22

„Keine Angst, wir sind noch auf der richtigen Fährte“, fühlte sich Khadgar bemüßigt zu sagen, als die Gruppe rastete, um etwas von dem herrlichen Wasser zu trinken. Seine Leute brauchten ein wenig Zuspruch.

Sie waren von der Orc-Zitadelle aus nach Norden geritten und hatten die raue Küste im Osten passiert. Der Boden sah immer noch aus wie in der Nähe des Portals, obwohl die Dürre hier nicht ganz so schlimm war. Aufgeplatzte Erdkruste, grauer Sand, vertrocknete Pflanzen und Bäume. Hier und da waren sie an grünen Flecken vorbeigekommen. Aber der größte Teil von Draenor war unwirtlich und verlassen.

Jetzt war der Boden unebener geworden, seine Vertiefungen und Erhöhungen traten deutlicher zutage, und der Wind peitschte von allen Seiten. So eine Bergkette hatte Khadgar noch nie gesehen. Steinerne Stacheln standen von den Steilwänden ab, und zwar in jede Richtung, als dürsteten die Spitzen nach Blut. Der Fels war auch von stumpfem Rotbraun, und am Himmel prangte Purpur. Es war einer der schaurigsten Orte, den er je betreten hatte, und er vermutete, dass die Schauder, die ihn durchliefen, ebenso darauf zurückzuführen waren wie auf den scharfen Wind, der zwischen den Spitzen pfiff.

Gedankenverloren wollte Khadgar eine der Spitzen in seiner Reichweite berühren, hielt aber inne, bevor er sie tatsächlich anfasste. Wahrscheinlich sollte man das Schicksal nicht leichtfertig herausfordern. „Der Schädel ist nicht mehr weit“, sagte er wieder.

„Bist du dir sicher?“, fragte Turalyon.

„Oh, vertrau mir, ich bin mir sicher.“ Er konnte die Präsenz des Schädels mittlerweile klar spüren. Es war ein dumpfes Pulsieren, genau hinter den Augen, das fast schon sichtbar wurde, wenn er sie zusammenkniff. Auf jeden Fall war Gul’dans Totenkopf nah.

„Gut“, antwortete Turalyon, verstaute seinen Hammer und beobachtete die Spitzen. „Ich habe genug von diesem Ort.“

„Ich glaube, wir...“, begann Khadgar.

Doch Alleria hob eine Hand und bat um Ruhe. „Hört nur!“

Khadgar strengte sich an, aber seine Ohren waren nicht so gut wie die der Elfe. Momente verstrichen. Doch alles, was er hörte, war der Wind.

Doch plötzlich war da noch etwas. Ein flatterndes Geräusch wie von Flügeln – nur irgendwie anders. Die einzige Kreatur, die er kannte, die solch ein Geräusch beim Fliegen machte, war...

„Drachen!“, rief er, packte Turalyon und zog seinen Freund, als er sich auf den Boden warf, mit nach unten. Genau hinter sich hörte er ein wütendes Brüllen und ein Zischen. Unglaublicher Schmerz durchdrang seinen Arm, und als er Atem holte, hörte er ein weiteres Zischen. Er hatte ein qualmendes Loch in seinem Ärmel und eine schlimm aussehende Verbrennung auf dem Arm. Etwas zerfraß auch die Steine unter ihnen.

Magma! Krasus hatte erzählt, dass schwarze Drachen Magma spien.

Khadgar sah mehrere kleine, schwarze Gestalten, die durch die Spitzen flogen und dann aufstiegen.

„Schilde hoch!“, rief Turalyon und sprang auf. „Und haltet die Waffen bereit! Das sind keine ausgewachsenen Drachen. Die können wir schlagen!“

Turalyon hatte recht. Die angreifenden Kreaturen waren nicht größer als Pferde, keine zwei Meter lang, aber mit einer deutlich breiteren Flügelspannweite. Sie hatten kleine Köpfe und nur wenige Stacheln auf dem Rücken. Khadgar erkannte, dass sie noch nicht ausgewachsen waren. Krasus hatte sie als kleine Drachen bezeichnet. Ja, kleine Drachen.

„Kleine Drachen... junge Drachen“, ermahnte er Turalyon und hob seinen Stab, als sich die schwarzen Drachen zu einem zweiten Angriff sammelten. Er war jetzt wieder in seinem Element und verhielt sich wie ein Anführer.

„Bogenschützen, Feuer frei!“, rief er. Neben ihm feuerte Alleria Pfeile auf die kleinen, wendigen Wesen ab. Ein Treffer erwischte einen Drachen direkt in der Kehle. Die Kraft ihres Schusses trieb den Pfeil durch die dünneren Schuppen, und der junge Drache bäumte sich vor Schmerz auf. Ein zweiter Pfeil durchbohrte sein Auge und Hirn. Die Echse fiel tot zu Boden.

Das beflügelte die Soldaten. Sie kämpften begeistert, schlugen nach den jungen Drachen und duckten sich, um den kleinen, aber scharfen Klauen und den faustgroßen Lavabrocken auszuweichen, die sie ausspien. Die Jungdrachen schossen an ihnen vorbei, wendeten und kamen zurück. Es waren jetzt weniger. Mehrere lagen tot zwischen den Spitzen.

