25 Im Zelt des Aufsehers

Es war jetzt fast Sonnenuntergang, etwa fünf Tage, nachdem ich im Tal zwischen den Sandhügeln gedient hatte. In dieser Nacht waren mir meine Ketten abgenommen und ich war saubergeschrubbt worden. Mein Haar war zweimal gewaschen und sorgfältig gekämmt worden. Ich war parfümiert. Dann hatte man mich in ein rotes Tuch eingewickelt und zum Zelt des Aufsehers gebracht.

Ich hörte, wie die Wachen die Zeit ausriefen. Im Lager der Schwarzen Kette des Ionicus schien alles in Ordnung zu sein. Ionicus selbst hatte das Lager noch am selben Nachmittag, an dem ich im Tal dienen musste, verlassen, in Richtung Cos, wie es hieß.

Es war ein sehr schöner Abend. Ich stand allein im Eingang des Aufseherzeltes und sah nach Südwesten. Ich trug nur meinen Kragen, Ionicus’ Kragen und um meine Taille einen Lederriemen, an den ein kleines rechteckiges Tuch aus roter Seide geknotet war. Aulus, der Aufseher der Schwarzen Kette des Ionicus, schien an mir Gefallen gefunden haben, genau wie an Tela, die einmal eine reiche, verdorbene freie Frau war, Liera Didiramache aus Lydius im Norden, am Laurius. Sie war das Erste Mädchen und ich das fünfte unserer Sklavenkette gewesen.

Das Licht der Sonne breitete sich wie ein weicher, durchscheinender, goldener Mantel über die Hügel und die Landschaft. Von hier aus konnte ich die Gehege nicht sehen, weder die der Männer noch die der Frauen. Wenn ich um das Zelt herumgehen würde, könnte ich die Mauern Vennas sehen. Ich sah nach Südwesten über das Lagergelände. Von der Höhe, auf der das Zelt des Aufsehers stand, konnte ich die niedrigen Hügel sehen, zwischen denen ich den in Ketten gelegten Herren gedient hatte.

Ich trug immer noch die Male ihrer Benutzung. Ich glaubte nicht, dass sie mich absichtlich verletzt hatten, sie hatten einfach lange Zeit keine Frau gehabt. In ihrer Hast, bei ihrer Stärke und weil sie wussten, dass ich ein Ködermädchen gewesen war, waren sie nicht sehr zart mit mir umgegangen. Es missfiel mir durchaus nicht, wenn ich unmissverständlich und mit meinem ganzen Körper gezwungen wurde zu begreifen, dass ich eine Sklavin war und in den Armen eines Mannes, eines wahren Mannes lag. Manchmal, muss ich gestehen, wollte ich sogar die Peitsche spüren, nicht wegen des Schmerzes, den ich fürchtete, sondern weil ich mich dann beherrscht fühlte, in Besitz genommen und unterworfen. Aber manchmal verlangte es mich auch nach Sanftheit und ich flehte in meiner Hilflosigkeit als Sklavin danach.

Doch auch wenn goreanische Männer dich zart und rücksichtsvoll benutzen, tun sie es doch mit Autorität, wie ich erfreut feststellen konnte. Es gibt niemals irgendeinen Zweifel daran, dass du in ihren Armen bist und wer das Kommando führt.

Ich konnte auch, obwohl es jetzt schlechter zu erkennen war, die Pfosten sehen, zwischen denen der Stacheldraht des Lagerzauns gespannt war. Ich schauderte. Ein Sklave konnte von diesem Draht in Stücke geschnitten werden. Ich verließ den Zelteingang und ging nach links um das Zelt herum. Ich wollte Venna sehen und die Vitkel Aria. Ich hoffte, dass mich keine der Wachen bemerken würde.

Manchmal war ich etwas schüchtern. Das war vielleicht eine Erinnerung an meine Erziehung auf der Erde. Ich wusste es nicht. Sklavinnen dürfen eigentlich nicht schüchtern sein. Das ist etwas für freie Frauen. Andererseits habe ich noch keine Sklavin gekannt, die sich nicht von Zeit zu Zeit, außerhalb der Privatsphäre der Wohnung ihres Herrn, auch schüchtern gezeigt hätte. Bei Sklavinnen zeigt sich Schüchternheit natürlich auf besondere Weise, sie weiß selbstverständlich, dass sie Männern zur Verfügung steht und dass sie keine Kleidung tragen darf, außer sie befehlen ihr es. Außerdem ist es eine Sache, wenn man abends in das Gehege zurückkommt und seine Tunika, vielleicht versehentlich etwas offen steht, nachdem man wie eine Burg belagert und eingenommen worden und man stolz auf seine Attraktivität und sein Sklaventum ist, eine andere aber ist es, einfach draußen in der Öffentlichkeit zu sein und lediglich einen Kragen, einen Lederriemen und ein kleines Stück Seide zu tragen.

