Ich lag in der Mitte des Geheges. Ich zitterte, aber hier, dachte ich, war ich sicher. Ich hatte befürchtet, dass sie hier vielleicht kein Gehege haben könnten, sondern nur eine Kette, die zwischen zwei Bäume gespannt war und an der wir am Hals oder am Knöchel festgemacht würden. Dies wäre natürlich trotz der Wachen viel zugänglicher. Das Gehege war etwa vierzig Fuß lang und breit und sieben Fuß hoch. Er hatte ein offenes Dach aus Gitterstäben, die von Metallpfosten getragen wurden und einen Gitterboden, der jetzt mit Sand bedeckt war. Er wurde von Bolzen und Ketten zusammengehalten und konnte auseinander genommen und auf Wagen transportiert werden.
Söldner verlegen oft ihr Lager, das hängt mit ihrem Beruf und den Erfordernissen ihres Handels zusammen. Obwohl die Wagen, wenn es schnell gehen musste, von Tharlarion gezogen wurden, waren die Geschirre, die ich auf Gestellen neben ihnen gesehen hatte, nicht für diese Tiere gemacht. Sie waren für Frauen gemacht. Mädchen, unter ihnen vielleicht einige nackte freie Frauen, würden die Wagen ziehen. Und sicher würden sie von Treibern mit Peitschen begleitet, die ihren Eifer anspornen würden.
Es waren nur etwa zwanzig Frauen zusammen mit mir im Gehege. Viel mehr, vielleicht hundert oder mehr, verbrachten die Nacht in den Soldatenzelten. Es gab ein Tor im Gehege. Es war mit zwei Vorhängeschlössern und Ketten gesichert und wurde von zwei Männern bewacht.
Ich rollte mich in der dunklen Decke im weichen Sand zusammen. Wie gut, dass ich in solch einem Gehege sein durfte. Hier war ich sicher.
Ich zweifelte nicht daran, dass derjenige, der uns zurück zu Pietro Vacchis Lager gefolgt war, mein Leben bedrohte. Er war mit seinem Schwert auf dem Weg nach Venna, zum Lager der Schwarzen Kette, gewesen. Er wollte auf die eine oder andere Weise seine Bekanntschaft mit einer bestimmten Sklavin erneuern, die ihn einmal betrogen hatte. Dann hatte er sie auf der Straße erkannt. Sofort hatte er sein Ziel geändert. Dachten meine Herren wirklich, er, der aus Brundisium stammte und dazu solch ein Mann war, kannte den Weg in seine Heimatstadt nicht? Glaubten sie wirklich, dass er ins Lager zurückgekehrt war, um am nächsten Morgen neu zu starten? Nein, er war uns nur zu einem Zweck gefolgt, nämlich um eine Sklavin in die Hand und vor seine Klinge zu bekommen.
Wenn ich den geringsten Zweifel daran gehabt hätte, dass er mich auf der Straße erkannt hatte und aus diesem Grund umgekehrt war, so wäre dieser Zweifel im Lager zerstreut worden. Als ich vor einem Pfosten gekniet hatte, meine Hände waren hinter meinem Rücken an den Pfosten gekettet, ein Helm lag neben mir im Sand, in den Ostraka gefüllt werden würden, waren viele Männer gekommen, um mich anzusehen. Sie waren gekommen, um zu sehen, ob ich es wert war, ihren Abend damit zuzubringen, mir beim Tanzen zuzusehen und dann vielleicht, wenn ich sie erfreut hatte, einen Ostrakon in den Helm zu legen. Unter ihnen war auch er, den ich am meisten fürchtete, gewesen. Ich rutschte auf meinen Knien vor, versuchte, seine Füße zu küssen, aber die Kette an meinen Armen hielt mich zurück.
Ich merkte, dass er den Platz, auf den er sich gestellt hatte, sorgfältig gewählt hatte. Er hatte die Entfernung mit grausamer Genauigkeit bestimmt und zwar so, dass mein verzweifelter Versuch, ihn zu erreichen, zu küssen und gnädig zu stimmen, fehlschlagen musste. Ich hatte hochgesehen, ihm in die Augen geschaut und dann schreckerfüllt, meinen Kopf auf den Boden gelegt. Er ging dann weg und der nächste Mann nahm mich in Augenschein.
Ich hatte diese Nacht zwischen den Lagerfeuern für die Söldner getanzt. Er hatte nicht zugesehen. Es schien, als wollte er verhindern, milde gestimmt zu werden und vielleicht sein schreckliches Vorhaben aufzugeben.
