Die Eisentür öffnete sich.
»Komm heraus.« befahl er.
Ich glaube, dass ich zwei Tage im Wagen verbracht hatte. Draußen war es wieder Abend. Ich richtete hastig den Stoffgürtel und steckte den Kleidungsfetzen darunter. Ich fuhr mit der Hand durch mein Haar. Dann erhob ich mich und eilte zur Tür. Dort fasste er mich am Arm und führte mich die Treppe hinunter. Ich freute mich, dass er das tat, denn ich war lange nicht gelaufen und war deshalb etwas wacklig auf den Beinen.
Ein Lagerfeuer brannte und daneben waren Mirus und Tupita. Sie schien zu strahlen. Ich war erschrocken, Mirus zu sehen. Er schien fast wiederhergestellt zu sein. Als der Mann, der immer noch eine Maske trug, meinen Arm losließ, ging ich schüchtern zu Mirus und kniete vor ihm nieder.
»Die Sklavin ist erfreut«, flüsterte ich, »dass der Herr viel stärker aussieht.«
Dann legte ich meinen Kopf verängstigt auf den Boden. Er sah immer noch mit Härte auf mich. Nur Tupitas Fürsprache hatte ich es zu verdanken, dass ich verschont worden war.
»Kocht.« befahl der Mann mit der Maske.
»Ja, Herr.« sagte Tupita glücklich. »Komm, Tuka, hilf mir!«
»Ja, Herrin!« entgegnete ich.
Ich nannte sie »Herrin«, weil ich annahm, dass sie das Erste Mädchen war. Die Männer korrigierten mich nicht, also schien es zuzutreffen. Ob ich sie, wenn die Männer nicht anwesend waren, »Tupita« oder wie immer ihr Name jetzt war, nennen durfte oder nicht, hing von ihr ab. Ich zweifelte aber nicht daran, dass sie mich ihren Namen benutzen lassen würde, wenn wir allein waren. Da sie mich »Tuka« genannt hatte ohne korrigiert worden zu sein, vermutete ich, dass ich immer noch so hieß.
Zusammen bereiteten wir über dem Lagerfeuer das Essen vor. Lebensmittel und Gerätschaften gab es im Wagenkasten. Ich glaube, Tupita und mir machte es viel Freude, für diese Herren ein kleines Mahl zuzubereiten und zu hoffen, dass es ihnen schmecken würde. Paga- oder Arbeitssklavinnen haben nicht oft Gelegenheit, so etwas zu tun. Es ist etwas anderes als in einer Tavernenküche zu arbeiten und nur eine eng begrenzte Aufgabe zu haben oder in einem Arbeitslager die Essenskübel zu rühren, in denen vielleicht das Essen für tausend Sklaven kocht. Und ich hatte noch nie in einem Arbeitslager oder in einer Taverne gekocht, ich hatte in Hendows Taverne nur von Zeit zu Zeit, meist nackt und auf den Knien, mit Ina gearbeitet und abgewaschen.
Glücklicherweise erledigte Tupita die meiste Arbeit beim Kochen, während ich ihr meist zusah und half. Ich war begierig, die Herren auch auf diese Weise zufrieden zu stellen. Außerdem dachte ich, dass das etwas wäre, was ich können sollte. Was, wenn Kochen zukünftig von mir verlangt würde? Ich fürchtete, wenn ich es dann nicht gut machen würde, könnte ich bestraft werden.
Während Tupita und ich so beschäftigt waren sprachen die Männer über Politik, über das Tharlarion, den Krieg und über Waffen. Als wir fertig waren, richteten wir das Essen auf Platten an, knieten vor den Männern nieder und boten sie ihnen mit erhobenen Händen an. Tupita hob ihre Platte vor Mirus hoch, ich meine vor dem maskierten Mann. Ich hoffte, dass Tupita gut gekocht hatte!
»Gut.« lobte Mirus Tupita.
»Ausgezeichnet.« sagte der Fremde zu ihr.
