütend in ein unmenschliches, barbarisches, wildes Knurren von sich, es klang wie das Brüllen eines Löwen, das Zischen eines Sleen, das Knurren eines Panthers, war aber eindeutig eine artikulierte Folge von Geräuschen, eine Form der Kommunikation mit seinen Begleitern. Er zeigte auf Hendow. In diesem Augenblick war der Sleen vergessen. Er aber ließ die vordere der beiden Bestien nicht aus den Augen. Die sprang auf Hendow los, erreichte ihn aber nicht. Borko sprang ihr an die Kehle, schlug seine Zähne in ihren Körper und hing an ihr, mit seinen hinteren vier Beinen ihren Bauch aufreißend. Die andere Bestie wollte ihr zu Hilfe kommen, aber Hendow schlug mit seinem Schwert nach ihrem Nacken. Die Klinge drang nicht weit ein, weil sie von dicken Wirbelknochen gestoppt wurde, trotzdem durchnässte Bluten den Rücken der Bestie. Sie wirbelte herum, um Hendow anzugreifen, doch der stieß mit seinem Schwert nach ihr. Die Klinge drang sechs Zoll tief in den Körper der Bestie, doch die Bestie hielt stand und drang dann langsamer auf ihn ein. Sie fiel nicht. Hendow trat zurück. Ich glaube, erst jetzt erfasste er völlig, wie stark und energisch die Bestien waren und wie schwierig es werden könnte, sie zu töten. Die zwei Begleiter des kleinen Mannes drängten nach vorn. Hendow wich zurück, um ihrem Angriff zu begegnen.

Mirus versuchte aufzustehen, schaffte es aber nicht. Ich spürte Tupitas Hand an meinen Fesseln. Sie versuchte, sie zu lösen.

Die Bestie, die Hendow verletzt hatte, war zum Kampf Borkos mit der anderen Bestie zurückgesprungen. Der Anführer der Bestien kauerte neben ihnen auf allen vieren, umkreiste sie wild blickend und wartete auf seine Chance. Borko und die zwei Bestien rollten durch das Gras, knurrten und verschwammen zu einem um sich beißenden Fleck. Es war schwierig, sie auseinander zuhalten oder zu sagen, wer wo war, so schnell änderten sich ihre Positionen.

»Ein Schwert! Ein Schwert!« rief der Anführer der Bestien.

Er schien zu wissen, wie gefährlich es ist, sich solch einem Ort der Gewalt, solch einem unberechenbaren Gewirr von Zähnen und Klauen zu nähern. Mit einem Schwert kann man aus einem gewissen Abstand kämpfen. Der Begleiter des bärtigen Mannes eilte auf dessen Befehl zu den kämpfenden Tieren, um zu versuchen, den Sleen zu erstechen. Auch das war nicht ungefährlich. Der Sleen konnte jederzeit auch ihn angreifen.

Tupita löste meinen Hals vom Geländer.

Hendow fällte einen der Begleiter des kleinen Mannes. Dann wandte er sich dem Bärtigen zu, der, nachdem sich sein Begleiter in den Kampf der Bestien eingemischt hatte, ohne sich selbst auch daran zu beteiligen, vorsichtig näher gekommen war. Es schien, als wäre ihm ein menschlicher Gegner lieber. Außerdem hegte er, wie ich einen Augenblick später begriff, einen Plan.

Der andere Begleiter des kleinen Mannes wich schreckerfüllt zurück. Der Bärtige verteidigte sich verzweifelt. Er war sehr geschickt. Er schützte sich. Ich merkte, dass es sehr schwierig ist, einen Mann anzugreifen, der in erster Linie sich selbst verteidigt.

»Kämpfe!« schrie Hendow ihn an.

»Greif den anderen Mann an!« rief der Bärtige dem Begleiter des kleinen Mannes zu. »Töte ihn!«

Mirus konnte sich nicht verteidigen. Tupita schrie vor Schreck auf und unterbrach ihre Bemühungen, mich zu befreien. Der Begleiter des kleinen Mannes zog sein Schwert und rannte auf Mirus zu. Hendow drehte sich, um Mirus zu schützen, er stoppte den Angreifer, wehrte seinen Schwerthieb ab, doch dabei musste er, wie der Bärtige zweifellos gehofft hatte, seine eigene Abwehr öffnen. Ich schrie auf und sah wie Hendow steif wurde, als die Waffe des bärtigen Mannes ihn durchbohrte. Er sank neben Mirus auf die Knie und dann auf alle viere. Der Bärtige trat Hendows Waffe weg. Hendow hatte natürlich bemerkt, dass er seine linke Seite bei der Verteidigung von Mirus entblößt hatte. Aber er hatte keinen Augenblick gezögert.

Tupita war hinter dem Geländer hervorgekommen, wo sie versucht hatte, mich zu befreien und rannte jetzt zu Mirus, um ihn mit ihrem Körper zu beschützen. Der bärtige Mann interessierte sich jedoch gar nicht für Mirus. Vielleicht hielt er ihn schon für tot. Sein Schwert, das seine Hand immer noch umklammerte, hing nach unten. Er wischte es an seinem Bein ab. Dann lief er dorthin, wo die Tiere kämpften, ging jedoch nicht zu nahe heran. Dort war, aber auch auf Abstand bedacht, der kleine Mann. Der andere Mann, der letzte der Begleiter des Bärtigen, stand im Hintergrund. Sein Gesicht war bleich. Er hielt seinen verletzten Arm. Sein Schwert war blutig. Ich wusste nicht, ob er den Sleen angegriffen hatte, weil ich mich auf Hendow und Mirus konzentriert hatte.

Eine der Bestien im Gewirr des Kampfes erschien seltsam träge. Ihr Kopf saß lose auf den Schultern, wie ein Spielzeug an einer Schnur. Dann fiel der Körper der Bestie leblos seitwärts ins Gras. Es war die Bestie, die als erste Borko und Hendow erreicht hatte, diejenige, die sich über die Warnung des kleinen Mannes amüsiert zu haben schien. Sie und ihre Freunde schienen aber jetzt begriffen zu haben, wie gefährlich der Sleen war.

Die zweite Bestie rang mit Borko, stieß seinen Kopf hoch und zurück. Die Bestien hatten nicht nur Zähne und Klauen wie Raubtiere, sondern auch zum Greifen geeignete Krallen, wie sie baumbewohnende Klettertiere besitzen. Beide Bestien und Borko waren blutüberströmt. Ich glaubte, eine der Bestien versuchte, Borkos Genick zu brechen, doch dann verstand ich, dass sie nur versuchte, seine Kehle zu entblößen. Gleichzeitig rissen Borkos vier hintere Füße den Unterleib der Bestie auf. Die Bestie biss nach Borkos Kehle, doch dort schützte ihn das schwere Stachelhalsband. Die Stacheln spießten in die Schnauze und die Zunge der Bestie. Blut spritze ihr vom Maul. Sie heulte wütend auf. In diesem Augenblick sprang der Anführer der Bestien, der sich bisher aus dem Getümmel herausgehalten, es wie eine Katze umschlichen, beobachtetet und auf eine Gelegenheit gewartet hatte, Borko von hinten an und versuchte, sein Halsband zu zerbeißen. Aber, ich glaube zum Erstaunen der Bestie, war das, als versuchte sie, eine explodierende Bombe zu ergreifen, so wirbelte der Sleen mit der in das Halsband verbissenen Bestie herum und biss und hieb um sich. Die Bestie ließ verblüfft los und fiel zurück. Sie legte die Pfote auf ihre Brust, wischte dort Blut ab und besah es sich ungläubig. Es war ihr eigenes Blut. Borko versuchte, sie anzuspringen, aber eines seiner Hinterbeine steckte in den Eingeweiden der anderen Bestie fest.

