33 Staub

Ich kniete ihm gegenüber am Feuer in unserem kleinen Lager im Wald nieder, nicht weit entfernt von der Wiese. Es war jetzt dunkel. Etwa fünfzig Fuß hinter ihm war eine Lichtung. In meine Richtung standen einige Bäume und Büsche.

Ich war nackt. Er hatte mir keine Kleidung gegeben, nachdem er mich nach der Abreise von Mirus und Tupita ausgezogen hatte.

»Ist das Lager in Ordnung und deine Arbeit getan?« erkundigte er sich.

»Ja, Herr.« antwortete ich.

Ich hatte versucht, mein Bestes zu geben, als ich für ihn gekocht hatte. Ich hoffte, dass es ihm geschmeckt hatte. Er hatte, ohne etwas zu sagen, aber mit Appetit gegessen. Ich hoffte, dass ich meine Arbeit nicht allzu schlecht getan hatte.

Ich war nicht gepeitscht worden. Die Peitsche ist ein sehr handfestes Symbol der Beziehung zwischen dem Herrn und der Sklavin, und wenn der Herr nicht zufrieden ist, kann sie, wie die Sklavin sehr gut weiß, schnell zu mehr als einem Symbol werden. Ich war auf seinen Befehl auf allen vier neben ihm und nachdem er begonnen hatte, zu essen, stopfte er mir ein Stück Brot in den Mund. Während der Mahlzeit hatte er mir immer mal wieder einen Brocken auf die Blätter geworfen, den ich ohne Zuhilfenahme der Hände essen musste.

Als Frau schaute ich zu ihm auf, zu solch einem Herrn. Ich hätte keinem schwächeren Mann gehören wollen. Er befahl und ich gehorchte. Ich gehörte ihm.

»Der Herr fesselt seine Sklavin vielleicht nicht.« sagte ich hoffnungsvoll.

Er betrachtete mich. Ich konnte nicht leugnen, dass ich Fesseln liebte, physische und soziale Fesseln, sie waren handfeste Beweise meiner Weiblichkeit und meines Platzes in der Natur. Ich erwartete, dass er mich zur Sicherheit in der Nacht fesseln würde. Andererseits hoffte ich, von ihm jetzt nicht für die Nacht, sondern lieber für den Abend gefesselt zu werden, um mir auf diese Weise zu verdeutlichen, dass ich eine Sklavin war, nur eine symbolische Fesselung, und um mich seinen Absichten gegenüber hilflos zu machen, was immer diese sein mochten.

»Du bist eine Frau, die für Fesseln wie geschaffen ist.« sagte er.

Aber er machte keine Anstalten, mir eine Kette oder andere Fesseln anzulegen, er befahl mir auch nicht, ihm Fesseln zu bringen.

»Und für die Liebe, Herr«, entgegnete ich kühn, »und für die Liebe!«

Er runzelte die Stirn.

»Verzeih mir, Herr.« sagte ich schnell.

Ich trug schließlich die wunderbarsten und erfreulichsten Fesseln von allen, die meiner Weiblichkeit, die mit mir identisch war, die meines natürlichen und gesetzlichen Sklaventums und die meiner Liebe. Als ich bemerkte, wie sich sein Blick auf mich senkte, spreizte ich meine Knie noch ein Stück weiter. Ich war ein raffiniertes Ding. Er war nicht überrascht, als ihm das bewusst wurde.

»Du bist eine durchtriebene Sklavin.« stellte er fest.

»Verzeih mir, Herr.« entgegnete ich.

Ich schloss meine Knie ein Stück.

»Nein«, befahl er, »öffne deine Knie genauso weit wie vorher.«

»Ja, Herr.«

Jetzt war ich natürlich eine Sklavin, die dem Befehl ihres Herrn gehorcht. Wie weit entfernt schienen doch die Erde und die Bibliothek.

»Darf ich sprechen, Herr?«

»Ja.«

»Fulvius«, sagte ich, »einer der Räuber, schien nicht gern einen Feind im Rücken zu hinterlassen.«

Mein Herr nickte.

»Ich habe das auch nicht gern.« sagte er.

