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Geflüster.

Leises, kaum zu hörendes Getuschel, es sei denn, man achtete darauf. Der Schlag eines Flügels, der Klang eines Blattes, das zu Boden fällt... all das war lauter als das Flüstern, das Ner’zhul vernahm.

Aber er hörte es.

Er hielt den Schädel in der Hand, schaute tief in die leeren Augenhöhlen und lauschte Gul’dans Stimme. Sie klang so wie zu Lebzeiten – schleimig, um Zustimmung heischend, eifrig Fragen beantwortend und Lösungen anbietend – und verbarg dennoch kaum seine Verachtung. Und seine Gier nach Macht.

Gul’dan versuchte seinen ehemaligen Lehrer auch aus dem Jenseits heraus noch in falscher Sicherheit zu wiegen. Aber Ner’zhul würde kein zweites Mal darauf hereinfallen. Ner’zhul hatte mit seiner Leichtfertigkeit sein Volk unabsichtlich verraten. Und dieser Orc, dessen Schädel in seiner gichtigen Hand lag, war aufgestiegen, weil er geglaubt hatte, den alten Schamanen ausgeschaltet zu haben.

„Wer lebt jetzt und ist an der Macht – und wer ist nun tot, mein Schüler?“, raunte er dem Schädel zu.

Ner’zhul blinzelte plötzlich und wurde aus seiner Unterhaltung mit dem Schädel aufgeschreckt, als Helligkeit in sein Zelt fiel. Eine Silhouette stand im Gegenlicht.

„Wir kontrollieren das Portal!“, verkündete Grom Höllschrei.

Ner’zhul lächelte. Bis jetzt war alles nach Plan verlaufen. Gedankenverloren streichelte er den gelblichen Schädel – wie ein Haustier, das nach seiner Aufmerksamkeit lechzte. Gul’dans Schädel würde ihm dabei helfen, den Spalt zu öffnen.

Ner’zhul winkte Grom und dessen Gefährten Teron Blutschatten hinein. Er hatte sie zu seinen Stellvertretern gemacht. Blutschatten kümmerte sich um die Todesritter und Oger. Grom leitete Ner’zhuls Befehle an die Klans weiter. Und das waren jetzt viele Klans: Die Donnerfürsten, die Lachenden Schädel und die Knochenmalmer waren ihnen beigetreten. Nur der Redwalkerklan wollte nicht – zumindest der Teil, der noch davon übrig war. Alle anderen Klans hatten sich unter seiner Führung vereint und machten die Horde beinahe so stark wie vor dem ersten Angriff auf Azeroth. Beinahe.

„Ich bin sehr zufrieden“, sagte er. „Und nun... ihr wisst, was jetzt zu tun ist.“

„O ja, ich weiß, was zu tun ist“, versicherte Blutschatten dem alten Schamanen. „Aber bist du dir sicher, dass du den Spalt offen halten kannst?“

Selbst mit der Hilfe des Schädels und dessen Vorschlägen, die nicht alle gut oder vernünftig gewesen waren, mussten mehrere Todesritter zusammenarbeiten, um Ner’zhul dabei zu helfen, den Spalt genügend auszuweiten.

Das ist pure Arroganz! Er sollte nicht so mit dir sprechen, drang das leise Flüstern aus dem Schädel.

Nein. Das sollte er nicht.

„Ich schaffe das“, antwortete Ner’zhul knapp und spürte die Kraft in sich, mehr Kraft, als er seit Jahren empfunden hatte. Es war, als hätte das Anzapfen der Energie etwas tief in ihm erweckt, etwas, von dem er nie gewusst hatte, dass es ihm fehlte. Und es fühlte sich... gut an. „Wenn der Rahmen erst wieder steht, wird das Portal sich selbst stabilisieren. Widme dich einfach deinen Pflichten, Teron.“

Aus der Dunkelheit der Kapuze flackerten die Augen des Todesritters. Dann nickte er knapp und wandte sich um, sein Umhang wehte hinter ihm her, als er das Zelt verließ.

Ner’zhul wandte sich Grom zu, der nickte. „Ich bin bereit, Ner’zhul. Mehr als bereit.“

„Sehr gut. Je eher du anfängst, desto schneller erreichst du unsere Ziele.“ Grom riss seine Axt zum Gruß hoch, dann folgte er Blutschatten.