Die schrie vor Schmerzen. Sie ergriff Borko bei seinem Hinterbein und schleifte ihn weg, so dass er den Anführer der Bestien nicht mehr angreifen konnte. Der kauerte knurrend im Gras, schien aber nicht begierig darauf, sich wieder in Reichweite der Kiefern des Sleen zu begeben.

»Töte ihn!« schrie der kleine Mann der kämpfenden Bestie zu.

»Töte ihn!« schrie er auch zu dem Bärtigen und dessen Begleiter mit dem verletzten Arm.

»Nimm dein Schwert!« befahl der Bärtige seinem Begleiter.

»Nimm du doch deines.« erwiderte der erbittert.

Tupita weinte über Mirus, der bewusstlos niedergefallen war. Mit Händen und Haaren versuchte sie, sein Blut zu stillen.

Hendow, der auf allen vieren war, hob seinen Kopf. Das Gras auf seiner Seite war blutdurchtränkt. Sein Schwert war verschwunden.

Die Bestie, die mit Borko kämpfte, war jetzt hinter ihm und versuchte, sich mit Klauen und Zähnen im Fell verbeißend, an dessen Körper hochzukriechen. Borkos Aufmerksamkeit war immer noch auf den Anführer der Bestien gerichtet, der vorsichtig und blutend außerhalb seiner Reichweite abwartete.

Hendow tastete nach dem Messer an seinem Gürtel. Ich sah, wie die große, geballte Faust der Bestie sich erhob und dann wie ein Hammer immer und immer wieder auf Borkos Rücken niederfuhr. Ich glaube, ein einziger solcher Schlag hätte ein Gitter zerschmettern können. Die Bestie ließ dann das Halsband von hinten los, warf es beiseite, hob den Sleen hoch in die Luft, biss ihm das Genick durch und ließ ihn zu ihren Füßen niederfallen. Der Anführer der Bestien sprang an seinem Platzt hoch und runter und reckte brüllend die Arme.

Die siegreiche Bestie, eine Masse von Blut und Wunden, stand über Borko. Ich aber beobachtete merkwürdiges an ihrem Unterleib. Mit einer Pfote schob sie die hervorquellenden Eingeweide zurück in den Bauch.

Hendow taumelte mit gezogenem Messer auf seine Füße. Die Bestie wandte ihren Blick zu uns und fletschte die Zähne. Dann stieß ihr Hendow sein Messer bis zum Heft in die Brust. Der Bärtige stürzte vorwärts und stach Hendow zweimal von hinten nieder. Hendow fiel tot ins Gras. Einen Augeblick später fiel auch die Bestie tot um.

Der bleichgesichtige Mann zitterte. Ich glaube, sogar die letzte der Bestien schauderte. Fünf Männer waren hierher gekommen, um Sklavinnen zu erwerben. Zwei von ihnen hatten überlebt, unter ihnen der Bärtige, ihr Anführer. Der andere war verletzt worden, wahrscheinlich bei dem Versuch, in den Kampf der Bestien einzugreifen. Vielleicht war es sogar ein unbeabsichtigter Hieb der anderen Bestie und nicht einer von Borko gewesen. Es schien, als wäre es ihm nicht klar gewesen, wie wenig weise es war, sich in diesen Kampf einzumischen. Drei Männer waren mit den Bestien im Bunde gewesen. Von diesen hatte nur einer überlebt, der kleine Mann. Drei Bestien waren es gewesen. Zwei von ihnen wurden getötet, eine von Borko und eine von Hendow. Der Anführer der Bestien war blutüberströmt, aber ich denke, seine Wunden waren nicht schwer.

»Das war ein blutiger Nachmittag.« bemerkte der Bärtige.

»Meine Freunde sind tot.« sagte der Kleine und betrachtete die Bestien.

Der Anführer der Bestien knurrte ihn an.

»Wer waren diese beiden?« fragte der Mann mit dem aufgerissenen Arm und zeigte auf Hendow und Mirus.

»Dieser«, sagte der Bärtige und wies auf Hendow, »war ein guter Schwertkämpfer.«

»Aber was wollte er hier?«

»Er hatte einen Sleen«, spekulierte der Bärtige, »Zweifellos war er ein Sklavenjäger.«

»Der andere lebt vielleicht noch.« sagte der Mann mit dem verletzten Arm.

Sein Blut floss jetzt langsamer, weil er die Wunde mit seiner Hand zusammendrückte. Trotzdem quoll es immer noch zwischen seinen Fingern hervor, rann über sein Handgelenk und über seinen Handrücken.

Tupita, die sich über Mirus zusammengekauert hatte, sah erschrocken hoch. Mirus’ Augen waren geöffnet. Ihr Haar und ihre Hände waren mit Blut bedeckt. Sie hatte die Blutung gestoppt. Ich glaubte aber nicht, dass er in der Lage war, sich zu erheben.

»Töte ihn.« befahl der Bärtige seinem Begleiter.

»Nein!« protestierte Tupita.

»Nein.« sagte auch der Mann.

»Er ist hilflos.« sagte der Bärtige.

»Mach es selbst, wenn du es willst.« sagte der verwundete Mann.

»Also gut.« sprach der Bärtige.

»Bitte nicht!« flehte Tupita.

Der Bärtige betrachtete sie amüsiert.

»Bitte nicht.« weinte sie.

»Was bedeutet er für dich?« erkundigte er sich.

»Ich liebe ihn!« schluchzte sie.

»Ah ja.« sagte er belustigt.

»Tu ihm nichts«, schluchzte Tupita, »ich mache alles für dich!«

»Glaubst du, du bist eine freie Frau«, fragte er, »die um das Leben ihres Liebhabers feilschen kann, die all ihr Glück aufgeben kann, um ihn überleben zu lassen, die sogar bereit ist, sich auszuziehen, zu meiner Sklavin zu werden und mir uneingeschränkt zu dienen, wenn ich bereit bin, ihn zu schonen?«

»Nein, Herr«, schluchzte sie, »ich bin keine freie Frau.«

»Willst du mit mir feilschen?« erkundigte er sich.

»Nein, Herr.«

»Besitzt du irgendetwas, um mit mir zu handeln?«

»Nein, Herr«, schluchzte sie, »aber ich flehe dich an, ihn zu verschonen!«

»Glaubst du, dass ich hier weggehe, wenn ich einen Feind hinter mir lasse?«

»Bitte, Herr!« flehte sie.

Mirus betrachtete den Bärtigen, er war noch immer halb bewusstlos. Er konnte sich nicht erheben.

»Wie es aussieht«, sagte der Bärtige belustigt, »kam er hierher, um sich das Blut einer Sklavin zu holen, und wenn ich mich recht an seine Blicke erinnere, war es diese Sklavin.«

Er deutete auf mich.

»Ist das nicht so, meine Liebe?«

»Ja, Herr.« antwortete ich.

»Dann haben wir dir das Leben gerettet.« stellte er fest.

Ich nickte. Es stimmte, sie, oder die Bestien, hatten das getan.

»Wenn wir ihn hier lassen und er erholt sich wieder«, sagte er, »vermute ich, dass er sein Ziel weiter verfolgt, er scheint ja ein sehr entschlossener Mann zu sein.«

»Ja, Herr.« stimmte ich zu.

Das erschien in der Tat ziemlich wahrscheinlich.

»Du hast ihren Hals vom Geländer gelöst«, fuhr der Bärtige, an Tupita gewandt, fort, »anscheinend wolltest du sie befreien. Also gut, dann befreie sie jetzt vollständig.«

»Bitte nicht.« sagte Tupita.

»Keine Angst«, entgegnete er, »sie wird nicht lange frei sein.«

»Bitte.« schluchzte Tupita.

