Elayne trat zur Seite, sobald sie das Wegetor passiert hatte, aber Nynaeve stapfte über die Lichtung, scheuchte braune Grashüpfer aus dem verdorrten Gras auf und sah sich überall nach den Behütern um. Zumindest nach einem der Behüter. Ein hellroter Vogel schoß über die Lichtung und verschwand dann wieder. Sonst regte sich nichts. Ein Eichhörnchen keckerte irgendwo in den überwiegend unbelaubten Bäumen, und dann herrschte Stille. Es schien Elayne unmöglich, daß die drei Behüter hier entlang gekommen sein konnten, ohne solch breite Spuren zu hinterlassen wie Nynaeve, und doch vermochte sie kein Zeichen dafür zu erkennen, daß sie überhaupt hiergewesen waren.
Sie spürte Birgitte irgendwo weitab zu ihrer Linken, ungefähr südwestlich, wie sie glaubte, und erkannte zufrieden, daß keine unmittelbare Gefahr drohte. Careane, die mit anderen Frauen einen Schutzkreis um Sareitha und die Schale bildete, neigte den Kopf fast so, als lausche sie auf etwas. Ihr Cieryl war offensichtlich nach Südosten gegangen, was bedeutete, daß Lan sich nördlich befand. Seltsamerweise blickte Nynaeve auch gen Norden, während sie unentwegt leise vor sich hin murmelte. Vielleicht hatte ihre Ehe ein Gespür für ihn erweckt. Aber wahrscheinlicher war, daß sie eine Spur entdeckt hatte, die Elayne entgangen war. Nynaeve wußte genausoviel über den Wald wie über Kräuter.
Von Elaynes erstem Standort aus war Aviendha durch das Wegetor deutlich zu sehen, während sie die Dächer des Palasts betrachtete, als erwarte sie einen Hinterhalt. Ihrer Haltung nach hätte sie einen Speer in Händen halten und bereit sein können, in ihrem Reitgewand einen Kampf anzutreten. Es entlockte Elayne ein Lächeln, daß sie so tapfer verbarg, wie enttäuscht sie über ihre Unzulänglichkeit war, wenn es darum ging, ein Wegetor zu eröffnen. Aber Elayne konnte gleichzeitig nicht umhin, sich Sorgen zu machen. Aviendha war tapfer, und niemand, den Elayne kannte, bewahrte einen kühleren Kopf. Aber sie könnte vielleicht beschließen, daß das Ji'e'toh von ihr zu kämpfen verlangte, auch wenn keine andere Möglichkeit bestand als davonzulaufen. Das Licht um sie herum schimmerte so hell, daß sie offensichtlich nicht viel mehr Saidar heranziehen konnte. Wenn einer der Verlorenen erschien...
Ich hatte bei ihr bleiben sollen. Aber Elayne verwarf den Gedanken sofort wieder. Welche Entschuldigung sie auch ersann — Aviendha würde die Wahrheit kennen, und sie war manchmal reizbar wie ein Mann. Meistens. Besonders wenn es um ihre Ehre ging. Elayne ließ sich seufzend von den aus dem Wegetor strömenden Atha'an Miere fortdrängen. Sie blieb jedoch ausreichend nahe, um jeglichen Schrei auf der anderen Seite hören zu können. Ausreichend nahe, um Aviendha im Handumdrehen zu Hilfe zu eilen. Und noch aus einem anderen Grund.
Die Windsucherinnen kamen in der Reihenfolge ihrer Rangordnung durch das Wegetor und bemühten sich um unbewegte Mienen, aber selbst Renaile lockerte ihre angespannten Schultern, als ihre bloßen Füße auf das hohe braune Gras traten. Einige erschauderten leicht, was sie aber rasch unterdrückten, oder schauten mit geweiteten Augen zu der in der Luft hängenden Öffnung zurück. Alle sahen Elayne mißtrauisch an, während sie an ihr vorübergingen, und zwei oder drei öffneten den Mund, vielleicht um zu fragen, was sie tat, vielleicht um sie zu bitten — oder ihr zu befehlen — weiterzugehen. Elayne war durchaus froh, daß sie auf Renailes knappes Drängen hin gehorsam weitereilten. Sie würden nur allzu bald eine Gelegenheit erhalten, den Aes Sedai zu sagen, was sie tun sollten. Es mußte nicht mit ihr beginnen.
Dieser Gedanke verursachte ihr Übelkeit, und die Anzahl der Windsucherinnen ließ sie den Kopf schütteln. Sie besaßen das Wissen über das Wetter, wodurch sie die Schale angemessen benutzen konnten, und doch stimmte sogar Renaile — wenn auch widerwillig — zu, daß die Aussichten, das Wetter heilen zu können, um so besser waren, je mehr Macht durch die Schale gelenkt würde. Sie mußte mit unglaublicher Genauigkeit gelenkt werden, die nur einer Frau allein oder einem Kreis möglich war. Es mußte ein voller Kreis von Dreizehn sein. Diese Dreizehn würden Nynaeve und Aviendha und Elayne selbst sicherlich einschließen, und wahrscheinlich auch einige Frauen der Schwesternschaft, aber Renaile beabsichtigte eindeutig auf dem Teil des Vertrags zu bestehen, der besagte, daß sie ein Anrecht darauf hätten, jegliche Fähigkeiten zu erlernen, welche die Aes Sedai lehren konnten. Das Wegetor zu gestalten, war die erste Lektion gewesen, und die zweite würde die Bildung eines Kreises sein. Es war ein Wunder, daß sie nicht jede Windsucherin im Hafen mitgebracht hatten. Man stelle sich vor, mit drei- oder vierhundert dieser Frauen umzugehen! Elayne stieß ein kleines Dankgebet aus, daß nur zwanzig Windsucherinnen mitgekommen waren.
Sie war jedoch nicht hier, um sie zu zählen. Während die einzelnen Windsucherinnen nahe an ihr vorübergingen, erlaubte sie sich, die Stärke der Frauen im Gebrauch der Macht zu er spüren. Zuvor war lediglich genug Zeit gewesen, in die Nähe einer Handvoll von ihnen zu gelangen, und das vor dem Hintergrund all der Schwierigkeiten, Renaile davon zu überzeugen, überhaupt mitzukommen. Offensichtlich hatte das Erringen eines Ranges unter den Windsucherinnen weder etwas mit dem Alter noch mit der Stärke zu tun. Renaile war selbst bei den ersten drei oder vier Frauen bei weitem nicht die Stärkste, während eine der letzten Windsucherinnen, Senine, wettergegerbte Wangen und dichtes graues Haar aufwies. Seltsamerweise schien es, den Durchstichen an ihren Ohren nach zu urteilen, als hätte Senine einst mehr als sechs und dickere Ohrringe getragen als heute.