Tupita lehnte sich hocherfreut zurück. Auch ich lehnte mich erfreut zurück und war sicher, dass ein wenig der Anerkennung mir auch zustand. Tupita und ich warteten dann darauf, ob und wann wir gefüttert werden würden. Aber nachdem die Männer einige Bisse gekostet hatten, aßen sie erst einmal, so auf goreanische Art den Unterschied zwischen ihnen und uns ausdrückend. Mirus legte einen Bissen auf eine Seite seiner Platte, wo ihn sich Tupita freudestrahlend nahm. Der Fremde nahm einen kleinen Bissen von seiner Platte und bedeutete mir, mich vorzulehnen. Dann steckte er ihn mir in den Mund. Er tat dies noch einige Male während des Essens. Ich wurde mit der Hand gefüttert. Einmal versuchte ich, seine Hand zu erhaschen und sog und leckte eifrig an seinen Fingern, doch sein Blick befahl mir, damit aufzuhören. Später ließ er mich die Reste von seiner Platte essen. Ich war ausgehungert. Er hatte mich im Sklavenwagen nicht gerade gemästet. Ich hatte nur etwas Brot und rohes Gemüse bekommen.
Dann und wann hatte Tupita mir während des Essens einen Blick zugeworfen und gelächelt, als hüte sie ein Geheimnis. Ich fragte mich, was sie im Sinn hatte. Ein- oder zweimal sah ich Mirus an, doch seine Augen blickten immer noch streng.
Ich wischte meine Hände an meinen Schenkeln ab. Tupita war wirklich eine gute Köchin! Dann, während die Männer sich weiter unterhielten, erledigten wir unsre häuslichen Aufgaben. Ich fand auf eine Weise Erfüllung, Beruhigung und Bestätigung dabei. Besonders freute ich mich, sie vor dem Fremden zu tun. Ich wollte, dass er sah, wie ich solche Arbeiten tat. Ich hätte auch gern andere Arbeiten für ihn erledigt, selbst wenn er es nicht sah, so etwas wie seine Tunika auszubessern oder, wie ich es für Aulus getan hatte, seine Schuhe zu putzen.
Als wir mit der Arbeit fertig waren, gingen wir, die Sklavinnen, zurück und knieten am Feuer nieder. Ich erwartete, dass ich jetzt, wo die Arbeit getan war, bald wieder in den Sklavenwagen geschickt werden würde. Ich aber wollte mich am liebsten vor dem Fremden am Feuer auf den Bauch werfen, mit Tränen in den Augen seine Füße küssen und als hilflose Sklavin darum flehen, dass er mich anfasste. Er kannte mich bestimmt! Mein Bauch brannte und meine Schenkel standen in Flammen. Ich legte meinen Kopf auf den Boden. Ich hoffte, dass er mich nicht riechen konnte.
»Mein Freund.« sprach der Fremde Mirus an.
Tupita lehnte sich etwas zurück. Erst nach ein oder zwei Augenblicken begriff ich, warum.
»Ja.«
»Sie ist hübsch, nicht wahr?«
»Sie ist schön.« entgegnete Mirus und musterte Tupita.
»Ich meine die andere.« sagte der Fremde.
Ich kniete plötzlich gerade auf meinen Fersen. Ich verstand nicht, was vor sich ging.
»Sie?« fragte Mirus.
»Nimm deine Schultern zurück und strecke deine Brüste vor, Mädchen.« befahl der Fremde.
Ich gehorchte.
»Ja, sie.« sagte der Fremde.
Mirus betrachtete mich. Ich fühlte mich sehr als Sklavin.
»Sie ist akzeptabel.« sagte er.
Sein Ton war trocken und kalt. Der Fremde holte ein Stück Strick aus seinem Geldbeutel und ging um das Feuer herum. Ich erwartete, dass er mich aus irgendeinem Grund fesseln wollte. Vielleicht war er nicht darüber erfreut gewesen, dass ich versucht hatte, an seinen Fingern zu saugen und sie abzulecken, als er mich gefüttert hatte. Vielleicht sollte ich zur Strafe gefesselt in den Sklavenwagen gesteckt werden. Ich hoffte, dass er mich nicht erdrosseln wollte oder Mirus den Stick gab, damit der es tun konnte. Es war doch nur eine kleine Verfehlung gewesen, ich hatte mich wegen meiner Gefühle für ihn und weil ich eine Sklavin war nicht beherrschen können. Ich hätte es vielleicht sogar getan, wenn ich eine freie Frau wäre, als stumme, sklavenmäßige Bitte um Aufmerksamkeit! Ein Mädchen würde für so etwas doch niemals bestraft werden, oder höchstens mit einem ärgerlichen Klaps. Aber er kam nicht zu mir, sondern zu Tupita.