Ich drehte mich auf den Rücken. Es war eine sehr dunkle Nacht. Ich konnte die Gitterstäbe kaum sehen, so dunkel war es.
Ich glaube, ich hatte den Söldnern gefallen. Sie waren begeistert gewesen und der Helm hatte sich schnell mit Ostraka gefüllt. Der Tanz hatte nicht gut begonnen, ich war zu sehr von Schrecken erfüllt gewesen, aber bald, als ich an die Schläge dachte, die ich von Aulus auf der Straße bekommen hatte und daran, dass ich wieder ausgepeitscht werden würde, wenn ich meine Sache nicht gut machte und als mir einfiel, dass ich im Lager sicher war und ich die Männer betrachtete, die unterhalten werden wollten und merkte, dass ich ihnen ihr Vergnügen geben konnte, dann begann ich meine Angst zu verlieren und tanzte gut.
»Großartig!« hörte ich sie schreien.
Ich hatte mich von dem schüchternen Mädchen in der Bibliothek weit entfernt, die sich kaum getraut hatte, zuzugeben, nicht einmal für sich selbst, nicht einmal in der Verschwiegenheit ihrer heimlichsten Wünsche, dass in ihrem Bauch die Veranlagung und die Natur einer Vergnügungssklavin schlummerte! Aber jetzt war sie solch eine Sklavin, ob sie es wollte oder nicht.
»Großartig!« rief ein Mann.
Ich tanzte barfuss im Sand, nackt, im Kragen, mein Körper wurde von den Lagerfeuern rot angestrahlt. Ich war voller Freude, eine Frau zu sein! Wie mächtig und erhaben die Männer doch waren! Wie ich mich danach sehnte, ihnen zu gefallen und gleichzeitig wusste, dass ich es musste. Sie fürchteten männliche Macht nicht. Sie erfreuten sich daran und genossen sie. Sie erhob und begeisterte sie. Sie machte sie groß und erhaben! Und wenn sie nicht solche Männer wären, wie könnte ich dann solch eine Frau sein?
Außerhalb des Scheins der Lagerfeuer war es sehr dunkel. Dann, als die fünf Ostraka ausgelost waren, kehrten meine Ängste zurück. Ich flehte sogar zwei der Männer an, mich nicht zu weit entfernt von den Feuern zu nehmen, aber, an den Haaren gepackt, vornübergebeugt, musste ich ihnen folgen. Dann diente ich ihnen im Dunklen zwischen den Zelten. Einmal, als ich die Hände über meinen Kopf ausstreckte, hatte ich die Zeltschnüre gefühlt. Einmal, als ich mich über einen der Männer gebeugt hatte, hatte ich den Kopf erschrocken gehoben, weil ich glaubte, etwas gehört zu haben. Es war nichts, so dass ich mich wieder meiner Arbeit widmete.
Nachdem ich fünf Männern gedient hatte, wurde ich zum Zelt Pietro Vacchis geführt. Er hatte mir inmitten der Menge beim Tanzen zugesehen. Teilweise hatte ich für ihn getanzt, er war der Kapitän dieser Männer und seine Rauheit und Stärke, sein ganzes Auftreten als Herr entflammte meinen Bauch.
Ich konnte ihm nicht entgehen. Aber nach einem Augenblick wollte ich das auch gar nicht mehr. Er war ein wahrer Herr und nach kurzer Zeit des Leckens und Küssens, Stöhnens und dankbaren Schreiens war ich hilflos in seinem Griff. Als er mich verließ, lag ich auf dem Teppich und blickte ihm ungläubig nach. Wie solche Männer uns zu Sklavinnen machten! Ich lag auf dem Rücken, mit der Kette an meinem Hals und meine Fingernägel krallten sich in den Teppich. Als ich sah, dass er wieder neben mir stand, rollte ich mich auf den Bauch und presste meine Lippen inbrünstig auf seine Füße.
»Herr!« weinte ich.
Er hob mich unter Kettengerassel an den Oberarmen hoch zu ihm und warf mich dann auf den Teppich zurück.
»Oh ja, Herr!« hatte ich dankbar aufgeschrien.
Eines der Mädchen neben mir rührte sich im Schlaf.
»Ich möchte dir dienen, ich möchte dir dienen.« stöhnte sie im Traum.