»Aber du hast Sempronius und Callisthenes freigelassen.« sagte ich. »Du hast ihnen sogar Gastfreundschaft gewährt. Du hast ihnen sogar Tela und mich zu ihrem Vergnügen überlassen.«

»Sie sind keine Feinde.«

»Ich verstehe.«

»Man muss sich vor Feinden hüten«, fuhr er fort, »und je großmütiger sie sind, desto gefährlicher sind sie auch.«

»Ich bin überrascht, dass du dieses Lager so lange bestehen lassen hast.« sagte ich. »Ich nehme an, das war mit Rücksicht auf Mirus’ Wiederherstellung.«

»Vielleicht.«

»Aber du bist heute Nachmittags nicht mit ihm aufgebrochen.«

»Nein.«

»Vielleicht willst du das Lager am Morgen verlassen?«

»Vielleicht.«

Ich sah meinen Herrn an. Er hatte mich noch nie genommen. Auf der Erde und im ersten Haus meiner Ausbildung hatte mich scheinbar meine Jungfräulichkeit geschützt. Es wurde angenommen, dass sie meinen Preis auf dem Sklavenblock, jedenfalls für bestimmte Käufer, erhöhen würde. Das hatte Hendow sicher verlockt, denn er hatte mit mir und dem Verkauf von Ostraka gutes Geld verdient. Dann war ich lange für ihn nicht erreichbar gewesen. Auf der Wiese hatte er mich wiedergefunden und ich war wieder in seiner Gewalt. Er hatte mit dem Schwert seinen Anspruch auf mich durchgesetzt. Ich war jetzt sein, seine Sklavin! Aber er hatte mich immer noch nicht genommen. Er hatte mich Sempronius zur Verfügung gestellt. Danach musste ich, als einfache Demonstration seiner Rechte als Herr über mich, Mirus dienen. Aber er hatte mich doch monatelang gesucht. Das hatte er doch sicher nicht gemacht, um mich dann anderen zur Verfügung zu stellen. Ich sah ihn an. Bestimmt begehrte er mich. Er hatte gesagt, wie sehr. Ich schauderte. Ich hatte Angst davor, war aber auch ein wenig erregt davon, zum Objekt seiner Begierden, goreanischer Begierden, zu werden. Sie waren so mächtig, so rücksichtslos, so absolut kompromisslos!

›Jetzt‹, dachte ich, ›muss er sich doch um mich kümmern.‹

Bestimmt musste er das! Er musste sich wirklich sehr um mich kümmern! Vielleicht liebte er mich sogar, dachte ich, so absurd das auch scheinen mochte. Was das wirklich unmöglich?

›Er muss mich lieben‹, dachte ich, ›er muss!‹

»Was ist mit dir los?« fragte er.

»Nichts, Herr.«

Ich sah ihn an. Ich war sicher, dass er mich liebte!

»Bist du sicher, dass nichts ist?«

»Ja, Herr.« antwortete ich. »Herr?«

»Ja.«

»Du besitzt mich«, sagte ich, »ich bin deine Sklavin.«

Ich wollte auf schlaue Art herausbekommen, was er für mich empfand.

»Dein Status?« fragte er.

»Ja.« sagte ich. »Was für eine Sklavin bin ich?«

»Was meinst du?«

»Bin ich eine höhere Sklavin?«

»Willst du ausgepeitscht werden?«

»Nein, Herr.«

»Dreh dich um«, befahl er, »knie nieder. Leg den Kopf auf den Boden und falte die Hände im Genick.«

»Ja, Herr!« schluchzte ich.

Ich beeilte mich zu gehorchen. Es war die normale Position zur Vergewaltigung von Sklavinnen.

»Oh!« schrie ich auf.

Dann schauderte ich und keuchte und schrie auf. Dann keuchte ich wieder und wieder auf. Dann stieß er mich mit dem Fuß in den Schmutz des Feuers.

»Das ist dein Status, diese Art Sklavin bist du.« sagte er.

»Ja, Herr.« keuchte ich.

»Sag mir deinen Status und welche Art von Sklavin du bist.« befahl er.

»Ich bin eine niedere Sklavin.«

»Du bist die niederste der Niederen!«

»Ja, Herr.«

Ich hatte Tränen in den Augen. Offensichtlich war ich für diesen Mann nichts als eine Sklavin. Er hatte nicht die geringste Absicht, mein Sklaventum zu erleichtern. Er hatte mich nicht auf der Erde auserwählt, um eine halbe Sklavin zu sein.