»Los!« befahl der bärtige Mann.

Tupita kam weinend zu mir an das Geländer. Schluchzend und unter Schwierigkeiten befreite sie meine Knöchel. Dann schien es, als ob sie meine Handgelenke nur widerwillig befreien wollte.

»Callisthenes kommt her.« bemerkte der Mann, der seinen Arm hielt.

Er spähte über die Wiese.

»Er will nachsehen, welchen Grund die Verzögerung hat.« erklärte der Bärtige dem kleinen Mann. »Wir hatten ihn mit Alcinous und Portus im Sklavenwagen gelassen.«

Der sich nähernde Mann zögerte, was wegen des Anblicks der Bestie verständlich schien. Als er aber sah, dass seine Freunde neben ihr standen und ihn heranwinkten, kam er näher, wenn auch mit einiger Vorsicht.

»Was ist passiert?« fragte er. »Was ist das?«

»Beachte es nicht«, antwortete der bärtige Mann leichthin, »es ist freundlich gesinnt.«

»Hier hat es einen Kampf gegeben.« erklärte der andere Mann.

»Alcinous und Portus kommen auch her.« sagte der Neuankömmling. »Es wird bald dunkel sein.«

Er betrachtete Borkos Körper im Gras. Das Stachelhalsband war ihm von der zweiten Bestie abgerissen worden.

»Hier scheint es Sleens zu geben.« sagte er.

»Das ist ein gezähmter Sleen.« erklärte der kleine Mann.

»Unser Freund hier hat ihn getötet.« bemerkte der verwundete Mann ironisch und deutete auf die Bestie, die Borko erschlagen hatte.

»Für diese hier hat es sich doch gelohnt zu warten, oder?« fragte der Bärtige und deutete auf uns.

Die Augen des Neuankömmlings glänzten.

»Ausgezeichnete Sklavinnen.« bemerkte er.

»Und sie sind bestimmt mindestens fünf Silber-Tarsks pro Stück wert.« warf der kleine Mann ein.

»Mindestens.« stimmte der Neuankömmling zu.

»Solide, harte Silber-Tarsks.« sagte der Kleine.

»Sicher.« bekräftigte der Neuankömmling.

Der kleine Mann sah den Bärtigen an.

»Mit diesen zwei hatten wir einigen Ärger«, erklärte der und deutete auf Hendow und den ausgestreckt daliegenden Mirus, »aber jetzt ist von ihnen nichts mehr zu befürchten.«

Der Neuankömmling sah sich besorgt um.

»Ist am Wagen alles in Ordnung?« fragte der Bärtige.

»Ja.« antwortete der Neuankömmling. »Vor ein paar Ahn kam ein Reisender die Straße entlang, aber der ist schon wieder weg.«

»Geh zum Wagen zurück«, befahl der Bärtige, »und sage Alcinous und Portus, dass wir gleich dort sein werden.«

Der Mann drehte sich um und ging über die Wiese zurück. Ich nahm an, dass der Wagen im Gehölz ein Stück weg von der Straße versteckt war. Der Arm des Verwundeten hatte aufgehört zu bluten oder jedenfalls fast. Mit einer Hand und den Zähnen zerriss er seine Tunika und band die Stoffstreifen um seinen Arm. Es kam etwas Blut durch den Stoff, aber nur sehr wenig, nur ein kleiner Fleck und dann nichts mehr.

Er sah auf mich herunter. Ich war immer noch auf meinen Knien. Tupita hatte aufgehört, meine Handfesseln zu lösen, als der Mann gekommen war. Meine Hände waren noch hinter meinem Rücken gefesselt. Er war es gewesen, der mich schon vorher, während der Verhandlungen, betrachtet hatte. Wieder genauso erschrocken spreizte ich meine Knie weiter. Meine Beziehungen zu ihm waren nur zu klar. Er grinste und ich senkte wieder den Kopf. Ich dachte daran, wie die Augen des anderen Mannes, der vom Wagen, uns alle abgeschätzt hatten.

»Bist du noch nicht fertig damit, ihre Fesseln zu lösen?« fragte der Bärtige.

»Verzeih mir, Herr.« entschuldigte sich Tupita und beugte sich schnell wieder über meine Fesseln.

Es war schwer für sie, die Knoten zu lösen, weil ein Mann sie geknüpft hatte.

»Dumme, langsame Sklavin.« schimpfte der Bärtiger und stellte sich hinter mich.

Er stieß Tupita beiseite und legte sein Schwert ins Gras. Dann löste er die Knoten. Weil er das Seil nicht einfach durchschnitt, vermutete ich, dass ich damit später wieder gefesselt werden sollte. Er nahm sein Schwert wieder auf. Dann trat er zurück und bedeutete mir, aufzustehen. Ich tat es, unsicher, weil ich so fest gefesselt gewesen war.

Ich stand vor dem Geländer. Tupita war hinter mir, halb unter dem Geländer, wohin sie gestoßen worden war. Sie lag verängstigt halb auf der Seite. Sie war sehr schön, die Brüste entblößt, ihr Hals in Ionicus’ Kragen, um ihre Hüften und Schenkel die Reste ihrer Arbeitstunika, die Tunika, von der sie ein Stück für mich geopfert hatte. Tela war unglaublich begehrenswert in ihrem Stück roter Seide, dass sie auf Befehl von Aulus trug, und Mina und Cara waren kaum weniger schön, noch immer links von mir mit ihrem Hals ans Geländer gefesselt.

»Tritt vor, meine halbnackte Schöne.« sagte der Bärtige schmeichlerisch mit einer Handbewegung.

Ich trat ein Stück vor.

»Dort«, sagte er und zeigte grinsend auf Mirus, »ist der Mann, der dich verfolgt hat, der auf dein Blut aus war.«

Ich blickte auf Mirus.

»Was für eine glückliche Sklavin du doch bist, ihn jetzt in deiner Gewalt zu haben.« sprach er weiter.

Ich sah ihn an. Ich verstand ihn nicht richtig. Sie wollten mich doch sicher nicht gehen lassen. Er hatte zu Tupita gesagt, ich würde nicht lange frei sein. Außerdem würden sie sicher keine Rücksicht auf mich nehmen. Sie hatten fünf Tarsks für mich bezahlt, Silber-Tarsks.

»Wenn du dich erholst, wirst du sie wieder verfolgen, oder?« fragte er, neben ihm niederkauernd, Mirus.

Mirus erwiderte seinen Blick schwach, aber wütend und stolz.

»Ja«, antwortete er, »das würde ich.«

»Dort«, sagte der Bärtige, »im Gras ist das Schwert des Sklavenjägers. Wir erlauben dir, dorthin zu gehen und es zu holen. Ja, du darfst es anfassen. Nur für ein oder zwei Augenblicke. Ja, obwohl du eine Sklavin bist. Du kannst es benutzen, um diesem Mann hier ein Ende zu bereiten. Du wirst dann mit ihm fertig sein. Du brauchst nicht mehr in Angst und Schrecken zu leben, nicht mehr bei jedem unbekannten Geräusch, bei jedem Schatten in der Dunkelheit zurückzuschrecken.«

»Tu es nicht, Tuka, ich flehe dich an!« schrie Tupita. »Er kann sich nicht bewegen. Er ist hilflos. Tue ihm nichts!«

»Es wird zweifellos keine saubere Arbeit werden, schließlich hat sie nur die Kraft eines Mädchens«, sagte der Bärtige zu Mirus, »aber ich bin sicher, irgendwann ist sie damit fertig.«

Tupita brach in Tränen aus. Ich wollte mich dem Schwert nicht einmal nähern. Es war, als würde es Warnungen und Schrecknisse ausstrahlen und unsichtbare Flammen, die mich verbrennen würden. Es war eine Waffe! Ich traute mich nicht, näher heranzugehen.

