Ich setzte mich auf. Ich konnte nicht glauben, was er mir wahrscheinlich antun wollte. Doch ich nehme an, dass es für eine Sklavin nicht so ungewöhnlich war. Die drei Monde waren voll. Es war spät. Wir waren im Wald. Der Sklavenwagen war nicht weit weg. Das Tharlarion, abgekoppelt aber angebunden, graste zwischen den Bäumen, zupfte Kräuter aus dem Gras und reckte seinen Hals, um an großen Blättern zu nagen.
Meine Knöchel waren gefesselt. Ich konnte meine Beine nicht schließen. Meine Knöchel waren jeder an einen jungen Baum gebunden, die etwa ein Yard auseinander standen. Meine Hände waren nicht mehr hinter dem Rücken gefesselt, sie trugen jetzt eiserne Ringe, die durch eine Kette verbunden waren. Das war viel bequemer, aber wo ich mich vorher hilflos in Seilen wand, war ich jetzt mit Stahl gefesselt. Bestimmt wollte er mich nicht so halten! Erkannte er mich denn nicht? Wollte er mich wie jede beliebige Sklavin behandeln?
Wenn ich meine Hände anhob, hörte ich das Klirren der Kette und fühlte, wie die Eisenringe in meine Handgelenke schnitten. Wenn ich weitermachte, würde ich mich verletzen. Ich hatte die Wahl. Aber am Ende, ob ich weitermachte und mir selbst Schmerzen zufügte oder nicht, würde ich doch nichts ändern können. Ich schluchzte frustriert auf.
»Was ist los, Tuka?« fragte Tela.
Sie war, einige Fuß neben mir, genauso gefesselt wie ich. Sie hatte sich auf die Ellenbogen aufgestützt und ihren Kopf gedreht, um mich im Mondlicht zu betrachten.
»Oh, sei bloß ruhig!« antwortete ich.
»Also gut.«
»Entschuldige, Tela.«
»Ist schon gut.« sagte sie. »Was ist los?«
»Nichts.«
»Nichts!«
Tela legte sich zurück, sicher erstaunt über mein für sie seltsames Verhalten. Ich saß da und zerrte wieder an den Handfesseln. Wieder tat es weh. Wieder hatte ich mich verletzt. Ich schluchzte noch einmal frustriert auf. War das alles, was ich für ihn war, nur eine beliebige Sklavin?
Ich konnte das kleine Lagerfeuer am Wagen sehen. Weiter hinten kümmerte sich Tupita um Mirus. Am Feuer saßen der immer noch maskierte Fremde und die unbewaffneten Callisthenes und Sempronius. Deren Schwerter hingen an der Seite des geschlossenen Wagens. Sie redeten und ließen einen Krug herumgehen, der wahrscheinlich Paga enthielt. Mira und Cara, die immer noch ihre Eisenringe und Handfesseln von Ionicus’ Kette trugen, waren in den Sklavenwagen gebracht worden, der abgeschlossen worden war.
Der Wagen war eigentlich nur ein großer Eisenkasten, der auf ein Wagengestell montiert war. Seine Tür an der Rückseite konnte über eine kurze Treppe mit breiten Holzstufen erreicht werden. Im oberen Teil der Tür gab es eine kleine, etwa einen halben Zoll hohe und sechs Zoll breite Öffnung, die mit einer Klappe verschlossen wurde. Die Klappe war jetzt geschlossen und verriegelt. Unten gab es eine größere Öffnung, ungefähr drei Zoll hoch und einen Fuß breit, durch die Näpfe mit Wasser oder Essen in den Wagen geschoben werden konnten, ohne die große Tür öffnen zu müssen. Die Öffnung hatte auch eine Klappe, die jetzt verriegelt war. Auch sie konnte nicht von innen geöffnet werden.
Der Fremde hatte den Krug verschlossen. Er hatte den Männern Gastfreundschaft bewiesen. Sie hatte, wie man sagt, »seinen Kessel geteilt«. Sie standen auf. Früher am Abend hatte Sempronius mich an den Ruinen des langen, niedrigen Gebäudes neben dem Geländer, an das zu dieser Zeit noch Tela, Mina und Cara gefesselt waren, gefüttert. Callisthenes hatte gleichzeitig Essen in Telas Mund gesteckt, die mit dem Hals an das Geländer gefesselt gewesen war. Ich hatte mich gefragt, ob der Fremde, als er Callisthenes und Sempronius erlaubt hatte, uns halbnackte Sklavinnen zu füttern, ihnen aber gleichzeitig verboten hatte, uns anzufassen, das nicht eher getan hatte, um sie zu quälen. Aber jetzt schien es mir, dass ich mich geirrt hatte. Es sollte eher seinen Appetit auf mich anregen, ihm einen Vorgeschmack auf die Freuden geben, die ihn, wenn er wollte, erwarteten. Und mir sollte es vor Augen führen, wie hilflos ausgeliefert ich ihm war, wie sehr von seiner Gnade abhängig, wie sehr außerstande, mich zu verteidigen oder auch nur selbst zu essen, von ihm sogar abhängig bei meiner Ernährung, dies sollte mein Unbehagen wecken.
