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»Es ist nicht nötig, sich das anzusehen«, sagte ich Boabissia.

Sie hatte den Kopf bereits gesenkt.

Nach dem Zustand der Leichen zu urteilen, an dem Vögel – hauptsächlich Jards, die jetzt noch fraßen –, Wind und Regen schuld waren, hingen sie dort bereits seit mehreren Wochen. Man hatte die Henkerseile mit Pech getränkt, um sie gegen das Wetter unempfindlich zu machen. Ein deutlicher Hinweis, daß von Anfang an beabsichtigt gewesen war, die Toten dort hängen zu lassen. Die reglosen sterblichen Überreste, jetzt kaum mehr als Totenschädel und Knochen, an denen noch ein paar Fleisch- und Kleidungsfetzen hingen, pendelten sanft im Luftzug. Man hatte sie entlang der Straße des Adminius aufgestellt, der Hauptdurchgangsstraße Torcodinos, in der Nähe des Semniums, der Halle des Hohen Rates. Zweifellos zu erzieherischen Zwecken.

»Hängen die noch immer da«, knurrte Mincon ärgerlich.

»Du siehst sie also nicht das erste Mal«, stellte ich fest.

»Zweimal schon.«

»Ich verstehe.«

»Es ist überhaupt nicht nötig, hier entlangzufahren, um den Wagenhof zu erreichen!«

»Du kennst Torcodino?«

»Oberflächlich.«

»Wir sind den Schildern gefolgt«, sagte ich.

»Natürlich«, sagte er verbittert.

Ich nickte. Es war volle Absicht gewesen, daß sämtliche Neuankömmlinge in Torcodino diesen Weg nahmen.

»Wer sind sie?« fragte ich.

»Mitglieder des Hohen Rates, der Ausschüsse sowie bestimmte Anhänger, die die Partei Ars ergriffen haben.«

»Das habe ich mir schon gedacht.«

»Hast du sie gezählt?«

»Nein.«

»Es sind mehr als zweihundert Mann.«

»Das ist eine große Zahl.«

»Es sind noch mehr umgekommen«, sagte er. »Aber die waren wohl nicht wichtig genug, um als Warnung zu dienen.«

»Ich verstehe.«

Wir fuhren weiter.

»In den letzten Wochen muß eine Menge Vorräte ihren Weg nach Torcodino gefunden haben«, sagte ich.

»Stimmt«, antwortete Mincon.

»Es ist auffällig, daß Ar noch nicht zugeschlagen hat.«

»Mag sein.«

»Falls man Torcodino stürmen und in Brand stecken, die Vorräte erbeuten oder vernichten würde, würde das den Aufmarsch von Cos behindern, wenn nicht sogar ganz zum Stillstand bringen. Solch eine Tat würde die Invasion erschweren und letztlich scheitern lassen. Ar würde die Zeit gewinnen, die es braucht, um sich ausreichend zu wappnen, damit es den Feind stellen kann.«

»Die Cosianer sind ganz in der Nähe«, erklärte Mincon. »Man würde ein großes Heer brauchen, um eine Bresche durch sie hindurch zu schlagen.«

»Vielleicht gibt es andere Möglichkeiten.«

»Aber nicht mit Tarnsmännern.«

»Möglich.«

»Zu dieser Tageszeit ist die Sicht sehr schlecht, aber der Himmel über der Stadt ist mit Tausenden von Tarndrähten verspannt«, sagte Mincon. »Selbst am Tag erkennt man sie nur mühsam. Aber sie sind da, das kann ich dir versichern.«

Das bezweifelte ich nicht. An einigen der Gebäuden waren Aufhängungen befestigt.

»Die Tore Torcodinos sind stark«, fuhr er fort, »die Mauern hoch und fest.«

»Zweifellos.«

»Torcodino ist uneinnehmbar. Man kann es nicht erobern.«

»Ich wüßte, wie ich es anstellen müßte«, sagte ich.

Boabissia war still. Auch Feiqa und Tula sagten kein Wort. Ich schaute mich um. Die Straßen waren nicht sonderlich bevölkert. Ich sah einen Händler mit seinem Wagen; ein Sklavenmädchen in einer kurzen Tunika ging vorbei. Sie sah mich an und senkte sofort den Blick. Unter der winzigen kurzen Tunika befände sich nichts weiter als bloße Haut. Darauf achten goreanische Sklavenbesitzer. Bei Feiqa und Tula war das nicht anders. So vergessen die Mädchen nicht, daß sie Sklavinnen sind. Ich sah Boabissia an. Sie hielt noch immer den Kopf gesenkt. Der lange Rock reichte ihr bis zu den Fußgelenken.

»Wir haben den Wagenhof in einer Viertelahn erreicht«, sagte Mincon.

»Gut«, erwiderte ich.

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