»Hab keine Angst.« sagte der bärtige Mann.

Außerdem war es Hendows Schwert. Er hatte damit das Leben seines besten Freundes Mirus geschützt und ihm war klar gewesen, dass er dabei seine Deckung für das Schwert seines Gegners geöffnet hatte. Er hatte sein Leben für das seines Freundes gegeben. Wie ironisch, wie undenkbar, wenn ich dieselbe Klinge jetzt benutzen würde, um Mirus zu töten.

Mirus wendete mir seinen Kopf zu. Obwohl er so schwach war, loderten seine Augen vor Hass.

»Nimm das Schwert«, befahl er, »benutze es, wenn du kannst!«

Ich sah ihn elend an.

»Erwarte keine Gnade von mir«, fuhr er fort, wenn ich jemals wieder dazu in der Lage bin, werde ich dich suchen. Ich werde dich jagen. Ich werde dich mit der Unerbittlichkeit eines Sleen verfolgen.«

»Los, geh!« drängte der Bärtige. »Hab keine Angst! Zeige, dass du Mut hast! Zeige, dass du stark bist! Zeige, woraus du gemacht bist! Tu es! Wir werden dich bewundern! Wir werden dich preisen!«

Ich fiel im Gras auf meine Knie.

»Ich darf keine Waffe anfassen!« sagte ich.

»Du hast unsere Erlaubnis!«

Ich schüttelte ängstlich den Kopf.

»Du hast Angst.«

»Ja, Herr.«

»Du bist ein Schwächling.«

»Ja, Herr.« entgegnete ich. »Aber auch wenn ich kein Feigling wäre, würde ich es nicht tun.«

»Tapfere Tuka!« rief Tupita.

»Ich bin eine Sklavin«, sprach ich weiter, »ich existiere für das Vergnügen und zum Lieben der Männer und zum Dienst an ihnen. Ich darf ihnen nichts tun. Ich möchte es auch nicht. Töte mich, wenn du musst.«

»Wir schenken dir die Freiheit, wenn du es machst.« bot der Bärtige an.

»Verzeih mir, Herr. Nein, Herr.« entgegnete ich.

»Leg deinen Kopf ins Gras.« befahl der Mann. »Wirf dein Haar nach vorn, so dass dein Genick frei liegt.«

Ich gehorchte.

»Bitte nicht, Herr!« schrie Tupita.

Ich spürte die Schwertklinge an meinem Nacken. Sie berührte mich oberhalb des Kragens und bewegte sich gegen die Haare auf meinem Nacken. Sie schien sehr scharf zu sein.

»Bitte, Herr, tue es nicht!« schrie Tupita.

»Du hast deine Meinung vielleicht geändert?« fragte der Bärtige.

»Nein, Herr. Verzeih mir, Herr.« entgegnete ich.

Ich spürte, wie die Klinge hochgehoben wurde. Ich schloss meine Augen. Dann hörte ich ihn lachen. Erschrocken öffnete ich meine Augen wieder. Ich hörte, wie das Schwert in seine Scheide gesteckt wurde.

»Bara!« schnauzte der Mann.

Ich warf mich im Gras in der befohlen Haltung auf den Bauch und legte meine Hände mit überkreuzten Handgelenken auf meinen Rücken. Verwirrt und gehorsam lag ich dort. Er ging, um die Seile zu holen, die Tupita und er selbst mir vor kurzem abgenommen hatten. Ich war verschont worden!

Er kam zurück und hockte sich über mich. Meine Handgelenke und Knöchel wurden fest zusammengebunden. Er wusste, wie man Frauen richtig fesselt.

»Oh!« sagte ich, als meine Knöchel dann hochgezogen und an meinen Handgelenken befestigt wurden.

Er zog mich hoch auf meine Knie und dann kniete ich hilflos und perfekt gefesselt vor ihm. Er schien amüsiert.

»Herr?« fragte ich.

»Du bist eine ausgezeichnete Sklavin.« bemerkte er.

»Herr?«

»Du schuldest mir jetzt dein Leben.«

»Ich verstehe nicht.«

»Und deine Sklaveninstinkte sind ausgezeichnet.«

»Meine Sklaveninstinkte?«

»Ja.«

»Ich verstehe nicht, Herr.«

»Glaubst du wirklich, wir hätten dich am Leben gelassen, wenn du einen freien Mann erschlagen hättest?«

»Du hast mir meine Freiheit versprochen.« flüsterte ich.

»Sobald du die Tat begangen hättest«, sagte der Bärtige, »hätten wir dir die Hände abgeschnitten. Dann hätten wir dir der Kopf abgeschlagen.«

»Du hattest mir meine Freiheit versprochen.« wiederholte ich.

»Keine Angst, nach der Tat hätten wir dir die Freiheit gegeben, nur für einen Augenblick, zu unserem Amüsement.« antwortete er. »Dann hätten wir dich wieder versklavt und bestraft.«

»Ja, Herr.« sagte ich zitternd.

»Auf diese Weise wärst du als Sklavin bestraft worden und wärst als Sklavin gestorben.«

»Ja, Herr.«

»Fahre fort, Männern gut zu dienen.«

»Ja, Herr.«

»Oh, Tuka, Tuka!« rief Tupita leise und freudig erregt.

Der bärtige Mann wandte ihr seinen Blick zu und sie schrak zurück.

»Fahre auch du fort, den Männern gut zu dienen.« sagte er zu ihr.

»Ja, Herr.« entgegnete sie.

Dann sah er zu Tela.

»Ja, Herr.« sagte auch sie.

Sein Blich fiel auf Mina und Cara.

»Ja, Herr.« sagte Mina.

»Ja, Herr.« sagte Cara.

»Was ist mit ihm?« fragte der Mann mit dem verbundenen Arm und wies auf Mirus.

»Ich werde ihn töten.« sagte der Bärtige.

Er zog sein Schwert.

»Nein!« schrie Tupita, rannte zu Mirus und warf sich über ihn.

»Ich werde sie auch töten.« sagte der Bärtige.

»Bitte nicht, Herr!« rief ich.

»Ich behalte die fünf Tarsks!« rief der kleine Mann.

»Ho, Fulvius! Fulvius!« hörten wir von einem Mann, der über die Wiese zu uns gelaufen kam. Es war Callisthenes, der schon vorher vom Wagen gekommen und dem befohlen worden war, dorthin zurückzukehren. Die überlebende Bestie erhob sich von dort, wo sie gesessen hatte, um Ausschau zu halten. Sie blutete nicht mehr, aber ihre ganze Brust war mit getrocknetem Blut bedeckt.

»Ich habe dir doch gesagt, du sollst zum Wagen zurückgehen.« sagte der Bärtige, der anscheinend Fulvius hieß. »Du solltest bei Alcinous und Portus warten.«

»Sie sind tot!« keuchte der Mann. »Ich fand sie tot vor!«

Fulvius und der Mann mit dem verbundenen Arm tauschten Blicke. Ich sah, wie sich Tupita von Mirus löste. Er erhob sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf einen Ellenbogen.

»Wie sind sie gestorben?« fragte Fulvius. »Haben sie Wunden?«

»Schwertwunden.« antwortete Callisthenes.

