12 Der Tanzboden

Ich kniete zu Füßen des gutaussehenden Mannes und küsste und leckte seine Knöchel. Ich sah zu ihm hinauf. Er war groß und stark.

»Ich würde mich freuen«, flüsterte ich, »wenn der Herr mich in einen Alkoven mitnehmen würde.«

»Ich bin hier«, sagte Tupita, die sich neben uns auf ihren Knien wand, »geh weg!«

Er sah zu mir hinunter.

»Ich bin schon im Preis für das Getränk des Herrn eingeschlossen«, sagte ich, »ich koste dich nichts extra.«

»Geh weg.« forderte Tupita.

»Du bist Doreen, die Tänzerin, nicht wahr?« fragte er.

»Ja, Herr.« antwortete ich.

»Geh weg!« sagte Tupita.

»Sei still.« befahl ihr der Mann.

»Ja, Herr«, sagte sie, »verzeih mir, Herr.«

»Aber du tanzt heute Abend nicht?« fragte er weiter.

»Nein, Herr«, antwortete ich, »heute Abend bin ich nur eine Paga-Sklavin.«

Das rote Seidenband war nicht mehr an meinem Kragen. Man trägt es nur eine Woche lang.

»Ich habe dich tanzen gesehen«, sagte er, »du warst ziemlich gut.«

»Ich danke dir, Herr.«

»Wirklich ziemlich gut.« grübelte er.

»Lass mich im Alkoven für dich allein tanzen.« flüsterte ich.

Er lächelte. Ich sah, dass ihn der Gedanke an eine private Vorstellung einer tanzenden Sklavin, bei der ihre Schönheit nur für ihn reserviert wäre, interessierte.

»Bitte, Herr.« bettelte ich.

»Du willst zum Alkoven, nicht war?« fragte er.

»Ja, Herr.«

»Und du bittest darum, dort zu tanzen?«

»Ich tanze gern, Herr«, antwortete ich, »aber selbst wenn ich das nicht tun würde, ja, ich würde dich darum bitten.«

»Bist du dir nicht zu schade dafür, einem Mann zwischen deinen Zähnen die Peitsche zu bringen?«

»Nein, Herr.«

»Aber du bist keine Frau von der Erde?«

»Ich war einmal eine Erdenfrau«, sagte ich, »jetzt bin ich nur eine goreanische Sklavin.«

»In den Bädern«, sagte er, »habe ich gesehen, dass die Namen von Sklavinnen und Tavernen auf die Wände gekritzelt sind.«

»Oh?« sagte ich unruhig.

»Und manchmal sind sie danach geordnet, wie jemand ihre Attraktivität einschätzt.«

»Ich verstehe.« sagte ich.

»Darf ich sprechen, Herr?« fragte Tupita mit einer fast katzenhaften Bewegung ihres Körpers.

Ich dachte, dass ich so etwas auch lernen müsste.

»Ja.« erlaubte er.

»Waren die Sklavinnen von Hendows Taverne auch so geordnet?« fragte sie.

»Ja.« lächelte er.

»Und führte Tupitas Name die Liste nicht an?« fragte sie, mich kurz bedeutungsvoll ansehend.

»Nein.« sagte er.

»Wer war die erste?« fragte sie.

»Inger.«

»Aber mein Name war der zweite.«

»Nein«, sagte er, »er war der dritte.«

»Und wer war die zweite?« fragte sie wütend.

»Doreen.« lächelte er.

»Der Kerl, der die Namen geschrieben hat, hat sich geirrt.« sagte sie wütend.

»Ich kann dir irgendwann später meine Meinung dazu sagen.« sagte er. »Ich habe dich schon einmal gehabt. Du warst ziemlich gut, sogar hervorragend, da gibt es keinen Zweifel. Aber heute Abend werde ich eine andere versuchen. Ich werde die Tänzerin Doreen ausprobieren.«

»Ich danke dir, Herr!«

Ich atmete auf und war froh. Ich hatte heute Abend lange nach einem Herrn, der mich benutzen wollte, gesucht. Es war mitten in der Woche und das Geschäft lief nur schleppend. Viele Männer bekommen ihren Lohn am Wochenende. Außerdem schienen heute Abend viele Männer nur zum Trinken und zum Reden in die Taverne gekommen zu sein und einige um Kaissa, ein goreanisches Brettspiel, zu spielen. Diese hatten sich an den Wänden, wo es etwas leiser war, niedergelassen.