»Was machst du?« fragte Mirus.
»Eine Sklavin fesseln.« antwortete der Fremde.
Er zog, als sie niederkniete, ihre Handgelenke hinter ihren Rücken, kreuzte sie und band sie zusammen. Dann kreuzte er ihre Knöchel und fesselte sie mit dem gleichen Strick an ihre Handgelenke.
Von Fulvius war ich auf fast die gleiche Weise gefesselt worden. Es ist eine gebräuchliche Fesselung für Sklavinnen. In ihr wird die Frau in einer unterwürfigen Position gehalten, kann sich nicht auf die Füße erheben, ist gut zu sehen, kann sich nicht verteidigen und ist völlig hilflos. Ich fürchtete plötzlich, dass sie Tupita auf diese Art fesselten, damit sie nicht dabei stören konnte, was sie mit mir vorhatten.
»Warum hast du sie gefesselt?« erkundigte sich Mirus verwirrt.
Seine Verblüffung beruhigte mich. Wenn er und der Fremde einen Plan verfolgen würden, hätte er das nicht gefragt. Mirus, bemerkte ich erleichtert, tappte genauso im Dunklen wie ich.
»Darf ich sprechen, Herr?« fragte ich.
»Nein.«
Tupita lächelte. Ich bemerkte, dass sie und der Fremde irgendwie übereinstimmten. Beide schienen genau zu wissen, was passierte, was man von Mirus und mir nicht behaupten konnte.
»Ich bin gut gefesselt, Herr.« sagte Tupita zu Mirus.
»Offensichtlich.« stimmte Mirus zu.
Er hatte zugesehen, wie der Fremde das Seil verknotete und festzog. Ich hatte es auch gesehen. Er hatte ohne Eile gearbeitet, sogar wie beiläufig, und trotzdem effizient. Ich schauderte. Er war offensichtlich mit dem Fesseln von Frauen vertraut.
Der Fremde kehrte dann zu seinem Platz an der anderen Seite des Feuers zurück, wo er sich mit gekreuzten Beinen niederließ. Er nahm einen Krug, von dem ich wusste, dass er Paga enthielt, nahm einen Schluck und gab ihn an Mirus weiter. Mirus trank auch und gab ihm den Krug zurück. Der Fremde verschloss ihn wieder.
Mirus musterte ihn.
»Wir sollten uns vielleicht etwas unterhalten lassen.« bemerkte der Fremde.
»Vielleicht.« sagte Mirus verblüfft.
»Ich kann wenig machen, Herr«, sagte Tupita, »ich bin gefesselt.«
»Unterschätze dich nicht selbst.« sagte er.
»Das ist wahr, Herr.« lachte sie erfreut.
Natürlich gibt es viele Dinge, die eine gefesselte Frau für einen Mann tun kann, und wenn sie gefesselt ist, weiß sie, dass sie sich noch mehr anstrengen muss, ihn zufrieden zu stellen.
»Diene ihm.« befahl mir der Fremde, auf Mirus weisend.
»Nein.« lehnte Mirus kalt ab.
Der Fremde sah mich an.
»Bitte, Herr«, sagte ich, »ich glaube, er würde mich lieber umbringen.«
»Diene ihm.« drängte Tupita.
Ich sah sie wild an. Sie würde sich das von allen doch am wenigsten wünschen!
»Muss ich einen Befehl wiederholen?« erkundigte sich der Fremde.
»Nein, Herr.« sagte ich.
Diesen Ton versteht jedes Sklavenmädchen. Sie weiß, dass sie dann ohne Fragen, sofort und perfekt gehorchen muss. Ich kroch hastig zu Mirus.
»Wage es nicht, mich zu berühren, Sklavin.« sagte der mit einer unüberhörbaren Drohung in seiner Stimme.
»Herr.« protestierte Tupita.
Ich sah verängstigt zurück zu dem Fremden.