Außerdem gibt es natürlich auch objektive Gründe, einem Sklavenmädchen von Zeit zu Zeit etwas Schüchternheit zu erlauben. Ihre Schönheit kann zum Beispiel andere Männer als ihren Herrn erregen und stimulieren. Sie nackt auf die Straße zu schicken kann einer Einladung, sie zu stehlen, gleichkommen. Sie ist schließlich nur eine Ware. Und am Wichtigsten ist vielleicht die Tatsache, dass sie ihrem Herrn gehört. Ihre Schönheit und ihre intimen Dienste sind aus diesem Grund für ihn und nicht für andere da. Vielleicht wegen des weiblichen Drangs, mit einem Mann ein Paar zu bilden, gibt sich das gleiche Mädchen zu Hause ohne Hintergedanken, nackt in ihrem Kragen, schamlos, ohne Einschränkungen und lustvoll ihrem Herrn hin.

»Wer ist da?« rief ein Wächter, der einige Fuß entfernt stand.

Ich hatte ihn nicht gesehen.

»Tuka, die Sklavin.« erwiderte ich und kniete schnell nieder.

»Was machst du hier?«

»Ich bin an die frische Luft gegangen«, antwortete ich, »und um die Landschaft anzusehen. Sie ist so schön.«

»Nicht nur die Landschaft ist schön.«

»Ich danke dir, Herr.«

Trotz des Halbdunkels wurde ich rot.

»Ich gehe sofort zurück ins Zelt, wenn der Herr es wünscht.«

»Du kannst einen Moment bleiben.«

»Danke, Herr.«

»Du kannst dich hier hinstellen«, erlaubte er, »wo ich dich sehen kann.«

»Ja, Herr.«

Ich ging zur Rückseite des Zeltes und stellte mich dort hin, wo der Wächter es mir erlaubt hatte. Von dort konnte ich glücklicherweise die Mauern Vennas sehen und davor die Vitkel Aria. Ich freute mich, dass der Wächter verstanden hatte, dass ich die Stadt und ihre Lichter sehen wollte. Ich war ihm dankbar, dass ich hier stehen durfte. Die Signalfeuer auf den Mauern waren noch nicht entzündet worden. Sie dienen als Wegweiser für die Flüge der Tarnmänner. Zwischen manchen von ihnen sind keine Tarndrähte gespannt, zwischen anderen aber schon. Das wechselt jede Nacht.

Auf der Vitkel Aria vor Venna waren vor vier Tagen fünf Kolonnen der Schwarzen Kette marschiert, unter ihnen auch die Kette, in der ich mit Tupita diente. Diese Ketten, oder »Glieder«, wie sie manchmal genannt wurden und die aus jeweils etwa fünfzig Männern bestanden, hatten das Lager in Richtung Südwesten verlassen und waren einige Pasang entfernt auf die Vitkel Aria in Richtung Ar eingeschwenkt. Es war kein Geheimnis daraus gemacht worden, dass die »Glieder« das Lager verlassen hatten. Die Schwarze Kette war gestern unter Aufsicht gestellt worden und die Wachen, so schien es, sahen das als gutes Zeichen an. Wenn das der Fall war, sah es so aus, als würden die Männer bald ins Lager zurückkehren.

Die Herren hatten übrigens nicht dafür gesorgt, dass die illegal gefangen gehaltenen Männern von den legalen Gefangenen getrennt wurden, wie es Tupita erwartet hatte, sie hatten einfach die Glieder, in denen illegale Gefangene waren, aus dem Lager entfernt. Das hatte den Grund, dass erwartet wurde, dass die Aufsicht bald wieder wegfallen würde, weil die Räte in Venna die Reparatur der Mauern der Stadt bald weiterführen wollten. Da die meisten Arbeiter der Schwarzen Kette geschmiedete Armfesseln trugen, war es außerdem sowieso nicht einfach, sie von ihrer Kette zu lösen.

Vor zwei Tagen waren Aedilen ins Lager gekommen, um die Ketten zu inspizieren. Sie fanden keinen illegalen Gefangenen. Die Tatsache, dass ein Drittel der Ketten nicht im Lager war, wurde mit Stillschweigen übergangen. Am nächsten Tag wurde die Aufsicht wieder aufgehoben und es schien alles gut gegangen zu sein. Die Ketten des Lasgers kehrten wieder zu ihrer Arbeit zurück.