Elayne ordnete Gesichter ein und merkte sie sich zusammen mit den ihr bekannten Namen mit einem zunehmenden Gefühl der Zufriedenheit. Die Windsucherinnen hatten sich vielleicht in gewisser Weise die Oberhand gesichert, und sie und Nynaeve waren möglicherweise in großen Schwierigkeiten, in sehr großen Schwierigkeiten, wenn die Bedingungen des Vertrags Egwene und dem Saal der Burg bekannt wurden, aber keine dieser Frauen würde unter den Aes Sedai einen besonders hohen Rang bekleiden. Allerdings auch keinen niedrigen Rang. Sie sagte sich, daß sie nicht selbstgefällig sein durfte — das änderte nichts an dem, was sie vereinbart hatten —, und doch war es sehr schwer, nicht selbstgefällig zu werden. Dies waren immerhin die besten der Atha'an Miere. Zumindest hier in Ebou Dar. Und wenn sie Aes Sedai gewesen wären, jede einzelne von ihnen, von Kurin mit dem harten schwarzen Blick bis zu Renaile selbst, hätten sie ihr zugehört, wenn sie sprach, und hätten sich erhoben, wenn sie den Raum betrat. Wenn sie Aes Sedai gewesen wären und sich so verhalten hätten, wie sie es sollten.
Und dann erschienen die letzten der Reihe, und Elayne zuckte unwillkürlich zusammen, als eine junge Windsucherin von einem der kleineren Schiffe an ihr vorüberging, eine Frau mit rundlichen Wangen namens Rainyn in schlichter blauer Seide und mit kaum einem halben Dutzend Medaillons an ihrer Nasenkette. Die beiden Neulinge, die jungenhaft schmale Talaan und Metarra mit den großen Augen, eilten mit verstörten Mienen heran. Sie hatten sich den Nasenring noch nicht verdient und noch viel weniger die Kette, und nur ein einziger dünner Goldring im linken Ohr kennzeichnete die drei als gleichgestellt. Elaynes Blick folgte ihnen angespannt.
Die Atha'an Miere scharten sich erneut um Renaile, wobei die meisten begierig zu den Aes Sedai und der Schale blickten. Die letzten drei Frauen blieben im Hintergrund, Neulinge mit dem Gesichtsausdruck jener, die sich nicht sicher waren, ob sie überhaupt ein Recht hatten hierzusein, wobei Rainyn in Nachahmung Renailes die Arme kreuzte und doch kaum selbstbewußter wirkte als die anderen beiden. Die Windsucherin eines Springers, dem kleinsten der Meervolk-Schiffe, befand sich wahrscheinlich selten in Gesellschaft der Windsucherin der Wogenherrin ihres Clans, ganz zu schweigen von der Windsucherin der Herrin der Schiffe. Rainyn war ohne weiteres ebenso stark im Gebrauch der Macht wie Lelaine oder Romanda, und Metarra stand auf gleicher Ebene mit Elayne selbst, während Talaan... Talaan, die in ihrer roten Leinenbluse so bescheiden wirkte, mit anscheinend ständig gesenkten Lidern, kam Nynaeve sehr nahe. Sehr nahe. Und mehr noch — Elayne wußte, daß sie selbst ihr volles Potential noch nicht erreicht hatte, und Nynaeve ebenfalls nicht. Wie stark würden Metarra und Talaan einst sein? Sie hatte sich an das Wissen gewöhnt, daß nur Nynaeve und die Verlorenen stärker waren als sie. Nun, auch Egwene, aber sie war gezwungen worden, und ihr eigenes und Aviendhas Potential entsprachen dem Egwenes. Soviel zur Zufriedenheit, schalt sie sich reumütig. Lini hätte ihr gesagt, sie verdiene dies dafür, daß sie die Dinge als selbstverständlich betrachtete.
Elayne lachte leise in sich hinein und wandte sich dann wieder zu Aviendha um, aber der Frauenzirkel stand wie angewurzelt auf einem Fleck vor dem Wegetor. Sie zuckten unter kalten Blicken von Careane und Sareitha zusammen. Alle außer Sumeko, doch sie trat ebenfalls nicht vor, obwohl sie den Blicken der Schwestern begegnet war. Kirstian schien kurz davor, in Tränen auszubrechen.
Elayne unterdrückte ein Seufzen und scheuchte die Frauen der Schwesternschaft aus dem Weg, da die Stallburschen die Pferde durch das Wegetor bringen wollten. Der Frauenzirkel trottete wie eine Herde Schafe voran — sie war die Hirtin und Merilille und die übrigen die Wölfe —, und sie waren gewiß noch schneller vorangegangen, wenn Ispan nicht gewesen wäre.
Famelle, eine von nur vier Frauen des Kreises, die noch kein Grau oder Weiß im Haar aufwiesen, und Eldase, eine Frau mit kämpferischem Blick, wenn sie nicht gerade eine Aes Sedai betrachtete, hielten Ispan an den Armen fest. Sie konnten sich anscheinend nicht entscheiden, ob sie die Frau fest genug halten sollten, daß sie in aufrechter Haltung blieb, oder ob sie den Griff lockern sollten mit dem Ergebnis, daß die Schwarze Schwester ruckartig vorwärts gelangte, halbwegs in die Knie ging und dann wieder hochgezogen wurde, bevor sie vollständig hinfiel.
»Verzeiht Aes Sedai«, murmelte Famelle Ispan ständig mit leicht tarabonischem Akzent zu. »Oh, es tut mir leid, Aes Sedai.« Eldase zuckte jedes Mal zusammen und stöhnte leise, wenn Ispan stolperte. Gerade so, als hätte Ispan nicht dabei geholfen, zwei der Ihren — und nur das Licht wußte, wie viele andere noch — zu ermorden. Sie machten Aufhebens um eine Frau, die sterben würde. Die Morde in der Weißen Burg, an denen Ispan beteiligt gewesen war, genügten, um sie zu verurteilen.
»Bringt sie irgendwo dort drüben hin«, befahl Elayne ihnen und winkte sie von dem Wegetor auf die Lichtung. Sie gehorchten, vollführten unbeholfene Hofknickse, ließen Ispan dabei um ein Haar fallen und murmelten an Elayne und die Schwarze Schwester gewandt Entschuldigungen. Reanne und die übrigen eilten voran, während sie die Schwestern um Merilille besorgt im Auge behielten.
Der Kampf der Blicke zwischen den Aes Sedai und den Frauen der Schwesternschaft, dem Frauenzirkel und den Windsucherinnen und den Atha'an Miere und fast allen anderen im Umkreis begann fast augenblicklich von neuem. Elayne biß die Zähne zusammen. Sie würde sie nicht anschreien. Nynaeve hatte mit Schreien ohnehin stets mehr Erfolg. Aber sie hätte am liebsten jede einzelne von ihnen geschüttelt, damit sie wieder zur Vernunft kämen, sie geschüttelt, bis ihre Zähne geklappert hätten. Einschließlich Nynaeve, die alle anweisen sollte, anstatt in den Wald zu starren. Aber was war, wenn Rand sterben mußte, wenn sie keine Möglichkeit fand, ihn zu retten?
Plötzlich brannten Tränen in ihren Augen. Rand würde sterben, und sie konnte nichts tun, um seinen Tod zu verhindern. Schäle den Apfel in deiner Hand, Mädchen, nicht den auf dem Baum, schien Linis leise Stimme ihr ins Ohr zu flüstern. Weinen kann man hinterher. Vorher sind Tränen nur Zeitverschwendung.
