46.

Doug saß auf der Veranda und blickte auf die Uhr. Es war schon nach Mitternacht. Er hatte seit Stunden hier gesessen, seitdem er Trish im Krankenhaus zurückgelassen hatte.

Vom Hügel war er zuvor mit Jeff Brickman zurückgekehrt, dem Officer, der sich gemeldet hatte, um zum Revier zurückzufahren und sich um die Kommunikation zu kümmern, während die anderen Männer überlegten, wie sie die Leichen bergen sollten. Jeff Brickman wollte versuchen, zum Büro des County Sheriffs durchzukommen oder zur State Police. Doug hoffte sehr, dass er Erfolg hatte. Im Augenblick befolgten die Polizisten zwar noch Mikes Anweisungen, doch Doug hatte gesehen, wie allmählich alles zerfiel. Als er gegangen war, waren die Männer beinahe schon so weit, Strohhalme zu ziehen, um die Zuständigkeiten zu verteilen. Es machte Doug Angst, wie leicht eine solch gut ausgebildete und gut organisierte Gruppe auseinanderfallen konnte, und er war froh, als er wieder in seinem Bronco saß und nach Hause fuhr.

Nun fragte er sich, was die Polizei wohl gerade machte.

Er überlegte, ob er anrufen sollte, entschied sich aber dagegen.

Er trank den letzten Schluck von seinem fünften Bier und starrte hinauf zu den Sternen. Weit oben zog ein hellerer Himmelskörper in einer geraden Linie von West nach Ost. Ein Satellit. Weiter unten sah er die blinkenden Lichter eines Flugzeugs, ohne es zu hören.

Außerhalb von Willis drehte die Welt sich weiter.

Doug hatte Trish jede halbe Stunde angerufen, und sie hatte ihm jedes Mal versichert, dass alles unverändert sei. Billy schlief immer noch. Der letzte Anruf hatte Trish offensichtlich geweckt, und gereizt hatte sie Doug gebeten, sich nicht mehr zu melden; sie würde ihm Bescheid geben, wenn sich irgendetwas Neues ergab.

Nicht mehr anrufen.

Doug fragte sich, ob sie ihn verantwortlich machte für das, was geschehen war.

Müde lehnte er sich in den weich gepolsterten Stuhl zurück, bereit, sich in den Schlaf gleiten zu lassen, als ihm plötzlich bewusst wurde, dass die Atmosphäre um ihn sich verändert hatte. Irgendetwas stimmte nicht. Alarmiert und hellwach richtete er sich auf. Er bemerkte, dass die Grillen verstummt waren. Nicht das leiseste Geräusch war zu vernehmen.

Doch, da war ein Geräusch.

Von der Straße, aus Richtung der Nelsons, hörte er das leise Brummen eines Motors, der näher kam.

Doug erstarrte, unfähig, irgendetwas zu tun.

Das Geräusch kam näher und wurde in der Stille immer lauter. Doug wäre am liebsten weggelaufen und hätte sich versteckt. Er wollte ins Haus, die Tür abschließen und die Vorhänge zuziehen, doch er blieb, wo er war.

Und da war er, am Ende der Auffahrt, der rote Wagen des Postboten, der vor dem Briefkasten zum Stehen kam.

Aber Smith war tot! Doug hatte gesehen, wie der Mann erschossen worden war, hatte gesehen, wie er über die Kante des Abhangs gestürzt war. Er war tot.

Doug starrte auf den roten Wagen. Die Scheibe auf der Fahrerseite senkte sich ein Stück, und eine weiße Hand erschien aus dem dunklen Innern, legte einen Brief in den Kasten und winkte dann höhnisch zum Abschied, ehe der Wagen davonfuhr.

Es dauerte einige Augenblicke, bevor die Grillen wieder zu zirpen begannen.

Dougs Herzschlag wurde langsamer. Er blieb auf der Veranda, ohne sich zu rühren. Der Postbote konnte nicht getötet werden. Er würde nicht sterben. Sie konnten nichts tun. Doug betete zu Gott, mit dem er seit Jahrzehnten nicht mehr gesprochen hatte, bekam aber keine Antwort.

Regungslos saß er da.

Er war immer noch wach, als fünf Stunden später im Osten der Morgen dämmerte.

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