35.

Als Corson aus dem Wasser kam, war Cid wieder da. Er murmelte eine Entschuldigung, um Antonella loszuwerden, und entwickelte Cid seinen Plan. Im großen und ganzen stimmten sie miteinander überein, aber einige Einzelheiten waren noch zu klären. Da war zum Beispiel das Halsband von Veran, das er nicht loswerden konnte. Vielleicht würde er auf Aergistal oder in der Zukunft eine Möglichkeit finden.

Es würde leicht sein, Veran zu entkommen. Nachdem man ihm das Halsband umgelegt hatte, war er mit guten Waffen ausgerüstet worden, da Veran sicher war, er könne nun nichts mehr gegen ihn unternehmen.

Die Verpflegung, die er vor dem Mausoleum ablegen würde, hatte er bei sich. Es fehlten nur die beiden Raumanzüge, die er seinem anderen Ich und Antonella geben mußte. Aber es würde sicher nicht schwierig sein, diese während des Getümmels in Verans Lager zu besorgen.

Entgegen seinen Erwartungen hatte Cid keine Einwände gegen den wichtigsten Punkt seines Planes: die Wiederbelebung der scheintoten Mädchen.

»Ich habe auf dem Gebiet der Wiederbelebung und der Einpflanzung neuer Identitäten etwas Erfahrung«, meinte Corson. »Man hat solche Versuche schon während des Krieges mit Uria gemacht. Allerdings brauche ich eine spezielle Ausrüstung und vielleicht auch technische Hilfe.«

»Ich vermute, Sie werden in dem Mausoleum alles Nötige finden. Diese Sadisten, die die Mädchen konserviert haben, sind sicher für alle Fälle vorbereitet gewesen«, entgegnete Cid. »Wenn Sie einen Rat brauchen, wenden Sie sich einfach an die Herren von Aergistal.«

»Wie denn? Soll ich laut schreien? Beobachten die mich ständig?«

Cid lächelte leise. »Vielleicht. Aber das ist nicht notwendig. Wußten Sie nicht, daß Sie mit Hilfe des Pegasons ständig mit den Herren von Aergistal Verbindung aufnehmen können? Sie waren doch auf Aergistal. Der Weg dahin ist untilgbar in Ihrem Gehirn eingeprägt. Außerdem ist es eigentlich kein Weg, sondern mehr eine Vorstellung. Aergistal liegt auf der Oberfläche des Universums. Das bedeutet, es ist überall. Mehr brauchen Sie nicht zu wissen.«

»Aber was muß ich tun?« fragte Corson verblüfft.

»Ich kenne die Pegasone nicht besser als Sie. Außerdem war ich nie auf Aergistal. Ich vermute aber, Sie brauchen nur mit dem Pegason Gedankenverbindung aufzunehmen und sich an Aergistal zu erinnern. Das Pegason wird Sie instinktiv hinbringen und dabei notwendige Korrekturen vornehmen. Sie dürfen nicht vergessen, daß das Pegason tief in Ihr Unterbewußtsein eindringen kann.«

Cid rieb sich das Kinn. »Sehen Sie«, fuhr er fort, »alles begann mit den Pegasonen, zumindest auf diesem Planeten. Früher waren sie auf Uria nicht bekannt.« Er lächelte traurig. »Dann haben Sie das erste Pegason hierhergebracht. Urianische Wissenschaftler studierten seine Nachkommenschaft und fanden heraus, wie sie die Zeit überwinden und kontrollieren. Dann versuchten sie, Menschen mit dem gleichen Talent auszustatten. Ich sagte Ihnen schon, es ist weniger eine Frage der Begabung als der Art und Weise, wie man die Dinge betrachtet. Das menschliche Nervensystem hat keine spezielle Kraft, aber es kann sie sich aneignen. Vor einigen Jahrhunderten, als wir unsere Aufgabe hier im Rat übernahmen, konnten die Menschen auf Uria nur ein paar Sekunden in die Zukunft sehen. Aus irgendeinem Grund hatten die Eingeborenen noch mehr Schwierigkeiten damit.«

»Das war auch gut so«, murmelte Corson und dachte an Ngal R’nda. »Aber die Leute, die ich bei meiner Ankunft traf, hatten diese Fähigkeit schon, während die Versuche mit den Pegasonen erst später stattgefunden haben können.«

Cid lächelte wieder, diesmal war er sichtlich erheitert. »Wieviele Leute haben Sie denn damals eigentlich getroffen?«

Corson dachte nach. »Nur zwei, Floria Van Nelle und Antonella.«

»Die kamen aus der Zukunft«, erklärte Cid. »Später nahmen die Leute, die am weitesten fortgeschritten oder am begabtesten waren, Verbindung mit Aergistal auf. Dann wurde alles einfacher.«

Er streckte sich und nahm einen tiefen Atemzug.