Ich jedoch freute mich, jetzt hinter den Gittern des Geheges zu sein. Etwas von meinem Schrecken war zurückgekehrt, als Pietro Vacchi mich aus dem Zelt geführt und mir den Weg zum Gehege gezeigt hatte. Ich hatte mich auf den Bauch geworfen und um eine Wache gefleht.
»Willst du wieder gepeitscht werden?« hatte er nur gefragt.
»Nein, Herr!« antwortete ich.
Es schien, als hätte er vorher auf der Vitkel Aria doch bemerkt, dass Aulus mich ausgepeitscht hatte. Außerdem waren die Male noch zu sehen. Ich stand auf um verängstigt in die Richtung, die er gewiesen hatte, zu schleichen.
»Warte«, sagte er da, als wäre ihm noch etwas eingefallen, »warte.«
Ich war nur zu bereit zu gehorchen.
»Du hast von dem anderen Mädchen gehört?«
»Herr?«
»Wache«, rief er, »begleite diese junge Dame in ihr Quartier.«
»Ja, Kapitän.« sagte der Wächter.
Pietro Vacchi kehrte in sein Zelt zurück. Der Wächter trat hinter mich.
»Lesha!« befahl er.
Sofort gehorchte ich seinem Kommando, nahm meine Hände etwa zwei Zoll auseinander hinter meinen Rücken, hob mein Kinn und drehte meinen Kopf nach links. Ich fühlte, wie Sklavenarmbänder um meine Handgelenke gelegt wurden und zuschnappten. Einen Moment später lag ich an einer Leine.
»Geh voran.« befahl der Wächter.
Ich lief vor ihm her. Dann waren wir auf einem Pfad zwischen Bäumen.
»Oh!« sagte ich leise.
Der Wächter hatte begonnen, mich zu streicheln. Dann stoppte er mich mit der Leine an einer dunklen Stelle.
»Darf ich sprechen, Herr?« fragte ich.
»Nein.«
Er war schnell mit mir fertig. Dann wurde ich auf die Füße gezogen und wieder in Richtung des Geheges geführt. Ich glaubte, im Dunklen eine Bewegung zu sehen, war mir aber nicht sicher.
»Was ist?« fragte der Wächter unruhig.
»Nichts, Herr.«
Wenn ich wirklich etwas wahrgenommen hätte, so wie zwischen den Zelten, ein leises Geräusch oder jetzt eine Bewegung im Dunklen, fast nicht zu bemerken, so hätte ich keinen Zweifel daran, wer der Verursacher wäre. Aber es musste nicht zwangsläufig er sein, der durch die Dunkelheit strich. Er konnte kein Interesse daran haben, einen Soldaten oder einen Wächter umzubringen. Sie waren nicht sein Ziel. Er würde weiter abwarten, ich aber würde glücklicherweise in wenigen Augenblicken im Gehege sein.
»Decken liegen an der Seite«, sagte der Wächter, »du darfst dir eine nehmen.«
»Ja, Herr.« entgegnete ich. »Darf ich sprechen?«
»Nein.«
Ich setzte mich auf die Decke. Ich glaubte, etwas auf der anderen Seite der Gitterstäbe stehen zu sehen, an der Rückseite des Geheges, weit weg von den Wachen. Ich starrte in die Dunkelheit. Ich konnte nichts sehen. Wenn da etwas gewesen war, war es jetzt gegangen. Ich hatte Angst und sah mich um. Ich zog die Decke bis zum Kinn. Ich wurde beobachtet, da war ich sicher! Dann zweifelte ich wieder. Wenn da etwas im Dunklen gewesen war, war es vielleicht seine Absicht gewesen, von mir bemerkt zu werden. Er wollte mich vielleicht immer wieder, besonders wenn ich etwas Hoffnung geschöpft hatte, daran erinnern, dass ich nicht vergessen war. Aber vielleicht bildete ich mir das alles nur ein! Vielleicht hatte er seine Meinung geändert. Vielleicht war er inzwischen auf dem Weg nach Brundisium!
Dann bekam ich wieder Angst. Konnte nicht ein Pfeil eines Bogens oder einer Armbrust, zwischen den Gitterstäben abgeschossen, mein Herz auch hier im Gehege treffen? Ich lag erschrocken auf dem Rücken und verkroch mich unter der Decke. Solch ein Geschoß konnte mich natürlich auch auf der Straße treffen, wenn ich neben einem Tharlarion herlief, mit dem Hals an den Steigbügel meines Herrn gekettet. Aber ich zweifelte, dass so etwas seinen Rachedurst stillen könnte. Vielleicht war das zu weit entfernt, zu abstrakt für ihn. Ich wühlte mich noch tiefer in den Sand, bis ich die Gitterstäbe des Käfigbodens fühlen konnte.