Sempronius kauerte sich vor mich hin.
»Leg dich hin.« befahl er.
Ich gehorchte. Wie fest meine Knöchel zusammengebunden waren! Wie eng die Eisenringe meine Handgelenke umschlossen! Er zog mir den Gürtel und den Stofffetzen aus, den ich trug. Dann begann er, neben mir kniend, mich zu streicheln. Ich betrachtete ihn bestürzt und drehte mich weg. Er wollte mich heiß und offen für sich machen! Ich musste widerstehen! Ich musste es wenigstens versuchen! Was, wenn der Fremde das sah? Aber die Männer hatten mich verändert. Ich brauchte ihre Berührungen jetzt, mehr als ich mir jemals hatte träumen lassen, selbst nicht in den Momenten enttäuschter Leidenschaften auf der Erde. Wollen wir doch ehrlich sein: Ich war zu einer Sklavin gemacht worden.
»Was ist los?« fragte Sempronius verwundert.
»Nichts, Herr.« sagte ich fest.
Ich hörte, wie Tela leise aufschrie, als Callisthenes sie anfasste.
Sempronius wusste, was er machte. Ich versuchte, mich dagegen zu wappnen und an etwas anderes zu denken. Ich drehte meinen Kopf zur Seite. Ich hörte Tela vor Lust keuchen. Ich hasste es plötzlich, Sklavin zu sein! War das möglich, dass wir mit der Großzügigkeit eines goreanischen Gastgebers seinen Gästen zur Verfügung gestellt wurde? Aber natürlich war das möglich! Ich war schließlich nur eine Sklavin! Aber warum tat er mir das an, gerade mir? War ich für ihn wirklich nur eine beliebige Sklavin, die ohne eine Sekunde des Zögerns seinen Gästen zur Verfügung gestellt wurde, lediglich ein Ding, eine Annehmlichkeit für sie, wie eine Serviette oder eine Fingerschüssel, eine Bequemlichkeit wie eine Decke oder ein zusätzliches Kissen?
›Ich darf mich durch Telas Schreie nicht erregen lassen. Ich muss versuchen, nicht darauf zu achten! Was für eine Lust sie empfinden musste! Vielleicht hatte der Fremde mich doch nicht erkannt?‹
»Oh!« stöhnte ich plötzlich leise.
Sempronius lachte in sich hinein. Ich wusste jetzt, und er wusste es auch, dass er mich besiegen würde.
»Ist sie zufrieden stellend?« fragte der Fremde, der hinter Sempronius stand.
Ich sah wild zu ihm hinauf.
»Es scheint, als würde sie es werden.« antwortete Sempronius.
Der Fremde hielt eine aufgewickelte Sklavenpeitsche in seiner rechten Hand.
»Wenn du nicht völlig zufrieden bist«, sagte er, »lass es mich wissen.«
»Klar.« sagte Sempronius.
Ich wusste, dass der Fremde mich peitschen würde, wenn ich Sempronius nicht zufrieden stellen würde. Aber ich begann mich unter dessen Hand zu winden, ich konnte nichts dagegen tun.
»Du bist eine heiße Sklavin.« sagte Sempronius zu mir.
»Oh, oh.« stöhnte ich leise.
»Gefällt es dir nicht?« fragte er.
»Doch, Herr.« schluchzte ich. »Ich danke dir, Herr.«
In diesem Augenblick hörte ich Tela darum betteln, von ihren Handfesseln befreit zu werden, damit sie Callisthenes umarmen könne. Er öffnete einen ihrer Eisenringe. Callisthenes hatten offenbar die Schlüssel zu unseren Handfesseln! Wie freundlich das von dem Fremden war! Ich bäumte mich ein wenig auf und sah erleichtert, dass der Fremde mit Mirus und Tupita zurück war. Ich schloss die Augen. Ich lag auf dem Rücken auf den Blättern, keuchte und warf meinen Kopf hin und her.
»Ich kann das nicht aushalten, Herr!« stöhnte ich. »Ich halte das nicht aus! Nicht aufhören! Nicht aufhören! Oh bitte, Herr, hör nicht auf!«
Ich liebte es, Sklavin zu sein! Ich liebte es! Ich flehte Sempronius an, meine Hände zu befreien, damit ich ihn umarmen und meinen weichen Körper an ihn schmiegen könne. Er drehte mich auf die Seite und entfernte einen meiner Armreifen. Sofort umarmte ich ihn.