»Danke, Lini«, murmelte Elayne. Ihre alte Kinderfrau war manchmal lästig, weil sie niemals zugab, daß einer ihrer Schützlinge wirklich erwachsen geworden war, aber sie erteilte stets gute Ratschläge. Daß Nynaeve ihre Pflichten vernachlässigte, war für Elayne kein Grund, es ihr gleichzutun.
Diener führten unmittelbar hinter dem Frauenzirkel Pferde durch das Wegetor, allen voran die Packpferde. Keines dieser vorderen Tiere war mit etwas so Nichtigem wie Kleidung beladen. Wenn die Reitpferde auf der anderen Seite des Wegetors zurückgelassen werden mußten, konnten sie immer noch über den Fluß gebracht werden, aber was die ersten Packpferde trugen, durfte nicht den Verlorenen überlassen werden. Elayne bedeutete der Frau mit dem lederartigen Gesicht, welche die ersten Tiere anführte, mit ihr zur Seite zu treten, um den anderen aus dem Weg zu gehen.
Sie löste die starre Segeltuchabdeckung eines der breiten Weidenkörbe und enthüllte einen Berg scheinbar achtlos hineingestopften Unrats, wovon einiges in Lumpen gehüllt war. Der größte Teil davon war vermutlich auch Unrat. Elayne umarmte Saidar und begann auszusortieren. Ein verrosteter Brustharnisch landete schnell auf dem Boden, zusammen mit einem zerbrochenen Tischbein, einer gesprungenen Platte, einem stark verbeulten Zinnkrug und einem Beutel aus modrigem Stoff, der beinahe in ihren Händen zerfiel.
Der Lagerraum, in dem sie die Schale der Winde gefunden hatten, war vollgestopft gewesen mit Dingen, die auf einen Abfallhaufen gehört hätten, durcheinandergeworfen mit noch weiteren Artefakten der Macht als nur der Schale, einige in wurmzerfressenen Fässern oder Kisten und einige nur achtlos aufgehäuft. Jahrhundertelang hatte die Schwesternschaft alle mit der Macht verbundenen Gegenstände verborgen, zu ängstlich, sie zu gebrauchen, und zu ängstlich, sie den Aes Sedai zu überlassen. Bis heute morgen. Dies war die erste Gelegenheit für Elayne, nachzusehen, was der Aufbewahrung wert war. Das Licht gebe, daß die Schattenfreunde nicht mit etwas Bedeutsamem entkommen waren. Sie hatten einiges mitgenommen, aber mit Sicherheit weniger als ein Viertel dessen, was der Raum einschließlich des Unrats enthalten hatte. Das Licht gebe, daß sie etwas fand, was sie gebrauchen konnten. Menschen waren gestorben, um diese Gegenstände aus dem Rahad herauszubringen.
Sie lenkte die Macht nicht, sondern hielt sie nur fest, während sie jeden Gegenstand einzeln heraushob. Ein angeschlagener Tonbecher, drei zerbrochene Teller, ein mottenzerfressenes Kinderkleid und ein alter Stiefel mit einem Loch in der Seite fielen zu Boden. Dann nahm sie eine Steinskulptur hervor, ein wenig größer als ihre Hand — es fühlte sich an wie Stein, könnte eine Skulptur sein, obwohl es aus einem unbestimmten Grund nicht wirklich gemeißelt aussah —, mit tiefblauen Kurvenlinien, annähernd wie Wurzeln geformt. Sie schien sich bei ihrer Berührung leicht zu erwärmen. Sie ... schwang ... mit Saidar mit. Eine bessere Beschreibung fiel Elayne nicht ein. Sie hatte keine Ahnung, wozu sie gedacht war, aber sie war ohne jeden Zweifel ein Ter'angreal. Sie legte die Skulptur auf die andere Seite, abseits des Berges aussortierter Sachen.
Dieser Berg wuchs weiterhin, aber auch auf dem anderen Stapel häuften sich — wenn auch langsamer —Dinge, die außer schwacher Wärme und dem Vermitteln der Empfindung, daß die Macht in ihnen widerhallte, nichts gemeinsam hatten. So beispielsweise ein kleines Kästchen, dessen Oberfläche sich wie Elfenbein anfühlte und mit gewundenen roten und grünen Streifen bedeckt war — sie stellte es vorsichtig ab, ohne den mit Scharnieren befestigten Deckel anzuheben, denn man konnte niemals wissen, was ein Ter'angreal vielleicht auslöste —; eine schwarze Rute, nicht dicker als ihr Finger und einen Schritt lang, fest, aber doch so biegsam, daß sie diese zu einem Kreis würde formen können; eine kleine, mit einem Stöpsel verschlossene Glasflasche, vielleicht aus Kristall, mit einer dunkelroten Flüssigkeit darin; die zwei Fuß hohe Figur eines gedrungenen, bärtigen Mannes mit vergnügtem Lächeln und einem Buch in der Hand, die aus vom Alter patinierter Bronze zu bestehen schien —Elayne brauchte beide Hände, um sie anzuheben —, und andere Dinge. Das meiste war jedoch Unrat. Und nichts davon war das, was sie wirklich wollte. Noch nicht.
»Ist das der richtige Zeitpunkt dafür?« fragte Nynaeve. Sie richtete sich hastig von der kleinen Ansammlung von Ter'angrealen auf, verzog das Gesicht und rieb sich die Hand an ihrem Rock ab. »Diese Rute fühlt sich an wie ... Kummer«, murrte sie. Die Frau mit dem harten Gesicht, die den Kopf des Packpferdes festhielt, betrachtete blinzelnd die Rute und wich zurück.
Elayne betrachtete die Rute ebenfalls — Nynaeves spontane Eindrücke über Gegenstände, die sie berührte, konnten nützlich sein —, aber sie hielt nicht in ihrer Tätigkeit inne. Es hatte in letzter Zeit gewiß zu viel Kummer gegeben, als daß sie noch mehr gebraucht hätten. Nicht daß Nynaeve ihre Eindrücke immer so deutlich in Worte fassen konnte. Die Rute war vielleicht an einem Ort gewesen, wo viel Leid zugefügt worden war, ohne selbst die Ursache dafür zu sein. Der Weidenkorb war fast leer. Einiges von dem, was sich auf der Seite anhäufte, würde aus Gründen des Gleichgewichts verteilt werden müssen. »Wenn sich irgendwo hier drinnen ein Angreal befindet, Nynaeve, würde ich es gerne finden, bevor Moghedien uns auf die Schultern tippt.«
Nynaeve brummte verstimmt, spähte aber auch in den Weidenkorb.
Während Elayne ein weiteres Tischbein fallen ließ —nun waren es drei, die nicht zueinander paßten —, warf sie einen Blick auf die Lichtung. Alle Packpferde hatten das Wegetor passiert, und jetzt wurden die Reittiere hindurchgeführt und füllten den freien Raum zwischen den Bäumen mit Geschäftigkeit und Lärm. Merilille und die übrigen Aes Sedai saßen bereits im Sattel und verbargen kaum ihre Ungeduld, endlich aufzubrechen, während Pol hastig die Satteltaschen ihrer Herrin festzurrte, aber die Windsucherinnen...