Ich dachte an Pietro Vacchi. Wie gut er mit Frauen umgehen konnte! Wie er mich beherrscht hatte! Ich dachte daran, dass auf der Straße von einer »Hofdame« aus Ar die Rede gewesen war. Sie war, soweit ich es verstanden hatte, diese Nacht Aulus zur Verfügung gestellt worden, damit er ihr beibrachte, was es bedeutete, eine Frau zu sein. Aulus war, wie ich noch sehr gut wusste, seit ich das rechteckige Stück Seide in seinem Zelt getragen hatte, ein strenger Herr.
Ich hatte wenig Zweifel daran, dass sich die Hofdame, wenn sie am Morgen mit großen Augen nach einer schlaflosen Nacht zu seinen Füßen lag, mit Verdruss und Schrecken daran erinnern würde, wie sie die vergangene Nacht genossen hatte. Würde sie glauben können, was sie gesagt und getan hatte? Wie sie gefleht und sich gewunden und sich nicht wie eine freie Frau, sondern wie eine Sklavin benommen hatte? Wie war sie in seinen Armen gewesen? Wie hatte sie, eine freie Frau, so etwas tun können? Aber vielleicht war sie in Wahrheit gar keine freie Frau, sondern wie so viele Frauen, die sie bisher angeblich nie verstanden und verachtet hatte, nur eine Sklavin? Konnte das sein? Und konnten sie ihr, wenn sie lange genug darum bettelte, Sachen beibringen, die sie für solche Männer interessanter und begehrenswerter machte? Und ganz abgesehen von solchen Gedanken, wie konnte sie jetzt, nachdem so etwas mit ihr gemacht worden war, nachdem sie so etwas gemacht hatte, einfach weiterhin eine freie Frau sein? Konnte sie so tun, als wäre nichts geschehen? Wie konnte sie ab jetzt mit erhobenem Kopf anderen freien Frauen begegnen? Müsste sie vor ihnen jetzt nicht im Schmutz kriechen und ihre Augen meiden wie eine entlaufene Sklavin, die sie eingefangen und zum Praetor gebracht hatten? Nun, da sie die Berührung eines Mannes, solch eines Mannes kennengelernt hatte, wie konnte sie da, als wäre nichts passiert, zu ihrem früheren Leben zurückkehren mit seiner hochmütigen und öden Vorspiegelung von Freiheit? Was für ein Recht hatte sie nach dem, was sie in der letzten Nacht gelernt hatte, sich selbst noch als »frei« zu bezeichnen? Wie konnte sie sich, trotz dessen, was sie jetzt über sich erfahren hatte, jemals wieder als frei ansehen? Sie hatte ab jetzt kein Recht mehr dazu. In ihrem Herzen wusste sie jetzt, dass sie nicht wirklich frei, sondern eine Sklavin war. Sie konnte nicht mehr länger die Rolle einer freien Frau vorspielen, das wäre jetzt nur noch eine Verhöhnung der Freiheit, eine Farce.
Und konnte sie es überhaupt wagen, weiter die freie Frau zu spielen? Vielleicht vermuteten oder kannten sogar schon andere ihr Geheimnis! Was, wenn man es irgendwie in ihren Augen oder ihrem Körper ablesen konnte? Wenn eine Sklavin vorgibt, eine freie Frau zu sein, so ist das ein schweres Verbrechen. Würden sie ihr nicht einfach die Kleider vom Leib reißen, sie bestrafen und dann an einen Praetor übergeben? Außerdem, was konnte eine solche Täuschung ihr bringen außer dass sie die Tür zu ihrem wahren Ich verschloss?
Aber selbst wenn das alles nicht so wäre – doch sie fürchtete, es war so – wollte sie nicht vor Scham umkommen. Nachdem sie die Wahrheit über sich erfahren hatte, konnte sie nicht länger als freie Frau leben. Wenn Aulus erwachte (sie wagte es aus Angst vor der Peitsche nicht, ihn zu wecken), musste sie ihn anflehen, ihr den Kragen umzulegen und sie zu brandmarken. Sie konnte nicht länger eine freie Frau sein. Jetzt war es richtig, wenn sie als Sklavin gehalten und zur Sklavin gemacht wurde.