»Also gut.« sagte der zu Mirus.
Ich kniete zurückgelehnt auf meine Fersen. Ich verstand jetzt, welchen Plan Tupita und der Fremde haben mussten. In den zwei Tagen, die der Fremde bei uns war, hatte er sich sicher erkundigt oder hatte gespürt, wie die Beziehungen zwischen uns waren. Sicher kam der Anstoß zu dem Plan von Tupita.
Ich sah zu Mirus. Ich glaubte nicht, dass er mich noch ernsthaft töten wollte. Andererseits pflegte er offensichtlich immer noch seinen Hass auf mich. Und irgendwie spürte er, dass er um seine Rache gebracht worden war. Sein Entschluss, mich zu schonen, war nicht aus seinem tiefsten Herzen gekommen, als Reaktion auf die Missverständnisse, über die ihn Hendow aufgeklärt hatte, sondern war durch Tupitas Fürsprache verursacht worden. Seine Hand war nicht durch die Aufklärung meines Falls oder durch den Entschluss eines Herrn aufgehalten worden, eine reuige Sklavin zu schonen, sondern durch seine Liebe zu einer Frau, die noch dazu nur eine Sklavin war. Vielleicht hatte er sogar den Eindruck, er hätte seine Ehre verloren.
Der Plan von Tupita und dem Fremden war einfach und fußte auf der universalen biologischen Grundlage der Besänftigung eine dominierenden Mannes durch eine sündige Frau. Auf diese Weise hofften sie scheinbar, dass seine Wut so kanalisiert werden könnte, dass er statt meines Blutes als Ersatz etwas so einfaches akzeptieren könnte wie meine Schönheit und meine vollständige Unterwerfung und Eroberung.
So etwas ist durchaus nicht neu. Sehr oft knien in eroberten Städten Frauen vor eindringenden Kriegern, entblößen ihre Brüste und Körper, flehen darum, nicht mit dem Schwert getötet zu werden, sondern die Erlaubnis zu erhalten, den Kriegern dienen zu dürfen und dann Sklavinnen zu werden. Es ist eine wohlbekannte Tatsache, dass es für einen Mann nicht leicht ist, auf eine schöne, demütige Frau wütend zu sein, die sich vor ihm auszieht, niederkniet, seine Füße küsst, um seine Vergebung fleht und darum bittet, ihn in den Fellen erfreuen zu dürfen, ihn dort zitternd zu erwarten und, wenn er es wünscht, zu versuchen, seinen Zorn mit der Sanftheit ihrer Schönheit und ihrer Liebe zu beschwichtigen.
»Aber du hast doch nichts dagegen«, fragte der Fremde, »wenn sie den Rest von uns unterhält?«
»Natürlich nicht.« entgegnete Mirus.
»Ich habe gehört, Mädchen«, fuhr der Fremde fort, »dass du Tänzerin bist.«
»Ja, Herr«, antwortete ich, »ich habe einmal getanzt.«
»Bist du Tänzerin?«
»Ja, Herr, ich bin Tänzerin.«
»Und hast du vor Männern getanzt?«
»Ja, Herr.«
Bestimmt wusste er das. Ich nahm an, er wollte nicht, dass offenbart wurde, dass er mich kannte. Zusammen mit seinen hinter der Maske verborgenen Gesichtszügen wollte er dieses Geheimnis wenigstens vor Mirus und Tupita bewahren. Natürlich war es möglich, dass er sich wirklich nicht an mich erinnerte. Aber ich erkannte ihn sogar mit der Maske. Bestimmt hatte er mich auch erkannt. Ich war nicht maskiert. Wenn er mich nicht erkannte, dann hatte er nie Interesse an mir gehabt und machte sich nicht die Mühe, sich zu erinnern. Aber wenn er mir eine Chance gab, würde ich sie nutzen und versuchen, durch unermüdliches Dienen und großzügige Liebe es wieder wert zu werden, dass er sich meiner erinnerte! Vielleicht erinnerte er sich nicht an mich, weil er zu viele Frauen gehabt hatte?
»Glaubst du«, fragte er weiter, »dass du wirklich weißt, wie man vor Männern tanzt?«
»Ich glaube schon, Herr.« erwiderte ich und errötete.