Ner’zhul wartete einen Moment in der Dunkelheit, dann verließ er das Zelt und sah gerade noch, wie der Orc und der Todesritter zum Portal gingen und in die andere Welt hinüberschritten. Ein Ort, an dem er selbst nie gewesen war.

Er schaute auf den Spalt, und seine Finger strichen über die glatte Oberfläche von Gul’dans Schädel.

Und du wirst Azeroth nie seiner betreten müssen. Bald wirst du großen Ruhm erlangen!, erklang die eifrige, tote Stimme.

Ja, überlegte Ner’zhul, sehr bald schon...


„Was gibt es Neues?“, wollte Teron Blutschatten von Gaz Soulripper wissen, als er Azeroth betrat. Der andere Todesritter hatte eine Handvoll seiner Artgenossen durch den Spalt geführt, kaum dass dieser sich geöffnet hatte. Jetzt leitete er die Arbeiten auf der Azeroth-Seite des Portals. Während sich die Orcs darum kümmerten, das Portal aus den Überresten, die überall verstreut lagen, neu zu errichten, verwandelten es die Todesritter in etwas, das mehr als ein materieller Tordurchgang war. Mit ihrer schwarzen Magie konnten sie den Spalt erweitern und stabilisieren, sodass er der Horde von noch größerem Nutzen war.

„Das war fast schon zu leicht“, antwortete Soulripper lachend. „Durch die magische Finsternis hatten die Menschen niemals eine Chance.“ Er deutete hinter sich, wo Blutschattens Sinne den Torrahmen trotz der magischen Finsternis, die das Tal erfüllte, erspüren konnten. „Wir kommen gut mit dem Rahmen voran. Er sollte in den nächsten ein, zwei Tagen fertig sein.“

Blutschatten grunzte und inspizierte die Arbeit. Ein einfacher Steinbogen an der Spitze einer kurzen Rampe hatte das ursprüngliche Dunkle Portal gebildet. Als das Portal eingestürzt war, war der Durchgang ebenfalls zerstört worden. Die Orcs, die sie zum Wiederaufbau zwangen, hatten bereits die Überreste beseitigt und setzten die Steinblöcke zusammen, die von Draenor durchgereicht wurden. Der Rahmen war eher funktional als schön. Nur ein paar orcische Runen waren schnell eingraviert worden. Aber solange es ausreichte, um das Portal zu stabilisieren, war es Blutschatten egal.

„Was ist mit den anderen Klans, die sich noch auf dieser Welt befinden?“, fragte er.

„Wir haben mit ihnen über Träume und Visionen Kontakt aufgenommen. Gleich nachdem wir das Tal gesichert hatten“, antwortete Soulripper. „Keine Ahnung, wie lange sie brauchen werden, um zu uns zu kommen.“

Bereits wenige Stunden später hörte Blutschatten Schritte. Er erhob sich von dem Felsen, gegen den er sich gelehnt hatte, bemerkte, dass das Portal beinahe fertig war, und wartete.

Die unnatürliche Dunkelheit bestand immer noch, sie würde die Menschen von einem zu frühen Gegenangriff abhalten und gab ihnen etwas zum Grübeln. Aber weder Orcs noch Todesritter wurden davon behindert. Und die Schritte kamen stetig näher.

Schließlich erblickte er eine Gruppe von Orcs. Sie wirkten ausgezehrt. Es waren gerade mal drei Dutzend, aber sie gingen aufrecht und hielten ihre Waffen bereit. Vor ihnen marschierte ein älterer Orc, dessen Körper trotz seines Alters immer noch kräftig war. Sein Kopf bewegte sich ständig.

Als sie näher kamen, erkannte Blutschatten ihn und wusste sofort, warum dieser Krieger seinen Kopf derart oft bewegte: Der Orc besaß nur noch ein Auge. Das andere bestand aus Narbengewebe, und Blutschatten erinnerte sich an die zahlreichen Gerüchte darüber, wie Kilrogg Totauge sein Auge verloren... und was er stattdessen bekommen hatte.

Blutschatten trat auf den Häuptling des Klans des blutenden Auges zu. „Kilrogg!“, rief er bei dessen Eintreffen. Es war keine gute Idee, sich Kilrogg ohne Ankündigung zu nähern.