Weil es bewölkt war, konnte ich die Sterne oder die Monde nicht sehen. Ich spürte den Kragen an meinem Hals. Es war Ionicus’ Kragen. Ich war eine Arbeitssklavin. Diese Nacht hatte ich jedoch nicht als Arbeitssklavin, sondern als Vergnügungssklavin gedient. Aulus hatte mich an seinen Steigbügel gekettet. Er hatte mich ausgestellt, um Pietro Vacchi zu beeindrucken. Dafür sind Sklavinnen da. Ich war stolz, dass ich an seinen Steigbügel gekettet gewesen war. Durch so etwas kann eine Sklavin sich versichern, dass sie schön und begehrenswert ist. Aulus hatte mich nicht hinten bei den Wachen lassen wollen. Er hatte sicher geplant, dass ich vor den Söldnern tanzen und einigen von ihnen dienen sollte, auch ihrem Kapitän. Demütig verstand ich es als ein Geschenk, ein Zeichen des guten Willens, das dem Erfolg seines Besuches diente. Vielleicht war ich auch ein Tribut oder besser gesagt eine freundschaftliche Geste, die gemacht wurde, um Ionicus’ Ketten vor den Söldnern zu schützen. Wenn das so war, so hoffte ich, dass ich meine Sache gut gemacht hatte und dass Aulus mit mir zufrieden war.
Ich dachte an Vacchi. Ich hoffte, dass ich ihm gefallen hatte. Ich lächelte. Hatte ich ihn zufrieden gestellt? Es war mir so vorgekommen, dass er mich gebieterisch als Herr zu seinem Vergnügen benutzt hatte. In seinen Armen hatte ich stöhnend, schreiend und manchmal sogar um Gnade winselnd lange Sklavenekstasen erdulden müssen. Ich wand mich im Sand und wühlte mich in ihn ein, bis ich wieder die Gitterstäbe des Käfigbodens spürte, die mich daran erinnerten, wie es war, in seinen Armen zu liegen.
Morgen würde ich vermutlich zur Schwarzen Kette des Ionicus zurückkehren und vielleicht würde mich Aulus in seinem Zelt behalten. Das war bestimmt besser als Ketten zu tragen und Wasser zu transportieren, gegen das Gewicht des Wassersacks zu kämpfen und im tiefen Sand hin- und herzulaufen.
Merkwürdigerweise musste ich plötzlich daran denken, wie ich vor Wochen vor Tyrrhenius gekniet und erfahren hatte, dass er mich verkaufen würde. Er hatte dabei von »Nachforschungen« gesprochen. Bisher hatte ich nicht viel darüber nachgedacht, aber jetzt, als ich im Dunklen im Sand lag, fragte ich mich, was er damit gemeint hatte. Was für Nachforschungen hatte er im Sinn gehabt und wer hatte das getan? Betrafen sie ihn? Betrafen sie mich? Oder fürchtete er vielleicht, dass sie mich betreffen könnten? Und wer hatte sie angestellt? Ich überlegte, dass es vielleicht der Agent eines Praetors gewesen war oder vielleicht Männer, die aussahen wie solche Agenten, die in Argentum solche Nachforschungen angestellt hatten. Ich wusste es nicht. Die Nachricht von ihren Fragen konnte Tyrrhenius durch seine Spione zugetragen worden sein. Wie auch immer, es schien, als wäre es ihm klug vorgekommen, meinen Dienst als Ködermädchen zu beenden. Ich war dann an die Schwarze Kette des Ionicus verkauft worden.
Ich verbannte solche Gedanken aus meinem Kopf. Ich lag im Dunklen. Ich wollte zurück ins Arbeitslager. Dort, glaubte ich, hinter dem Zaun, in der Obhut der Wachen, wäre ich sicher, jedenfalls so sicher wie jedes andere Mädchen. Sicher würde er, dessen Rache ich fürchtete, das Lager nicht wieder betreten. Er könnte ergriffen und wieder in die Kette eingereiht werden. Ja, ich wollte zurück ins Arbeitslager. Wenn ich dorthin zurückkönnte, wäre ich sicher.
»Hast du von dem anderen Mädchen gehört?« hatte Pietro Vacchi mich gefragt, als ich mich erhoben hatte, nachdem ich mich vor ihm auf den Bauch geworfen und um eine Wache gefleht hatte, weil ich mich davor fürchtete, allein in der Dunkelheit den Weg zum Gehege finden zu müssen und mich dort einschließen zu lassen.