Meine Gefühle waren sehr gemischt. Ich war sehr dankbar dafür, genommen worden zu sein, aber noch hatte er mir nur wenig Vergnügen bereitet. Seine Aufmerksamkeiten, seine Dominanz und seine Disziplinierungen hatte ich aber weinend genossen. Es war die erste solche Berührung, wenn sie auch arrogant und verächtlich gewesen war, die mir mein Herr gewährt hatte. Und auch wenn ich jetzt wusste, dass ich eine niedere Sklavin war und sogar die niederste der Niederen, so war ich doch weder entmutigt noch enttäuscht.

Erstens wusste ich, dass Frauen, die sehr streng als niedere Sklavinnen gehalten werden, oft am meisten geliebt sind. Viele Herren halten ihre Favoritinnen als niedere Sklavinnen. Ich hatte wenig Zweifel daran, dass Mirus Tupita als solch eine Sklavin halten würde. Sie hatte schon Handfesseln getragen, als sie das Lager verlassen hatten. Ich wusste auch, dass höhere Sklaven gelegentlich zu Dingen benutzt werden, die auf ihre Art köstlich sind, sie sich aber genauso zu ihrer Beschämung, Frustration und Lust in Fetzen gekleidet bei der Erledigung widerwärtiger Aufgaben wiederfinden. Dadurch werden sie daran erinnert, dass sie Sklaven sind und ihren Herrn gehorchen müssen. Solche Zwänge werden natürlich bevorzugt an Frauen ausgeübt.

Auch wenn ich nicht geliebt wurde, hatte ich jetzt keinen Zweifel mehr daran, dass ich heftig begehrt wurde und dass ich nicht fürchten musste, nicht meinem Herrn als Sklavin dienen zu dürfen. Die Rücksichtslosigkeit, mit der er mich benutzte verdoppelte nur meine Begierden, die einer Sklavin, nämlich ihm zu dienen und ihn zu lieben. Es war klar, er hatte gewusst, was er tat, als er mich auf der Erde ausgewählt hatte.

»Du darfst deine Position wieder einnehmen.« sagte er.

»Vielen Dank, Herr.« sagte ich, kehrte an meinen Platz zurück und kniete wieder am Feuer ihm gegenüber.

Ich war immer noch erschüttert und erhitzt von meiner Vergewaltigung. In gewissem Maß schämte ich mich auch und war verärgert, schließlich war ich einmal eine freie Erdenfrau gewesen, doch hauptsächlich war ich sehr erfreut und dankbar und voller Liebe. Außerdem bewunderte ich ihn. Er hatte mich gewollt und er hatte mich genommen. Er machte mit mir, was er wollte. Ich wurde behandelt, wie es ihm gefiel. Es gab keine Kompromisse. Ich war seine Sklavin.

»Darf ich sprechen?« fragte ich.

»Ja.« erlaubte er.

»Woher wusstest du, dass du Callisthenes und Sempronius vertrauen kannst?«

»Ich denke, dass ich einiges Geschick habe, Männer zu durchschauen.«

»Kannst du Frauen genauso durchschauen?«

»Ja.«

»Und was siehst du in mir?«

»Richte deinen Körper auf und spreize deine Knie weiter.« befahl er.

Ich tat es.

»Ich sehe, dass du ein ausgezeichneter weiblicher Sklave bist«, sagte er, »der nur einen starken Herrn braucht, um seine Weiblichkeit zu vervollkommnen.«

»Das ist wahr, Herr.« bestätigte ich, errötete und senkte meinen Kopf.

Ich bedauerte, danach gefragt zu haben. Ich war so verlegen! Es war, als könne er meine innersten Gedanken und Begierden lesen. War ich für ihn wirklich so offen? Es schien, als wären meine Gedanken und Begierden für ihn so nackt wie es jetzt, nach seinem Willen, mein Körper war.

Er holte dann etwas Öl und einen Wetzstein aus seinen Sachen und schließlich, als er wieder an seinem Platz war, sein Schwert aus der Scheide. Dann widmete er sich langsam, geduldig und mit großer Sorgfalt der Klinge. Goreanische Männer schärfen ihr Schwert gewöhnlich selbst. Sie vertrauen bei der Schärfe ihrer Klinge auf niemanden als sich selbst. Ich betrachtete die Klinge unbehaglich, aber fasziniert. Ich hatte sie bei der Arbeit gesehen.

»Wir wollen englisch sprechen.« sagte er und sah hoch.