Der Kopf des Häuptlings fuhr herum, bis sein eines Auge Blutschatten entdeckte. „Blutschatten“, rief er zurück, trat vor und bedeutete seinen Kriegern, hinter ihm auszuschwärmen. „Ich hatte eine Vision, dass du hier sein würdest.“

Der Todesritter nickte. Er sah, wie Kilroggs Blick auf dem beinahe fertig gestellten Dunklen Portal lag.

„Also stimmt es“, sagte der Häuptling leise. „Das Portal wurde wieder geöffnet!“

„Ja, es stimmt“, antwortete Blutschatten. „Wir kommen von Draenor. Und du kannst dorthin zurückkehren.“

„Wurde das Land wieder mit Leben erfüllt?“

„Draenor stirbt immer noch“, entgegnete Blutschatten. „Aber Ner’zhul hat einen Plan.“

Kilroggs Blick verfinsterte sich. „Ner’zhul? Der alte Narr? Was hat er damit zu tun? Ich habe ihn auch in meiner Vision gesehen, dachte aber, das wäre nur ein Bild aus der Vergangenheit.“

„Eher ein Bild aus unserer Zukunft“, antwortete Blutschatten. „Ner’zhul hat die Führung übernommen und die Horde wieder geeint. Alle übrig gebliebenen Klans auf Draenor sind neu vereint.“ Dabei verschwieg er geflissentlich die Redwalker, die allerdings kaum noch existierten. „Und er hat den Spalt wieder geöffnet. Er verfolgt einen Plan, der das Überleben unseres Volkes sichern wird, wenn nicht sogar das unserer Welt.“

Kilrogg kratzte sich am Narbengewebe unter dem fehlenden Auge. „Ist er für all das hier verantwortlich? Dieser Plan... glaubst du, dass er funktioniert?“

Blutschatten nickte.

„Hmmm. Vielleicht hat er endlich die Schwäche und die Zweifel abgeschüttelt, die Gul’dan ihm eingepflanzt hat. Wenn er nur ein wenig wie der alte Ner’zhul ist, folge ich ihm gern.“ Kilrogg schüttelte den Kopf und senkte die Stimme. „Und mal ehrlich, ich verlasse diese Welt mit Freuden, selbst wenn unsere eigene sterben sollte. Wir waren hier zu lange abgeschnitten.“

Blutschatten nickte. „Dann geh“, drängte er den Häuptling. „Ner’zhul und die anderen warten jenseits des Portals. Ich weiß, dass deine Erfahrung und Weisheit von großem Wert für uns sein werden. Aber sag mir zuerst, was ist mit den anderen Orcs, die noch hier sind?“

„Abgesehen von den Frostwölfen, die nichts mit dem Rest von uns zu tun haben wollen, gibt es nur noch zwei Klans, die nicht in Gefangenschaft sind“, sagte Kilrogg. „Der Drachenmalklan und die Schwarzfelse.“ Er grinste. „Der Drachenmalklan versteckt sich irgendwo in den Bergen, weit weg von den Menschen, und kontrolliert immer noch die roten Drachen. Vor einem Jahr ist er ein Bündnis mit den Schwarzfelskriegern eingegangen. Rend und Maim Schwarzfaust führen den Klan an und haben die Schwarzfelsspitze zu ihrem Heim gemacht.“ Er zuckte die Schultern. „Ich hätte mir den Ort von Schicksalshammers Niederlage unter keinen Umständen als Heimatbasis ausgesucht. Aber die beiden haben sich nie an ihm gestört.“

Das waren keine guten Neuigkeiten. „Was meinst du, werden sie zum Portal kommen, um zurück nach Draenor zu gehen?“, fragte Blutschatten.

Kilrogg schüttelte den Kopf. „Nein, sie scheinen sich auf Azeroth eingerichtet zu haben“, antwortete er. „Ich rechne nicht mit ihnen.“

Blutschattens Blick verdüsterte sich, doch er nickte. „Danke, Kilrogg. Jetzt geh... Draenor wartet auf dich.“

Kilrogg nickte und wandte sich ab. Er lief die Rampe zu dem reparierten Tor hinauf, das selbst in der Dunkelheit schimmerte. „Vorwärts nach Draenor!“, rief er, und wies den Weg. Der erste Krieger lief, ohne zu zögern, hindurch, gefolgt vom Rest. Kilrogg selbst ging als Letzter, schaute zurück über das Tal und auf Azeroth. Er erhob seine Waffe.