Turalyon wollte etwas zu Khadgar sagen, doch er stolperte und fing sich gerade noch ab, um nicht auf der nächsten Ansammlung von Felsspitzen aufgespießt zu werden. Jeder wankte und versuchte das Gleichgewicht zu halten, als der Boden unter ihnen bebte.

„Was, im Namen des Lichts...?“, keuchte Turalyon, dann sah er zu Khadgar hinüber.

Khadgar schaute sich um und war besorgt, weil er nichts sah. Aber viel schlimmer war, dass er nicht wusste, was vorging.

Dann fiel er vor Schreck fast um.

Die Kreatur, die durch die Steinspitzen walzte, war selbst im Vergleich zu einem Oger gewaltig. Sie war mindestens doppelt so groß, hatte dicke Haut, die rau wie Stein war, und war an Armen und Schultern tätowiert. Eine Menge dunkler Stacheln verliefen wie ein Miniaturgebirge über ihren Rücken; weitere Stacheln standen von ihren Schultern und den Oberarmen ab.

Aber das Gesicht... das Gesicht war vielleicht das Schrecklichste daran. Es erinnerte an einen Oger, war jedoch viel intelligenter. Die Kreatur hatte keine Hauer, aber die Zähne waren lang, scharf und gelblich, die Ohren spitz und büschelig. Und ihr eines Auge leuchtete und starrte sie an.

„Eindringlinge!“, rief der Riese, die Kraft seines Schreis ließ die Steine um ihn herum bersten. „Zermalmt sie!“

Weitere Gestalten erschienen von Westen und Osten aus dem Steindickicht – allesamt Oger jenes Typs und jener Größe, wie Khadgar sie normalerweise kannte. Sie knurrten und lachten, als sie sich auf die Soldaten der Allianz zubewegten.

„Wartet!“, rief Khadgar. Zu seiner Erleichterung blieben die Kreaturen tatsächlich stehen. Dem Licht sei Dank hatte er die Möglichkeit, wenigstens mit ihnen zu reden. „Wir wollen euch nichts tun!“

„Nichts tun? Ihr lebt, das ist Bedrohung genug!“ Die Kreatur brüllte und kam weiter näher.

„Was auch immer du ihm gesagt hast, es scheint nicht zu funktionieren“, murmelte Turalyon. „Und verdammt, da kommen wieder die Drachen.“

Khadgar hätte nie gedacht, dass er sich einmal über den Anblick eines Drachen freuen würde. Aber als sie zurückkehrten, um erneut anzugreifen, wollte er ihnen danken.

Die Oger und ihr Meister waren abgelenkt, als die Drachen Magma auf beide Gruppen spien und die riesigen Wesen sich der Bedrohung von oben zuwandten. Die Oger schwangen große, kegelförmige Knüppel. Khadgar bemerkte, dass es sich dabei einfach um abgebrochene Spitzen aus den Bergen handelte.

Der Magier erkannte eine Chance, wenn er sie sah. „Die Drachen!“, rief er. „Greift die Drachen an!“

Alleria starrte ihn einen Moment lang an, und Khadgar wusste, was sie dachte. Dies war der perfekte Zeitpunkt zur Flucht. Sollten die Drachen doch die Oger und ihren merkwürdigen Anführer angreifen.

Turalyon grinste und nickte, er hatte es verstanden. Jetzt konzentrierten sich die Allianzstreitkräfte auch auf die fliegenden Reptilien und griffen sie mit Pfeilen und Schwertern an. Doch ihre Erfolge waren nichts verglichen mit dem, was die Oger erreichten. Die schlugen die Drachen einfach aus dem Himmel und trampelten darauf herum.

Ihr übergroßer Anführer wütete ebenfalls unter den Drachen. Aber er begnügte sich nicht mit einem Knüppel. Stattdessen griff er einfach zu und fing einen angreifenden schwarzen Drachen genauso leicht, wie Khadgar einen Apfel, den ein Freund ihm zuwarf, gefangen hätte. Das riesige Wesen hielt den Drachen in einer Hand. Daumen und Zeigefinger pressten die Flügel der jungen Echse zusammen, die sich verzweifelt wehrte. Dann führte die Bestie den Drachen zum Maul und verschlang den gepanzerten Körper auf einen Happen. Sie kaute ein paarmal, um den Rest der Flügel in das höhlengroße Maul zu bekommen, dann schluckte sie.

„Das war...“, begann Turalyon, aber er fand nicht die richtigen Worte. Er senkte das Schwert, hob sein Visier und war sich dessen kaum bewusst. „Du... diese...“

Die Kreatur sah ihn an. „Drachen kamen. Ihr hättet weglaufen können. Ihr aber nicht getan. Ihr geblieben und gekämpft. Uns geholfen.“

In der tiefen Stimme lag ein wenig Erstaunen. Khadgar verstand es nur zu gut. Er war bereit, darauf zu wetten, dass nur wenige Freiwillige ihr Leben riskiert hätten, um den Ogern zu helfen. Sein Herz schöpfte Hoffnung. Alles lief exakt so wie erhofft.