Während der Zeit der Aufsicht lief natürlich alles im Lager sehr ruhig ab. Zum Beispiel waren die Läden, Bäder und die Gerichte geschlossen. Tupita war mit der Kette südwärts gegangen. Ich war im Lager geblieben, weil ich ins Aufseherzelt gebracht worden war. Er hatte mich vom Hügel aus gesehen und Interesse an mir gefunden. An den letzten Abenden hatte ich ihm oft gedient. Zu meinem Ärger hatte er mich aber auch tagsüber hart arbeiten lassen, als wäre ich eine Haussklavin.

»Sklavin.« sagte der Wächter, der hinter mir herkam.

»Ja, Herr?« flüsterte ich.

Seine Hände auf meinen Armen verhinderten, dass ich niederkniete. Mir wurde bewusst, dass er mich beobachtet haben musste, wie ich hier, mit den Lichtern Vennas im Hintergrund, gestanden hatte. Ich dachte daran, dass er mir befohlen hatte, hier stehen zu bleiben. Ich hatte natürlich gehorcht.

»Die Stadt und die Nacht sind schön, nicht?« fragte er.

»Ja, Herr.« flüsterte ich.

»Bestimmt hast du im Zelt zu tun.«

»Ja.« entgegnete ich. »Ich muss mich beeilen, zum Stiefelputzen zurückzugehen. Ich danke dem Herrn, dass er mir erlaubte, hier einen Moment zu stehen. Der Herr ist sehr freundlich.«

Ich tat, als würde ich zum Zelt laufen wollen, aber seine Hände hielten mich an den Oberarmen zurück.

»Tela kann die Stiefel putzen.«

»Sie putzt schon das Schild von Aulus.«

»Ist dir erlaubt worden, zu gehen?«

»Nein, Herr.« sagte ich schnell. »Verzeih mir, Herr.«

»Ich will keinen Laut hören.« befahl er.

»Ja, Herr.«

Er hob mich leicht hoch. Einen Moment lang war mir etwas schwindlig, so von einem Mann gehalten zu werden, ohne dass meine Füße den Boden berührten. Ich fühlte mich seiner Kraft völlig ausgeliefert.

»Verschränke deine Arme hinter dem Nacken«, befahl er, »und küss mich.«

Ich gehorchte. Dann küsste ich ihn wieder, diesmal als Sklavin. Er lachte leise. Ich stöhnte innerlich. Wie hatte ich mich nur geändert! Was hatten die Männer mit mir gemacht? Er legte mich neben dem Zelt sanft auf den Rücken, vielleicht nur wenige Fuß von Aulus, dem Aufseher, entfernt, der drinnen an seinen Papieren arbeitete. Mein Körper gierte nach seinen Berührungen. Ich sah wild zu ihm auf. Männer hatten mich auf Gor völlig verwandelt, sie hatten zur Befriedigung ihrer Begierden und zu ihrem Vergnügen mein schlummerndes Sklaventum erweckt, ein Sklaventum, dessen Existenz ich auf der Erde niemals zugegeben hätte. Sie hatten eine Erdenfrau genommen und das Sklavenfeuer in ihrem Bauch entfacht. Sie hatten mich gelehrt, es zu fühlen. Sie hatten mir befohlen, mein Sklaventum offen zu zeigen und ihm vorbehaltlos und ehrlich nachzugeben. Sie würden mich die Sklavin sein lassen, die ich war, liebevoll und hilflos. Ich liebte sie dafür! Ich küsste den Herrn eifrig. Er zog das kleine Stück Seide, diese dürftige Karikatur eines Schutzes beiseite.

»Ja, Herr.« wisperte ich.

Dann benutzte er mich als Sklavin.

»Ich muss Stiefel putzen.« sagte ich danach verängstigt. »Ich muss Stiefel putzen.«

»Geh an deine Arbeit, Mädchen.« erlaubte er.

»Ja, Herr.« flüsterte ich.