Zu Fuß und auf ihren Schiffen bewegten sie sich höchst anmutig, sie waren jedoch nicht an Pferde gewöhnt. Renaile wollte von der falschen Seite aus aufsteigen, und die für sie auserwählte sanfte Kastanienbraune tänzelte langsam im Kreis um den livrierten Diener herum, der mit einer Hand das Zaumzeug ergriff, während er sich mit der anderen verzweifelt die Haare raufte und vergeblich versuchte, die Windsucherin zu korrigieren. Zwei der Stalldienerinnen gaben sich alle Mühe, Dorile in den Sattel zu helfen, die der Wogenherrin des Clans Somarin diente, während eine dritte, die den Kopf des Grauen hielt, die angespannte Miene eines Menschen zeigte, der sich ein Lachen verkniff. Rainyn saß auf dem Rücken eines langbeinigen braunen Wallachs, hatte aber weder die Füße in die Steigbügel gestellt, noch hielt sie die Zügel in Händen; auch hatte sie erhebliche Schwierigkeiten, beides zu finden. Und diese drei taten sich anscheinend noch am leichtesten. Pferde wieherten, tänzelten und rollten mit den Augen, und Windsucherinnen stießen dermaßen laut Flüche aus, daß sie noch über einen Sturm hinweg hätten gehört werden können. Eine von ihnen schlug einen Diener mit der Faust nieder, und drei weitere Stallburschen versuchten, die Pferde wieder einzufangen, die sich losgerissen hatten.
Dann sah Elayne das, was sie zu sehen erwartet hatte, wenn Nynaeve in ihrer Aufmerksamkeit nachließ. Lan stand bei seinem schwarzen Schlachtroß Mandarb und blickte abwechselnd von den Bäumen zum Wegetor und zu Nynaeve. Birgitte kam kopfschüttelnd aus dem Wald, gefolgt von Cieryl, der sich aber Zeit ließ. Es gab dort draußen nichts, was sie hätte bedrohen oder ihnen Unannehmlichkeiten bereiten können.
Nynaeve beobachtete sie mit gewölbten Augenbrauen.
»Ich habe nichts gesagt«, bemerkte Elayne. Sie umfaßte einen kleinen Gegenstand, der in Stoffetzen eingewickelt war. Sie wußte sofort, was sich darin befand.
»Gut für dich«, grollte Nynaeve nicht allzu leise. »Ich kann Frauen nicht ausstehen, die ihre Nase in die Angelegenheiten anderer Leute stecken.« Elayne schwieg dazu und war stolz, sich nicht auf die Zunge beißen zu müssen.
Sie wickelte die Stoffetzen ab, und eine kleine Bernsteinbrosche in der Form einer Schildkröte kam zum Vorschein. Es sah zumindest wie Bernstein aus, was es vielleicht einstmals gewesen war, aber als sie sich durch die Brosche der Quelle öffnete, strömte Saidar in sie, ein Strom vergleichbar mit dem, was sie selbst mühelos heraufbeschwören konnte. Es war kein starkes Angreal, aber weitaus besser als nichts. Damit sollte sie doppelt soviel Macht handhaben können wie Nynaeve, und Nynaeve selbst würde es auch besser gelingen. Sie ließ den zusätzlichen Strom Saidar los, steckte die Brosche mit einem erfreuten Lächeln in ihre Gürteltasche und suchte weiter. Wenn ein Angreal darin war, könnten vielleicht noch mehr darin enthalten sein. Und jetzt, wo sie eines zur Erforschung besaß, könnte sie vielleicht herausfinden, wie man ein Angreal gestaltete. Das hatte sie sich schon immer gewünscht. Es kostete sie Mühe, die Brosche nicht erneut hervorzunehmen und auf der Stelle mit der Erforschung zu beginnen.
Vandene hatte Nynaeve und Elayne schon einige Zeit beobachtet, und jetzt trieb sie ihren schlanken Wallach zu ihnen herüber und stieg ab. Die Dienerin am Kopf des Packpferdes vollführte einen angemesseneren, wenn auch unbeholfenen Hofknicks, als sie Elayne und Nynaeve gewährt hatte. »Ihr geht sorgfältig vor«, sagte Vandene zu Elayne, »und das ist sehr gut. Aber es wäre vielleicht noch besser, diese Dinge so zu belassen, bis sie sich in der Burg befinden.«
Elayne preßte die Lippen zusammen. In der Burg? Sie meinte damit zweifellos, bis sie von jemand anders erforscht werden könnten. Von jemandem, der älter und vermutlich erfahrener war. »Ich weiß sehr wohl, was ich tue, Vandene. Ich habe immerhin Ter'angreale gestaltet. Keine andere lebende Aes Sedai hat das vollbracht.« Sie hatte einige Schwestern das Grundwissen gelehrt, aber keine hatte die Feinheiten beherrscht, bis sie nach Ebou Dar aufgebrochen war.
Die ältere Grüne nickte, während sie müßig mit den Zügeln spielte. »Martine Janata wußte, soweit ich gehört habe, ebenfalls, was sie tat«, sagte sie beiläufig. »Sie war die letzte Schwester, die sich ernsthaft mit der Erforschung der Ter'angreale beschäftigt hat. Sie hat es über vierzig Jahre lang getan, fast von dem Tag an, als sie die Stola erhielt. Sie war auch vorsichtig, wie man mir sagte. Dann fand Martines Dienerin sie eines Tages bewußtlos auf dem Boden ihres Wohnraums vor. Ausgebrannt.« Selbst im Plauderton geäußert waren diese Worte wie ein Schlag ins Gesicht. Vandenes Stimme hatte sich jedoch keinen Deut verändert. »Ihr Behüter starb vor Schreck. Das ist in solchen Fällen nicht unüblich. Als Martine nach drei Tagen wieder zu sich kam, konnte sie sich nicht mehr erinnern, woran sie gearbeitet hatte. Sie konnte sich an die ganze vorangegangene Woche nicht mehr erinnern. Das war vor über fünfundzwanzig Jahren, und niemand hat seitdem den Mut besessen, eines der Ter'angreale in ihrem Raum zu berühren. Ihre Aufzeichnungen befassen sich mit jedem einzelnen, und alles, was sie entdeckt hatte, war ungefährlich, harmlos, sogar wertlos, aber...« Vandene zuckte mit den Achseln. »Sie fand etwas Unerwartetes.«
Elayne spähte zu Birgitte und stellte fest, daß diese sie ebenfalls ansah. Sie brauchte das Stirnrunzeln auf ihrem Gesicht nicht zu sehen. Es wurde in ihrem Geist widergespiegelt, vor allem in dem kleinen Bereich ihres Geistes, der Birgitte war. Birgitte empfand ihre und sie Birgittes Besorgnis, bis manchmal schwer feststellbar war, wessen Besorgnis es war. Sie gefährdete nicht nur sich selbst. Aber sie wußte tatsächlich, was sie tat. Zumindest besser als alle anderen. Und selbst wenn keiner der Verlorenen auftauchte, brauchten sie alle Angreale, die sie finden konnte.
»Was ist mit Martine geschehen?« fragte Nynaeve ruhig. »Ich meine, hinterher.« Sie wollte stets Heilen, wenn sie hörte, daß jemand verletzt wurde. Sie wollte alles Heilen.