»Oh! Oh, oh ohhhhh, ohhh!« stöhnte ich. »Ohhhhh.«
»Ja, gib dich hin, Sklavin.« sagte er.
Ich sah mit Tränen in den Augen hoch. Der Fremde war zurückgekommen und beobachtete uns. Seine Hand hielt immer noch die Sklavenpeitsche. Dann drehte er sich wieder weg. Ich nahm an, dass er es nicht für nötig hielt, mich zu peitschen. Ich antwortete auf Sempronius’ Lippen und küsste ihn weich auch auf den Hals und die Brust.
Noch zweimal benutzte er mich in dieser Nacht und noch zweimal wurde ich an mein Sklaventum erinnert und wie umfassend und total es war. Der Fremde kam nicht noch einmal, um sich davon zu überzeugen, dass ich mich völlig hingab. Wahrscheinlich hatte er schon genug gesehen. Natürlich würde ich die Peitsche zu spüren bekommen, wenn Sempronius nicht völlig zufrieden gestellt war.
Spät am Abend durften Sempronius und Callisthenes das Lager verlassen. Bevor sie gingen, fesselten sie die Hände der zwei Sklavinnen Tela und Tuka wieder hinter deren Rücken. Die Schlüssel zu den Armringen bekam der Fremde. Sie zogen uns auch wieder unsere Kleidung an, obwohl die diese Bezeichnung kaum verdiente. Dann bekamen sie ihre Schwerter und Geldbeutel zurück. Tela und ich sahen ihnen nach, als sie in der Dunkelheit verschwanden.
Nachdem Callisthenes und Sempronius das Lager verlassen hatten, wurden Mina und Cara aus dem Sklavenwagen gebracht und knieten neben dem Feuer nieder. Sie waren immer noch in ihren Ketten. Tela wurde von den Seilen, die ihre Knöchel zwischen den Bäumen gefesselt hatten, befreit. Sie wurde auf ihre Füße gezogen und musste dann in einer Reihe mit Mina und Cara niederknien. Dann wurden meine Fesseln an den Knöcheln gelöst und ich kniete vor dem Baum nieder, an dem mein rechter Knöchel befestigt gewesen war. Einer der Eisenringe an meinen Handgelenken wurde entfernt und an dem Baum befestigt.
»In dieser Richtung«, sagte der Fremde, an Mina, Cara und Tela gewand, »liegt die Vitkel Aria und an ihr, in der gleichen Richtung weiter, das Lager von Pietro Vacchi. Wenn ihr nach Venna und in Ionicus’ Lager zurückkehren wollt, müsst ihr auf der Vitkel Aria nach rechts gehen.«
Mina, Cara und Tela sahen einander an. Dann löste der Fremde Telas Fesseln.
»Aufstehen.« befahl er.
Sie stellten sich hin.
»Wo wollt ihr also hin?« fragte er.
»Ich möchte nicht zu Schwarzen Kette zurück.« sagte Mina. »Ich werde versuchen, in die Hände der Männer Pietro Vacchis zu gelangen.«
»Ich auch.« schloss sich Cara an.
»Ich bin sicher«, bemerkte der Fremde, »dass ihr beide liebliche Lagersklavinnen abgeben werdet.«
»Wir werden sein, was die Herren wünschen.« sagte Mina.
»Und was ist mit dir, meine Liebe?« erkundigte er sich bei Tela.
»Ich werde auch versuchen, Pietro Vacchis Lager zu erreichen«, sagte sie, »in der Hoffnung, dass jemand, in dessen Hände ich gern fallen würde, noch dort ist. Wenn nicht, werde ich darum bitten, in Ionicus’ Lager zurückehren zu dürfen.«
»Du machst den Eindruck einer liebenden Sklavin.« bemerkte er.
»Vielleicht, Herr.« antwortete sie und senkte verwirrt ihren Kopf.
›Wie sehr muss sie Aulus lieben‹, dachte ich, ›dass sie zur Schwarzen Kette zurückkehren will, nur um mit zusammengeketteten Gliedern Wasser zu schleppen und von Zeit zu Zeit zu dem Hügel mit dem Aufseherzelt aufsehen zu können und vielleicht sogar dort wie vorher in einen Stück Seide dienen zu können.‹
»Ihr wisst nicht, was aus dem Rest von uns wurde.« sagte der Fremde warnend.
»Nein, Herr.« antworteten sie.
»Dann geht.« sagte er.
»Darf ich Tuka zum Abschied küssen?« fragte Tela.
»Wegen mir.« erlaubte er.
Tela kam und kniete neben mir nieder.
»Ich wünsche dir alles Gute, Tuka.« sagte sie und küsste mich.
»Ich wünsche dir auch alles Gute.« entgegnete ich und küsste sie.