»Hier sind keine freien Frauen anwesend«, sprach er weiter, »also brauchst du auch keine Hemmungen zu haben.«
»Ich verstehe, Herr.«
Erfreut bemerkte ich, dass er daran interessiert war, mich tanzen zu sehen, und zwar als das, was ich war, als Sklavin.
»Du darfst beginnen.« erlaubte er.
»Tanze, Tuka, tanze.« drängte Tupita.
Ich stand auf. Ich rieb meine Hände auf meinen Schenkeln. Ich berührte mich leicht an der Taille, hob meine Hände leicht an, um meine Brüste darzubieten. Ich wollte den Fremden erfreuen. Ich wollte ihm zeigen, was ich konnte.
»Du hast kurze Beine.« bemerkte er.
»Verzeih mir, Herr.«
»Das ist keine Kritik.«
»Ich danke dir, Herr.«
Ich wusste, dass solche Beine für diese Art des Tanzes gut geeignet waren, in der die Frau von Zeit zu Zeit zum sich windenden, anschmiegsamen Liebestier wird, wie gemacht für die Hände und Arme eines Mannes. In den Augen des Fremden sah ich, dass ich vor allem für Mirus tanzen sollte. Ich drehte mich, um ihm gegenüber zu sein. Ich hob meine linke Hand und hielt meine rechte an meiner Hüfte. Mein Kopf war bescheiden gesenkt und nach links gedreht. Ich wusste, dass Mirus versuchen würde, mich nicht zu beachten. Er würde seine Wut konservieren wollen und versuchen, mir zu widerstehen. Er wollte sich von mir nicht besänftigen lassen. Ich wusste, dass ich seine Aufmerksamkeit erregen musste.
»Ai!« schrie ich plötzlich auf, als spürte ich Schmerzen und reagierte, als hätte mich aus seiner Richtung ein Peitschenschlag getroffen.
Mirus sah erstaunt zu mir und ich begegnete seinem Blick vorwurfsvoll und erschrocken und dann, als hätte er mich gepeitscht und mir Kommandos gegeben, begann ich zu tanzen. Es gab natürlich keine Musik und so musste der Tanz im Wesentlichen ausdrücken, wie ich mich unter seinen Willen unterwarf und seine Herrschaft auf mich nahm. Ich bewegte mich so anmutig ich nur konnte und so, als spürte ich Furcht vor ihm, als versuchte ich ihn zufrieden zu stellen und zu besänftigen. Dann und wann tat ich so, als hätte ich wieder einen Peitschenhieb abbekommen, schrie vor Schmerz auf, sah ihn erschrocken an, ging sogar auf die Knie. Manchmal tanzte ich auch vor dem Fremden, aber seine Augen befahlen mir, vor Mirus meine Sklavenschönheit zu zeigen.
»Sieh sie an, Herr«, rief Tupita, »sieh doch, wie schön sie ist!«
»Herr«, schluchzte ich, an Mirus gewandt, »ich flehe um Vergebung!«
Dann tat ich wieder und wieder so, als ärgerte er sich über meine Bitte und würde mich peitschen. Dann lag ich auf dem Rücken und auf dem Bauch, tat so, als würde ich geschlagen, drehte und wand mich wie unter Schlägen. Es war, als ob er mich bestrafen würde.
»Sie tanzt gut.« bemerkte Mirus.
»Vergib ihr, Herr.« bettelte Tupita. »Sie bedauert es! Sie fleht um Vergebung!«
Ich sah den Fremden an. Seine Augen hinter der Maske glänzten. Ich schrie fast auf vor Freude. Hatte er mich doch erkannt? Nun, vielleicht fragte er sich jetzt, ob er mich nicht doch kannte!
Ich sprang auf meine Füße und bewegte mich sinnlich, aber auch als würde ich gestoßen und gedrängt, auf den Sklavenwagen zu. Tupita keuchte. Ich ergriff die Sklavenpeitsche, stieß sie dann roh, wie ein Mann, zwischen meine Zähne und warf mich auf den Boden. Dann begab ich mich Stück für Stück, manchmal auf den Knien, manchmal so, als versuchte ich mich zu erheben, manchmal auf allen vier, manchmal als versuchte ich, auf meine Knie zu kommen und würde doch wieder auf alle vier gezwungen. Als ich ihn erreichte, tat ich so, als würde ich immer verängstigter und reuiger und dann legte ich als Abschluss meines Tanzes meinen Kopf neben die Peitsche vor ihm auf den Boden. Ich küsste die Peitsche, warf mich vor ihm auf den Bauch, eine Sklavin, die von seiner Gnade abhängt.