»Herr?« hatte ich erstaunt gefragt.
Er hatte mich dann in die Obhut eines Wächters gegeben. Ich hatte mich darüber etwas gewundert. Einen Moment lang hatte ich befürchtet, dass Vacchi mich für mein Drängen auspeitschen würde und ich wollte ganz sicher nicht zweimal am Tag ausgepeitscht werden. Dann hatte er diese Frage gestellt, gab dann aus irgendeinem Grund nach und änderte seine Meinung. Der Wächter hatte mir Handschellen und eine Leine angebracht und ich hatte ihm zum Gehege vorangehen müssen. Eigentlich hatte ich erwartet, er würde mich direkt zum Gehege bringen, aber der Wächter hatte mich, kaum dass wir im Dunklen waren, an der Leine zu sich herangezogen und mich genommen. Kurz danach, als wir wieder auf dem Weg zum Gehege waren, schien es mir, als hätte ich eine Bewegung zwischen den Bäumen gesehen. Die Angst zuckte durch meinen ganzen Körper und schien sogar die Leine in Bewegung zu versetzen.
»Was st los?« hatte der Wächter unruhig gefragt.
»Nichts, Herr.« hatte ich geantwortet.
Die Unruhe und Wachsamkeit in der Stimme des Wächters war nicht zu überhören gewesen. Diese Besorgnis verstand ich nicht. Wir waren mitten im Söldnerlager. Wenn da irgend etwas gewesen war, dann sicher nur einer ihrer Männer, der sich vielleicht im Dunklen erleichterte und zu faul war, die Latrinen aufzusuchen. Wenn jemand etwas zu fürchten hatte, dann doch wohl ich und nicht der Wächter. Und doch hatte Vacchi eine Wache mit mir mitgeschickt. Vielleicht hatte es etwas mit dem »anderen Mädchen« zu tun. Es schien, dass vor kurzem etwas mit einem der Mädchen passiert war. Ich hatte mich zweimal danach erkundigen wollen, hatte aber jedes Mal keine Erlaubnis erhalten, zu sprechen. Ich musste still sein. Ob wir sprechen durften oder nicht, hing nicht von unserem Willen, sondern nur vom Willen unseres Herrn ab.
Ich zitterte. Ich war immer noch in Sicherheit, wie ich jetzt auf dem Boden zwischen den anderen Mädchen lag, im Gehege eingeschlossen. Ich dachte an den kommenden Tag. Vermutlich würde ich wieder an Aulus’ Steigbügel angekettet. Ich freute mich, dass es neben der Straße nur wenig Buschwerk gab.
Ich war schlief ein und wälzte mich unruhig hin und her. Ich rümpfte etwas die Nase . Da war ein starker Geruch. Ich wusste nicht, was es war und kümmerte mich nicht darum. Es schien sehr nah zu sein, schrecklich nah.
Plötzlich öffnete ich meine Augen. Ich konnte im Dunklen überhaupt nichts sehen. Vielleicht hatte ich nur einige Augenblicke lang geschlafen oder vielleicht auch nur eine Ahn. Ich wusste es nicht. Dann war ich vor Angst wie gelähmt. Ich hatte in der Dunkelheit einen noch dunkleren Fleck wahrgenommen. Dann spürte ich etwas an beiden Seiten wie eine Wand, aber es war lebendig. Ich wollte schreien, war aber so erschrocken, dass ich keinen Laut von mir geben konnte. Ich lag auf dem Rücken, eingewickelt in meine Decke. Der Körper über mir berührte mich fast. Seine Beine, oder die Hinterbeine waren links und rechts von mir. Ich konnte nicht fliehen. Der Körper schien sehr groß zu sein. Er bewegte sich vorwärts. Ich erstickte fast an dem übelriechendem Atem. Ein Tropfen fiel auf mein Gesicht, es war Speichel aus seinem offenstehendem Maul. Das Tier schien erregt zu sein. Zweifellos war ich für es nur Fleisch. Ich spürte seinen heißen Atem auf meinem Gesicht. Es musste riesige Lungen haben. Seine Maulöffnung musste so groß wie mein Kopf sein.
Ich begriff nicht, warum es sich nicht bewegte. Vielleicht wartete es darauf, dass ich schrie. Das Ding über mir war nicht menschlich, aber es war auch kein Sleen oder Larl. Es war eine Bestie und eine schreckliche dazu, viel schlimmer, als ich es mir in meinen schlimmsten Träumen ausmalen konnte, aber ich spürte auch, an seiner Geduld und an der Art, wie es mich hilflos gemacht hatte, dass es auf eine undefinierbare Weise etwas anderes und mehr als eine Bestie war. Es war eine Bestie, die, fürchtete ich, planmäßig vorging, wie es Männer taten. Sie konnte denken und planen.