Vandene verzog das Gesicht. Sie war vielleicht diejenige, die Martine zur Sprache gebracht hatte, aber Aes Sedai redeten nicht gern über Frauen, die ausgebrannt oder gedämpft worden waren. Sie erinnerten sich nicht gern an sie. »Sie verschwand, nachdem sie sich ausreichend erholt hatte, um aus der Burg zu entkommen«, sagte sie hastig. »Wichtig ist, sich in Erinnerung zu rufen, daß sie vorsichtig war. Ich bin ihr niemals begegnet, aber man hat mir erzählt, sie habe jedes Ter'angreal behandelt, als habe sie keine Ahnung, was es als nächstes tun könnte, selbst dasjenige, das den Stoff für die Umhänge der Behüter gestaltet, und niemand hat dieses jemals dazu bringen können, etwas anderes zu tun. Sie war vorsichtig, doch es hat ihr nichts genützt.«
Nynaeve legte einen Arm über den fast leeren Tragkorb. »Vielleicht solltest du wirklich warten...«, begann sie.
»Neieieiein!« schrie Merilille.
Elayne fuhr herum und öffnete sich durch das Angreal instinktiv erneut, sich nur halbwegs der Tatsache bewußt, daß Saidar in Nynaeve und Vandene floß. Das Schimmern der Macht flammte um alle Frauen auf der Lichtung auf, welche die Quelle umarmen konnten. Merilille beugte sich mit geweiteten Augen im Sattel vor, eine Hand zum Wegetor ausgestreckt. Elayne runzelte die Stirn. Außer Aviendha und den letzten vier Wächtern, die mitten im Aufbruch gestört worden waren und mit gezogenen Schwertern nach der Bedrohung suchten, war dort nichts zu sehen. Dann erkannte sie, was Aviendha tat, und verlor Saidar beinahe vor Entsetzen.
Das Wegetor zitterte, als Aviendha das Gewebe, das es gestaltet hatte, vorsichtig zerriß. Es erbebte und bog sich mit zitternden Rändern. Die letzten Stränge lösten sich, und anstatt zu erlöschen, schimmerte die Öffnung, und die Ansicht des Hofes durch sie hindurch verblaßte, bis sie wie Nebel in der Sonne verdunstete.
»Das ist unmöglich!« sagte Renaile ungläubig. Zustimmendes, erstauntes Murmeln erhob sich von den Windsucherinnen. Die Frauen der Schwesternschaft starrten Aviendha an, wobei sie lautlos die Lippen bewegten.
Elayne nickte wider Willen leicht. Es war eindeutig möglich, aber eines der ersten Dinge, die sie als Novizin gelernt hatte, war, daß sie niemals, niemals, egal unter welchen Umständen, das versuchen durfte, was Aviendha gerade getan hatte. Man konnte ein Gewebe, jegliches Gewebe, nicht zerreißen, anstatt es einfach verlöschen zu lassen, so hatte man ihr gesagt, ohne unvermeidlich Unglück auf sich zu ziehen. Unvermeidlich.
»Törichtes Mädchen!« fauchte Vandene mit wutverzerrtem Gesicht. Sie schritt auf Aviendha zu und zog ihren Wallach hinter sich her. »Erkennt Ihr, was Ihr fast getan hättet? Ein Fehler — nur einer! —, und niemand weiß, was das Gewebe tun wird! Ihr hättet alles in hundert Schritt Umkreis vollständig zerstören können! In fünfhundert Schritt! Alles! Ihr hättet Euch selbst ausbrennen können und...«
»Es mußte sein«, unterbrach Aviendha sie. Gemurmel erklang von den berittenen Aes Sedai, die sich um sie und Vandene scharten, aber Aviendha sah sie an und übertönte es. »Ich kenne die Gefahren, Vandene Namelle, aber es mußte sein. Ist dies noch etwas, was Ihr Aes Sedai nicht tun könnt? Die Weisen Frauen sagen, jede Frau könne es lernen, wenn man es sie lehrt, einige Frauen besser und andere schlechter, aber jede Frau könne es lernen, wenn sie Stickerei zerpflücken kann.« Es war kein Hohn. Nicht ganz.
»Hier geht es nicht um Stickerei, Mädchen!« Merililles Stimme klang eiskalt. »Welche sogenannte Ausbildung Ihr auch immer bei Eurem Volk erhalten habt, so wißt Ihr wahrscheinlich dennoch nicht, womit Ihr spielt! Ihr werdet mir versprechen — schwören! —, daß Ihr dies niemals wieder tun werdet!«
»Ihr Name sollte im Novizinnen-Buch stehen«, sagte Sareitha über die Schale hinweg blickend, die sie noch immer fest an ihren Busen drückte. »Ich habe es schon immer gesagt. Sie sollte in das Buch eingetragen werden.« Careane nickte, und ihr strenger Blick paßte Aviendha bereits das Novizinnengewand an.
»Das ist im Moment vielleicht noch nicht notwendig«, sagte Adeleas zu Aviendha, während sie sich im Sattel vorbeugte, »aber Ihr müßt Euch von uns anleiten lassen.« Der Tonfall der Braunen Schwester klang weitaus sanfter, als der Tonfall der anderen Frauen geklungen hatte, und dennoch waren ihre Worte nicht als Vorschlag gedacht.
Vor ungefähr einem Monat hätte Aviendha unter all der Mißbilligung der Aes Sedai vielleicht den Mut verloren, aber jetzt nicht mehr. Elayne zwängte sich hastig zwischen den Pferden hindurch, bevor ihre Freundin den Dolch zu ziehen beschloß, den sie liebkoste, oder etwas noch Schlimmeres tat. »Vielleicht sollte einmal jemand fragen, warum sie es für nötig gehalten hat«, sagte sie und legte schützend einen Arm um Aviendhas Schultern.
Aviendha schloß sie in den gereizten Blick nicht mit ein, den sie den anderen Schwestern zuwarf. »Nach dem, was ich getan habe, bleibt nichts von dem Wegetor übrig«, sagte sie geduldig. Zu geduldig. »Andernfalls könnten die Überreste eines solch großen Gewebes noch in zwei Tagen erkannt werden.«
Merilille schnaubte vernehmlich. »Es ist ein seltenes Talent, Mädchen. Weder Teslyn noch Joline besitzen es. Oder wird es Aiel-Wilden beigebracht?«
»Nur wenige besitzen dieses Talent«, räumte Aviendha gelassen ein. »Ich aber schon.« Nun wurde sie anders angesehen, auch von Elayne. Es war ein sehr seltenes Talent. Sie schien es nicht zu bemerken. »Wollt Ihr behaupten, daß keine der Schattenseelen es besitzt?« fuhr sie fort. Die Anspannung ihrer Schultern unter Elaynes Hand zeigte, daß sie nicht so gelassen war, wie sie vorgab. »Seid Ihr solche Narren, daß Ihr Spuren hinterlaßt, denen Eure Feinde folgen können?
Jedermann, der die Überreste erkennen kann, könnte ein Wegetor zu diesem Ort eröffnen.«
Das hätte normalerweise ihre Redegewandtheit, ihre sehr große Redegewandtheit, herausgefordert, aber die Behauptung genügte, Merilille nur schweigend blinzeln zu lassen. Adeleas öffnete den Mund und schloß ihn dann lautlos wieder, und Vandene runzelte nachdenklich die Stirn, während Sareitha einfach nur besorgt wirkte. Wer wußte schon, welche Talente die Verlorenen besaßen?
