Das Rad der Zeit dreht sich, Zeitalter kommen und vergehen und lassen Erinnerungen zurück, die zu Legenden werden. Legenden verblassen zu Mythen, und sogar der Mythos ist lange vergessen, wenn das Zeitalter ihres Ursprungs wiederkehrt.
Mit diesen Worten beginnt jede Chronik aus der Welt des Rades, eines Universums, in dem das Rad der Zeit und das Große Muster, das es webt, das oberste Prinzip sind.
Am Anfang steht eine Prophezeiung, die Prophezeiung des Drachen. Sie verkündet die Befreiung des Dunklen Königs, des Bösen schlechthin, und die Wiedergeburt Lews Therin Telamons, des Drachen, der einst vor Jahrtausenden sein Gefängnis versiegelte und dafür den höchsten Preis bezahlen mußte. Sie berichtet von einem Mann, der sowohl der Vernichter als auch der Erlöser der Welt sein soll. Er kann die Eine Macht lenken, und er ist der Wiedergeborene Drache, der Tarmon Gai'don schlagen soll, die Letzte Schlacht gegen den Dunklen König.
Rand al'Thor ist der Wiedergeborene Drache.
Man schreibt das Dritte Zeitalter seit der Zerstörung der Welt. Wieder strecken der Dunkle König und seine Vertrauten, die dreizehn Verlorenen, die ihm schon in tiefer Vergangenheit zur Seite standen, die Hand nach der Welt aus. Horden nichtmenschlicher Trollocs und Myrddraals überziehen das Land mit Verwüstung, gelenkt von den Verlorenen, die nahezu unerkannt unter den Menschen wandeln, wo sie Unruhe schüren und Kriege auslösen.
Allein Rand al'Thor ist laut den Prophezeiungen dazu bestimmt, die Letzte Schlacht zu schlagen. Und aus dem jungen Schafhirten ist ein entschlossener Mann geworden. Er beherrscht die Eine Macht, kann die Welt nach seinen Wünschen formen, und die Welt fürchtet ihn. Er hat treue Freunde um sich geschart, Nationen besiegt und Throne gestürzt. Er hat mächtige Feinde und zweifelhafte Verbündete, aber die größte Bedrohung ist die Eine Macht. Denn wie alle Männer, die sich der Macht bedienen, kämpft er gegen den Makel des Wahnsinns an, der die mystische Energie beschmutzt.
Wie die Eingeweihten wissen, besteht sowohl die Eine Macht als auch die Wahre Quelle, der sie entspringt, aus zwei widerstreitenden und sich dennoch ergänzenden Teilen: Saidin, der männlichen Hälfte, und Saidar, der weiblichen Hälfte. Die Energie versetzt einige wenige Menschen in die Lage, die Elemente Erde, Wind, Feuer, Wasser und Geist nach ihrem Willen zu beeinflussen und Heldentaten zu vollbringen. Im untergegangenen Zeitalter der Legenden nannte man diese Männer und Frauen Aes Sedai, was in der Alten Sprache ›Diener aller‹ bedeutet.
Als der Dunkle König, der im Augenblick der Schöpfung von dem Schöpfer des Universums außerhalb von Zeit und Schöpfung gefangengesetzt wurde, aus seinem Gefängnis auszubrechen drohte und von Lews Therin Telamon, dem stärksten Aes Sedai seiner Zeit, besiegt wurde, geriet der triumphale Sieg zugleich zur verheerenden Niederlage. Im Augenblick der Versiegelung kam es zu einer Reaktion, die Saidin, die männliche Quelle der Einen Macht, mit einem Makel versah. Jeder Mann, der nach der Macht griff — was für ihn so natürlich war wie das Atemholen —, wurde wahnsinnig. Das hat sich bis auf den heutigen Tag nicht geändert.
Bei den meisten vollzieht sich das als schleichender Prozeß. Bei Lews Therin Telamon, dem Drachen, war dies anders. Blindwütig in seinem Wahn, wandten er und seine Helfer sich mit der Macht gegen alle und jeden und schließlich gegen die Welt selbst. Erdbeben erschütterten das Land, Stürme fegten darüber hinweg, Vulkane brachen aus, der Ozean überschwemmte das Land. Reiche gingen unter, und ganze Völker starben.
Nach dem Neubeginn hat sich das Antlitz der Welt verändert. Nun benutzen nur noch die weiblichen Aes Sedai die Eine Macht. Sie haben die Weiße Burg gegründet, und seit jenen dunklen Tagen wachen sie unerbittlich darüber, daß sich kein Mann der Einen Macht bedient. Sie spüren sie auf und ›dämpfen‹ sie, schneiden sie vom Zugang zur Wahren Quelle ab, um Unheil zu verhindern.