„Ein Krieger tritt den Rückzug an... aber nur, um sich neu zu formieren. Ich komme wieder“, schwor er. „Diese Welt und ihre Bewohner werden meinen Zorn kennenlernen.“ Dann trat auch er durch das Portal und verschwand.


Grom Höllschrei beobachtete, wie die Krieger vom Klan des blutenden Auges durch das Portal schritten. Befriedigt sah er, dass Kilrogg überlebt hatte. Der alte Häuptling war immer der gerissenste Anführer der Horde gewesen und einer ihrer besten Taktiker. Er war sich sicher, dass Kilroggs Rat sich schon bald als wertvoll erweisen würde.

Er wandte sich dem Orc zu, der gerade erst eingetroffen war. Grom bedeutete ihm mit einem Nicken zu sprechen.

„Die Menschen sind nicht müßig gewesen. Eine große Festung liegt im Norden“, berichtete der Kundschafter. „Sie bewacht den Pass. Es gibt keinen anderen Weg daran vorbei.“

Grom lächelte. „Perfekt“, sagte er langsam. „Das ist unser Ziel. Wenn wir die Festung einnehmen, können wir das Tal halten, ganz egal, was die menschliche Allianz uns entgegenwirft.“ Er nickte dem Kundschafter zu. „Sag den anderen, sie sollen sich bereit machen. Wir brechen sofort auf.“

Der Kundschafter nickte, aber bevor er sich entfernen konnte, hob Grom eine Hand und bat um Ruhe.

Der Häuptling des Kriegshymnenklans lauschte angestrengt. Er hörte etwas, das wie Schritte klang, aber schneller, härter und mit einem merkwürdigen Beiklang versehen war. Es erinnerte eher an ein Tier als an einen Menschen. Aber wenn, dann waren es schwere Kreaturen, mit festen Hufen statt weichen Tatzen. Er hatte von den Menschen und ihren merkwürdigen Reittieren... diesen „Pferden“... gehört. Das musste es sein.

„Menschen nähern sich!“, rief er augenblicklich, zog Blutschrei und schwang die Klinge über dem Kopf. „Löst die Finsternis auf.“

Er wusste nicht, wo sich die Todesritter befanden oder auch nur, wer von ihnen die unnatürliche Dunkelheit aufrechterhielt, die das Tal bedeckte.

Aber sie hörten ihn. Die Finsternis begann zu weichen, Licht drang ein, Farben breiteten sich über das Tal aus, bis er den Ort deutlich erkennen konnte.

Dort stand das Dunkle Portal, vollständig repariert. Im Norden entdeckte er Steintürme. Das musste die Festung sein, die der Kundschafter erwähnt hatte.

Aber jetzt näherte sich eine Streitmacht der Menschen durch den engen Pass. Die Krieger ritten auf Tieren mit leuchtendem Fell, langen Mähnen und Schwänzen.

Vor den Soldaten ritt ein Mann, auf dessen Brust ein Zeichen prangte. Es war dunkelblau und zeigte zwei mit Gold versehene Flammen. Der Mann ließ sein Schwert über dem Kopf kreisen und trieb das Pferd unablässig vorwärts. Das also war ihr Anführer.

Grom lächelte und hob Blutschrei erneut an. Nun, da die Dunkelheit verschwunden war, schimmerte die Klinge silbern im Sonnenlicht. Er schwang sie in einem niedrigen Bogen, und sein Lächeln verbreiterte sich, als sie ihr Kriegslied vom herannahenden Tod anstimmte. Einige der Menschen zögerten.

„Für die Horde!“, rief er und stürmte vorwärts. Seine Krieger waren direkt hinter ihm.

Die Menschen warteten. Die merkwürdige Dunkelheit, die eben noch das Tal bedeckt hatte, verwirrte sie. Überrascht erblickten sie die riesige Zahl von Orcs, die auf sie zustürmte. Das Gebrüll der herannahenden grünhäutigen Krieger und das Heulen der Waffen verängstigten sie. Für die ersten Reihen der Menschen erwies sich dieses Zögern als tödlich.

Grom schlug zuerst zu. Blutschrei zerteilte den anführenden Reiter von der Schulter bis zur Hüfte. Die obere Hälfte des Leichnams fiel links vom Pferd und die untere Hälfte auf der anderen Seite. Doch Grom hatte keinen Blick dafür, er hatte bereits ein neues Ziel ausgemacht, drehte sich und schlug die Beine zweier weiterer Krieger ab, als er zwischen sie sprang.