»Gut, Herr.«

Wir hatten die ganze Zeit über englisch gesprochen. Ich verstand nicht, warum er das noch einmal betonte.

»Wir müssen das tun, was wir können.« sagte er.

»Herr?«

»Wenn du Öl ins Feuer gießt, flammt es plötzlich auf, so dass es für einen Augenblick schwer ist, ins Licht zu sehen.«

»Ja, Herr?«

»Aber es ist zu früh für das Feuer, schon auszugehen.«

»Ja, Herr.« entgegnete ich erstaunt.

Ich beobachtete den Wetzstein, der sich so langsam, so glatt und so gleichmäßig über die Schwertklinge bewegte.

»Wenn sich jemand hinter mir nähern sollte«, sagte er, »würdest du ihn bestimmt sofort sehen.«

»Ja, Herr«, antwortete ich, »hinter dir ist eine Lichtung, vielleicht fünfzig Fuß lang oder noch mehr.«

Sein Kopf war gesenkt. Er arbeitete mit dem Wetzstein.

»Aus diesem Grund«, redete er weiter, »wird jemand, der sich unbeobachtet dem Lager nähern will, dies vielleicht aus der Richtung hinter dir tun, wo all diese Bäume und Büsche stehen.«

»Das nehme ich an, Herr.«

»Dreh dich nicht um.« befahl er.

»Gut, Herr.«

»Solch eine Person«, fuhr er fort, »würde eine Gelegenheit abwarten, die günstig ist, um sich unbemerkt anzuschleichen.«

»Herr?« fragte ich erschrocken.

»Zum Beispiel«, sagte er, »wenn jemand sich einer Arbeit widmet und nicht darauf achten kann, ob sich eine Person nähert.«

»Herr?«

»Erinnerst du dich an diesen Nachmittag, als wir unseren Spaziergang machten?«

»Natürlich.«

»Erinnerst du dich an die Körper der zwei Bestien auf der Wiese?«

»Ja.«

Ich hatte nicht sehr auf sie geachtet, aber er hatte mich mit der Leine zu ihnen gezogen. Sie hatten dort gelegen, durch den Todeskampf verkrampft. Es war kein schöner Anblick gewesen. Glücklicherweise hatte er uns dann zum Lager zurückkehren lassen.

»Erinnerst du dich an irgendetwas Ungewöhnliches an ihnen?«

»Nein.«

»Erinnerst du dich nicht daran, dass beide mit Staub bedeckt waren?«

»Doch.« sagte ich erstaunt.

»Wie, glaubst du, ist der dorthin gekommen?«

»Durch den Wind.«

»Nein«, sagte er, »nicht auf der Wiese.«

»Ich verstehe nicht.«

»Du verstehst nicht, was dieser Staub bedeutet?«

»Nein.«

»Sie haben auch ihre Zeremonien und Riten.«

»Sie?«

»Ja«, sagte er, »dieser Staub hat zeremonielle Bedeutung.«

Ich antwortete nicht. Die Haare auf meinem Genick sträubten sich.

»Es sieht so aus«, fuhr er fort, »dass ich jetzt mit dem Schärfen des Schwertes fertig bin. Bald, so wird es erwartet werden, werde ich hochsehen.«

»Oh, Herr.« sagte ich ängstlich.

»Hast du irgend etwas entdeckt?«

»Nein.«

»Er wird sich mit dem Wind anschleichen.«

»Ja, Herr.«

»Wenn du es schaffst«, fuhr er fort, »solltest du nicht aufspringen, sondern dich auf die Seite werfen. Dann kannst du aufspringen und fliehen.«

Er sprach unnatürlich ruhig. Die Bewegungen des Wetzsteins auf der Schwertklinge waren ruhig und gelassen, aber ich spürte, dass jeder Nerv und jede Zelle seines Körpers angespannt war.

»Ich werde nur einen Hieb machen können.« sagte er.

Die Klinge war jetzt auf mich gerichtet, fast direkt auf mich.

»Erinnerst du dich, in welche Richtung ich Tela, Mina und Cara aus dem Lager geschickt habe?«

»Ja.«

»In dieser Richtung liegt Pietro Vacchis Lager.« erklärte er. »Natürlich kommst du dort auch auf die Vitkel Aria.«

»Herr!«

»Verstehst du?«

»Ja.« flüsterte ich.