»Vergib mir, Herr.« flehte ich.
»Du hast mir eine Peitsche gebracht.« bemerkte er.
»Damit du die Sklavin strafen kannst.« sagte ich.
Wie selbstverständlich ich mich als Sklavin betrachtete! Ich war eine Sklavin!
»In deinem Tanz schien es«, entgegnete er, »als wärst du schon bestraft worden.«
Ich sagte nichts. Natürlich hatte ich in meinem Tanz keinen Schlag abbekommen.
»Aber nicht meine Peitsche ist für dich zuständig.« fuhr er fort.
Ich war erstaunt und mein Herz setzte aus, als ich das hörte. Meinte er, dass der Fremde Anspruch auf mich erhob und dass es dessen Peitsche war, die für mich jetzt zuständig war? Aber natürlich konnte er auch nur gemeint haben, dass ich Ionicus aus Cos gehörte. Das konnte man auf meinem Kragen lesen.
»Ich stehe in deiner Gnade«, sagte ich, »du kannst mich bestrafen, wie du willst.«
»Und wofür«, fragte er, »soll ich dich strafen?«
»Herr?« fragte ich und hob den Kopf.
»Dafür, dass du deinem Herrn und seinen Männern gehorcht hast?«
»Herr.« sagte ich mit Tränen in den Augen.
»Das war nun einmal deine Pflicht.« bemerkte Mirus.
»Sie wäre sonst schrecklich bestraft und vielleicht sogar getötet worden!« warf Tupita ein.
»Wolltest du Ködermädchen werden?« fragte er.
»Nein, Herr.«
»Ich bin mir jetzt sicher«, sagte er, »wenn ich in Ruhe darüber nachdenke, dass du wirklich gezögert hast, mich in die Falle zu locken und es lieber gesehen hättest, wenn du dich hättest zurückziehen können.«
»Ja, Herr.«
»Aber in meiner Freude, dich zu treffen«, fuhr er fort, »habe ich die offensichtlichen Anzeichen übersehen. Es fiel mir nicht ein, dass ein Ködermädchen sein könntest. Bei jedem anderen unbekannten Mädchen wären mir die Umstände, besonders die Einsamkeit der Straße und die Merkwürdigkeit mit dem Schlüssel in deinem Eisengürtel sofort verdächtig vorgekommen.«
Ich entgegnete nichts.
»Es war mein Fehler.« fuhr er fort.
»Aber du wurdest durch deine Zuneigung und dein Vertrauen für mich getäuscht.«
»Nein«, widersprach er, »ich war dumm.«
»Verzeih mir, Herr.« sagte ich.
»Du bist nicht dumm gewesen, Herr.« widersprach auch Tupita. »Sieh dir Tuka doch an. Sieh, wie wohlgerundet und begehrenswert sie ist! Sie hätte einen General getäuscht!«
»Sklavin.« sagte Mirus zu mir.
»Ja, Herr?«
»Wie, denkst du, sollte eine freie Frau bestraft werden, wenn sie das getan hätte, was du getan hast?«
»Was immer dem Herrn gefällt.« antwortete ich. »Sobald sie gebrandet ist, sollte sie in einen Kragen gesteckt werden.«
»Knie nieder.« befahl er.
»Ja, Herr.«
»Bist du nicht etwas zu fein angezogen?«
»Ja, Herr.«
Ich entfernte das Stück Stoff, das ich trug, und den Stoffgürtel.
»Komm her«, befahl er, »auf den Knien.«
»Ja, Herr.«
Er erhob sich in eine kauernde Position und legte seine Hände auf meine Oberarme. Er war sehr stark.
»Du bist eine wohlgerundete Sklavin.«
»Ich danke dir, Herr.«
»Wie, denkst du, sollte eine Sklavin bestraft werden, wenn sie das getan hätte, was du getan hast?«
»Was immer dem Herrn gefällt.« antwortete ich.