»Jetzt haben wir begonnen, durch die Zeit zu reisen, ohne daß wir ein Pegason oder einen anderen Apparat dazu brauchen. Wir benützen nur eine kleine Vorrichtung, eine Art Gedächtnisführer. Aber bald werden wir den auch nicht mehr benötigen.«

»Bald?«

»Morgen oder in hundert Jahren. Das ist doch kein Unterschied. Zeit bedeutet wenig für den, der sie beherrscht.«

»Immerhin sterben zwischen jetzt und später viele Leute.«

»Sie sind doch auch schon einmal gestorben, nicht wahr, Corson? Das hinderte Sie doch nicht daran, Ihre Aufgabe durchzuführen.«

Corson schwieg eine Weile und konzentrierte sich auf seinen Plan. Was Cid ihm gesagt hatte, stellte ihn vor zwei Probleme: Wie konnte er das Pegason veranlassen, sein anderes Ich und Antonella nach Aergistal zu bringen? Wie konnte er den Planeten mit dem Mausoleum wiederfinden? Er war schon dort gewesen und würde darum den Weg zurückfinden. Es war wohl unmöglich, sich unter den vielen Milliarden Himmelskörpern in dieser Ecke des Universums zurechtzufinden, die alle ihren relativen Bahnen folgten. Aber man konnte immer wieder einen Weg finden, den man schon einmal gegangen war.

»Wir hätten Ihnen vielleicht beibringen können, wie man durch die Zeit reist«, bemerkte Cid, der im Sand wühlte, »aber das hätte sehr lange gedauert. Außerdem wäre es vielleicht gar nicht nützlich. Für Sie ist es besser, das Pegason weiter zu benutzen.«

Er holte einen silbrigen Behälter hervor.

»Sie sind sicher hungrig?«


Corson verbrachte drei Zehnertage an der Küste. Es war eine Art Urlaub, den er sich gönnte. Allerdings verbrachte er viel Zeit damit, seinen Plan zu verbessern und zu vervollständigen. Aus dem Gedächtnis zeichnete er eine Skizze von Verans Lager in den Sand. Er würde wenig Zeit haben, die Flüchtlinge zu den Pegasonen zu führen. Er durfte auch nicht über eine Zeltschnur stolpern oder sich zwischen den Zelten verirren. Auch arbeitete er die Hauptwesenszüge aus, mit denen er die wiederbelebten Mädchen ausstatten wollte. Er wußte immer noch nicht, wie er die Mädchen dann nach Uria bringen sollte, aber das konnte er sich noch überlegen, wenn die ersten Teile des Planes erledigt waren.

Den Rest der Zeit verbrachte er mit Schwimmen, Plaudern oder mit Antonella. Oft beobachtete er den Rat bei seiner Arbeit. Zuerst kam es ihm so vor, als ob er nicht sehr viel zu tun hätte, aber nach und nach begriff er, welche enorme Verantwortung auf den Schultern von Cid, Selma und der dritten Frau ruhte, die sich Ana nannte.

Hier und da waren sie stunden- oder tagelang verschwunden. Manchmal sah sie Corson völlig erschöpft zurückkehren. Oft kamen Fremde aus dem Nichts und holten Ratschläge ein oder brachten Informationen. Stundenlang war fast täglich eines der Mitglieder des Rates in Verbindung mit Aergistal. Meistens war es eine der Frauen.

Einige der Verbindungen schienen äußerst schwierig zu sein. Einmal wurde er durch Schreie geweckt. Ana rollte sich im Sand umher und zuckte wie in einem epileptischen Anfall. Bevor Corson etwas tun konnte, hatten sich schon Cid und Selma neben sie gelegt und traten selbst in Verbindung. Nach einigen Minuten wurde Ana ruhiger.

