15.

Die ganze Stadt redete über »Die Selbstmorde«, denn dafür wurden sie jetzt gehalten. Die Selbstmorde. Mit großen Buchstaben. Nach dem Begräbnis und der überwältigenden öffentlichen Anteilnahme für Bob Rondas Familie war es leicht gewesen, sich auf das Leben des ehemaligen Postboten zu konzentrieren anstatt auf seinen Tod und bei seinen guten Eigenschaften zu verweilen. Doch es blieb die Tatsache, dass er sich selbst getötet hatte. Er hatte sich mit einer doppelläufigen Schrotflinte das Gehirn weggeblasen, hatte dabei seine Frau in den Wahnsinn getrieben und eine ganze Stadt im Stich gelassen, die ihn gemocht hatte, sich um ihn gesorgt hatte, an ihn geglaubt hatte.

Und jetzt hatte auch Bernie Rogers sich umgebracht.

Im Lebensmittelladen hörten Doug und Trish nichts anderes. Die Selbstmorde. Es hatte schon früher Selbstmorde in Willis gegeben - Texacala Armstrong hatte sich im letzten Jahr erschossen, kurz nachdem ihr Ehemann an Krebs gestorben war -, aber diese Todesfälle waren vereinzelt und in gewisser Weise nachvollziehbar gewesen: Menschen, die unheilbar krank waren; Menschen, die vor kurzem einen geliebten Menschen verloren hatten; Menschen ohne Hoffnung. Niemand konnte sich erinnern, dass es jemals zwei Selbstmorde innerhalb von nur zwei Wochen gegeben hatte. Und von scheinbar normalen Menschen ohne ersichtlichen Grund.

So vermischten sich Schock und Schmerz mit morbider Neugier und abergläubischer Furcht, während die Leute mit gedämpfter Flüsterstimme über die Geschehnisse redeten. Selbst die schlimmsten Klatschmäuler der Stadt schienen sich dem Thema mit Ehrfurcht zu nähern, als wäre Selbstmord eine ansteckende Krankheit und als könnten sie sich irgendwie dagegen schützen, wenn sie die Todesfälle nicht ins Belanglose zerrten oder aufbauschten.

Nachdem Doug am Nachmittag zuvor von der Konferenz zurückgekehrt war, hatte er Trish von Bernie Rogers erzählt und dass er die Leiche des Schülers mit eigenen Augen gesehen hatte und von seinem Verdacht. Trish ihrerseits hatte ihm von Ellen Rondas Anruf und von Howards Brief berichtet, auch wenn sie es aus irgendeinem Grund immer noch nicht fertig brachte, ihm von dem nächtlichen Erlebnis mit dem Postboten zu erzählen. Doug wollte unverzüglich zur Polizei gehen und erklären, dass der Postbote irgendwie hinter beiden Todesfällen steckte oder zumindest indirekt dafür verantwortlich war. Doch Trish überzeugte ihn nach einem hitzigen Streit mit vielen Flüchen und Beschimpfungen, dass er es sich als Lehrer und geachtetes Mitglied der Gemeinschaft nicht leisten konnte, seine Glaubwürdigkeit zu beschädigen, indem er wilde Verdächtigungen vorbrachte. Doug hatte immer noch die Umschläge, die sie vom Bachufer gerettet hatten, doch ihm wurde klar, dass alle seine Mutmaßungen nicht nur einen ungeheuren Vertrauensvorschuss verlangten, sondern auch einen Glauben an ... ja, an was?

An das Übernatürliche?

Vielleicht war er verrückt, aber er glaubte immer noch, dass er zur Polizei gehen und ihnen berichten sollte, was er wusste und welchen Verdacht er hegte, doch Trish zuliebe war er bereit, sich zurückzuhalten. Sie hatte recht. Neuigkeiten verbreiteten sich schnell in einer kleinen Stadt, und falls er sich irrte, falls der Postbote ein normaler Mensch mit blasser Haut und rotem Haar war, wäre er selbst für ewig und alle Zeiten als hohle Nuss abgestempelt. In seinem Hinterkopf jedoch nagte der Gedanke, dass noch jemand in Gefahr sein könnte, dass vielleicht noch etwas Schreckliches geschah, wenn er still und passiv blieb, und so war er fest entschlossen, Augen und Ohren offen zu halten und auf alles Ungewöhnliche zu achten.