Er ging. Ich zog das Stückchen Seide zurecht und versuchte, den Schmutz von meinem Rücken mit den Händen zu entfernen. Ich wollte nicht, dass Aulus etwas merkte. Vielleicht durfte ich, eine Sklavin und so dürftig bekleidet, nicht vor das Zelt treten. Ich hatte Tränen in den Augen. Wie hilflos die Berührung eines Mannes uns doch machte! Ich eilte um das Zelt herum und betrat es wieder. Aulus sah von dem kleinen, niedrigen Tisch auf, hinter dem er mit gekreuzten Beinen saß und arbeitete. Ich erwies ihm meine Ehrerbietung und wollte dann in die hinteren Bereiche des Zeltes eilen, wo meine Matte neben der von Tela lag.

»Wo bist du gewesen?« fragte Aulus.

Ich blieb auf meinen Knien, weil ich angesprochen worden war. Nach der Huldigung meines Herrn war ich noch auf allen vieren.

»Draußen«, antwortete ich, »ich war an der frischen Luft. Die Nacht ist so schön.«

»Erwartest du, dass Tela deine Arbeit macht?«

»Nein!« sagte ich schnell. »Nein, Herr!«

»Deine Brustwarzen«, stellte er fest, »sind hart. Deine Haut ist voller roter Flecken.«

Ich antwortete nicht. Ich war erschrocken.

»Bist du gut vorgewärmt worden?«

Ich warf mich schreckerfüllt vor ihm auf den Bauch. Ich wollte nicht bestraft werden.

»Morgen«, sprach er weiter, »verlasse ich das Lager und gehe auf der Vitkel Aria nach Süden. Es gibt Ärger bei den Ketten. Es hat mit den Söldnertruppen zu tun, die die Gegend dort ungestraft heimsuchen. Sie scheinen zu denken, alles Land unter den Klauen ihrer Tharlarion, alles, was ihre Abdrücke trägt, wäre ihres. Venna hält seine Truppen in der Umgebung der Stadt. Die Patroullien von Ar finden nur unregelmäßig statt. Ars Truppen sind nordwärts auf Ar Station am Vosk zumarschiert, um dort auf das Expeditionskorps von Cos zu treffen. Das scheint Wahnsinn zu sein, eine Armee der Cosianer und Söldner bei Torcadino, aber ich bin weder ein General noch der Regent von Ar. Kurz, genauso wie Ionicus und andere, mich eingeschlossen, befürchtet hatten, gibt es jetzt Ärger. Und es ist nur ein geringer Trost, dass wir manche der Söldnertruppen mit Gold bestechen können, wie wir es schon früher getan haben.«

Ich begriff nur sehr wenig von dem, was er gesagt hatte. Ich wusste, dass Ars Hauptstreitkräfte nach Norden marschiert waren. Sie waren auf der Vitkel Aria marschiert, die eigentlich eine Militärstraße ist.

»Herr?« fragte ich.

»Ich werde dich mit mir nehmen.« kündigte er an.

»Ja, Herr.«

»Bist du jemals mit dem Hals an einen Steigbügel gekettet worden?«

»Nein, Herr.«

»Morgen wirst du diese Erfahrung machen.«

»Ja, Herr.«

»Bist du fertig mit dem Stiefelputzen?«

»Nein, Herr«, erwiderte ich, »mit der Erlaubnis des Herrn, werde ich das jetzt beenden.«

Er hob einen Finger und entließ mich. Schnell erhob ich mich auf die Knie und huldigte ihm. Dann stand ich auf und eilte mit gesenktem Kopf erschrocken in die hinteren Teile des Zeltes. Dort sah ich den kleinen, runden Schild, den Tela geputzt hatte. Er hatte eingravierte mythologische Szenen von der Eroberung, Vergewaltigung und Versklavung von Amazonen durch Satyre. In der goreanischen Mythologie wird erzählt, dass es einst einen Krieg zwischen Männern und Frauen gegeben hatte, den die Frauen verloren. Die Priesterkönige, die nicht wünschten, dass die Frauen getötet wurden, gaben ihnen Schönheit, doch als Preis dafür verfügten sie, dass die Frauen und deren Töchter bis zum Ende der Zeiten Sklavinnen der Männer sein sollten.

Der Schild, so klein und schön er war, war mehr ein Schaustück als ein Kriegsgerät. Trotzdem zweifelte ich nicht daran, dass Aulus mit Waffen umgehen konnte. Er schien mir solch ein Mann zu sein. Vielleicht hatte er früher im Dienst der einen oder anderen Stadt gestanden.

Telas Putzlappen und die Politur lagen in einem flachen Metallkasten neben dem Schild. Daneben standen Aulus’ Stiefel und Putzlappen und Politur, mit denen ich sie bearbeiten sollte. Es gab viele häusliche Arbeiten, die mir nicht gefielen, doch merkwürdigerweise putzte ich die Stiefel von Männern gern. Es schien mir irgendwie zu mir zu passen.