Corson fragte nach der Geschichte von Uria in den letzten sechstausend Jahren, die er übersprungen hatte. Aber er erhielt nur wenig befriedigende Antworten. Sechstausend Jahre stellten eine fast unvorstellbare Zeitspanne dar. Die Wissenschaft mußte fast ungeheure Fortschritte gemacht haben. Hatte man nicht die uralten Rassen gefunden, von denen die Legende sagte, sie seien um ein Millionenfaches weiter entwickelt als die Menschheit? Die Antwort auf diese Frage war negativ, und Corson glaubte auch nicht, daß die Menschen einen solchen Schock überwunden hätten. Diese Rassen mußten das Niveau von Aergistal erreicht haben, wo — wie der Unbekannte gesagt hatte — kein Unterschied mehr bestand.

Was Corson am meisten überraschte, waren die Antworten, die der Rat ihm gab. Sie wußten ein wenig über die Geschichte von Uria und einige Fakten über benachbarte Planeten. Über die Galaxis wußten sie nichts, auch nichts über ihre Geschichte.

Corson dachte zunächst, ein menschlicher Verstand könne so viele Dinge gar nicht fassen. Dann erkannte er, daß seine Vorstellung über Geschichte sich von ihrer gewaltig unterschied. Sie betrachteten die Geschichte als eine Vielzahl von Situationen und Krisen, die alle nicht endgültig waren. Man konnte alles rückgängig machen, und alles unterlag einem sehr komplizierten Gesetz.

Die einzige Geschichte, die sie sich vorstellen konnten, war, wie Corson herausgefunden hatte, die Entwicklung der Wissenschaften. Aber keiner von ihnen war ein Spezialist auf diesem Gebiet.

Darüberhinaus existierten zu jeder Zeit — soweit das überhaupt etwas bedeutete — auf den Planeten, die von Menschen oder Fremden bewohnt wurden, fast die gesamten unvorstellbaren Mengen von Möglichkeiten. Die Zivilisationen in der Galaxis führten ein Inseldasein. Jede Insel hatte ihre eigene Geschichte. Gegenseitige Kontakte jedweder Art waren selten. Corson begriff, daß der Krieg das wichtigste Band zwischen den Welten gewesen war, die man Solar-Mächte genannt hatte.

Es blieb nur noch die Frage offen, warum Uria eine Art Schlüsselwelt war und die Aufmerksamkeit der Herren von Aergistal auf sich gezogen hatte. Für Cid war diese Frage bedeutungslos. Nach Anas Meinung spielte Uria eine besondere Rolle im Universum, weil seine Bewohner gelernt hatten, die Zeit zu beherrschen. Selma vertrat die Ansicht, daß alle Planeten gleichwichtig seien. Das Geheimnis, die Zeit zu beherrschen, wurde von den Herren von Aergistal den Rassen enthüllt, die nach ihrer Ansicht weit genug entwickelt waren.

Corson hatte seine Zweifel. Manchmal fragte er sich, ob der ganze Rat nicht doch verrückt war. War das Vertrauen in ihre eigene Macht nur ein leerer Wahn? Er hatte kaum einen Beweis für ihre Fähigkeit, die Zeit zu beherrschen. Sicher, sie verschwanden von Zeit zu Zeit, aber das konnte auch ein Trick sein.

Andererseits wußten sie zuviel über ihn. Sie kannten seine Vergangenheit und Aergistal — und sie hatten gezeigt, daß sie sein Pegason beeinflussen konnten. Corson war sicher, daß sie es gezwungen hatten, hier am Strand in die jetzige Gegenwart zu kommen. Sie handelten jedoch wie gewöhnliche Leute, waren vielleicht besser angepaßt als ein Durchschnittsmensch, wie sie Corson während des Krieges gesehen hatte. Auch das war überraschend. Leute, die einer Kultur angehörten, die sechstausend Jahre älter als seine eigene war, hätten nicht so angepaßt sein dürfen. Er hätte mehr Individualität erwartet.

Dann erinnerte er sich an Touray, der aus einer schon fast legendären Zeit stammte, als sich die Menschen auf der Erde kaum über die Grenzen ihrer eigenen Welt hinauswagten. Er hatte keinen großen Unterschied zu sich selbst an ihm feststellen können. Touray hatte sich dem Leben auf Aergistal erstaunlich gut angepaßt.