Sie schritten an den Regalen im Laden vorbei. Trish ging ihre Einkaufsliste durch und las einzelne Artikel vor, und Doug nahm sie aus den Regalen und legte sie in den Einkaufswagen.

»Mister Albin!«

Doug, der gerade eine Packung Cornflakes in den Wagen legte, blickte auf. Eine sonnengebräunte junge Frau, die enge Shorts, ein enges T-Shirt und keinen BH trug, winkte ihm vom Ende des Ganges zu. Sie lächelte, und strahlend weiße Zähne leuchteten in ihrem hübschen Gesicht. Er wusste, dass sie eine frühere Schülerin war, obwohl er sie nicht gleich unterbringen konnte, und so versuchte er verzweifelt, ihr Gesicht mit einem Namen zu verbinden, während sie durch den Gang auf ihn zukam.

»Giselle Brennan«, sagte sie. »Kreatives Schreiben. Vor zwei Jahren. Wahrscheinlich erinnern Sie sich nicht mehr ...«

»Natürlich erinnere ich mich an Sie«, entgegnete er, und das stimmte tatsächlich, obwohl Doug von sich selbst überrascht war: Giselle war eine von jenen Schülerinnen gewesen, die nur dann im Unterricht erschienen waren, wenn ihnen danach war, und die am Ende des Schulhalbjahres mit Mühe und Not den Abschluss geschafft hatten. Nicht die Art von Schülern, an die Doug sich für gewöhnlich erinnerte. »Wie geht es Ihnen denn so?«

»Gut«, antwortete sie.

»Ich habe Sie schon eine ganze Weile nicht mehr hier gesehen.«

»Ja, stimmt, ich bin nach Los Angeles gezogen und habe als Aushilfe in einer Anwaltskanzlei gearbeitet, während ich nebenher zur Schule gegangen bin. Aber es hat mir nicht sehr gefallen. Los Angeles, meine ich. Zu viele Menschen, zu viel Smog, zu viel von allem. Zurzeit bin ich hier, um meine Eltern zu besuchen.« Sie strahlte ihn an. »Der Ort scheint irgendwie durchgedreht zu sein.«

War es so offensichtlich?, fragte sich Doug. Konnte sogar jemand von außerhalb es merken?

Giselle deutete auf Trish. »Ist das Ihre Frau?«

»Ja, das ist Trish.«

Trish nickte höflich. »Hallo.«

»Hi.« Giselle strahlte. »Wissen Sie, Ihr Mann ist ein wirklich guter Lehrer. Sie sind bestimmt stolz auf ihn. Ich habe Englisch nie besonders gemocht - ich war immer eher für Mathe -, aber seine Stunden haben mir echt Spaß gemacht.«

»Aber haben Sie auch etwas gelernt?«, ulkte Doug.

»Habe ich. Ja, wirklich. Ich habe den Unterschied zwischen ›das‹ und ›was‹ gelernt.«

Doug kicherte.

»Lachen Sie nicht. Ich meine das ernst. Bevor ich bei Ihnen Unterricht hatte, habe ich immer ›das Auto, was ich gekauft habe‹ gesagt, oder ›das Mädchen, was in den Laden ging‹. Oder sogar ›das Mädchen, das wo in den Laden ging‹. Aber seitdem Sie es uns beigebracht haben, sage ich immer ›das Auto, das ich gekauft habe‹ und ›das Mädchen, das in den Laden ging‹.«

»Ich freue mich, dass ich wenigstens bei einer Schülerin gut angekommen bin.«

»Sind Sie. Und das hat mir eine Menge geholfen. Jetzt bin ich in der Hinsicht ein richtiger Snob geworden, wirklich. Einmal bin ich zu einer Party gegangen, da war ein Kerl in wirklich trendy Klamotten, der den Intellektuellen spielte. Nur hat er dauernd ›was‹ gesagt, wenn er ›das‹ hätte sagen sollen. Ich habe mich so überlegen gefühlt! Wenn Sie die Wahrheit wissen wollen, habe ich mich sogar ein bisschen für ihn geschämt. Es war großartig!«

Doug wusste nicht recht, was er sagen sollte. »Vielen Dank.«

»Aber gern.«

»Auf Ihr Lob wird er sich jetzt ganz schön etwas einbilden«, sagte Trish. »Jetzt wird es noch unmöglicher, mit ihm zu leben.«