Seltsamerweise wich alle Wut aus Aviendha. Sie senkte den Blick und lockerte ihre Schultern. »Vielleicht hätte ich das Wagnis nicht auf mich nehmen sollen«, murrte sie. »Ich konnte nicht klar denken, weil mich dieser Mann beobachtet hat, und als er verschwand...« Ein kleiner Teil ihrer Entschlossenheit kehrte zurück. »Ich glaube nicht, daß ein Mann meine Gewebe erkennen könnte«, sagte sie zu Elayne, »aber wenn er eine der Schattenseelen war, oder sogar der Gholam... Die Schattenseelen wissen mehr als wir alle. Wenn ich mich geirrt habe, dann habe ich großes Toh. Aber ich glaube nicht, daß ich mich geirrt habe. Ich glaube es einfach nicht.«
»Welcher Mann?« fragte Nynaeve. Ihr Hut war verrutscht, als sie sich zwischen den Pferden hindurchgezwängt hatte, und diese Tatsache wie auch das angespannte Stirnrunzeln, mit dem sie jedermann gleichermaßen bedachte, ließ sie kampfbereit aussehen. Vielleicht war sie es auch. Careanes Wallach stieß sie versehentlich mit der Schulter an, und sie schlug dem Grauen auf die Nase.
»Ein Diener«, sagte Merilille beiläufig. »Welche Befehle Tylin auch immer erteilt hat — altarenische Diener sind unabhängige Leute, Oder vielleicht war es ihr Sohn. Dieser Junge ist viel zu neugierig.«
Die sie umgebenden Schwestern nickten, und Careane bemerkte: »Einer der Verlorenen wäre kaum dort stehengeblieben und hätte abgewartet. Das habt Ihr selbst gesagt.« Sie tätschelte den Hals ihres Wallachs und sah Nynaeve vorwurfsvoll an — Careane war eine derjenigen, die ihrem Pferd die Zuneigung zukommen ließen, welche die meisten Menschen ihren Kindern zugedachten.
»Vielleicht war es ein Diener, vielleicht war es auch Beslan. Vielleicht.« Nynaeves Schnauben verdeutlichte, daß sie es nicht glaubte — oder daß sie die übrigen glauben machen wollte, daß sie es nicht glaubte. Sie konnte jemandem ins Gesicht sagen, er sei ein Dummkopf, aber wenn irgend jemand sonst es sagte, würde sie denjenigen verteidigen, bis sie heiser wäre. Natürlich schien sie nicht bereit zu entscheiden, ob sie Aviendha mochte, aber die ältere Aes Sedai mochte sie unzweifelhaft nicht. Sie zog ihren Hut fast gerade, bedachte sie erneut mit ihrem finsteren Gesichtsausdruck und fuhr dann fort: »Gleichgültig, ob es Beslan oder der Dunkle König war — es ist kein Grund, den ganzen Tag hier herumzustehen. Wir müssen uns bereitmachen und zum Bauernhof weiterziehen. Nun? Auf geht's!« Sie klatschte laut in die Hände, und sogar Vandene zuckte leicht zusammen.
Es war nur noch wenig vorzubereiten, als die Schwestern ihre Pferde davonführten. Lan und die anderen Behüter hatten sich nicht ausgeruht, nachdem sie erkannt hatten, daß keine Gefahr bestand. Einige der Diener waren wieder durch das Wegetor zurückgekehrt, bevor Aviendha es losließ, aber die übrigen standen mit den ungefähr drei Dutzend Packpferden da und schauten gelegentlich zu den Aes Sedai, wobei sie sich offenbar fragten, welches Wunder sie als nächstes herbeizaubern würden. Die Windsucherinnen waren alle auf ihre Pferde gestiegen, wenn auch unbeholfen, und hielten die Zügel so fest, als erwarteten sie, daß ihre Pferde jeden Moment davongaloppieren oder vielleicht Schwingen ausbreiten und losfliegen würden. Das gleiche galt für den Zirkel, auch wenn die Frauen anmutiger wirkten, unbesorgt, daß ihre Röcke und Unterröcke über die Knie rutschten.
Ispan war noch immer mit verhülltem Kopf und wie ein Sack auf einen Sattel gebunden. Sie hätte auf einem Pferd wahrscheinlich auch nicht aufrecht sitzen können, aber selbst Sumekos Augen traten hervor, wann immer ihr Blick auf sie fiel.
Nynaeve sah sich um und schien bereit, jedermann mit Worten dazu anzutreiben, das zu tun, was bereits getan worden war, aber nur bis Lan ihr die Zügel ihrer rundlichen braunen Stute reichte. Sie hatte ein besseres Pferd als Geschenk von Tylin standhaft abgelehnt. Ihre Hand zitterte leicht, als sie Lans Hand berührte, und ihr Gesicht wechselte die Farbe, während sie den Zorn hinunterschluckte, den sie hatte entfesseln wollen. Als er ihr in den Sattel helfen wollte, sah sie ihn einen Moment an, als frage sie sich, was er vorhätte, aber dann errötete sie erneut, als er sie tatsächlich in den Sattel hob. Elayne konnte nur den Kopf schütteln. Sie hoffte, daß sie nicht einfältig wurde, wenn sie heiratete. Wenn sie heiratete.
Birgitte brachte Elaynes silbergraue Stute und den Graubraunen heran, den Aviendha ritt, aber sie verstand anscheinend, daß Elayne mit Aviendha unter vier Augen sprechen wollte. Sie nickte, fast als ob Elayne ihren Wunsch ausgesprochen hätte, schwang sich auf ihren mausgrauen Wallach und ritt zu den anderen Behütern. Sie begrüßten sie mit einem Nicken und besprachen dann leise etwas. Den Blicken nach zu urteilen, die sie den Schwestern zuwarfen, hatte dieses »Etwas« damit zu tun, sich vor den Aes Sedai in acht zu nehmen, ob die Aes Sedai dies wollten oder nicht. Einschließlich ihr selbst, bemerkte Elayne grimmig.
Aber jetzt war dafür keine Zeit. Aviendha stand da, spielte mit den Zügeln ihres Pferdes und betrachtete das Tier, wie eine Novizin eine Küche voller fettiger Töpfe betrachtet. Für Aviendha machte es höchstwahrscheinlich kaum einen Unterschied, Töpfe schrubben oder reiten zu müssen.