So weit war er in seinen Überlegungen gekommen, als ihm einfiel, daß seine Gefährten doch verschieden waren. Sie waren persönlich tief miteinander verbunden, während zu Corsons Zeiten nur der einzelne oder die Gruppe etwas bedeuteten.

Sie taten ihr möglichstes, Corson nicht zu schockieren. Das Leben am Strand mag seine idyllischen Seiten haben, aber den intimen Beziehungen sind doch Grenzen gesetzt.

Seltsamerweise schien Antonella nicht dazuzugehören. Sie war noch mehr Außenseiter als Corson. Die drei anderen jagten sie nicht aus ihrer Gruppe und waren sehr freundlich zu ihr, aber sie gehörte offensichtlich nicht dazu. Sie hatte weder Selmas anziehende Offenheit noch Anas gelegentliche Sinnlichkeit. Es schien so, als wäre sie nur ein hübsches, junges Mädchen, das um Corson herum scharwenzelte. Sie war eine weniger starke Persönlichkeit als die anderen beiden Frauen, aber — und das mußte ihr Corson wenigstens zugestehen — sie war in keiner Weise eifersüchtig auf sie. Er schrieb die Tatsache, daß die drei Abstand von ihr hielten, ihrer Jugend und Unerfahrenheit zu. Außerdem stammte sie aus einer anderen Zeit. Er hatte sie allerdings noch nie gefragt, welche Zeit das war. Ohne nähere Anhaltspunkte wäre jede Antwort auf diese Frage bedeutungslos gewesen. Wenn er sie nach ihrem Vorleben fragte, gab sie nur allgemeine Antworten, mit denen er nichts anfangen konnte. Er fragte sich, warum sie, als sie ihn zum ersten — nein — zum zweiten Mal getroffen hatte, nichts von diesem Aufenthalt am Strand erzählt hatte. Vielleicht fürchtete sie ein Zeitschwankung. Oder sie hatte keinen Grund, von Cid, Selma und Ana zu reden, weil dann die Namen für sie keine Bedeutung mehr haben würden.

Jetzt waren die drei wirkliche Freunde. Er konnte sich nicht erinnern, jemals Menschen so gern gemocht zu haben. Er genoß besonders die langen Abende, wenn sie am Strand saßen, Wein tranken und Gedanken austauschten. Dann war es ihm, als seien alle Probleme längst gelöst.

»Vergiß bitte nicht, die Nachricht abzuschicken, Selma!«

»Ist schon so gut wie erledigt«, pflegte Selma auf diese oft wiederkehrende Bitte zu antworten.

»Du mußt meinen Namen darunter setzen. Veran, dieser alte Fuchs, kannte ihn schon, bevor ich seine Bekanntschaft machte. Schreibe ihm, daß er auf Uria Waffen und Pegasone erhalten wird, vielleicht auch Rekruten.«

Dann wandte er sich gewöhnlich an Cid.

»Sind Sie sicher, daß es genügt, in Verans Lager Verwirrung zu stiften? Sind Sie sicher, daß die Bürger von Uria mit den Soldaten und den Pegasonen fertig werden?«

»Absolut«, pflegte Cid zu sagen. »Außer Veran ist keiner seiner Männer fähig die Truppe zu führen. Sobald er aus dem Weg geräumt ist, werden seine Leute nur noch wenig Widerstand leisten.«

»Da bin ich nicht so sicher. Die Burschen sind es gewöhnt, unter härtesten Bedingungen zu kämpfen.«

»Dazu werden sie keine Lust mehr verspüren, wenn Sie mit ihnen fertig sind. Man sollte auch die Bevölkerung von Uria nicht unterschätzen. Ich bin nicht einmal sicher, ob Veran mit ihnen fertig geworden wäre, auch ohne Ihren Plan. Wir wollen nur vermeiden, daß es Verwundete und Tote gibt.«

Corson erwartete die Begegnung mit Veran voller Sorge. Er wußte, daß die Soldaten verwirrt sein würden, wenn die gewohnte Disziplin im Lager zusammenbrach. Aber Verans Männer hatten tödliche Waffen, und sie wußten nur zu gut, wie man damit umgeht.

Eines Abends sagte Cid schlicht: »Ich hoffe, Sie haben Ihre Vorbereitungen beendet, Freund. Morgen müssen Sie aufbrechen.«

Corson nickte gedankenvoll.