Ich konnte mit Kaissa nichts anfangen. Männer konnten sich so darin vertiefen, dass sie sogar eine schöne Sklavin, die neben ihnen auf ihrem Bauch lag und nach ihnen wimmerte, völlig übersahen. Wegen dieses Spiels mussten wir manchmal stundenlang warten, bis die Männer uns beachteten!

Ich war erst spät ins Lokal gekommen, Tupita hatte mich dazu eingeteilt, den Sklavenbereich sauberzumachen. Das war schon früher passiert.

»Selbstverständlich, Tupita«, sagte der Mann, »sind solche Einschätzungen oft völlig subjektiv. Es wäre nicht klug, sie zu ernst zu nehmen. Die Frau, die aus irgendeinem Grund einem Mann gefällt, kann einen anderen Mann abstoßen.«

Das war richtig. Sklavinnen, die ich als wirklich schön empfand, wurden von Männer oft sehr unterschiedlich eingeschätzt. Warum bezahlte ein Mann mit Gold für ein Mädchen, das ein anderer Mann nicht einmal mit Kupfer gekauft hätte? Vielleicht weil der eine erkannte, dass das Mädchen Gold wert war und der andere nicht. Wer konnte das wissen?

»Aber ich habe heute Abend auf dich gewartet!« sagte Tupita.

»Du wirst heute Abend einen anderen beglücken, Sklavin.« sagte er.

»Ja, Herr.« antwortete sie wütend, erhob sich, mich zornig ansehend und ging unter Glöckchengeklimper weg.

Ich sah dankbar zu ihm auf. Er war sehr stark und gutaussehend und ich war eine Sklavin. Ich wartete darauf, dass er mich anfasste.

»Sie ist wütend.« bemerkte er und sah Tupita nach.

»Ja, Herr.«

»Soll ich sie zurückrufen und auspeitschen?« fragte er.

»Bitte nicht, Herr«, antwortete ich, »es ist nur deshalb, weil sie dich will.«

»Sie ist das Erste Mädchen, nicht?«

»Ja, Herr.«

»Hast du keine Angst?«

Ich zuckte zusammen.

»Doch, oft«, sagte ich, »besonders während meiner ersten Wochen hier, als sie Männer von mir ferngehalten hat.«

Er sah auf mich hinunter.

»Ich glaube, das ist jetzt nicht mehr so einfach.« bemerkte er.

Ich sah nach unten.

»Vielleicht nicht, Herr«, sagte ich, »ich weiß es nicht.«

Sicher, dies war nicht der erste Mann, den ich Tupita weggeschnappt hatte. Aber normalerweise nahm sie sie immer noch mir weg. Es ist natürlich nicht ungewöhnlich, dass Sklavinnen untereinander um die Aufmerksamkeit der Herren kämpfen.

»Hast du keine Angst?« fragte er wieder.

»Nein«, antwortete ich, »eigentlich nicht. Wenn sie mich zu sehr bestraft, oder so, dass ich nicht mehr tanzen oder in das Lokal gehen kann, wäre unser Herr nicht erfreut darüber.«

»Ich verstehe.« sagte er.

Außerdem glaubte ich, dass ich bei den Kunden immer beliebter wurde. Das sagte ich aber lieber nicht laut. Einige der Männer meines Herrn wie Mirus fanden mich auch attraktiv und manchmal glaubte ich, dass mich sogar mein Herr ein wenig mochte. Das erschreckte mich natürlich, denn er war so groß und hässlich und abscheulich. Ich glaubte, dass Tupita aus diesen Gründen bei mir nicht so leicht den Stock oder die Bastonade anwenden konnte.

»Aber du musst dir doch Sorgen machen«, fragte er, »sie ist schließlich das Erste Mädchen.«

»Ja, Herr«, stimmte ich zu, »ein wenig Angst habe ich schon.«

»Warum hast du dich dann an mich herangemacht?« fragte er weiter. »Warum bist du dieses Risiko eingegangen? Warum warst du so unterwürfig zu mir? Warum hast du beim Sklavendienst mit deinen Lippen und der Zunge meine Füße verwöhnt? Warum hast du hier gekniet? Warum siehst du wie jetzt so zu mir auf? Warum zitterst du?«

»Weil ich möchte, dass du mich anfasst.« antwortete ich.

Er sah auf mich herunter.

»Ich kann nichts dagegen tun.« sagte ich.

»Warum?«

»Weil ich eine Frau bin und eine Sklavin.« flüsterte ich.

»Geh voraus in den Alkoven.« befahl er.

»Ja, Herr.« sagte ich eifrig und dankbar.

Ich erhob mich und ging ihm voran zum Alkoven, die Sklavenglöckchen klingelten an meinem Knöchel.

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