Elayne glättete ihre grünen Reithandschuhe, wendete ihre Stute Löwin leicht, um sie vor den Blicken der übrigen abzuschirmen, und berührte dann Aviendhas Arm. »Es wäre vielleicht hilfreich, mit Adeleas oder Vandene zu sprechen«, sagte sie sanft. Sie mußte hier sehr behutsam vorgehen, so vorsichtig wie bei jedem Ter'angreal. »Sie sind alt genug, um mehr zu wissen, als du vielleicht vermutest. Es muß einen Grund dafür geben, warum du ... Schwierigkeiten mit ... dem Schnellen Reisen hast.« Das war müde ausgedrückt. Aviendha konnte das Gewebe anfangs fast überhaupt nicht mehr gestalten. Vorsichtig. Aviendha war weitaus wichtiger, als jegliches Ter'angreal jemals sein konnte. »Sie könnten dir vielleicht helfen.«
»Wie?« Aviendha starrte auf den Sattel ihres Wallachs. »Sie können nicht Schnell Reisen. Wie sollte mir irgendeine von ihnen helfen können?« Ihre Schultern sackten jäh herab, und sie wandte Elayne ihr Gesicht zu. Unvergessene Tränen schimmerten in ihren Augen. »Das ist nicht die Wahrheit, Elayne, Nicht die ganze Wahrheit. Sie könnten nicht helfen, aber... Du bist meine Nächstschwester. Du hast das Recht, die ganze Wahrheit zu erfahren. Sie glauben, ich hätte beim Anblick eines Dieners den Kopf verloren. Wenn ich um Hilfe bitte, kommt alles heraus. Daß ich einst Schnell Gereist bin, um einem Mann zu entkommen, und doch in der Seele hoffte, er wurde mich einfangen. Ich bin wie ein Hase davongerannt in der Hoffnung, eingefangen zu werden. Wie soll ich ihnen eine solche Schande gestehen? Selbst wenn sie wirklich helfen könnten — wie soll ich es ihnen erklären?«
Elayne wünschte, sie hätte die Wahrheit nicht erfahren. Zumindest nicht den Teil über das Einfangen. Darüber, daß Rand sie tatsächlich eingefangen hatte. Sie verdrängte die sie plötzlich überkommende Eifersucht. Wenn eine Frau die Närrin spielt, dann sieh dir den Mann an. Das war einer von Linis Lieblingssätzen. Ein weiterer lautete: Kätzchen verwirren dein Garn, Männer verwirren deinen Verstand, und es ist für beide so einfach wie das Atmen. Sie holte tief Luft. »Von mir wird niemand ein Wort erfahren, Aviendha. Ich werde dir so gut helfen, wie ich kann.« Nicht daß sich viele Möglichkeiten boten. Aviendha erkannte bemerkenswert schnell, wie Gewebe gestaltet wurden, viel schneller als sie selbst.
Aviendha nickte nur und kletterte unbeholfen in den Sattel, wobei sie sich nur unwesentlich anmutiger anstellte als die Meervolk-Frauen. »Ein Mann hat uns beobachtet, Elayne, und er war kein Diener.« Sie sah Elayne direkt an und fügte hinzu: »Er hat mich erschreckt.« Ein Eingeständnis, das sie wahrscheinlich niemandem sonst auf der Welt gemacht hätte.
»Jetzt sind wir vor ihm sicher, wer auch immer er war«, sagte Elayne, während sie Löwin wendete, um Nynaeve und Lan aus der Lichtung zu folgen. Nüchtern betrachtet war es höchstwahrscheinlich ein Diener gewesen, aber das würde sie niemals jemandem sagen — Aviendha am allerwenigsten. »Wir sind in Sicherheit, und in wenigen Stunden werden wir den Bauernhof der Schwesternschaft erreichen und die Schale benutzen, und die Welt wird wieder heil sein.« Nun, etwas heiler. Die Sonne schien niedriger zu stehen als über dem Stallhof, aber sie wußte, daß das nur Einbildung war.
Moridin beobachtete hinter einem weißen schmiedeeisernen Sichtschutz, wie die letzten Pferde und dann die große junge Frau und die vier Behüter durch das Wegetor verschwanden. Möglicherweise trugen sie einen Gegenstand davon, den er vielleicht gebrauchen konnte — vielleicht ein auf Menschen abgestimmtes Angreal —, aber das war eher unwahrscheinlich. Was den Rest der Ter'angreale betraf, würden sie sich höchstwahrscheinlich bei dem Versuch umbringen, ihren Verwendungszweck herausfinden zu wollen. Sammael war ein Narr, daß er soviel riskiert hatte, um eine Ansammlung dessen in Besitz zu bekommen, wovon niemand wußte, was es war. Aber andererseits war Sammael niemals auch nur halb so klug gewesen, wie er gedacht hatte. Er selbst würde seine Pläne nicht einfach über den Haufen werfen, um zu sehen, welche Bruchstücke der Zivilisation er finden könnte. Nur müßige Neugier hatte ihn hierhergeführt. Er wollte gern wissen, was andere für wichtig hielten. Aber es war wertloses Zeug.
Er wollte sich gerade abwenden, als die Umrisse des Wegetors sich plötzlich zu dehnen und zu zittern begannen. Er sah gebannt hin, bis die Öffnung einfach dahinschmolz. Er hatte niemals dazu geneigt, Verwünschungen von sich zu geben, aber jetzt kamen ihm einige in den Sinn. Was hatte die Frau getan? Diese barbarischen Provinzler bereiteten zu viele Überraschungen. Eine Art zu Heilen wurde abgetrennt, wie unvollkommen auch immer. Das war unmöglich! Nur daß sie es getan hatten. Unfreiwillige Zirkel. Jene Behüter und der Bund, den sie mit den Aes Sedai teilten. Er hatte schon lange, lange Zeit davon gewußt, aber wann immer er sie zu verstehen meinte, offenbarten diese Primitiven eine neue Fertigkeit, taten etwas, wovon niemand in seinem Zeitalter jemals geträumt hätte. Etwas, das die Zivilisation nicht einmal auf ihrem Höhepunkt gekannt hatte! Was hatte das Mädchen getan?
»Großer Meister?«
Moridin wandte kaum den Kopf vom Fenster ab. »Ja, Madic?« Verdammt sei seine Seele — was hatte das Mädchen getan?
Der kahl werdende Mann in grünweißer Kleidung, der den kleinen Raum betreten hatte, verbeugte sich tief, bevor er auf die Knie fiel. Madic, einer der höheren Diener im Palast mit länglichem Gesicht, besaß eine prahlerische Würde, die er selbst jetzt zu bewahren versuchte. Moridin hatte Männer, die weitaus höher standen, sich weitaus schlechter präsentieren sehen. »Großer Meister, ich habe erfahren, was die Aes Sedai heute morgen in den Palast geführt hat. Es heißt, sie hätten einen großen, in alten Zeiten verborgenen Schatz gefunden, Gold und Juwelen und Herzstein, Gegenstände von Shiota und Eharon und sogar vom Zeitalter der Legenden. Es sollen Dinge darunter sein, welche die Eine Macht benutzen. Es heißt, eines könnte das Wetter beherrschen. Niemand weiß, wohin sie gehen, Großer Meister. Der Palast erbebt vor Gerede, aber zehn Zungen nennen zehn verschiedene Ziele.«
Moridin betrachtete erneut den Stallhof unter sich, noch während Madic sprach. Lächerliche Geschichten von Gold und Cuendillar interessierten ihn nicht. Nichts würde ein Wegetor so dahinschmelzen lassen. Es sei denn... Konnte sie das Gewebe tatsächlich aufgelöst haben? Der Tod ängstigte ihn nicht. Er erwog kaltblütig die Möglichkeit, in Sichtweite eines sich auflösenden Gewebes gewesen zu sein. Eines Gewebes, das erfolgreich vernichtet worden war. Durch diese Unmöglichkeit wurde noch eine weitere eröffnet...