„Nein, wir sind nicht weggelaufen. Wir sind nicht eure Feinde. Wir wollen nur...“

Khadgar hatte gerade Luft geholt, um die Verhandlungen fortzusetzen, als der Boden erneut zu beben begann. Die Kreatur schaute in die Richtung, aus der sie gekommen war. Sie krümmte sich, warf die Arme schützend vor ihre breite Brust, und ein merkwürdiges Geräusch drang aus ihrem großen Maul, halb knurrend, halb wimmernd. Khadgar hätte schwören können, dass diese Bestie, die gerade einen Drachen verschluckt hatte, ängstlich wirkte.

Er schauderte, als er überlegte, was wohl so einem Wesen Angst einflößen mochte.

Die Frage wurde ein paar Minuten später beantwortet, als ein zweites riesiges Biest aus den Bergen kam. Diese Kreatur war noch größer als die erste. Sie hatte auch mehr Steinstacheln auf dem Rücken und den Armen. Ihre Haut war roter, das eine Auge so blass, dass es fast weiß wirkte, und die Zähne waren länger und schärfer.

Das weiße Auge verriet große Intelligenz, und sein Blick lag auf Khadgar, Turalyon und den anderen Menschen. „Wer seid?“, wollte es wissen. „Und warum ihr immer noch lebt?“

„Wir sind nur auf der Durchreise“, stammelte Khadgar. Die Augen des großen Wesens zogen sich skeptisch zusammen. „Wir sind nicht eure Feinde. Lass uns einfach gehen, und wir...“

„Nein.“ Die Endgültigkeit dieses einzigen Wortes war ernüchternd. „Wenn ihr geht, dann ihr reden. Reden von Gronn. Reden von Gruul.“ Der Riese schlug sich vor die Brust. „Horde kommt. Nein, besser ihr sterbt. Gronn bleiben sicher.“

Turalyon sah zur ersten Kreatur, mit der er geredet hatte. Er hoffte auf Hilfe, aber Khadgar wusste, dass er sie nicht bekommen würde. Das große Wesen hatte sich seit dem Rüffel zurückgezogen und wirkte wie ein gemaßregeltes Kind. Und das, so erkannte er, war es ja auch. Die zweite Kreatur war sein Vater, und das hier war sein Sprössling.

Der Gedanke ließ Khadgar erschaudern.

„Wir halten es geheim! Wir halfen... den Gronn gegen die Drachen! Der hier kann das bestätigen...“

Der Riese, der sich Gruul genannt hatte, schaute finster und blickte sich um. Offensichtlich sah er erst jetzt die Kadaver der Drachen, die überall herumlagen. „Ihr Drachentöter?“

„Ja“, antwortete Khadgar verzweifelt.

Aber Gruul ließ sich nicht so leicht austricksen. Er warf seinen riesigen Kopf zurück, sein reißzahnbewehrtes Maul stand offen... und dann lachte er. Das tiefe Röhren erschütterte die Wände um sie herum und ließ mehrere Spitzen zu Boden krachen.

„Tötet Baby-Drachen vielleicht“, sagte der Riese immer noch grinsend. „Wir tun das. Brauchen keine Hilfe. Jetzt ihr sterbt.“

„Warte!“, rief Khadgar. „Wobei brauchst du denn Hilfe?“ Sie konnten vielleicht weitere junge Drachen töten, wenn es denn sein musste.

Gruul ernüchterte sie sofort. „Ihr zu schwach. Ihr nicht helfen könnt.“

„Vielleicht können wir. Frag doch.“

Gruul war still, dann aber sagte er mit düsterer Stimme: „Pechschwingen Großvater.“

Es dauerte einen Moment, bis Khadgar herausgefunden hatte, wen Gruul meinte. Seine Augen weiteten sich, er platzte heraus: „Todesschwinge? Du willst, dass wir Todesschwinge töten?“

„Was?“, rief Turalyon. „Todesschwinge ist hier?“

„Und er will, dass wir ihn töten?“, stimmte Alleria mit ein.

Khadgar war ebenso geschockt wie sie. Sie wussten, dass sich die schwarzen Drachen mit der Horde verbündet hatten, und sie hatten gesehen, wie mehrere der Echsen durch das Portal nach Draenor gekommen waren. Aber er hatte angenommen, dass nur niederrangige Exemplare nach Draenor geflogen waren, nicht der Patriarch persönlich... der „Große und Schreckliche“ selbst!

„Er hat ein paar schwarze Drachen als Wachen bei den Orcs der Zitadelle zurückgelassen“, murmelte Turalyon. „Aber der Rest ist hier oben in den Bergen.“

Khadgar nickte, dann bemerkte er, dass Gruul ihn immer noch erwartungsvoll ansah.

Er atmete tief durch und richtete sich zur vollen Größe auf. „Ja. Natürlich. Mach dir keine Sorgen... wir kümmern uns um Todesschwinge“, verkündete er dem Gronn mit gespielter Überzeugung. „Er stellt für uns kein Problem dar.“ Er gab sein Bestes, um das entsetzte Schweigen seiner Freunde zu ignorieren, und betete darum, dass Gruul nicht den Schweiß sah, der ihm von der Stirn lief. Oder, wenn doch, dass er dessen wahre Bedeutung nicht verstand.