An diesem Abend ging er mit Antonella an einen entlegenen Teil des Strandes. Es zeigte sich, daß sie sehr passiv war. Dagegen hatte sie sich vor dreihundert Jahren an der gleichen Stelle viel temperamentvoller gezeigt. Er war sicher, daß sie es nicht zum ersten Mal tat. Das war ihm gleichgültig, aber er fragte sich, wievielen Männern sie noch begegnen würde, bevor er sie wiedersah.

Am nächsten Morgen zäumte er sein Pegason auf. Er hatte sich wenig um das Biest gekümmert, aber diesem schien das nichts auszumachen. Er hatte daran gedacht, Kontakt mit Aergistal aufzunehmen, hatte aber diesen Gedanken wieder fallengelassen. Wenn er an die kristallene Stimme dachte, die er unter dem purpurnen Himmelsgewölbe gehört hatte, wurde ihm schlecht.

Cid war allein am Strand. Er näherte sich, als Corson gerade aufsteigen wollte.

»Viel Glück, Freund«, rief er. Seine Lippen waren trocken. Er hatte noch viele Fragen, noch soviel zu sagen …

»Möge es euch hier gutgehen bis ans Ende aller Zeiten«, sagte er schließlich. »Damit ihr Zeit habt zum Nachdenken, wie Sie bei meiner Ankunft sagten … Tut ihr das, um diese Jahrhunderte besser verwalten zu können?«

»Nein. Das ist nicht einmal der wichtigste Gesichtspunkt. Wir bereiten uns darauf vor, wie Sie wissen, die Zeit zu beherrschen und dies« — Cid deutete mit einer weiten Bewegung auf den Strand, das Meer und den Himmel — »ist unser Laboratorium.«

»Damit ihr in die Zukunft reisen könnt?«

»Nein, das Zeitreisen ist Nebensache. Wir versuchen uns daran zu gewöhnen, auf neue Art zu leben. Wir haben dafür den Namen Hyperleben geprägt. Wie soll ich das erklären? Vielleicht könnte man sagen, daß wir gleichzeitig mehrere Möglichkeiten durchleben wollen, vielleicht alle. Wir wollen mit uns selbst, unseren möglichen Ichs zusammenleben, das heißt multidimensional. Darauf bereiten wir uns vor, Ana, Selma und ich. Es wird ein langer, mühsamer Weg sein.«

»Ihr werdet wie die Herren von Aergistal«, sagte Corson.

Cid schüttelte den Kopf. »Die sind anders. Sie sind nicht länger Menschen oder Vogelartige oder Nachkommen irgendeiner Rasse. Sie sind alles gleichzeitig. In Wirklichkeit wissen wir nichts über Aergistal, Corson. Wir wissen nur das, was wir sehen, nicht weil wir nur das sehen dürfen, sondern weil wir nur das sehen können. Wir deuten es, so gut wir können. Die Herren von Aergistal beherrschen etwas, das uns Angst einjagt.«

»Den Tod?« fragte Corson.

»Nein, der Tod erschreckt den nicht, der ein wenig vom Hyperleben versteht. Einmal zu sterben, ist nicht schlimm, wenn Ihnen unendlich viele Parallel-Ichs verbleiben. Aber es gibt auch etwas, was wir Hypertod nennen. Das heißt, alle Ichs werden durch eine Zeitschwankung ausgelöscht. Um das sicher zu verhindern, muß man alle Zeitlinien des Universums beherrschen. Man muß seine eigenen Möglichkeiten mit dem Kontinuum in Einklang bringen. Die Herren von Aergistal haben dies erreicht.«

Corson sagte langsam: »Haben sie darum Angst vor der Außenseite des Universums und einen Schutzwall aus Kriegen errichtet?«

»Vielleicht«, antwortete Cid. »Ich war nie dort. Aber lassen Sie sich durch mich nicht verwirren. Kommen Sie zurück, wenn Sie Ihre Aufgabe erledigt haben.«

»Ich werde wiederkommen«, versprach Corson. »Ich hoffe sehr, daß ich Sie wiedersehe.«

Cid lächelte zweideutig. »Hoffen Sie nicht zuviel, mein Freund. Aber kommen Sie so schnell wie möglich zurück. Es wartet ein Platz im Rat von Uria auf Sie.«

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