»Denke daran, dass es für dich auf dieser Welt keine Freiheit und keine Flucht gibt. Du bist nur eine Sklavin im Kragen. Deshalb rate ich dir, dich so schnell wie möglich dem ersten Mann oder den ersten Männern, die du triffst, zu unterwerfen, von denen du annimmst, dass sie dich beschützen können. Wenn du eingefangen wirst, könntest du als entlaufene Sklavin angesehen und gezwungen werden, die schmerzlichen Folgen einer solchen Tat zu ertragen.«

»Ich bin eine Sklavin«, sagte ich, »ich möchte nicht frei sein.«

»Das wirst du auch nicht.«

»Ich habe Angst«, sagte ich, »schreckliche Angst.«

»Hab keine Angst«, beruhigte er mich, »er kommt noch nicht.«

»Oh, Herr«, atmete ich befreit auf, »Herr!«

Ich spürte eine unglaubliche Erleichterung. Mein Körper entspannte sich. Ich lehnte mich nach vorn, zu ihm, zu meinem Herrn.

Fast zur gleichen Zeit hörte ich plötzlich ein brutales, ohrenbetäubendes Brüllen hinter mir und ahnte einen riesigen Körper, und mein Herr sprang auf seine Füße und über das Feuer, stieß sein Schwert über meinen Kopf in die Dunkelheit hinter mir, ich drehte mich um und sah zwei große, behaarte Arme, die sich nach ihm ausstreckten, sich um ihn schlossen, ich schrie auf, der Körper und die Klauen des Dings waren über mir. Ich war zwischen ihm und meinem Herrn und warf mich zur Seite. Augenblicklich drehte ich mich wild auf alle vier und sah im Halbdunkel, das Feuer flammte stark auf, kleine Flämmchen waren verstreut, zwei Schemen, eine gigantische Bestie und ein menschlicher Schatten, die sich ineinander verbissen, sah die Füße und Sandalen eines Mannes am Boden, die darum kämpften, in eine günstige Position zu gelangen.

Mein Herr hatte gesagt, es käme nicht, aber wie hatte er das wissen können, ohne hochzusehen? Nein, er hatte gewusst, dass es kam. Als er gesagt hatte, es käme nicht, hatte sich mein Körper entspannt. Vielleicht war das für die Bestie das Signal gewesen, dass es noch nicht entdeckt worden war, dass wir nicht bereit waren, dass wir uns sicher wähnten und dass dies deshalb der beste Moment für einen Angriff wäre. Natürlich hatte die Bestie den Mann zuerst attackieren. Ich, eine unbewaffnete, nackte Frau, konnte, wenn sie überhaupt Interesse an mir hatte, bis später warten.

Ich hatte mich gerade glücklich vorgelehnt. Das machte den Weg zu meinem Herrn frei.

Die zwei Schemen schienen jetzt sehr ruhig zu sein, sie standen an den Überresten des Feuers und bewegten sich kaum.

»Tuka.« rief mein Herr.

»Ja, Herr.« schrie ich.

»Deine Erlaubnis zur Flucht«, sagte er und sprach die Wörter langsam eines nach dem anderen, »ist hiermit widerrufen.«

»Ja, Herr!« schluchzte ich.

Ich sah, wie sich der Griff der behaarten Arme der gigantischen Bestie um den Körper meines Herrn langsam lockerte. Die Tunika war auf seinem Rücken zerrissen. Ich wusste nicht, ob er ohne die Unterstützung der Bestie überhaupt noch stehen konnte.

»Fach das Feuer an.« befahl er.

Seine Stimme schien merkwürdig klangvoll zu sein. Aber er schien auch kaum sprechen zu können.

Ich beeilte mich, die verstreuten Flammen zu sammeln und Holz draufzulegen. Ich versuchte auch, die übrigen Flammen zu löschen. Das war nicht schwierig. Ich streute Erde auf sie und manche trat ich aus. Das Feuer schürte ich mit Holz, das Tupita und ich im Wald gesammelt hatten.

Ich sah, dass die Augen der Bestie auf mich gerichtet waren. Ich wusste nicht, ob sie begriff, was sie sah. Sie stand immer noch auf ihren Füßen. Aus ihrer Brust ragte der Griff des Schwertes heraus. Es war bis zum Heft durch den Körper gestoßen. Mein Herr war ein wenig zurückgetreten, seine Tunika war auf dem Rücken zerrissen und seine Arme waren blutig. Auch seine Brust war blutig, doch ich denke, das war das Blut der Bestie. Er zitterte.