»Wurden sie von hinten angegriffen?«

»Scheinbar von vorn.« berichtete Callisthenes. »Und beide hatten ihr Schwert gezogen.«

»Wieviele Angreifer?«

»Ich denke, einer.«

»Es müssen mehr gewesen sein.« sagte Fulvius. »Alcinous und Portus waren gute Kämpfer.«

»Ich weiß nicht«, zweifelte Callisthenes, »vielleicht.«

»Hast du Spuren entdeckt?«

»Ich sah die von Alcinous und Portus und eine von jemand anderem.«

»Was sind das für Wunden?«

»Alcinous Wunde war an der Seite und zeigte auf sein Herz.« antwortete Callisthenes. »Portus ist durchbohrt worden.«

»Portus ist also als zweiter gestorben«, stellte Fulvius fest, »bei Alcinous wollte ihr Angreifer nicht riskieren, dass seine Schwertklinge bricht.«

Der Mann mit dem verbundenen Arm öffnete und schloss seine Hand, um die Festigkeit ihres Griffs zu testen.

»Sind der Wagen und das Tharlarion weg?« fragte Fulvius.

»Nein.«

»Was ist mit den Geldbeuteln von Alcinous und Portus?«

»Die sind verschwunden.«

»Gut«, sagte Fulvius, »also haben wir es mit einem Straßenräuber zu tun.«

»Er ist wahrscheinlich geflohen.« sagte der kleine Mann.

»Die Wunden wurden Alcinous und Portus von vorn beigebracht.« sagte Callisthenes.

»Warum sollte er nicht geflohen sein?« fragte der kleine Mann.

»Vielleicht ist er das«, antwortete Fulvius, »wir wissen es nicht.«

»Er ist vielleicht noch in der Nähe.« sagte der Mann mit dem verbundenen Arm. »Vielleicht will er noch mehr Gold.«

»Und vielleicht sind es doch mehrere«, befürchtete der kleine Mann, »vielleicht eine ganze Bande.«

»Möglich«, entgegnete Fulvius, »aber das glaube ich nicht.«

»Was sollen wir tun?« fragte der Mann mit dem verbundenen Arm.

»Kannst du dein Schwert benutzen?« fragte Fulvius.

»Ich glaube schon.«

»Callisthenes?« fragte Fulvius.

»Ja.«

»Die Bestie ist weg.« bemerkte der Mann mit dem verbundenen Arm plötzlich.

Sie war wirklich unbemerkt verschwunden.

»Wo ist sie?« fragte Fulvius den kleinen Mann.

»Ich weiß nicht.« antwortete der.

»Sie ist verwundet«, bemerkte Fulvius, »außerdem vermute ich, dass sie genug Blut für einen Tag gehabt hat.«

Der kleine Mann sah sich besorgt um.

»Unterstützt du uns?« fragte ihn Fulvius.

»Ich bin kein Krieger«, entgegnete er, »ich werde wohl auch verschwinden.«

»Deine Bestie hat dich alleingelassen.« stellte Fulvius fest.

»Ich war vorher allein unterwegs und kann es wieder sein.«

Er ging schnell zu seinem Gepäck neben der Decke.

»Lass die Decke und das Geld liegen.« sagte Fulvius.

»Nein!« rief der Kleine.

»Wirf deinen Geldbeutel dazu.« riet Fulvius.

»Nein!« rief der Kleine.

»Mach, was ich sage«, sprach Fulvius, »oder willst du lieber dein Gepäck und deine Kleider auf die Decke werfen und nichts mitnehmen als ein Stück Seil, das so lang wie dein Name ist und mit dem dir die Hände auf den Rücken gefesselt werden.«

Wütend warf der kleine Mann seinen Geldbeutel auf die Decke, schulterte sein Gepäck und eilte über die Wiese davon. Er ging in die entgegengesetzte Richtung, aus der Callisthenes gekommen war.

»Was ist, wenn die Bestie zurückkommt?« fragte der Mann mit dem verbundenen Arm.

»Das glaube ich nicht«, antwortete Fulvius, »und wenn doch, dann weiß ich eben nicht, wohin unser kleiner Freund gegangen ist, du etwa?«

»Nein.« lachte der Mann mit dem verbundenen Arm.

»Wenn die Bestie wütend wird, dann vermutlich auf ihn. Vielleicht glaubt sie sogar, dass er sie verlassen hat. Vielleicht sucht sie sogar nach ihm.«

»In diesem Fall wäre ich ungern an seiner Stelle.« bemerkte der Mann mit dem verbundenen Arm.

»Und wenn sie hierher zurückkommt«, fuhr Fulvius fort, »können wir uns vielleicht an seiner Stelle mit ihr verbünden.«

»Du vielleicht«, lehnte das der Mann mit dem verbundenen Arm schaudernd ab, »ich will mit so etwas nichts zu tun haben.«

»Wir müssen nur auf unsere Chance warten, die Bestie zu töten. Sie ist verwundet und wir sind zu dritt.«

»Mag sein.« zuckte der Mann mit dem verbundenen Arm die Schultern.

»Aber ich glaube nicht, dass sie zurückkommt.« wiederholte Fulvius.

»Ich hoffe nicht.« sagte der Mann mit dem verbundenen Arm.

»Ich wusste nicht, dass es solche Dinger gibt.« bemerkte Callisthenes.

»Ich auch nicht.« schloss sich der Mann mit dem verbundenen Arm an.

»Ich töte diesen Mann«, beschloss Fulvius, »dann gehen wir zum Wagen und sehen, ob wir die anderen finden können.«

Tupita schob ihren Körper wieder zwischen Mirus und Fulvius. Mirus saß jetzt mit dem Kopf in den Händen.

»Töte ihn später«, sagte der Mann mit dem verbundenen Arm, »es wird bald dunkel.«

»Also gut.« schloss Fulvius.

Sie gingen dann in die Richtung, aus der Callisthenes gekommen war, davon.

Es hätte nur einen Augenblick gedauert, Tupita beiseite zu stoßen und Mirus zu töten, aber ich spürte, dass der Mann mit dem verletzten Arm wenig Geschmack daran fand, einen hilflosen Feind zu töten. Fulvius, der in dieser Hinsicht rücksichtsloser, aber als kluger Taktiker erschien, hatte offenbar kein Interesse daran, jetzt etwas zu tun, das ihm Streit mit seinen Männern bringen konnte, deren Schwert er vielleicht bald brauchen würde. Außerdem konnte er Mirus später immer noch beseitigen. Er wollte schließlich, erinnerte ich mich, keine Feinde in seinem Rücken haben.

»Kannst du laufen, Herr?« flehte Tupita, die neben Mirus kauerte. »Kannst du rennen? Sie sind weg! Sie werden zurückkommen! Steh auf! Renne! Flieh!«

Mirus sah zu mir herüber, seine Augen waren glasig vor Schmerzen.

»Steh auf, Herr!« flehte Tupita. »Halt dich an mir fest! Ich will versuchen, dir zu helfen!«

Sie half ihm auf die Füße. Er stand schwankend da und sah mich an.

»Gut, Herr!« rief Tupita. »Halt dich an mir fest! Ich helfe dir!«

Wie stark Mirus sein musste, dachte ich, dass er sogar stehen konnte.

»Beeile dich, Herr«, drängte Tupita, »beeile dich!«

Doch er bewegte plötzlich seinen Arm und stieß sie zur Seite.

»Herr!« rief sie.

Er bückte sich, fiel fast hin und hob das Schwert auf, das der Mann fallen gelassen hatte, der von Fulvius gedrängt worden war, ihn zu töten und der von Hendow getötet worden war. Mit wilden Augen schwankte er auf mich zu und hob die Klinge mit beiden Händen über seinen Kopf. Ich schrie. Tupita sprang auf die Füße, warf sich zwischen uns und schützte mich mit ihrem Körper.

»Dumme Sklavin!« rief Mirus. »Geh mir aus dem Weg!«

»Du bist außer dir, Mirus!« schrie sie. »Du bist nicht der Herr, den ich kenne. Sie ist nur eine Sklavin. Tue ihr nichts!«

»Sie hat mich verraten!« schrie er und die Klinge hielt ein.