Gruul nickte und verzog sein Maul zu einem grotesken Lächeln. „Gut“, sagte er. „Dumm, aber tapfer! Gruul-ähnlich.“ Er sah auf sie hinab. „Dann beweist es.“ Er wies mit seiner riesigen Hand auf einen nahe gelegenen Gipfel. „Todesschwinge“, erklärte der Gronn. „Töten. Helft Gronn, die Pest der Berge loszuwerden. Dann... ihr dürft vorbei.“ Sein Lächeln wandelte sich zu einem düsteren Ausdruck. Er bleckte seine Reißzähne. „Erzählt niemandem!“

Khadgar nickte. „Einverstanden.“ Er hoffte, dass seine Stimme in Gruuls Ohren nicht so zittrig klang wie in seinen eigenen.

Gruul wandte sich ab und ging in Richtung des Gipfels, wo Todesschwinge hauste. Der riesige Gronn suchte sich keinen Weg, er schuf einfach einen. Seine schweren Füße zerschmetterten Steine und hinterließen einen breiten Pfad zwischen den Steinspitzen. Der kleinere Gronn eilte seinem Vater hinterher. Auch die Oger, die Khadgar jetzt sehr schmächtig vorkamen, obwohl sie immer noch doppelt so groß waren wie er, folgten ihren beiden Anführern.

Ihm kam ein Gedanke. Todesschwinge war hier... und der Schädel befand sich in seiner Nähe... Er überlegte eine Sekunde, schloss die Augen und lächelte dann.

„Was machst du da?“, flüsterte Alleria ihm zu. Turalyon passte sein Tempo dem ihren an. „Wir suchen Gul’dans Schädel und nicht Todesschwinge. Hast du auch nur den Hauch einer Vorstellung davon, wozu dieser Drache fähig ist?“

„Selbstverständlich“, antwortete Khadgar. „Aber der Drache besitzt den Schädel.“

„Was?“, rief Turalyon.

„Der Schädel befindet sich in derselben Richtung wie Todesschwinge auch. Wir kommen sowieso nicht drum herum, ihn zu bekämpfen.“

„Na wunderbar. Jetzt müssen wir nur Todesschwinge besiegen, um den Schädel zurückzubekommen!“ Alleria schauderte. „Da trete ich doch lieber jeden Tag gegen die Horde an!“

Innerlich stimmte Khadgar ihr zu, aber er sah keine andere Möglichkeit. Sie brauchten den Schädel, und Todesschwinge hatte ihn. Er war tief in Gedanken versunken und ging im Geiste seine Zauber durch, als Turalyon ihn am Arm fasste und in eine Richtung wies.

„Schau doch“, sagte er mit leiser Stimme.

Die Gruppe hatte ein tiefes Tal erreicht, das zu dem fraglichen Gipfel hinaufführte.

Eier – überall lagen Eier. Der ganze Boden war damit bedeckt. Sie waren gut fünfundzwanzig Zentimeter lang und leuchteten rot aus dem Inneren heraus. Dadurch erkannte man leicht die dunklen Adern, die die Schale durchzogen. Kleine, zusammengekrümmte Gestalten lagen darin.

„Das war also in den Wagen, die Alleria gesehen hat“, flüsterte Turalyon. „Kein Wunder, dass die Drachen sie bewachten! Todesschwinge brachte die Eier hier nach Draenor. Wenn der Nachwuchs schlüpft, werden diese Drachen die Welt überrennen!“

„Dann sorgen wir am besten dafür, dass sie nicht schlüpfen“, konterte Alleria, hob ihren Bogen und legte einen Pfeil auf.

Khadgar legte seine Hand an ihren linken Arm. „Nimm dir zuerst diese Ziele vor.“

Die anderen folgten seinem Blick und fluchten leise, als sie die dunklen Umrisse erkannten, die sich von der anderen Talseite näherten.

Glücklicherweise beschützte keiner der großen Drachen die Eier. Gruul schlug das erste junge Reptil zur Seite. Der kleine Drache prallte so fest gegen die Talwand, dass sich Steine lösten. Sein Körper stürzte zu Boden und blieb dort zerschmettert liegen.

Den nächsten Angreifer traf einer von Allerias Pfeilen ins rechte Auge. Und Khadgar ließ einen dritten mit einem Zauber zu Eis gefrieren. Doch die drei waren nur die Vorhut gewesen. Wilde Schreie ertönten von überall aus dem Tal, und plötzlich stürzten weitere dunkle Gestalten heran.

Die Oger gingen extrem brutal vor. Obwohl sie kleiner als der Gronn waren, konnten sie immer noch einen Jungdrachen niederringen und ihm den langen Hals brechen oder den Kopf zerschmettern. Viele waren Zauberer und feuerten Blitze aus arkaner Magie, die die Drachenflügel durchschlugen.

Zahlenmäßig waren ihnen die jungen Drachen überlegen. Doch die Oger bekamen Hilfe von den beiden Gronn und der Allianz. Turalyons Männer nutzten die Schilde als Schutz vor den Zähnen und Klauen der Drachen. So griffen sie die Tiere an den Flügeln an. Obwohl die so hart wie Leder waren, waren sie doch ihre Schwachstellen. Wenn ein Flügel erst gerissen war, fiel die Kreatur zu Boden, wo sie den größten Teil ihrer Wendigkeit einbüßte.

Die Oger eigneten sich diese Taktik schnell an und begannen, die Schwingen am Stück abzureißen. Dann zertrampelten sie die Kreaturen unter ihren massigen Füßen.