Ich kniete nieder und nahm einen von Aulus’ schweren Stiefeln zwischen meine Schenkel. Dann, ihn sorgfältig im Licht einer Hängelampe mit kreisenden Bewegungen reibend, widmete ich mich dem Leder. Ich wollte nicht dafür bestraft werden, dass ich mit dem Wächter außerhalb des Zeltes gewesen war. Ich hatte nicht beabsichtigt, ihn zu verführen. Es war nicht meine Schuld gewesen, es sei denn, man gab mir die Schuld dafür, dass ich den Männern so begehrenswert erschien. Er hatte mich ausgenutzt, hatte mir sogar befohlen, leise zu sein! War es nicht die Schuld meines Herrn, mich nur mit einem Kragen und mit etwas bekleidet, das wenig mehr war als ein G-String, herumlaufen ließ? Sicher, ich hatte dem Wächter gern nachgegeben, aber was hätte ich auch tun können? Was erwartete Aulus? Ich war eine Sklavin! In seinem Zelt hatte ich ihm das schon oft genug bewiesen! Ich wünschte, mir wäre Kleidung erlaubt worden. Dann hätte ich besser verbergen können, was mit mir gemacht worden war.

Ich fragte mich, ob ich bestraft werden würde. Ich fragte mich, ob es Dinge gäbe, die über Stunden einen großen Schmerz im Körper eines Mädchens verursachen könnten. Aber er schien nicht besonders wütend auf mich zu sein. Ich glaubte nicht, dass er mich bestrafen würde. Ich hoffte es nicht. Außerdem, wenn er mich bestrafte, könnte es sein, dass ich morgen an seinem Steigbügel nicht gut aussehen würde. Ich war noch nie mit dem Hals an den Steigbügel eines Mannes gekettet gewesen. Wie würde es sein? Ich nahm an, dass er einen Eindruck erwecken wollte, genau wie mit dem Silberschild. Er würde mich als seine Sklavin zur Schau stellen, wie er mit einem goldenen Sattel oder einem purpurrotem Mantel protzte.

Ich arbeitete hart an den Stiefeln. An seinem Steigbügel würde er mich auch im Auge behalten können. Vielleicht amüsierte ihn das. Ich sah mir kurz den Schild an. Er war noch nicht fertig. Ich hoffte, Tela erwartete nicht von mir, dass ich ihn zu Ende putzte. Der Schild war ihre Arbeit, ich sollte die Stiefel putzen!

»Tela!« rief ich leise. »Tela!«

Ich arbeitete weiter an den Stiefeln. Wo war die faule Tela? Wenn sie sich danach drängte, Fesseln angelegt zu bekommen, kniend an den Mittelpfosten des Zeltes angekettet und ausgepeitscht zu werden, war das ihre Sache. Es war aber gar nicht typisch für Tela. Wenn sie irgend etwas war, dann eine gute Arbeiterin. Sie drückte sich im Allgemeinen nicht vor der Arbeit. Ich fragte mich, ob sie erwartete, dass ich ihr den Gefallen, den sie mir getan hatte, als sie meine Tunika bügelte, zurückzahlte. Aber ich wollte das später sowieso tun. Ich mochte Tela, sie war sehr freundlich zu mir gewesen, obwohl ich den Eindruck hatte, dass sie Aulus mochte und es vorgezogen hätte, die einzige Sklavin im Zelt zu bleiben.

»Tela!« rief ich etwas lauter. »Tela!«

Ich war nicht richtig ärgerlich auf sie. Ich fragte mich nur, wo sie war. Es war untypisch für sie, mitten in der Arbeit zu gehen. Ich stand auf, legte den Stiefel beiseite, ging zum Vorhang vor unseren Matten und zog ihn weg.

»Tela!« rief ich.

Sie war nicht dort.

»Was ist los?« fragte Aulus, der nach hinten kam.

»Nichts, Herr.« sagte ich schnell.

»Wo ist Tela?«

»Ich weiß nicht.«

»Der Schild ist noch nicht fertig.« stellte er fest.

»Vielleicht ist sie draußen.«

Er ging zum Zelteingang und trat nach draußen unter die von zwei Stangen gehaltene Markise.

»Tela!« rief er.

Ich hörte, wie er den Wächter nach ihr fragte. Dann kam er zurück ins Zelt.

»Ich weiß nicht, wo sie ist, Herr.« sagte ich und kniete vor ihm nieder.

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