»Die Peitsche?«
»Wenn es dem Herrn gefällt.«
Ich wäre mehr als froh, wenn es nur die Peitsche wäre!
»Vielleicht«, sagte er, »die Peitsche in den Fellen?«
»Oh ja, Herr!« rief Tupita. »Ja! Ja!«
»Ich glaube«, fuhr Mirus fort, »mein Zorn auf dich war zum Teil Zorn auf mich selbst, dass ich deinen Reizen so leicht erlag.«
»Ja, Herr.«
Daran hatte ich nie gezweifelt.
»Gib nicht nur dir selbst die Schuld, Herr.« rief Tupita. »Ich bin sicher, dass sie ein schlaues Ködermädchen war, ein schönes und geschicktes Ködermädchen!«
Ich fand nicht, dass dieser Beitrag Tupitas unbedingt nötig gewesen war.
»Ja«, bestätigte Mirus trotzdem und sah mich an, »das stimmt.«
Er stand auf, hob mich hoch und trug mich vom Feuer weg in die Dunkelheit.
»Nimm sie!« rief Tupita. »Lass sie bezahlen! Zeige ihr, wer der Herr ist!«
Im Dunklen warf er mich zwischen die Blätter. Ich lag dort mit hochgereckten Beinen erschrocken da.
»Ich bin etwas ärgerlich.« teilte mir Mirus mit.
»Ja, Herr.« antwortete ich.
Das war nur zu offensichtlich.
»Ich bin das Erste Mädchen, Sklavin.« rief Tupita mir zu. »Sieh zu, dass du ihm gut dienst! Wenn du das nicht tust, presse ich einen Eimer Sklavenöl aus dir!«
»Ja, Herrin.« rief ich zurück.
Mirus kauerte sich neben mich. Er wälzte mich auf den Rücken. Ohne Umstände spreizte er meine Beine. Ich diente ihm gut! Er schien eindeutig die Absicht zu haben, jedenfalls zu Beginn, sich nur seinem Vergnügen zu widmen. Ich erwartete nicht, dass er auf mich mehr Rücksicht nahm als auf eine freie Frau, die auf den Straßen einer brennenden Stadt hastig als Beute genommen und dann mit einem Strick um den Hals hinter ihrem Entführer hergeschleift wird.
»Ja, du bist gut.« sagte Mirus fast knurrend.
»Verzeih mir, Herr.« antwortete ich.
Dann diente ich, hilflos in seinem Griff, seinem Vergnügen. Als er abrupt von mir abließ, sah ich nach oben und bemerkte erleichtert, dass in seinen Augen kein Zorn mehr stand. Er würde mir nichts mehr tun. Es war vorbei. Mirus war wieder er selbst, der Mirus, den ich von Brundisium kannte. Die Schuld, wenn da eine Schuld gewesen war, war auf einer niedrigeren Ebene bezahlt worden. Ich war wieder eine gewöhnliche Sklavin für ihn.
»Du darfst mich anfassen.« erlaubte er.
»Ja, Herr.« flüsterte ich.
Später nahm er mich noch einmal.
»Hat sie gut gedient?« rief Tupita.
»Ja«, sagte Mirus, »sie hat gut gedient.«
Ich war erleichtert, das zu hören. Ich hatte nicht daran gezweifelt, dass Tupita, obwohl sie mich liebte, mich als Erstes Mädchen ausgepeitscht hätte, wenn Mirus nicht mit mir zufrieden gewesen wäre.
Mirus sah zu mir herunter.
»Und wer ist«, fragte er, »am Ende der Herr und wer die Sklavin?«
»Du bist der Herr«, entgegnete ich, »ich bin die Sklavin.«
»Und wer hat gewonnen?«
»Du, Herr«, antwortete ich, »hast vollständig gesiegt und ich bin ein Nichts.«
Ich sagte ihm nicht, dass wir beide siegreich waren, dass er siegreich in seinem Sieg war und ich als Frau siegreich in meiner vollständigen Niederlage.