»Hendow, dein Freund, hat sie geliebt!« schrie Tupita. »Er hat sich um sie gesorgt! Er hat sie gesucht! Er hat dir das Leben gerettet! Willst du sie nun mit demselben Schwert umbringen, das dich gerettet hat?«

»Sie hat mich verraten!« knurrte er.

Ich war erschrocken, sie über Hendows Zuneigung zu mir reden zu hören. Er war so schrecklich, so heftig gewesen. Es schien, als hätte er mich wirklich nicht verfolgt, um mich wieder einzufangen und mich als entlaufene Sklavin schwer zu bestrafen. Ich erinnerte mich daran, wie zart er mich am Kopf berührt hatte. Ich weinte verwirrt, erschrocken und verwundert angesichts seiner Liebe. War ich wirklich so blind gewesen? Doch ich zweifelte nicht daran, dass er mich trotz dieser Liebe immer als hilflose Sklavin gehalten hätte. Er war diese Art von Mann. Und wie konnte ich, eine Frau, einen Mann von anderer Art wahrhaftig lieben?

Ich sah, dass Mirus Tupita nicht verletzen wollte. Ihre wilde und mitleiderregende Schönheit, ihre nackten Brüste, ihr Kragen und die Reste ihrer Tunika, waren zwischen uns.

»Ich habe doch versucht, dich zu warnen, Herr.« schluchzte ich. »Ich habe versucht, mich zurückzuziehen! Du hast mich nicht gehen lassen! Du wolltest nicht hören! Die Herren hatten uns beobachtet!«

»Was hätte sie tun können?« rief Tupita. »Verstehst du das denn nicht? Wir sind Sklavinnen, Sklavinnen! Was, denkst du, wäre ihr Leben noch wert gewesen, wenn sie nicht erfolgreich gearbeitet hätte? Und wäre das nicht selbst für ihre Herren gefährlich gewesen?«

»Geh aus dem Weg!« rief er.

»Du bist nicht du selbst«, schrie sie, »töte sie nicht!«

»Geh aus dem Weg«, schrie er, »oder du stirbst zuerst!«

»Geh, Tupita!« schluchzte ich. »Geh, renne!«

»Weg mit dir!« schrie Mirus.

»Nein«, sagte Tupita fest, »wenn das dein Wille ist, so sei es. Ich werde zuerst sterben.«

Ich sah die Klinge zaudern.

»Es ist mein Wunsch, den Herrn zufrieden zu stellen.« sprach sie weiter.

Die Klinge senkte sich. Mirus trat zurück.

»Bei der Liebe, die ich für dich empfinde, auch wenn du mich nicht liebst«, sagte sie, »verschone sie.«

Mirus sah mich hasserfüllt an. Dann aber kauerte er sich nieder, die Spitze des Schwertes im Staub, seine Hände an den Griff geklammert, suchte er Halt an der Waffe.

»Ich lasse sie am Leben.« sagte er.

Dann schluchzte er auf.

»Oh, mein Herr, ich liebe dich!« weinte Tupita und eilte zu ihm. »Ich liebe dich! Ich liebe dich!«

»Ich bin dir gefolgt, habe dich seit Brundisium gejagt.« sprach Mirus. »Ich bin von Stadt zu Stadt gereist. Ich habe da und dort einen Dienst angenommen. Aber immer habe ich nach dir gesucht. Ich will nicht ohne dich leben. Ich habe dich sogar in Argentum gesucht.«

Ich erinnerte mich, Mirus gefragt zu haben, ob er mich in Argentum gesucht hatte. Er hatte es abgestritten. Er hatte behauptet, nach einer Stellung und nach seinem Glück zu suchen. Ich hatte mich über seine Antwort ein wenig geärgert. Jetzt begriff ich, dass er nach Tupita gesucht hatte.

Viele goreanische Männer geben in ihrem Stolz nicht zu, Sklavinnen Beachtung zu schenken. Sogar der Gedanke daran scheint sie in Verlegenheit zu bringen. Wer gibt sich schon mit einer wertlose Schlampe im Kragen ab? Und trotzdem sind Männer oft bereit, für solche köstlichen und hilflos und versklavten Frauen zu töten. Und hätte ich ihn nicht so attraktiv gefunden und wäre ich nicht in meiner Eitelkeit über meine eigene Schönheit und Anziehungskraft gefangen gewesen, hätte ich das sofort verstehen können. Sicher hätte er sofort nach ihr gefragt. Ich hätte ihm nicht helfen können. Dann war er Tyrrhenius’ Männern in die Hände gefallen und war an die Schwarze Kette des Ionicus verkauft worden.

»Oh«, rief Tupita, »ich liebe dich so sehr! Ich liebe dich so sehr, mein Herr!«

Sklavenmädchen müssen alle freien Männer mit »Herr« anreden. Die Anrede »mein Herr« ist, wenn sie gebraucht wird, aber gewöhnlich für den derzeitigen Herrn des Mädchens reserviert, dem sie gerade gehört. Als ich zum Beispiel in Argentum war, war es korrekt, wenn ich den Ausdruck »Herr« für Tyrrhenius’ Männer und alle freien Männer benutzte, der Ausdruck »mein Herr« war aber nur für Tyrrhenius selbst angemessen. Sicher benutzt ein Mädchen manchmal die Anrede »mein Herr« bei einem Mann, der nicht ihr Eigentümer ist, vielleicht um bei ihm den Eindruck zu erwecken, dass er für sie wie ihr Eigentümer ist. Damit kann sie versuchen, einen Mann zu etwas überreden oder ihm zu schmeicheln. Das kann aber auch gefährlich für das Mädchen sein. Der Mann weiß natürlich, dass er nicht ihr Eigentümer ist. Aber Tupita benutzte die Anrede so spontan, so herzlich, dass sie nur aussprach, was sie in ihrem Herzen empfand, dass sie Mirus gehörte, dass sie in ihrem Herzen seine Sklavin war.

»Versuche aufzustehen, Herr.« drängte ihn Tupita.

Aber er blieb dort zusammengekauert, wo er war, mit der Hand am Schwert, mit dessen Hilfe er sich aufrecht hielt.

»Steh auf, Herr.« sagte Tupita. »Versuche aufzustehen. Versuche es! Bitte, Herr! Wir müssen weg von hier, bevor die Männer zurückkommen!«

»Es ist zu spät!« rief Tela, die noch immer an das Geländer gebunden war.

Ich wand mich in meinen Fesseln im Gras. Ich war wie Tela, Mina und Cara immer noch hilflos an das Geländer gefesselt.

»Wir konnten ihn nicht finden.« sagte Fulvius.

»Vielleicht ist das gut so.« bemerkte Callisthenes.

»Kette die Schlampen zusammen«, sagte Fulvius zu Callisthenes, »wir bringen sie zum Wagen. Ich töte diesen Mann.«

»Nein!« schrie Tupita auf.

»Er steht auf seinen Füßen.« warnte der Mann mit dem verbundenen Arm.

Mirus hatte sich auf seine Füße gekämpft und umklammerte sein Schwert.

»Bleib hinter mir.« befahl er Tupita.

»Herr.« sagte sie.

»Jetzt.« befahl er.

Sie gehorchte.

»Ah, Sempronius«, sagte Fulvius, »nun sieh dir das an!«

Es war das erste Mal, dass ich den Namen des Mannes mit dem verbundenen Arm hörte.

»Ich sehe es.« antwortete Sempronius.

»Jetzt gibt es keinen Grund mehr für dich, so zimperlich zu sein.« fuhr Fulvius fort. »Siehst du das? Hier ist er! Er steht aufrecht und ist bereit für einen fairen und guten Kampf.«

»Er kann kaum stehen und sein Schwert kaum halten.« antwortete Sempronius.