Die Bestie sank dann am wiederaufflammenden Feuer zurück auf ihren Hintern. Sie schüttelte ihren Kopf und biss in das Fell auf ihrem Arm, als wollte sie sich putzen. Dann legte sie sich langsam nieder. Der Griff des Schwertes kam etwa einen Zoll aus ihrem Körper heraus, dann, als die Bestie auf dem Boden lag, sah man die Klinge. Die Spitze hatte sich unter der Bestie in den Boden gebohrt und wegen des Widerstandes war der Griff des Schwerts höher gekommen.

Die Bestie fasste mit ihren großen, sechsfingrigen Händen oder Pfoten nach dem Schwertgriff. Sie berührten den Griff, konnten sich jedoch nicht darum schließen. Dann sanken ihre Arme an den Seiten hinunter. Blut kam aus ihrem Maul und war rund um die Schwertklinge auf ihrer Brust.

Mein Herr sah mich an. Er atmete schwer. Er zitterte sichtlich.

»Leg dich auf sie«, befahl er, »mit dem Rücken, den Kopf nach unten.«

Schnell legte ich das Holz aufs Feuer und legte mich mit meinem Rücken auf die Bestie. Ich war verängstigt. Sie lebte ja noch. Ich konnte die Wärme ihres Körpers fühlen, ihren Atem spüren und ihr Blut an meinem Rücken.

Die Waffe meines Herrn steckte noch links neben meiner Taille in der Bestie. Er atmete heftig und sah auf mich hinunter. Dann riss er plötzlich grob und heftig und ohne Rücksicht auf mich zu nehmen meine Knie auseinander. Wir lebten beide noch! Wir hatten überlebt!

»Herr!« schrie ich und ergab mich seiner mich aufspießenden, schönen, herrlichen und kraftvollen, seiner unermüdlichen, anspruchsvollen, gnadenlosen und frohlockenden Männlichkeit. Und so nahm er die Sklavin, die ihm gehörte, benutzte sie zu seinem Vergnügen auf dem Körper der Bestie.

Diesen Akt kann man in seiner emotionalen Kraft, seiner Bedeutung und Komplexität nicht beschreiben. Es war ein Akt bestimmender Aggressivität, Vitalität, Freude und Bedeutung. Er war die Befreiung von der Angst vor dem Tod, eine Danksagung für Schicksal und Glück, eine Bekräftigung des Lebens, er war der Schrei des wilden Verr in den Bergen, das Springen des Fischs im Meer, das Brüllen des Larl, das Zischen des Sleen, der Schrei des Tarn am Himmel. Nur die, die dem Tod am nächsten gewesen waren, können den Wert des Lebens ermessen.

Dann zog er mich sanft von der Bestie. Er küsste mich und hielt mich ihr entgegen.

»Morgen verlassen wir das Lager.« bestimmte er.

»Hast du darauf gewartet?«

»Ja.«

»Es ist tot.«

»Ja.«

Dann zog er sein Schwert aus dem Körper der Bestie und reinigte es an ihrem Fell.

»Du wolltest keinen Feind in deinem Rücken zurücklassen.« stellte ich fest.

»Es war noch da.«

»Wäre es dir gefolgt?«

»Ja.«

»Du wusstest, dass es noch hier war«, sagte ich, »wegen des Staubes auf den anderen Bestien auf der Wiese.«

»Ich vermutete, dass es hier geblieben war.« sagte er. »Der Staub zeigte mir natürlich, dass meine Vermutung stimmte.«

»Du scheinst einiges über diese Bestien zu wissen.« sagte ich schaudernd.

»Ein wenig.«

»Was muss jetzt getan werden?« fragte ich.

»Ich werde den Körper zur Wiese bringen, zu den anderen«, sagte er, »und es begraben, wie es bei ihnen gemacht wurde, mit einer Handvoll Staub. Das scheint ja zu ihrer Zeremonie zu gehören.« »Es ist nur eine Bestie.« sagte ich zu ihm. »Nein«, entgegnete er, »es ist mehr als eine Bestie.« Ich sah ihn an.

»Es gehörte zu einem Volk.« sagte er. »Ja, Herr.«

»Du bleibst hier.« befahl er. »Ja, Herr.«

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