Diese Kampftechnik erinnerte Khadgar an grausame Kinder, die Schmetterlingen die Flügel ausrissen.

Angewidert murmelte Turalyon: „Bist du dir sicher, dass wir den richtigen Feind bekämpfen?“

Khadgar musste zugeben, dass dieses Vorgehen brutal war, fast schon grausam. Aber es war auch hocheffektiv.

Gruul und der andere Gronn hatten dicke Spitzen von den Klippen hinter dem Tal abgebrochen. Mit diesen Knüppeln konnten sie genügend Wind erzeugen, um die jungen Drachen zu behindern. So wurden sie zu leichteren Zielen für die Oger und die Menschen. Jeder Drache, der in Reichweite der Knüppel kam, wurde augenblicklich zerschmettert. Der Talboden war bald schon mit toten Echsen bedeckt.

„Die Eier als Nächstes“, sagte Khadgar zu Turalyon. Aber der Paladin zögerte. Er schaute zu einem Ei, bewegte sich aber nicht. Khadgar furchte die Stirn. „Was ist los?“, fragte er.

„Ich... Drachen sind fühlende Wesen. Sie denken, haben Emotionen. Es ist eine Sache, die Drachen zu bekämpfen, aber... das hier sind Kinder. Ungeborene. Sie können sich nicht wehren. Und wir schlachten sie ab.“

„Turalyon“, sagte Alleria. „Licht, ich liebe dich, nicht zuletzt wegen deines großen Herzens. Aber das hier sind schwarze Drachen. Du weißt, was geschieht, wenn wir sie jetzt nicht töten.“

Turalyon nickte grimmig und traf wieder eine dieser schwierigen Entscheidungen, die jeder General in der Schlacht treffen musste.

„Zerstört die Eier!“, rief er und zerschlug das erste mit dem eigenen Hammer. Die dicke Schale zersplitterte krachend, gefolgt von einem leiseren Geräusch, als der Hammer auf das Drachenembryo traf. Es war so groß wie ein mittelgroßer Hund, hatte rote Haut und Wulstgrate, wo später der Kopf und die Flügel entstehen würden. Es wehrte sich nicht, als es angegriffen wurde. Stattdessen zuckte es nur leicht. Eine hellrote Flüssigkeit lief aus dem zerbrochenen Ei, als die Schale zerbrach und das Junge darin auf den Boden fiel. Bald schon bewegte es sich nicht mehr.

Der Rest der Allianzkrieger machte schnell weiter. Gerade als Turalyon das letzte Ei zerschlug und die Oger die letzten Drachen zerteilten, hörte Khadgar einen lauten Schrei von der Bergspitze herunterschallen – dem Ort, wo er den Schädel zuletzt gespürt hatte.

Er sah auf und bemerkte einen weiteren Schatten, der sich in die Luft erhob. Seine Flügel verdunkelten das ganze Tal. Gegen ihn wirkte selbst Gruul wie ein Zwerg. Der Gronn presste sich gegen die Talwand, knurrte und richtete sich auf. Seine Oger und der kleinere Gronn waren nicht aus seinem Holz geschnitzt. Sie schrien und flohen in Panik. Die Gestalt stürzte herab, das Sonnenlicht glitzerte auf ihrer Haut, ihr langer Hals richtete sich auf. Das Maul war weit aufgerissen. Heiß strömte es aus ihrer Kehle, ein Strom glühender Magma, die Oger, Menschen, tote Drachen und zerschmetterte Eier augenblicklich in Asche verwandelte.

„Rückzug“, rief Turalyon seinen Männern zu, die bereits davonliefen. „Zurück zur Talwand!“

Dort sammelten sie sich. Khadgar, Turalyon und Alleria standen an vorderster Front. Khadgar schluckte. Der Magier hatte gewusst, dass die Kreatur riesig war, aber das hier... Todesschwinge war unglaublich groß. Die anderen Drachen erschienen dagegen wie Kinder.

Khadgar konnte es kaum glauben. Aber eine Sache machte ihn neugierig. Der Vater der schwarzen Drachen hatte silberne Platten auf dem Rücken, glitzerndes Metall lief sein Rückgrat hinunter. Unterhalb dieser Platten glühte es rot wie die Magma, mit der Todesschwinge sie gerade angegriffen hatte. Die riesigen Klauen des Drachen gruben sich tief in den Stein des Talbodens ein. Lediglich seine linke Vorderklaue hielt er hoch, als wäre er verletzt oder würde etwas damit tragen.

„Der Schädel“, flüsterte er zu Turalyon und Alleria. „Er hat den Schädel bei sich!“

„Nett von ihm, das Ding mitzubringen“, murmelte Turalyon. „Aber wie kriegen wir es?“

Todesschwinge faltete seine Flügel zusammen und setzte sich. Sein langer Hals reckte sich und schaute drohend auf sie herab. Seine roten Augen blitzten vor Wut.