Giselle begriff den Scherz nicht. »Er ist der beste Lehrer, den ich je hatte«, sagte sie ernst. »Auch wenn er mir nur eine Vier gegeben hat.« Sie blickte zu ihrem Einkaufswagen am Ende des Ganges. »Tja, ich muss jetzt gehen. Ich bin aber noch eine Weile in der Stadt. Vielleicht laufen wir uns ja noch anderswo über den Weg.« Sie blickte scheu zur Seite. »Vielleicht kann man sich ja mal zum Mittagessen treffen oder so.«

Doug nickte. »Vielleicht. Hat mich jedenfalls gefreut, Sie wiederzusehen.«

Das Mädchen ging durch den Gang zum Einkaufswagen zurück. Trish zog die Augenbrauen hoch. »Ha«, sagte sie.

»Was soll das heißen, ha?«

»Du weißt genau, was das bedeutet.«

»Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.«

»Schwindler!« Trish lachte und boxte ihm gegen die Schulter, und Doug fühlte sich ein wenig besser. Er legte einen Arm um ihre Taille. Sie gingen weiter den Gang hinunter und den nächsten wieder hinauf zur Obst- und Gemüseabteilung. Sie hörten kein einziges Wort über »Die Selbstmorde«. Doch als sie zu den Kassen kamen, hörte Doug Fetzen mehrerer Gespräche, und die Worte »hat sich umgebracht« und »Tod« schienen schrecklich oft darin vorzukommen. Dougs Blick ruhte auf der Willis Weekly, die am Stand neben der Kasse ausgelegt war, und er dachte an Ben Stockley, den Herausgeber der Zeitung. Doug fragte sich, warum er nicht schon eher an Stockley gedacht hatte: Wenn irgendjemand in der Stadt ihm richtig zuhören würde, ihm vielleicht sogar glaubte, dann war es Stockley. Er sagte nichts zu Trish, beschloss jedoch, Stockley später am Tag einen Besuch abzustatten.

Sie rückten mit der Schlange zur Kasse vor.


Der Bronco schien jeden Buckel und jedes Schlagloch auf dem Weg nach Hause mitzunehmen. Hinten im Wagen waren Eier und andere Lebensmittel verstaut, die man behutsam transportieren musste, und Doug versuchte, den Weg langsam und vorsichtig zu fahren. Sie überquerten den Bach, bogen um die Kurve und waren bereits auf dem geraden Stück nach Hause, als sie in der Ferne etwas sahen, was sich als zwei Personen entpuppte, die mitten auf der Straße knieten. Als sie näher kamen, erkannten sie Ron und Hannah Nelson, die vor dem leblosen Körper eines Schäferhundes kauerten.

»O Gott«, sagte Trish. »Das ist Scooby. Halt an.«

Doug fuhr den Wagen seitlich an den Graben und hielt direkt vor dem Paar. Aus dieser kurzen Entfernung konnten sie sehen, dass Hannah Tränen übers Gesicht liefen. Sie sprangen aus dem Wagen und liefen zu den Nelsons hinüber. Als sie näher kamen, stand Ron auf.

»Was ist passiert?«, fragte Doug.

»Scooby ist tot.« Rons Stimme war erstickt und stockend, und es schien, dass auch er gleich in Tränen ausbrechen würde. »Ich glaube, er wurde vergiftet. Es ist keine Verletzung zu sehen, aber ihm tropft roter Speichel aus dem Maul.«

»Braucht ihr Hilfe? Kann ich etwas für euch tun?«

»Nein, danke. Jetzt kann man sowieso nichts mehr machen.«

Doug blickte auf den toten Hund. Die Augen des Tieres waren geöffnet; ein Ausdruck von Furcht und Schmerz lag darin. Der Speichel, der dem Tier in Fäden aus dem offenen Maul hing, hatte auf dem Boden eine kleine Pfütze gebildet, in der sich Schmutz und Blut mischten. Dougs Blick traf sich mit Trishs, und er sah Abscheu, Mitleid und Wut in ihren Augen.

