19.

Hier hörte das Universum auf.

Zumindest dieses Universum.

Und sie trieben dieser Finsternis entgegen.

Der Wind hatte nun etwas nachgelassen, aber die Wellen schlugen höher und höher.

Am Horizont stand der Ozean still, wie abgeschnitten. Dahinter lag der Abgrund, zwischen Himmel und Meer.

»Wir haben nur noch eine Chance«, meinte Touray, »und die ist sehr gering! Ein Durchgang …«

Er brauchte seinen Satz nicht zu beenden. Sie starrten fasziniert auf den Rand dieser Welt.

»Und wenn der Wind abflaut?« meinte Corson.

Touray zuckte mit den Schultern. »Er wird nicht abflauen. Dieses Vakuum zieht uns an. Diese gesamte Welt wird in das Vakuum gezogen.«

»Aber warum?«

»Oh, irgendwas muß in dem System kaputtgegangen sein!«

Als sie näher kamen, sahen sie, daß der schwarze Raum Lichter enthielt. Es waren bewegungslose Punkte, die von Zeit zu Zeit verschwanden, als ob ein großer Gegenstand sie verdeckte. Es schien, als ob der Ballon auf einen Punkt zusteuerte, der noch schwärzer war als die an sich schon totale Finsternis der Mauer. Er war von hellen Linien umgeben, die sich wie Blitze in alle Richtungen ausbreiteten.

Es erinnerte Corson an ein zerbrochenes Fensterglas.

Eine Sekunde später merkte er, daß es sich genau um ein solches Phänomen handelte. Eine Art Fenster, das durch einen Schlag zerstört worden war. Die Lichter waren Sterne. Das schwarze Loch zog Aergistal — oder zumindest die Sektion von Aergistal, in der sich der Ballon befand — ins Leere.

An der Bruchstelle hatte sich ein gewaltiger Strudel gebildet. Auch das Wasser wurde ins Nichts gezogen.

Corson fragte sich, ob dieser Raum unendlich war. Ob ganz Aergistal mit seinen verrückten Kriegen, seinen Soldaten und Flotten nun zwischen diesen Sternen seinen Frieden finden würde. Warum griffen die Erbauer von Aergistal nicht ein? Konnten sie mit einer solchen Katastrophe nicht fertig werden? Oder leerten sie einfach einen Sektor? Hatte Touray recht gehabt, als er von Zinnsoldaten sprach? War Aergistal nur eine künstliche Welt, riesig zwar, aber doch nicht unendlich? Was würde geschehen, wenn sich das Loch, das er sah, noch vergrößerte? Würden sich Himmel und Land wieder verbinden? Oder würde diese Welt für ewige Zeiten im Vakuum erhalten bleiben?

Als sich der Ballon dem Loch näherte, wurde die Luft kälter und dünner. Seltsam war, daß das Loch kleiner zu werden schien.

Noch vor kurzer Zeit hatte es kilometerweit geklafft, nun hatte es höchstens noch einen Umfang von ein paar hundert Metern. Es schloß sich von selbst, und das sehr rasch.

Das Meer war unter einer Eisdecke verschwunden, die eine weiße Linie entlang der Mauer bildete. Corson sah nun, daß es sich weder um eine glasartige Masse noch um eine Mauer handelte. Es war ein Kraftfeld, das sich selbst erneuerte. Ein unglaublicher Stoß mußte die Lücke gerissen haben.

»Wir werden durchgezogen«, keuchte Touray, »wenn sich das Loch nicht rasch schließt!«

Antonella verbarg ihr Gesicht an Corsons Schulter. Er selbst keuchte stark und fand gerade noch die Kraft, auf das Loch zu deuten. Das Wrack eines großen Raumschiffs schwankte im leeren Raum. Das Heck steckte in der Mauer. Es war offenbar von dem Kraftfeld gefangen worden, als dieses sich erneuerte.

Corson schöpfte wieder Hoffnung. Sie waren noch einige hundert Meter von dem Loch entfernt, das sich immer schneller schloß. Die Risse waren bereits verschwunden.

Noch ein paar Sekunden! Corson legte seinen Arm schützend um Antonella. Dann krachte es. Das Universum drehte sich. Das Tau, mit dem er sich festgebunden hatte, schnitt in seine Haut. Er schwankte und fiel nach vorne. Sein Kopf schlug auf den Rand der Gondel. Dann fiel er in Ohnmacht.

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