»So ist das Kriegsglück.« sagte Fulvius.

»Nimm die Frauen und lass ihn laufen.« sagte Sempronius.

»Diese kannst du nicht bekommen.« mischte sich Mirus ein und deutete auf Tupita.

»Überlass mich ihnen!« flehte die ihn an.

»Nein.« lehnte er ab.

»Ich habe nicht gern einen Feind im Rücken«, sagte Fulvius, »du etwa?«

Ich glaube, Fulvius hatte begriffen, dass Mirus, wenn er sich erholt hatte, sie wahrscheinlich verfolgen und jagen würde, vielleicht um seine Ehre wiederherzustellen, vielleicht um Tupita oder mich zurückzuerlangen, vielleicht um Hendow zu rächen.

Sempronius zuckt mit den Schultern.

»Du warst zuerst hier«, sagte er, »dein Schwert wird es schon machen.«

»Also los, mein Freund.« sagte Fulvius zu Mirus.

»Nein.« weinte Tupita.

»Zurück, Sklavin!« befahl Sempronius. »Lasse ihm wenigstens die Würde, auf seinen Füßen und mit dem Schwert in der Hand zu sterben.«

Mirus kämpfte darum, seine Klinge hochzuheben. Er hielt den Griff mit beiden Händen.

»Seht!« sagte da Tupita und zeigte auf die Wiese hinter Fulvius und Sempronius.

Callisthenes stand seitwärts von ihnen. Er hatte damit gezögert, die Mädchen vom Geländer zu lösen, um sie zu einer Sklavenkette zusammenzuketten, vielleicht um Mirus’ Ende noch mit anzusehen. Fulvius trat einige Schritte zurück und sah sich um. Sempronius, der sich halb herumgedreht hatte, beobachtete irgend etwas. Er zog sein Schwert. Ich hörte, wie Callisthenes links hinter mir ebenfalls sein Schwert zog. Ich versuchte, ein Stück auf meine Knie zu kommen, konnte es wegen der Fesseln an meinen Knöcheln und Handgelenken aber nicht. Von meinem Platz aus konnte ich wenig mehr als das hohe Gras sehen.

»Ihr konntet ihn nicht finden«, bemerkte Mirus, »aber es scheint, als hätte er euch gefunden.«

Ich konnte sehen, wie eine einsame Gestalt sich durch das Gras näherte.

»Es ist ein Räuber«, stellte Fulvius fest, »er ist maskiert.«

Ich keuchte auf. Einen Augenblick lang dachte ich, ich würde sterben. Mein Herz begann wie wild zu schlagen. Ich wollte nicht ohnmächtig werden. Ich spürte plötzlich Hitze, eine große, hilflose Hitze in meinem Bauch. Es schien als stünden meine Schenkel in Flammen. Ich war hilflos gefesselt. Meine Erscheinung entsprach der einer Sklavin. Ich hoffte, dass die Männer mich nicht riechen konnten. Dann erschrak ich.

»Sein Gesicht ist nicht zu erkennen.« stellte Callisthenes fest.

»Schwärmt aus«, befahl Fulvius, »Callisthenes nach links, Sempronius nach rechts.«

Plötzlich bewegte sich der Fremde mit großer Geschwindigkeit auf Fulvius zu. Die Schnelligkeit seines Angriffs überraschte Fulvius. Er hatte kaum Zeit, sein Schwert zu heben. Ich konnte der Bewegung des Stahls nicht folgen, so schnell war sie. Callisthenes und Sempronius eilten, nachdem sie einen Moment wie erstarrt, erschrocken und schockiert die Geschwindigkeit des Angriffs des Fremden verfolgt hatten, auf ihn zu, doch dann hielten sie inne. Der Fremde war schnell und vorsichtig zurückgewichen.

Vor ihm war Fulvius zusammengebrochen. Er war auf allen vieren, sein Kopf hing herunter. Er zitterte. Er spuckte Blut und hustete. Dann sank er ins Gras und rollte langsam auf den Rücken. Das Schwert fiel ihm aus der Hand. Dann starrte er aufwärts in den Himmel, aber er nahm nichts mehr wahr. Tela schrie auf und schien erst jetzt zu erfassen, was geschehen war.

Der Fremde hatte den Männern keine Gelegenheit gegeben, ihn einzukreisen und in die Zange zu nehmen. Sie hatten ihre Kampfpositionen nicht mehr rechtzeitig einnehmen und ihre Kräfte vereinen können weil er sich viel zu schnell bewegt hatte. Sogar Fulvius, von dem ich aus den vorigen Kämpfen wusste, dass er ein Meister der Verteidigung war, hatte ihm nicht widerstehen können. Ich glaube, die Klingen hatten sich nicht mehr als drei- oder viermal gekreuzt, bevor der Fremde zurückgesprungen war.

Ich schauderte. Ich hatte Angst vor diesem Mann, vor diesem Schwertkämpfer. Ich hatte nicht geahnt, dass man eine Klinge auf diese Weise handhaben konnte. Es war eine ehrfurchtgebietende Demonstration seines Könnens gewesen. Es schüttelte mich, wenn ich nur daran dachte. Für einen kurzen Augenblick hatte ich mir verzweifelt gewünscht, weglaufen zu können. Aber ich war gefesselt.

Der Fremde bedeutete Callisthenes und Sempronius mit seinem Schwert, sich zueinander zu bewegen. Widerwillig taten sie es und achteten sorgfältig darauf, ihre Schwertklingen zwischen sich und ihm zu halten. Ihr Anführer war tot. Sie schienen nicht zu wissen, was sie jetzt tun sollten. Die Initiative schien bei dem Fremden zu liegen und nicht bei ihnen. Sie ließen ihn nicht aus den Augen.

Ich vermute, dass Fulvius ein sehr guter Schwertkämpfer gewesen war. Sempronius hatte sicher schon früher Fulvius’ Überlegenheit anerkennen müssen. Doch Fulvius hatte dem Fremden nicht widerstehen können. Außerdem dachten die beiden Männer sicher an das Schicksal ihre Freunde Alcinous und Portus im Wagen.

Ich sah mich um. Auch die anderen Mädchen waren sprachlos vor Erstaunen. Ich glaube, selbst sie, die Goreanerinnen und in einer Kultur aufgewachsen waren, in der Messer und Schwerter die üblichen Waffen waren, hatten so etwas noch nie gesehen. Sogar Mirus schien wie betäubt. Er hatte sein Schwert gesenkt. Tupita stand mit bleichem Gesicht bei ihm und hielt ihn.

Ich betrachtete den Fremden. Er war groß, sehr groß. Er war breitschultrig und hatte eine schmale Taille. Er hatte lange, bronzefarbene Arme. Seine Hände waren sehr groß.

Ich zitterte. Er hielt ein Schwert. Er war groß, wild und hart. Ich war sehr klein, weich und schwach. Lediglich die Schwerter von Callisthenes und Sempronius trennten uns noch. Ich sah, wie seine Augen hinter der Maske mich betrachteten. Ich sah die Spitze seines Schwertes. Er sah mich an und bewegte es leicht. Innerlich lachte ich vor Freude. Ich reagierte so schnell ich konnte auf seine Geste und spreizte meine Knie vor ihm.

Zuerst Callisthenes, dann Sempronius steckten ihr Schwert mit der Klinge vor sich in den Sand. Die Griffe sah man im Gras. Wir gehörten dem Fremden! Ich sah ihn wild an. Er dirigierte Callisthenes und Sempronius von ihren Waffen weg. Ich vermutete, dass Callisthenes kein besonders guter Schwertkämpfer war. Er hatte vorher schon eine Art Zufriedenheit zum Ausdruck gebracht, als sie den Fremden nicht gefunden hatten. Ich glaube, dass er nicht begierig darauf war, auf den, der Alcinous und Portus getötet hatte, zu treffen. Sempronius, der wahrscheinlich der bessere Kämpfer war, war verwundet.