Eine Bemerkung Madics errang seine Aufmerksamkeit. »Das Wetter, Madic?« Die Palasttürme warfen kurze Schatten, und keine Wolke schirmte die brütende Stadt ab.
»Ja, Großer Meister. Der Gegenstand wird die Schale der Winde genannt.«
Der Name sagte ihm nichts. Aber ... ein Ter'angreal zur Beherrschung des Wetters... In seinem Zeitalter war das Wetter mit Hilfe von Ter'angrealen sorgfältig reguliert worden. Eine der Überraschungen dieses Zeitalters — anscheinend eine der geringeren — war gewesen, daß es Menschen gab, die das Wetter in einem Umfang beeinflussen konnten, der eines dieser Ter'angreale hätte erfordern sollen. Ein einzelner solcher Gegenstand sollte nicht genügen, auch nur einen großen Teil eines einzelnen Kontinents zu beeinflussen. Aber was konnten diese Frauen damit tun? Was? Wenn sie einen Zirkel benutzten?
Er ergriff die Wahre Macht, ohne nachzudenken, und das Saa wogte schwarz über sein Sichtfeld. Seine Finger verkrampften sich um das schmiedeeiserne Gitter vor dem Fenster. Das Metall ächzte und bog sich, aber nicht durch seinen Griff, sondern durch die Ranken der Wahren Macht, vom Großen Herrn selbst heraufbeschworen, die sich um das Gitter wanden und sich beugten, wenn er seine Hand im Zorn beugte. Der Große Herr würde nicht erfreut sein. Er hatte sich aus seinem Gefängnis ausgestreckt, die Welt in hinreichendem Maße berührt, um die Jahreszeiten erstarren zu lassen. Er wartete voller Ungeduld darauf, die Welt weiterhin zu berühren, das Nichts zu zerschmettern, das ihn einschloß, und er würde nicht erfreut sein. Zorn vereinnahmte Moridin, das Blut pochte in seinen Ohren. Noch vor einem Moment hatte es ihn nicht gekümmert, wohin diese Frauen gingen, aber jetzt...
Irgendwohin, weit fort von hier. Menschen, die flohen, liefen so weit und so schnell sie konnten. Irgendwohin, wo sie sich sicher fühlten. Es hatte keinen Zweck, Madic loszuschicken, um Fragen zu stellen oder hier irgend jemanden unter Druck zu setzen. Sie wären nicht töricht genug gewesen, jemanden zurückzulassen, der ihren Bestimmungsort kannte. Nicht in Tar Valon. Bei al'Thor? Bei dieser Bande aufständischer Aes Sedai? Er hatte dort überall Spione, wovon einige nicht einmal wußten, daß sie ihm dienten. Alle würden ihm dienen — vor dem Ende. Er würde nicht zulassen, daß seine Pläne jetzt noch durch törichte Fehler verdorben würden.
Plötzlich hörte er noch etwas anderes als den donnernden Trommelschlag seines eigenen Zorns. Ein brodelndes Geräusch. Er blickte neugierig zu Madic —und trat von der sich auf dem Boden ausbreitenden Lache zurück. Anscheinend hatte er in seinem Zorn mehr als nur das schmiedeeiserne Gitter mit der Wahren Macht umklammert. Bemerkenswert, wieviel Blut man aus einem menschlichen Körper pressen konnte.
Er ließ das, was von dem Mann übriggeblieben war, ohne Bedauern fallen. Sein einziger Gedanke war, daß gewiß die Aes Sedai dafür verantwortlich gemacht würden, wenn Madic gefunden wurde. Ein weiterer kleiner Beitrag zu dem zunehmenden Chaos in der Welt. Er riß ein Loch in das Gewebe des Musters und Reiste mit der Wahren Macht. Er mußte diese Frauen finden, bevor sie die Schale der Winde benutzten. Und wenn das mißlang... Er mochte Menschen nicht, die seine sorgfältig erdachten Pläne störten. Jene, die es taten und noch am Leben waren, lebten nur, um dafür zu bezahlen.
Der Gholam betrat vorsichtig den Raum, die Nasenflügel beim Geruch noch immer warmen Blutes bereits bebend. Die bleifarbene Verbrennung auf seiner Wange glühte wie ein Kohlestück. Der Gholam schien einfach ein schlanker Mensch zu sein, ein wenig größer als der Durchschnitt seiner Zeit, und doch war er niemals etwas begegnet, das ihm Schaden zufügen konnte. Bis er auf diesen Mann mit dem Medaillon traf. Er entblößte die Zahne in einem höhnischen Lächeln. Er sah sich neugierig im Raum um, aber da war nur der zerquetschte Körper auf dem Boden. Und ein ... Gefühl von ... etwas. Nicht die Eine Macht, aber etwas, was ihm ... ein Kribbeln verursachte, wenn auch nicht ganz auf dieselbe Art. Neugier hatte ihn hierher geführt. Das Gitter vor dem Fenster war teilweise verbogen, und es war an den Seiten herausgebrochen. Der Gholam erinnerte sich anscheinend an etwas, das ihm ein ähnliches Kribbeln verursacht hatte, aber vieles von dem, woran er sich erinnerte, war undeutlich und verschwommen. Die Welt hatte sich offenbar im Handumdrehen verändert. Es hatte eine Welt der Kriege und des Tötens in großem Umfang gegeben, mit Waffen, die über Meilen reichten, über Tausende von Meilen, und dann war da ... dies. Doch der Gholam hatte sich nicht verändert. Er war noch immer die gefährlichste Waffe von allen.
Seine Nasenflügel bebten erneut, obwohl er jene, welche die Macht lenken konnten, nicht durch den Geruch aufspürte. Die Eine Macht war unterhalb und Meilen entfernt im Norden benutzt worden. Sollte er den Frauen folgen oder nicht? Der Mann, der ihn verwundet hatte, war nicht bei ihnen. Dessen hatte er sich vergewissert, bevor er seinen äußerst günstigen Standort verlassen hatte. Derjenige, der ihn befehligte, wollte den Mann, der ihn verwundet hatte, vielleicht ebensosehr tot sehen wie die Frauen, aber die Frauen waren ein leichteres Ziel. Die Frauen waren ebenfalls genannt worden, und im Moment war er unter Kontrolle. Er war in seinem ganzen Dasein gezwungen worden, dem einen oder anderen Menschen zu dienen, aber sein Geist wollte nicht unterjocht werden. Er mußte den Frauen folgen. Er wollte ihnen folgen. Der Moment des Todes, wenn er die Fähigkeit, die Macht zu lenken, mit dem Leben schwinden spürte, bewirkte eine Ekstase. Verzückung. Aber er hatte auch Hunger, und er hatte Zeit. Wohin auch immer sie fliehen würden — er konnte ihnen dorthin folgen. Er ließ sich mit einer fließenden Bewegung neben dem entstellten Körper nieder und begann sich zu nähren. Frisches Blut, warmes Blut, war eine Notwendigkeit, aber menschliches Blut hatte stets den lieblichsten Wohlgeschmack.