»Wer könnte ihn vergiftet haben?«, fragte sie. »Habt ihr eine Idee?«

Ron schluckte heftig. »Nein. Aber gestern wurde der Hund der Wilkinsons vergiftet, und jemand hat mir gesagt, dass in den letzten paar Tagen noch zwei oder drei weitere Hunde in der Stadt an Gift verendet sind.«

»Aber wie konnte jemand Scooby erwischen? Ich meine, ihr habt ihn doch immer angebunden.«

»Ja, aber gestern hat er seine Kette zerrissen und ist weggelaufen«, sagte Hannah. Sie schloss die Augen und holte tief Luft. Offensichtlich wollte sie nicht weinen. »Wir haben ein paar Stunden gebraucht, bis wir ihn gefunden hatten.«

»Er war schon weit an eurem Haus vorbei«, ergänzte Ron. Hannah begann wieder zu schluchzen und drehte sich weg.

Doug legte tröstend den Arm um Trish. »Können wir wirklich nichts für euch tun?« Ron schüttelte den Kopf. »Trotzdem vielen Dank.«

»Lasst uns wissen, was ihr herausfindet.« Trish trat vor und legte Hannah eine Hand auf die Schulter. »Ruf mich an.«

Hannah nickte schweigend, und Doug und Trish machten sich auf den Rückweg zum Bronco. Doug steckte den Zündschlüssel ins Schloss und ließ den Motor an. Langsam fuhr er um die Nelsons herum. Als er in den Innenspiegel blickte, sah er, wie Ron den Hund hochhob und zur Auffahrt trug.

Weder Doug noch Trish sagte ein Wort, als sie in ihre eigene Auffahrt einbogen. Doug parkte neben dem Haus und holte zwei große Tüten mit Lebensmitteln aus dem Gepäckraum des Fahrzeugs. Trish trug die dritte Tüte. Sie gingen ins Wohnzimmer. Wie üblich lag Billy auf der Couch und sah fern. Drei Jungen und drei Mädchen.

Doug stellte seine Tüten auf der Küchentheke ab. Neben den Tüten lag die Post von diesem Morgen. Sie war schon vor dem Frühstück zugestellt worden, noch ehe sie alle aufgewacht waren, doch keiner von ihnen hatte den Mut aufgebracht, die Umschläge zu öffnen.

Nun sah Doug die Post durch und legte drei Umschläge beiseite, die an ihn selbst adressiert waren. Als Trish ihre Tüte abstellte, öffnete er den ersten und entfaltete den Brief: »Lieber Tim ...«

Tim? Doug runzelte die Stirn und las weiter:


Du hast die Konferenz verpasst, also werde ich dich über die Einzelheiten informieren. Wir haben die Beschlüsse fünf bis neun einstimmig verabschiedet und den neuen Hausmeister eingestellt. Dieses Arschloch Albin hat uns eine rührselige Geschichte über Bücher erzählt, die er angeblich braucht, und wir haben ihm gesagt, dass wir die Mittel finden würden, nur damit er sein Maul hält. Aber um ehrlich zu sein, gibt es wichtigere Dinge, wofür wir das Geld ausgeben könnten. Ich möchte, dass du ihm einen Brief schreibst, in dem du ihm erklärst, dass unser Budget für dieses Steuerjahr keine neuen Ausgaben für Unterrichtsmittel mehr zulässt außer denen, die bereits genehmigt wurden, etc., etc.


Dougs Blick huschte zum Ende des Briefes. Er war von William Young unterzeichnet, dem Vorsitzenden des Schulvorstands. »Tim« musste Tim Washburn sein, das einzige Vorstandsmitglied, das nicht an der Sitzung teilgenommen hatte.

»Diese Scheißkerle«, fluchte Doug leise.

»Was?«

»Sie werden mir die Bücher nicht geben.«

»Aber ich dachte, du hättest gesagt ...«

»Sie haben mich angelogen.« Er reichte Trish den Brief. »Ich kann es nicht glauben.«

»Ich schon.« Sie las den Brief und warf ihn auf die Theke. »Was ist so neu daran? Sie haben die Lehrer noch jedes Jahr beschissen, seit wir hier sind. Wieso sollte sich das ändern?«

Doug nahm den zweiten Umschlag. Wie er vermutet hatte, war es ein offizieller Brief vom Schulvorstand, der sich dafür entschuldigte, dass der Etat zu gering sei, um die von ihm gewünschten Exemplare von Huckleberry Finn zu kaufen.

Doug zerriss den Brief, öffnete die Schranktür unter der Spüle und warf die Papierschnipsel in den Müllsack.

Trish wollte gerade die Lebensmitteltüten auspacken, aber Doug gab ihr den einen Umschlag, der an sie adressiert war. »Mach ihn auf«, sagte er.