Die Orcs liefen zwischen die Tiere und schlugen auf Ross und Reiter gleichermaßen ein. Dadurch torkelten einige Pferde und stürzten auf die Fußsoldaten der Allianz. Ihre Streitmacht war groß, aber nichts verglichen mit den Klans, die Grom mitgebracht hatte. Und die Orcs hatten das Überraschungs-moment und die Entschlossenheit auf ihrer Seite.

Die Menschen kämpften tapfer. Das gestand Grom ihnen zu. Und einige besaßen Talent im Umgang mit den Waffen. Aber sie waren nicht so groß wie die Orcs und schwächer. Er stellte fest, dass es leicht war, einen menschlichen Krieger durch bloße Körperkraft zu überwältigen und ihn selbst durch dieses merkwürdige Metallhemd hindurch, das sie trugen, aufzuschlitzen.

Für eine hübsche Weile gab er sich dem Blutrausch hin, hackte und metzelte wild, machte sich keine Sorgen, vergoss Blut und genoss den Geruch des Todes und die Schreie der Verwundeten.

Wie großartig es war, wieder ohne Sorge und Schuldgefühl töten zu können!

Kein verwandter Orc fiel unter Blutschreis Schlag, nur die rosahäutigen Menschen, einer nach dem anderen, und ihre Angst und ihr Gebrüll waren berau-schend.

Das Blut pulsierte in seinen Adern, sein Blick hatte merkwürdige Farben an den Rändern, und er rang nach Atem, aber Grom hatte sich nie lebendiger gefühlt.

Gut. Das war einfach gut. Die Kämpfe ebbten allmählich ab, und er sah sich um. Überall lagen menschliche Leichen herum. Dutzende, ihre Augen noch aufgerissen, Angst in die Gesichter eingegraben. Das Blut strömte noch...

Grom furchte die Stirn. Der Blutrausch schwand. Ja, es waren Dutzende Leichen, aber der Mensch, der ihm aufgefallen war, jener mit der goldenen Brustplatte... wo war er?

Er knurrte und schüttelte seinen schwarzen Kopf. Er wollte den Blutrausch zurückzwingen, sodass er sich wieder auf seine Instinkte als Kämpfer verlassen konnte. Die Rufe und den Jubel der Krieger ignorierend, rannte Grom zum Rand des Tals. Dort blieb er stehen und lauschte. Ja, er konnte definitiv Hufschlag hören, jemand bewegte sich schnell. Einer hatte überlebt und war weggeritten.

Zurück zur Festung.

Als er zum Schlachtfeld zurückkehrte, erblickte Grom Blutschatten. Er fasste ihn am Arm und rief: „Einer ist entkommen. Ich glaube, es ist ihr Anführer. Er ist unterwegs zur Festung.“

Blutschatten nickte. „Folge ihm“, antwortete er brüllend, damit Grom ihn über den Lärm hinweg hören konnte. „Und halte die Streitkräfte der Allianz in der Festung beschäftigt. Wir müssen die Artefakte holen. Wir sollten in ein paar Tagen zurück sein.“

Grom nickte. „Mach dir keine Sorgen“, versprach er. „Ich erfülle meine Pflicht. Tu du dasselbe.“

Der Todesritter lachte und wandte sich ohne weitere Antwort ab. Er streckte seine gepanzerte Hand aus. Ein Blitz aus Finsternis explodierte und tötete zwei Reiter und deren Pferde.

Grom biss die Zähne zusammen. Er mochte Blutschatten und all die Todesritter nicht. Sie hatten ihre Leben bereits gelebt und waren von den Toten zurückgekehrt, gefangen in menschlichen Körpern. Wie konnte man solch widernatürlichen Kreaturen trauen?

Aber Ner’zhul hatte Blutschattens Plan gutgeheißen, deshalb musste Grom ihn befolgen. Er hoffte nur, dass der Todesritter recht behielt und diese merkwürdigen Gegenstände, die sie so verbissen suchten, Ner’zhul und sein Volk tatsächlich retten würden.

In der Zwischenzeit hatte er Befehle, die er nur zu gern befolgte. „Eine Handvoll von euch bleibt hier“, sagte er seinen Kriegern. „Der Rest und die anderen Klans folgen mir.“ Er lächelte und hob Blutschrei hoch. „Wir müssen eine Festung einnehmen!“

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