Meine Kinder!“, heulte der Drache, seine Stimme klang wie ein Feuer, das Holz verzehrte. Wie Metall, das über Knochen schabte. Eine tiefe Trauer schwang darin mit. „Meine Kinder wurden ermordet!“ Sein Schwanz erhob sich, knallte zu Boden, und ein Riss lief durch die Erde. „Tretet vor, ihr widerlichen, feigen Schurken, Mörder wehrloser Kinder, und lernt Folter und Wahnsinn kennen, bevor ich euch fresse! Wer will als Erster zu Asche verbrannt werden?“

Seine glimmenden Augen verengten sich, als sie sich Gruul zuwandten. Mordlust loderte in seinem Blick. „Du“, sagte er und zog dabei die Silbe derart in die Länge, dass sie unfassbare Qualen versprach. Seine Stimme wurde fast zum Flüstern, klang beinahe schon zärtlich. Und Khadgar war dankbar, dass dieser schreckliche Blick an ihm vorbeigegangen war.

Aber Gruul verzagte nicht. „Ich!“, verkündete er. „Ich bin Gruul, der größte der Gronn! Dies mein Land. Meine Berge. Du sie mir nicht wegnehmen! Du gehen oder enden wie Kinder!“

Todesschwinge brüllte so laut, dass Khadgar fast taub wurde. „Meine Kinder!“, weinte er, und der Schmerz in seiner Stimme ließ Khadgar fast... fast... Sympathie für ihn empfinden. „Leib gewordene Perfektion... schön und hilflos...“ Die Worte wurden unverständlich, als Todesschwinge aufheulte. Magma tropfte aus seinem Maul und zerstörte den Stein, auf dem er stand. Sein Flügelschlag erzeugte fast tornadoartige Stürme.

Khadgar wünschte sich beinahe, er hätte auf Turalyons Einwände beim Zerstören der Eier gehört. Was hatten sie sich dabei gedacht?

Licht, was hatte er sich dabei gedacht? Sich gegen dieses Monster zu stellen, die alte, böse, schreckliche Manifestation des Zorns. Wie konnten sie dieses Geschöpf nur besiegen?

„Oh, wie tapfer von euch!“ Todesschwinges Trauer hatte sich in Hohn verwandelt. „Wie viel Mut es gekostet haben muss, die Schalen zu zerstören und die wehrlosen Kinder zu töten! Wie schade, dass ihr nicht lange genug lebt, um mit eurer edlen Tat prahlen zu können!“ Seine Flügel schlugen erneut. Der machtvolle Sturm, den sie entfachten, drückte Gruul an die Wand. Gruuls Oger jammerten vor Furcht. Sie umarmten die Talwände beinahe. Von ihnen konnte Gruul keine Hilfe erwarten.

„Jämmerliche Sterbliche! Ich hatte im Laufe der Geschichte schon viele Namen, die alle eine Verbindung mit dem Tod hatten. Neltharion, Xaxas und viele mehr. Aber ihr kennt mich am besten als Todesschwinge! Ich bin das Ende des Lebens, die Finsternis der Sagenwelt, der Herr des Todes, der Meister der Zerstörung. Und ich sage euch jetzt, dass diese Welt mir gehört!“

„Niemals!“, antwortete Gruul. Er knurrte und warf sich gegen Todesschwinge. Der riesige Gronn krachte gegen die Brust des Drachen. Die Wucht des Aufpralls ließ die Klippen ringsum erbeben. Steine rollten die Bergkuppen hinab. Der größte Teil der Allianzstreitkräfte stürzte, und selbst die Oger gingen in die Knie. Andere Drachen waren entlang des Tals erschienen, und auch sie mussten einen Schritt zurückweichen. Aber als der Staub sich legte, schüttelte Gruul nur den Kopf. Todesschwinge war unverletzt.

„Kannst du nicht mehr, o mächtiger Gruul?“, spottete Todesschwinge. Er senkte den Kopf, sodass seine knochige Stirn gegen die des Gronn drückte. „Kannst du nicht mehr?“

Er hob eine Vorderklaue, die andere war immer noch geschlossen. Er hielt die Tatze über Gruuls Kopf, als wollte er ihn wie ein Insekt zerquetschen. Es war wie ein Signal. Die Drachen stimmten einen Kriegsruf an, sprangen aus der Hocke und flogen mit tödlicher Präzision auf Menschen, Oger und Gronn zu. Die Oger schienen erstarrt zu sein. Sie sahen mit offenem Mund ihrem eigenen Untergang zu.

„Söhne Lothars! Zum Angriff!“

Turalyons Stimme war klar und stark, und man konnte sie viel weiter hören als normalerweise. Er hob den Hammer, seine Augen leuchteten, und er stürmte gegen die Drachen vor. Der Hammer glühte, als er den ersten am Schädel traf. Die Bestie fiel um wie ein Stein.

„Für Quel’Thalas!“ Alleria und ihre Waldläufer begannen zu feuern. Kriegsrufe erklangen von den Soldaten der Allianz, den Elfen und Menschen gleichermaßen. Darunter mischte sich das ohrenbetäubende Brüllen der Oger und Gronn, die sich langsam von dem Schreck erholt hatten. Die Drachen stürzten nach unten, erregt und stolz auf ihren Vater. Sie spien Magma oder schlugen mit den Klauen nach den Feinden.

Die Oger und Gronn schienen sich daran zu erinnern, dass sie auch schon früher Drachen bekämpft hatten. Und wieder begannen sie die Kreaturen aus der Luft zu pflücken und ihnen die Flügel auszureißen. Ein Oger schlug sein flatterndes Opfer so fest gegen die Wand, dass sie einstürzte. Steine rutschten den Berg hinunter und begruben alle, die sich nicht schnell genug in Sicherheit gebracht hatten.