Ich lag da. Die Bestie verletzte mich nicht. Sie biss nicht in mein Fleisch. Sie begann nicht, mich aufzufressen. Sie wartete, wartete geduldig ab. Sie wartete darauf, dass ich zu schreien versuchte. Zu dieser Zeit wusste ich das natürlich noch nicht. Ich bewegte mich etwas. Die Bestie gab ein fast unhörbares Knurren von sich. Sofort lag ich wieder vollkommen still.
Ich begriff nicht, warum ich nicht getötet worden war. Irgendwie war die Bestie in das Gehege gelangt. War sie eingelassen worden? Vielleicht fühlte sie sich unwohl in dieser Situation? Vielleicht wollte sie mich in ihre Höhle schleppen, um mich dort aufzufressen? Aber warum hatte sie mich dann nicht zuerst getötet und dann, wie ein Leopard, weggeschleppt? Ich glaubte nicht, dass dieses Ding mich als Sklavin wollte. Ich war nicht von seiner Art. Seine Begierden, und ich zweifelte nicht, dass eine solche vitale und mächtige Kreatur Begierden hatte, waren zweifellos von anderer Art als ich sie auslösen konnte. Ich schauderte, wenn ich daran dachte, was für Paarungsrituale solch ein Ding haben könnte. Außerdem behandelte es mich nicht, wie es ein Herr getan hätte, es streichelte mich nicht besitzergreifend, drängte meine Beine nicht auseinander, um zu sehen, wie ich aussah, wenn ich sie spreizte oder um mir zu zeigen, dass ich ihm ausgeliefert war.
Wozu brauchte es mich dann? Zweifellos als Nahrung. Aber warum hatte es mich dann noch nicht getötet? Vielleicht wollte es mich erst in seine Höhle schleppen und dann töten, damit das Fleisch frisch war? Oder vielleicht wollte es mich aufsparen, bis es hungrig war?
Die Bestie legte dann langsam, eine nach der anderen, die Finger seiner linken Hand, oder seiner Pfote, auf mein Gesicht. Ich schauderte. Es waren fünf, und dann kam noch eine! Die Bestie hatte sechs Finger! Also war es ein fremdes Lebewesen, nicht nur auf der Erde, sondern, soweit ich wusste, auch auf Gor. Es musste von irgendwo anders herkommen!
Ich war plötzlich völlig von Schrecken erfüllt, nicht mehr von einem lähmenden, betäubenden Schrecken, von dem ich jetzt weiß, dass das Ding abwartete, bis er vorüber war, sondern einer anderen, wilden, hilflosen Art von Schrecken. Ich streckte meinen Kopf zurück und öffnete weit meinen Mund. Ich atmete tief ein, um loszuschreien. Aber gerade als ich meinen Mund weit, weit öffnete und einatmete, da nahm die Kreatur mit ihrer linken Hand oder Pfote etwas, was ein kleines, mit Stoff gefülltes Säckchen gewesen sein musste und stopfte es geschickt tief in meinen Mund. Sie band es dann, wie ich im Dunklen ungläubig und bestürzt bemerkte, mit einer Schnur in meinem Mund fest, die zwischen meinen Zähnen verlief, zweimal um meinen Kopf gewickelt und unter meinem linken Ohr verknotet wurde. Die Bestie war anscheinen rechtshändig, oder rechtspfotig. Dann zog sie die Decke von mir weg und drehte mich auf den Bauch. Sie zog meine Hände auf den Rücken und band sie dort zusammen. Einen Augenblick später waren auch meine Knöchel gefesselt. Die Bestie hatte mich an Händen und Füßen gebunden.
Ich lag verwirrt und erschrocken da. Die Bestie war mit mir mit der Geschicklichkeit eines menschlichen Sklavenhändlers umgegangen, der eine Frau in ihrem Bett überrascht. Sie kannte nicht nur den weiblichen Reflex, vor Angst aufzuschreien, sondern hatte ihn außerdem geschickt ausgenutzt, um mich effektiv zu knebeln. Ich konnte nur noch kleine, hilflose Geräusche von mir geben, die sich sicher nicht sehr von den kleinen Schreien, die eine Frau manchmal beim Schlafen macht, unterschieden. Wie gekonnt die Bestie meine weiblichen Reflexe ausgenutzt hatte! Ich war hereingelegt worden. Sie hatte mein Schreien provoziert, indem sie mich leise und unerwartet mit der fremdartigen Natur ihrer Pfote konfrontiert hatte.