Der Fremde befahl den beiden Männern, sich an die Seite zu stellen. Dann ging er zu Mirus. Der stieß Tupita hinter sich und hielt dem Fremden sein Schwert entgegen, bereit, sich und seine Sklavin zu verteidigen. Doch der Fremde steckte sein Schwert mit einer entschiedenen Bewegung in die Scheide. Mirus grinste und senkte sein Schwert. Dann setzte er sich ins Gras, seine Erschöpfung und der Blutverlust hatten ihn bezwungen. Der Fremde kam zum Geländer und prüfte Cara, dann Mina und dann Tela.

»Du bist wohlgerundet.« lobte er Tela.

»Ich danke dir, Herr.« antwortete sie.

Sofort fühlte ich Hass auf Tela in mir aufsteigen. Dann kam er und stellte sich vor mich.

»Du bist auch wohlgerundet.« sagte er.

»Ich danke dir, Herr.« entgegnete ich.

Ich warf Tela einen Blick zu.

»Und du siehst gut aus, so hilflos gefesselt.«

»Vielen Dank, Herr.«

Ich warf Tela noch einen Blick zu.

Er hatte zwei Dinge an mir gelobt und nur eines bei ihr! Aber als ich ihn wieder ansah, hatte er sich von mir weggedreht! Ich wand mich in meinen Fesseln. Ich wollte ihm »Herr« zurufen, aber ich wagte es nicht.

Ich wollte nicht gepeitscht werden. Dachte er wirklich, dass ich ihn in seiner Maske nicht erkennen würde? Erinnerte er sich nicht an mich?

Wir blieben noch einige Ahn gefesselt, bis weit nach Einbruch der Dunkelheit. In dieser Zeit war er, Callisthenes und Sempronius vor sich, in Richtung der Bäume gelaufen, wo scheinbar der Wagen stand. Dort schienen sie die drei Leichen begraben zu haben, Lucinius, der von Hendow erschlagen worden war, und Alcinius und Portus, die Opfer der Klinge des Fremden geworden waren. Außerdem brachten sie Essen mit zurück. Das wurde aber nicht gleich an uns verfüttert. Zuerst begruben Sempronius und Callisthenes unter Aufsicht des Fremden die herumliegenden Menschen. Die Bestien wurden für die Jards liegengelassen. Borko wurde aber neben Hendow begraben. Die Gräber der Männer wurden durch ihre in die Erde gesteckte Schwerter markiert. Mirus beschriftete ein Brett, das er aus den Ruinen des Gebäudes geholt hatte und befestigte es auf dem gemeinsamen Grab von Borko und Hendow. Ich konnte Goreanisch nicht lesen. Mirus sagte zu Tupita, dass auf dem Brett »Borko und Hendow, Hendow war aus Brundisium. Er war mein Freund.« stand.

Die meisten goreanischen Gräber werden nicht einmal auf diese einfache Art gekennzeichnet. Die Goreaner kümmern sich nicht um solche Dinge. Sie glauben, dass es die Taten eines Mannes sind, die nach seinem Tod weiterleben und dass ihre Größe und was er in der Welt bewirkt hat, wichtig ist. Ganz gleich wie unbedeutend jemand war, im goreanischen Glauben bleibt er Teil der Geschichte. Niemand kann ihm das nehmen. Die Goreaner glauben, dass dies besser ist als ein Holzschild oder ein behauener Stein.

Die Männer verbrannten die Leichen nicht auf einem Scheiterhaufen. Dass hätte die Aufmerksamkeit anderer Männer oder vielleicht von umherfliegenden Tarnkriegern erregen können, sogar so weit weg von Venna.

»Sollen wir jetzt noch zwei graben?« fragte Sempronius.

»Für wen?« fragte der Fremde.

»Für uns selbst.« antwortete Sempronius und zeigte auf sich und Callisthenes.

»Nein.« sagte der Fremde. »Wascht euch jetzt und führt dann die Zeremonie durch.«

Sempronius und Callisthenes sahen sich an.

»Also gut.« sagte Sempronius.

Nachdem sie sich gewaschen und die Begräbnisriten ausgeführt hatten wurden wir gefüttert. Von allen Sklavinnen bekam nur Tupita die Erlaubnis, selbst zu essen. Sie musste Mina und Cara füttern. Ich wurde von Sempronius gefüttert und Tela von Callisthenes. Ich glaube, der Fremde befahl ihnen das, um sie zu quälen, sie mussten dabei halbnackten Sklavinnen so nahe sein und es war ihnen verboten, sie anzufassen.

Nachdem wir gefüttert waren und Callisthenes und Sempronius auch etwas gegessen hatten, befahl ihnen der Fremde, uns, mit Ausnahme von Tupita, zu einer Sklavenkette zusammenzuketten. Er gab die Position jeder von uns innerhalb der Kette an. In dieser Reihenfolge wurden wir am Hals zusammengekettet. Mina, Cara und Tela wurden vom Geländer gelöst und unsere Knöchel wurden von den Fesseln befreit. Mina und Cara trugen natürlich immer noch ihre eisernen Fußringe. Obwohl es natürlich ein schönes Gefühl war, dass meine Handgelenke nicht mehr mit den Knöcheln zusammengebunden und ich endlich, wenn auch unter Schmerzen, aufstehen und meine Beine strecken konnte (meine Hände waren immer noch hinter dem Rücken gefesselt), bemerkte ich ärgerlich, welche Position ich an der Sklavenkette einnehmen sollte. Ich war die letzte! Die letzte! Glaubte er, ich hätte ihn wegen seiner Maske nicht erkannt? Erinnerte er sich nicht daran, dass Tela vor mir gewesen war, als sie eine viel größere Sklavenkette auf dem Weg zum Arbeitslager des Ionicus in der Nähe von Venna, das der Schwarzen Kette, angeführt hatte? Mina und Cara waren vor uns. Und Mina war die erste an der Kette! Wie stolz sie darauf zu sein schien! Sieh sie an, die Schöne, wie stolz sie ist, die erste zu sein!

Callisthenes und Sempronius stützten Mirus und halfen ihm auf dem Weg in den Wald. Tupita folgte gleich dahinter. Nach ihnen kam der Fremde. Er hielt kurz an, um die Schwerter von Callisthenes und Sempronius mitzunehmen. Er hatte auch die Decke, das Silber und die Geldbeutel an sich genommen. Auch den Leichen waren vor ihrem Begräbnis ihre Wertsachen abgenommen worden. Hendows Geld hatte der Fremde Mirus gegeben. Er war also wirklich ein Räuber. Ein maskierter Räuber! Aber wie er mit dem Schwert umgehen konnte! Wie er gekämpft hatte!

Die Gruppe war jetzt auf dem Weg in den Wald. Wir, Mira, Cara, Tela und ich, folgten an der Sklavenkette. Sie schienen nicht darauf zu achten, ob wir ihnen folgten oder nicht. Natürlich folgten wir ihnen, unterwürfig wie angebundene Tiere! Und das waren wir ja auch: angebundene Tiere. Wir waren Sklavinnen.

Ich sah im Mondlicht einmal zurück zum Grab von Borko und Hendow. Ich konnte den Griff von Hendows Schwert sehen, das Brett, dass Mirus in die Erde gesteckt hatte, diese einfache Markierung, die nur wenig mehr über Hendow berichtete, als dass er aus Brundisium kam und einen Freund gehabt hatte. Ich weinte auf dem Weg zum Wald.

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