Sie folgte dann Mina und Cara und verließ das Lager.
Der Fremde stand vor mir. Ich sah verängstigt zu ihm auf. Er ging zum Sklavenwagen, ging die Treppe hoch und öffnete die eiserne Tür. Dann kam er zurück, entfernte meine Handfesseln und stieß mich auf alle vier.
»In den Sklavenwagen.« befahl er. »Wenn du hereinkommst, ist rechts ein voller Wassersack und eine Essensnapf mit zwei Brötchen. Links steht ein Abfallkübel.«
»Ja, Herr.«
»Los.« befahl er.
»Ja, Herr.«
Er hatte mich auf alle vier gestoßen und mir nicht erlaubt, aufzustehen. Also war klar, wie ich mich zum Sklavenwagen bewegen sollte. Als ich drin war, schloss er die Tür und ich hörte, wie sie mit zwei schweren Schlössern verriegelt wurde. Dann wurde auch noch die kleine Öffnung im oberen Teil der Tür, durch die ich einen der Monde sehen konnte, geschlossen und verriegelt.
Ich saß in völliger Dunkelheit. Ich spürte, dass einige Decken auf dem Eisenboden lagen. Ich würde es in der Nacht also warm haben. Ich tastete den Wagen ab und entdeckte, dass es einige Ringe und Ketten gab, an denen Mädchen, wenn die Herren es wollten, noch extra gesichert werden konnten. Es gab auch einen kleinen, gefüllten Wassersack und einen Napf mit zwei Brötchen. Außerdem gab es, wie er gesagt hatte, einen Abfallkübel. Was für ein Luxus, sagte ich mir, was kann sich ein Sklavenmädchen noch wünschen, außer vielleicht den heißen Körper ihres Herrn? Ich tastete die Innenseite des Sklavenwagens ab. Die Platten waren solide. Eine Flucht war unmöglich, selbst wenn ich an so etwas denken sollte. Er hatte alles kontrolliert.
Ich fragte mich, ob am Morgen das Tharlarion angespannt werden und der Wagen losfahren oder ob wir hier bleiben würde. Ich legte zwei Decken in die Wagenmitte und zog eine andere über meine Schultern. Dann kroch ich zum Essensnapf und nahm eines der Brötchen. Es war alt, für eine Sklavin aber gut genug. Ich kniete dort, mit der Decke über den Schultern und aß es in der Dunkelheit. Dann trank ich etwas Wasser.
Dann kroch ich zurück in die Mitte des Wagens, wo ich die Decken ausgebreitet hatte und kniete dort nieder. Ich begriff, dass es ihm ein Leichtes wäre, mich eine unbestimmte Zeit hier zu halten. Es gab hier einen Abfallkübel, und Essen und Wasser konnte leicht durch die kleine Öffnung unten in der Tür hereingeschoben werden. Er würde mich nicht einmal an einer Leine ausführen müssen, damit ich mich erleichtern konnte. Wenn er mich durch die Öffnung in der Tür fütterte, würde er mich nicht einmal ansehen müssen. Ich sah mich im Dunklen um. Sein Wille würde darüber entscheiden, wie lange ich hier bleiben musste. Es hing nur von ihm ab. Er war der Herr. Ich war die Sklavin.
Ich hoffte aber darauf, dass seine Begierden ihn manchmal überwältigen würden und dass ich dann, als sein Eigentum, sie zu befriedigen hätte. Ober vielleicht war es seine Absicht, mich hier zu seinem Vergnügen zu halten, bis meine Begierden in mir zu arbeiten begännen. Vielleicht wollte er mich hinter der eisernen Tür flehen und betteln, kratzen, wimmern und schluchzen hören? Ich beschloss, ihm diesen Triumph nicht zu gönnen. Aber ich begriff, wenn das es war, was er wollte, dass er vielleicht nicht lange darauf zu warten brauchte, schließlich war ich ein goreanisches Sklavenmädchen.
Ich lachte in mich hinein. Er musste sich an mich erinnern! Oder konnte es sein, dass er mich nur interessant fand wie jede andere Frau? Ich nahm an, dass das möglich war. Er hatte schließlich nicht zu erkennen gegeben, dass er sich an mich erinnerte. Auf jeden Fall hatte er Mina, Cara und Tela weggeschickt. Ich war es, die er in den Sklavenwagen gesteckt hatte! Er musste sich an mich erinnern!
Ich lag dann auf den Decken, mit einer weiteren Decke zugedeckt und fragte mich, ob wir morgen mit dem Sklavenwagen wegfahren und ich hilflos in ihm weggebracht werden würde oder ob er hier im Wald bleiben wollte, und wenn ja, wie lange. Ich musste warten, um die Antworten auf diese Fragen zu erfahren. Ich war ein Sklavenmädchen.