»Bitte, Herr«, bettelte ich, »fass mich an.«
Mirus war ein Meister, was die Behandlung von Frauen betraf. Er wusste, wie man uns unterwerfen und dazu bringen konnte, um weitere Unterwerfung zu flehen.
»Es gibt jemand anderen, den ich anfassen will«, sagte er, »du kannst zum Feuer zurückkriechen.«
Mit gesenktem Kopf und immer noch sehr erregt kroch ich zurück. Er folgte mir und begann, Tupitas Fesseln zu lösen.
»Ist Tuka nicht schön?« fragte Tupita.
»Ja«, entgegnete er, »aber du bist tausendmal schöner.«
Ich fand nicht, dass das stimmte. Und wenn, dann sicher nicht tausendmal!
»Ich liebe dich, Herr!« rief sie aus, als sie losgebunden war. »Vielleicht kannst du dich ein wenig um mich kümmern?«
»Ja«, lächelte er, »ein wenig.«
»Die Sklavin ist erfreut.« sagte sie.
Sie kniete auf ihren Fersen, die Hände auf ihre Schenkel gelegt und sah glücklich zu Mirus auf.
»Komm höher«, befahl er, »hoch von deinen Fersen.«
»Herr?« fragte sie.
Das brachte sie in eine günstige Position, um ihr Handfesseln anzulegen.
»Hast du«, fragte er, »an diesem Abend nicht einige Male ohne Erlaubnis gesprochen?«
»Ja, Herr.« gab sie zu. »Verzeih mir, Herr.«
Sie wurde dann beiseite gestoßen und lag mit Handfesseln am Boden.
»Zurück in deine vorherige Position.« befahl er.
Zaghaft nahm sie die aufrecht kniende Position vor ihm wieder ein. Die linke Seite ihres Gesichts war flammendrot. Er holte von dort, wo ich sie vor ihm abgelegt hatte, die Sklavenpeitsche und wickelte sie um ihren Hals. Dann zog er sie daran höher, hob ihren Kopf an und sah ihr in die Augen.
»Dachtest du«, fragte er, »nur weil ich dich liebe, würde ich aufhören, dein Herr zu sein?«
»Nein, Herr.« antwortete sie und sah glücklich zu ihm auf.
Sogar in der Größe seiner Liebe würde er nicht aufhören, ihr Herr zu sein. Wenn er damit aufhören würde, wie könnte sie ihn dann noch so sehr lieben? Er warf die Peitsche beiseite, hob sie sanft in seine Arme und trug sie vom Feuer weg in den Schatten.
Ich war auf allen vieren am Feuer. Ich sah den Fremden an. Ich war immer noch sehr erregt.
»Zieh dich an.« befahl er.
Verärgert suchte ich meine »Kleidung« zusammen, das Stück Sklavenfetzen und den Gürtel. Ich kniete nieder und zog mich an.
»Auf alle vier.« befahl er. »Zurück zum Sklavenwagen.«
Ich sah ihn protestierend an, tat aber, was er mir geboten hatte. Ich kroch zum Sklavenwagen und die Stufen hinauf. Auf der Schwelle hielt ich inne.
»Darf ich sprechen?« fragte ich.
»Nein.« entgegnete er.
Ich stieg in den Wagen. Die Tür schloss sich hinter mir. Innen drehte ich mich im Dunklen um, kniete an der Tür und legte meine Finger dagegen. Ich hörte, wie die Tür abgeschlossen wurde und wie sich seine Schritte über die Stufen entfernten. Anscheinend hatte ich für heute Abend meinen Zweck erfüllt. Ich war in meiner Hütte und er hatte mir nicht einmal erlaubt zu sprechen! Er behandelte mich als Sklavin!
Dann wich ich von der Tür zurück und fand ein Stück Brot im Napf. Auch ein Stück rohes Gemüse spürte ich. Ich aß es und trank einen Schluck Wasser. Dann erleichterte ich mich in den Kübel im Wagen und legte mich in der Mitte auf die Decken nieder. Der Wagen war dunkel, ein festes Gefängnis, aber er war nicht ohne Komfort.
Ich erwachte mitten in der Nacht. Er hatte mich als Sklavin behandelt! Aber das war es natürlich, was ich war. Ich war eine Sklavin. Dann schlief ich wieder ein.