Khadgar behielt den Kampf zwischen Todesschwinge und Gruul im Auge. Es war tapfer von dem Gronn, gegen den schwarzen Drachen anzutreten, aber er würde schon bald unterliegen. Der Magier vermutete, dass der einzige Grund, warum er noch nicht verloren hatte, der war, dass Todesschwinge mit ihm spielte. Er quälte die Kreatur, die, wie er glaubte, seine kostbare, abscheuliche Brut getötet hatte, bevor er sie endgültig erledigte.

Und dann – war er mit Gruul fertig.

Sie mussten Todesschwinge den Schädel abnehmen. Sie mussten es einfach.

Khadgar hob seinen Stab und murmelte Worte der Macht. Der daraus entstehende Blitz blendete seine Augen. Nachbilder erschienen, als er blinzelte. Der Blitz traf Todesschwinge in die Brust und ließ den Drachen ein paar Schritte zurücktaumeln. Die Blitze glitten von den Metallplatten am Rücken wie Wassertropfen von einer heißen Bratpfanne ab. Khadgar erkannte jedoch, dass der Drache unverletzt war.

„Gut getroffen, kleiner Magier“, meinte Todesschwinge. Sein Maul verzog sich zu einem kalten Lächeln. „Aber diese Magie beherrschte ich schon Jahrtausende, bevor deine Rasse auch nur das erste Mal davon hörte. Du musst dich schon mehr anstrengen, wenn du mich besiegen willst!“

Gruul warf sich erneut in die Schlacht. Khadgar musste ihn bewundern und überlegte verzweifelt, was zu tun war. Todesschwinge wandte seine Aufmerksamkeit dem Gronn zu. Er widerstand dessen Attacken mit Leichtigkeit und drosch ihn mit einem einzigen Schlag seiner Flügel beiseite.

Khadgar schaute den Drachen an. Ein merkwürdiges Gefühl durchfuhr ihn, als er ihn erneut angriff. Er sah mit Schrecken, wie Todesschwinge fast beiläufig einem Spruch widerstand, der seine Knochen in Eis hätte verwandeln sollen.

Todesschwinge hatte recht. Khadgar erkannte, dass er ein arroganter Narr gewesen war. Es gab keine Möglichkeit, die gepanzerte Haut zu durchdringen.

Gepanzert...

Khadgars Augen verengten sich. Todesschwinge schien im roten Sonnenlicht zu leuchten. Er glitzerte wie dunkles Messing – oder Blut.

Metallpanzerung...

Mit Lücken und Rissen, unter denen das Magma rot glühte.

Und dann begriff er. Sein Eiszauber hatte nicht gewirkt, weil er zu schwach für die Hitze in Todesschwinges Körper war. Der schwarze Drache bestand förmlich aus Magma. Und die Panzerplatten auf seinem Rücken – die, wie Khadgar nun erkannte, an den Ecken und Verbindungsstellen glühend heiß waren – hielten ihn zusammen.

Blitze funktionierten nicht. Feuer und Eis waren nutzlos. Das war seine mächtigste Magie, und sie kratzte nicht einmal an dem Drachen.

Aber wie wäre es mit dem schwächsten Zauber? Was war mit einem der ersten Sprüche, die man in Dalaran erlernte? Ein Taschenspielertrick, den jeder Schüler beherrschte.

Hoffnung, schmerzvoll und berauschend, stieg in ihm auf. Vielleicht würde es funktionieren. Es war die letzte Karte, die er ausspielen konnte. Aber er musste näher heran.

Khadgar straffte seine Schultern und stürmte vor, vorbei an Turalyon und Alleria, die einen schwarzen Drachen gemeinsam mit zwei Ogern bekämpften.

Dann ging er allein auf Todesschwinge zu.

Glücklicherweise hielt Gruul Todesschwinge beschäftigt.

Und keine der beiden großen Kreaturen bemerkte den alt wirkenden Mann, der sich an sie heranschlich, bis er nur noch zehn Schritte von Todesschwinge entfernt war. Gruul kämpfte und versuchte, dem krallenbewehrten Fuß zu entkommen, mit dem Todesschwinge ihn festhielt. Der Drache beugte sich vor, sein kräftiges Gebiss war weit geöffnet, als Khadgar seine Hand erhob und den Zauber wirkte.

Die Magie spürend, sah sich Todesschwinge um, erblickte Khadgar und lachte. „Noch mehr Zauberei?“, spottete der Drache. Seine Augen glichen denen einer belustigten Katze. „Wie unterhaltsam. Hast du immer noch nicht erkannt, dass deine stärksten Sprüche mir nichts anhaben können?“

Doch dann erkannte er die Worte von Khadgars Zauber, und die Augen des Drachen weiteten sich vor Schreck. „Was hast du... erbärmlicher Wicht?! Ich lasse dich verstummen!“ Er wandte sich von Gruul ab und mit fürchterlicher Entschlossenheit Khadgar zu.

Der Anblick war so erschreckend, dass Khadgar beinahe vergaß, den Zauber zu beenden. Er schüttelte den Kopf, sammelte sich und sprach das Kommandowort.