»Jetzt?«

»Ich habe eine Theorie.«

Trish nahm den Umschlag aus seiner Hand, öffnete ihn sorgfältig und las die kurze Nachricht. Nein, dachte sie, das kann nicht wahr sein.

Sie las den Brief noch einmal:


Was lässt dich eigentlich denken, dass ich mich mit dir treffen will? Du warst immer schon eine selbstgefällige, eingebildete Hexe, und ich habe keinen Grund anzunehmen, dass du dich geändert hast ...


Selbstgefällige, eingebildete Hexe.

Das war ein Ausdruck, den Paula oft benutzt hatte, um Frauen zu beschreiben, die sie nicht mochte; der Ausdruck verlieh dem Brief eine Authentizität, der im gestelzten Rest des Briefes nicht zu finden war.

Plötzlich hatte Trish trockene Lippen. Natürlich hatte sie Doug nie von ihrem letzten Treffen mit Paula erzählt - oder davon, was auf beiden Seiten gesagt worden war. Sie hatte ihn glauben lassen, dass sie sich nach dem Umzug einfach auseinandergelebt hatten, und sie hatte den Schein der Freundschaft noch lange aufrechterhalten, nachdem die Verbindung abgebrochen war.

Doch nach all den Jahren hatte Trish ehrlich geglaubt, dass Paula vielleicht wieder mit ihr zusammenkommen wollte. Sie hatte in den vergangenen Jahren oft an Paula gedacht und hatte bereut, was sie damals gesagt hatte. Sie waren die besten Freundinnen gewesen und hatten sich dann über eine so relativ unbedeutende Sache zerstritten, dass Trish überzeugt gewesen war, dass Paula sich tatsächlich mit ihr hatte treffen wollen.

Selbstgefällige, eingebildete Hexe.

»Was ist los?«, fragte Doug.

Trish faltete den Brief rasch zusammen, denn sie wollte nicht, dass Doug ihn sah. »Paula kann leider nicht kommen«, sagte sie. »Sie ... äh, hat es sich anders überlegt.«

»Don offenbar auch«, entgegnete Doug trocken. Er reichte ihr einen Brief von Don Jennings. Zwischen Grußformel und Unterschrift standen nur vier Worte: »Leck mich am Arsch.«

Trish wollte ihren Augen nicht trauen. Sie konnte sich nicht erinnern, Don jemals fluchen gehört zu haben. Nicht einmal »Mist« oder »verdammt« oder »zum Kuckuck«. Sie blickte Doug an. »Das hört sich nicht nach Don an«, sagte sie. »Es sei denn, er hat sich gewaltig verändert.«

»Ich glaube nicht, dass der Brief von Don kommt.«

»Glaubst du ...«

»Ich glaube, der erste Brief war auch nicht von ihm«, stellte er fest und ahnte ihre Frage voraus. »Ich glaube nicht, dass er einen Job in Phoenix hat. Ich glaube auch nicht, dass er nach Arizona zieht. Ich glaube nicht einmal, dass er mir überhaupt geschrieben hat.«

Trish spürte, wie die Angst sie zittern ließ. »Das ist eine Menge Aufwand nur für einen Scherz«, sagte sie leise. »Der erste Brief war sehr detailliert. Wer immer ihn geschrieben hat, kannte entweder dich oder Don, weil Dinge darin standen, die ein Fremder unmöglich wissen konnte.«

»Das war kein Scherz«, stellte Doug fest. »Ich weiß nicht, was es war, aber ein Scherz war es nicht.« Er streckte die Hand aus. »Lass mich mal deinen Brief sehen.«

Trish wollte eigentlich nicht, dass er den Brief las, doch sie reichte ihn Doug trotzdem. Sie sah, wie seine Augen sich hin und her bewegten, als er die Zeilen überflog.

»So was habe ich mir gedacht.«

Einen Augenblick lang schwiegen sie. Trish blickte zu Billy hinüber, der so tat, als hätte er nicht gehört, worüber seine Eltern sprachen. Doch er hatte es gehört, das wusste Trish. Aber sie war froh, dass er vorgab, nichts mitbekommen zu haben. Sie wollte nicht mit ihm darüber sprechen, wollte nicht erklären müssen, was sie nicht erklären konnte.

Sie wandte sich von Doug ab. Auch mit ihm wollte sie nicht darüber sprechen. Sie wollte überhaupt nicht darüber sprechen. Sie machte sich daran, die Lebensmittel auszupacken.

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