Rand al'Thor hatte schon immer ein zwiespältiges Verhältnis zu den Aes Sedai. Aber er ist der Wiedergeborene Drache, der wie kein zweiter über die Eine Macht gebietet; er ist der Car'a'carn der Aiel, der Wüstennomaden, deren Stämme ihm fast alle bis in den Tod ergeben sind; er ist der Begründer der Schwarzen Burg und der Asha'man, der Männer, die ungeachtet aller gegenteiligen Bemühungen gelernt haben, mit der Macht umzugehen und sich gegen den schleichenden Wahnsinn zu wappnen.
Aber je länger er kämpft, desto unübersichtlicher wird die Lage; er kann immer weniger Menschen vertrauen, denn jeder scheint seine eigenen Ziele zu verfolgen. Er hat allen Grund zum Mißtrauen.
Nachdem die Aes Sedai Elaida sich mit einer umstrittenen Aktion zur Amyrlin der Weißen Burg und damit zur faktischen Alleinherrscherin der Aes Sedai gemacht hat, ist es zum ersten Mal in der Geschichte der Weißen Burg zur Spaltung gekommen. Elaida wollte den Drachen gefangennehmen und an ihren Marionettenschnüren tanzen lassen, aber bei der Schlacht an den Quellen von Dumai wurde der Drache von seinem Freund Perrin, dem Wolfsbruder, und einem Kontingent Asha'man befreit. Rand al'Thor nimmt die Aes Sedai gefangen und läßt sie von den Aiel bewachen, eine unerhörte Tat.
Ihm bleibt keine Zeit zum Ruhen. In Cairhien muß er die Usurpatorin Lady Colavaere vom Thron vertreiben, den diese an sich gerissen hat; großmütig schickt er sie ins Exil. Aber wieder zahlen sich seine guten Absichten nicht aus. Denn Colavaere begeht Selbstmord — eine erneute Last auf seinem Gewissen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß ihm das Meervolk Treue schwört.
Ungeachtet dieser Ereignisse marschiert das Heer Lord Brynes weiter auf die Weiße Burg zu, geleitet von den abtrünnigen Aes Sedai, die Egwene, Rands Freundin aus Kindertagen, zu ihrer Amyrlin machten. Die junge Frau hat es nicht leicht; ihr unterlaufen viele Fehler. So entkommt ihr Moghedien, eine der Verlorenen, die ihre Gefangene war. Aber noch andere Umstände bereiten ihr Sorgen. Sie schickte Nynaeve und Elayne, die Tochter-Erbin des Königreichs Andor, zusammen mit Birgitte und Aviendha nach Ebou Dar, damit die Frauen dort nach der Schale der Winde suchen sollen. Dieses Ter'angreal, ein Artefakt aus dem Zeitalter der Legenden, das die Eine Macht verstärken oder sie heraufbeschwören kann, soll das Wetter wieder in Ordnung bringen, das der Dunkle König negativ beeinflußt. Es ist eine gefahrvolle Mission, denn auch andere Kräfte suchen die Schale der Winde. Aber die Frauen haben Hilfe, denn Mat Cauthon ist ebenfalls in der Stadt und steht ihnen trotz vieler Hindernisse zur Seite.
Gerade als die Freunde die Schale der Winde finden, überfallen die besiegt geglaubten Seanchaner die Stadt. Auf der Flucht wird Mat unter einer einstürzenden Mauer begraben.
Doch von allen diesen Ereignissen weiß Rand al'Thor nichts. Er lernt in Cairhien Cadsuane kennen, die angeblich älteste lebende Aes Sedai, die ihre eigenen Pläne mit dem Drachen verfolgt. Kaum genesen von der Verletzung durch einen Schattenfreund, begibt sich der Drache nach Illian. Dort ist Sammael aufgetaucht, einer der mächtigsten Verlorenen. Er kann ihm nach Shadar Logoth folgen und ihn vernichten.
Am Ende bietet man ihm die Schwerterkrone Illians an, und er hat einen neuen Verbündeten gefunden.
Aber die Lage bleibt bedrohlich. Da ist Moridin, über den nichts bekannt ist, außer daß sein Name Tod bedeutet und er so mächtig ist, daß er Moghedien, der er die Flucht ermöglichte, zu seiner Sklavin machen konnte. Da ist die Amyrlin Elaida, die trotz aller Rückschläge ihren Plan, sich den Drachen gefügig zu machen, noch längst nicht aufgegeben hat. Da sind die Invasoren aus Seanchan, die Ebou Dar erobern. Da sind die abtrünnigen Shaido-Aiel unter ihrer Anführerin Sevanna, die unter den Einfluß der Verlorenen gerieten. Da ist Egwenes Heer, das auf die Stadt Tar Valon und die Weiße Burg zumarschiert, um die Amyrlin zu vertreiben. Und da sind die Schwarzen Ajah — allen voran Alviarin, die Behüterin der Chronik —, die im Herzen der Aes Sedai dem Dunklen König dienen.
Das Rad dreht sich, und die Letzte Schlacht rückt immer näher. Die Heere sammeln sich, und der Wiedergeborene Drache muß kämpfen, wenn die Welt kein zweites Mal untergehen soll.