Ein lautes Knacken stieg von dem Drachen auf. Todesschwinge brüllte erneut, wand sich vor Schmerz, als die Metallpanzerung, die seinen Körper bedeckte, sich von ihm zu lösen begann. Verbindungsstücke öffneten sich, und mehrere Platten fielen ab. Wo dies geschah, brach das Magma wie aus einem Vulkan hervor. Es spritzte heraus und verteilte sich auf dem Talboden.

Die Rüstung hatte Todesschwinge zusammengehalten. Und als Khadgars Spruch sie entfernte, begann der Drache diesen Zusammenhalt einzubüßen.

„Nein!“ Todesschwinge war aufs äußerste entsetzt. Er wandte seinen Hals, um sich den Schaden zu betrachten, und sah das zerdrückte, verbogene Metall, die auslaufende Magma. Schließlich blickten seine glühenden Augen Khadgar an. „Du hast vielleicht diese Schlacht gewonnen. Aber höre dies und höre gut zu: Dich merke ich mir, Magier!“

Khadgar schluckte, unfähig, dem Blick auszuweichen.

„Ich habe dein Gesicht in mein Gedächtnis eingebrannt“, fuhr Todesschwinge fort. „Ich werde dich in deinen Träumen verfolgen und auch in deinen wachen Momenten. Ich komme wieder und finde dich. Und wenn das geschieht, dann bettelst du um deinen Tod, denn es ist der einzige Ausweg aus diesem Schrecken!“

Seine mächtigen Flügel entfalteten sich, seine Klauen öffneten sich und ließen Gruul und den Schädel los. Todesschwinge hob ab. Schwer kämpften seine Flügel, damit er in die Berge kam. Khadgars zitternde Beine gaben schließlich nach. Plötzlich hockte er auf dem Boden, schnappte nach Luft und war sich bewusst, dass er gerade unglaubliches Glück gehabt hatte.

Nachdem ihr Vater und Herrscher fort war, schienen die übrigen schwarzen Drachen ihren Kampfwillen verloren zu haben. Eine der größeren Kreaturen verließ das Schlachtfeld sofort. Ihr Körper war mit zahlreichen schweren Wunden übersät, und ein Flügel hing in einem merkwürdigen Winkel herab.

„Vater“, schrie er und schnappte nach dem kleineren Gronn, der ihn an seinem Schwanz festhielt. „Vater, warte auf mich!“ Er spie Magma und verbrannte damit dem Gronn die Hände. Dann hob er ab und folgte Todesschwinge.

Durch die Flucht von Todesschwinge ermutigt, schienen die Oger und Gronn sich wie verrückt in die Schlacht zu stürzen. Sie warfen sich auf die Drachen, die nicht rechtzeitig geflohen waren, zerrissen sie mit ihren großen, fleischigen Pranken oder drehten ihnen die Hälse um. Die Leichen warfen sie in die Luft und spießten sie auf den Steinspitzen auf.

Khadgar nutzte die Situation und hob den Schädel auf, den Todesschwinge fallen gelassen hatte.

Mensch... aber mächtig. Was für ein großes Potenzial spüre ich hier? Aber das konnte man ja erwarten, von dem jungen Schüler Medivhs. Du kannst noch stärker werden. Warum wirst du nicht mein Schüler? Ich lehre dich, dass Blut und Kampf der Schlüssel zu wahrer...

„Ah!“ Khadgar schnappte nach Luft. Dabei ließ er den Schädel fast fallen. „Gul’dan!“ Er fletschte die Zähne und schirmte seinen Geist ab. Selbst tot, so schien es, war Gul’dan eine Gefahr.

Schnell verstaute er den Schädel in einem Beutel und lief dorthin, wo Turalyon und die anderen immer noch kämpften.

„Ich habe den Schädel“, berichtete er Turalyon, der gerade den letzten Zuckungen eines Drachen auswich.

„Gut gemacht“, sagte Turalyon. „Dann lass uns hier verschwinden. Rückzug! Sofort!“ Die Männer sammelten sich schnell. Die Oger und die Gronns waren zu sehr damit beschäftigt, die Drachen zu quälen, um ihren Abzug überhaupt zu bemerken.

Turalyon führte sie schnell aus den Bergen. „Dein Plan hat funktioniert, Khadgar, und zwar sehr gut“, sagte er zu seinem Freund, nachdem sie aus dem Tal und dem Gemetzel heraus waren. „Wir haben den Schädel in unseren Besitz gebracht und uns um die Drachen gekümmert. Die werden der Horde so schnell nicht mehr helfen.“

Khadgar dachte über Todesschwinges Drohung nach. Er konnte einen Schauder nicht unterdrücken. Er war sich nicht sicher, ob Turalyons Optimismus gerechtfertigt war. Trotzdem nickte er, als würde er es glauben. „Jetzt ist nur noch Ner’zhul übrig. Wenn ich erst das Buch habe, kann ich das Portal endlich versiegeln.“

Sie mussten also nur einen mächtigen Schamanen aufhalten, der die Kräfte von Himmel und Erde zu nutzen verstand, um Portale in zahllose Welten zu öffnen... Aber sie hatten auch gerade einem extrem starken Drachen einen Rückschlag verpasst. Und vielleicht schafften sie die andere Sache auch.

Eines war jedenfalls sicher: Wenn sie die Orcs nicht auf Draenor aufhielten... würden sie sie niemals stoppen können.

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