Jetzt lag ich geknebelt und gefesselt auf der Decke im Sand auf meinem Bauch. Ich war schnell und effizient wehrlos gemacht worden. Ich vermutete, dass die Bestie dabei nicht nur nach Gefühl vorgegangen war. Sie schien auch in dieser Dunkelheit noch sehen zu können. Sogar für mich war es ja nicht undurchdringlich dunkel. Ich konnte die Umrisse der Bestie sehen. Deren Augen mussten aber noch viel besser an die Nacht angepasst sein. Die Menschen erleuchten die Straßen ihrer Städte wenigstens teilweise. Wenn sie sich in die Nacht wagen, dann ist es für sie nicht ungewöhnlich, sich ihren Weg mit einer tragbaren Laterne zu beleuchten. Ich glaubte, dass dieses Ding über mir so etwas nicht brauchte.
Ich hörte und fühlte es, wie es mit seiner Schnauze an meinem Rücken schnüffelte. Dann, als ich mich vor Schreck versteifte, spürte ich die Berührung seiner Hand, oder Pfote, an meinem Rücken. Es befühlte die Peitschenstriemen, die sich dort befanden. Sie stammten noch von Aulus’ Peitsche, die ich auf der Vitkel Aria gespürt hatte. Ich hatte diese Prügel verdient. Ich hatte meinen Herrn nicht erfreut.
Dann legte die Bestie ihren Kopf neben mir nieder. Ich spürte, wie ihre Zunge, eine raue Zunge wie die einer Katze, erkundend langsam über die Peitschenstriemen fuhr. Ich hörte ein leises Geräusch aus ihrer Kehle. Ich fürchtete, sie könnte erregt werden. Dann richtete sich die Bestie auf. Ich war erleichtert und freute mich, dass kein Blut mehr auf meinem Rücken war. Sie drehte sich um und ihr riesiger Umriss kauerte neben mir. Für einen Moment war es still, sehr still, vielleicht sah sie sich um und erkundete die Umgebung. Dann ergriff sie mit ihrer Pfote eine meiner gefesselten Knöchel und zog mich daran von der Decke und durch den Sand zwischen den anderen Mädchen hindurch zum Gitter.
An so einer kleinen Sache erkannte ich wieder die Fremdheit der Bestie. Ich glaube, kein Mensch hätte mich so weggezogen. Es war so, als würde ein Raubtier ein vierbeiniges Tier an einem Fuß hinter sich herziehen. Nach kurzer Zeit waren wir am zum Tor am weitesten entfernten Gitter. Dann zog mich die Bestie zu meinem Erstaunen zwischen den Gitterstäben hindurch, die auseinander gebogen schienen. Anscheinend war die Bestie nicht in das Gehege eingelassen worden, sondern hatte sich selbst Zugang verschafft, indem es die Gitterstäbe, die starken Männern, geschweige denn Frauen widerstanden hätten, mit ihren Pfoten auseinander gebogen hatte.
Außerhalb des Geheges nahm mich die Bestie in ihre Arme und trug mich, halb kriechend, zwischen die Bäume. Dort begann ich, allein mit ihm in der Dunkelheit, zu wimmern und mich zu wehren. Ich wollte nicht aus dem Lager gebracht werden, nicht jetzt, nicht so! Sie ließ mich zu Boden gleiten. Ich wand mich gefesselt zu ihren Füßen. Ich hatte Angst, dass sie mich hier, an diesem abgelegenen Ort, fressen würde. Doch sie hob mich am Genick hoch in eine kniende Position. Wusste ich, was die Bestie tat? Ich kniete jetzt vor ihr, in einer für Sklaven typischen Art. Dann hob sie mich wieder etwa einen Fuß hoch, so dass ich weder kniete noch stand. Sie hielt mich wieder am Genick fest, mit einer Hand oder Pfote hielt sie mit Leichtigkeit mein Gewicht. Ich spürte den Boden unter meinen gestreckten Zehen. Meine Knie wurden zurückgebogen. Die Bestie strich mit der rechten Pfote über meinen Körper. Mein Kopf wurde zu Seite geworfen. Ich verlor das Bewusstsein.