23 In Nachbarschaft einer Weberei

Nynaeve wollte mit Elayne sprechen, wenn die Gasthausbesitzerin nicht mehr zuhören würde, aber es ergab sich nicht sofort die Gelegenheit. Die Frau drängte sie wie eine Gefangenenwärterin aus dem Raum, ihre starre Ungeduld durch den vorsichtigen Blick, den sie auf Mats Tür warf, ungebrochen. Auf der Rückseite des Gasthauses führte eine weitere geländerlose Steintreppe in eine große Küche voller Backdüfte, wo die rundlichste Frau, die Nynaeve je gesehen hatte, einen großen Holzlöffel wie ein Zepter schwang und drei weitere Frauen anwies, knusprige braune Brotlaibe aus den Öfen zu nehmen und durch Rollen hellen Teigs zu ersetzen. Ein großer Topf grobkörniger, weißer Haferbrei, der hier zum Frühstück gegessen wurde, köchelte sanft auf einem der weiß gekachelten Öfen.

»Enid«, sprach Herrin Anan die rundliche Frau an, »ich gehe eine Weile aus. Ich muß diese beiden Kinder zu jemandem bringen, der Zeit hat, sie angemessen zu bemuttern.«

Enid wischte sich die breiten, mehlbestäubten Hände an einem weißen Handtuch ab, während sie Nynaeve und Elayne mißbilligend betrachtete. Alles an ihr war rund, ihr schweißbedecktes, olivfarbenes Gesicht, ihre dunklen Augen, einfach alles. Sie schien aus großen, in ein Gewand gestopften Klumpen zu bestehen. Der Hochzeitsdolch, der über ihre schneeweiße Schürze herabhing, wies ein volles Dutzend funkelnder Sterne auf. »Sind das die beiden Gören, von denen Caira gesprochen hat, Herrin? Feine Häppchen für unseren jungen Herrn, würde ich sagen.« Ihrem Tonfall nach zu urteilen, amüsierte es sie anscheinend.

Die Besitzerin des Gasthauses schüttelte verärgert den Kopf. »Ich habe diesem Mädchen gesagt sie soll den Mund halten. Ich will nicht, daß in der Wanderin Gerüchte umgehen. Erinnert Caira daran, Enid, und benutzt, wenn nötig, Euren Kochlöffel, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen.« Sie sah Nynaeve und Elayne so verächtlich an, daß es Nynaeve fast den Atem nahm. »Würde irgend jemand, der nur halb soviel Verstand besitzt wie sie, glauben, daß sie Aes Sedai wären? Die beiden haben ihr ganzes Geld für Gewänder ausgegeben, um den Mann zu beeindrucken, und jetzt würden sie am liebsten sterben, wenn sie ihn nicht anlächeln können. Aes Sedai!« Sie ließ Enid keine Gelegenheit zu antworten, ergriff Nynaeves Ohr mit ihrer rechten und Elaynes mit der linken Hand und hatte sie mit drei raschen Schritten in den Hof hinausgeführt.

So lange hielt Nynaeves Schock an. Dann befreite sie sich oder versuchte es zumindest, weil die Frau im gleichen Moment losließ und sie ein halbes Dutzend Schritte mit empörtem Blick vorwärts stolperte. Sie war diesen Handel nicht eingegangen, um umhergezerrt zu werden. Elayne reckte das Kinn empor, und ihre blauen Augen wirkten so kalt, daß Nynaeve sich nicht gewundert hatte, wenn sich Frost an ihren Locken gebildet hätte.

Die Hände in die Hüften gestemmt, schien Herrin Anan es nicht zu bemerken. Oder vielleicht kümmerte es sie einfach nicht. »Ich kann nur hoffen, daß Caira jetzt niemand mehr etwas glauben wird«, sagte sie ruhig. »Wenn ich sicher gewesen wäre, daß Ihr genug Verstand besaßt, den Mund zu halten, hätte ich mehr gesagt und getan.« Sie war ruhig, aber weder freundlich noch sanft. Sie hatten ihren Vormittag gestört.

»Nun folgt mir, und verirrt Euch nicht. Oder wenn Ihr Euch verirrt, laßt Euch nie wieder in der Nähe meines Gasthauses blicken, sonst werde ich jemanden zum Palast schicken, um Merilille und Teslyn zu benachrichtigen. Sie sind zwei der wahren Schwestern, die Euch zweifellos auseinandernehmen würden.«

Elayne blickte von der Besitzerin des Gasthauses zu Nynaeve. Keine Wut, kein Stirnrunzeln und dennoch ein sehr bedeutungsvoller Blick. Nynaeve fragte sich, ob sie dies durchstehen könnte. Der Gedanke an Mat überzeugte sie letztendlich.

»Wir werden uns nicht verirren, Herrin Anan«, sagte sie und bemühte sich um Demut. Sie fand, daß es ihr recht gut gelang, wenn man bedachte, wie fremd ihr Demut war. »Danke, daß Ihr uns helft.« Sie lächelte die Wirtin an und bemühte sich sehr, nicht auf Elayne zu achten, deren Blick noch bedeutungsvoller wurde, auch wenn es kaum zu glauben war. Auf jeden Fall mußte sie dafür sorgen, daß die Frau sie weiterhin für die Störung wert hielt. »Wir sind Euch wirklich dankbar, Herrin Anan.«

Herrin Anan sah sie fragend an, schnaubte dann und schüttelte den Kopf. Nynaeve beschloß, daß sie die Wirtin, wenn es sein mußte, zum Palast zerren würde, wenn dies vorbei war, und die anderen Schwestern zwingen würde, sie in Herrin Anans Anwesenheit anzuerkennen.

Zu dieser frühen Stunde war der Hof bis auf einen einsamen Jungen von zehn oder zwölf Jahren mit einem Eimer, der den staubigen Boden mit Wasser besprenkelte, leer. Die weißen Stalltüren waren weit geöffnet, und eine Schubkarre mit einer darauf liegenden Mistgabel stand davor. Geräusche, als würde man einen großen Frosch zertreten, erklangen aus dem Stall. Nynaeve entschied, daß es der Gesang eines Mannes war. Würden sie reiten müssen, um ihren Bestimmungsort zu erreichen? Selbst ein kurzer Ritt wäre unerfreulich. Da sie nur in der Absicht den Platz überquert hatten, wieder zurück zu sein, bevor die Sonne höher gestiegen wäre, hatten sie weder Hüte noch Sonnenschirme mitgenommen.

Herrin Anan führte sie jedoch durch den Hof und dann eine schmale Gasse zwischen dem Stall und einer hohen Mauer entlang, über deren oberen Rand von der Trockenheit staubige Baumwipfel hervorsahen. Zweifellos irgend jemandes Garten. Ein kleines Tor am Ende der Gasse führte auf eine staubige und dermaßen enge Gasse, daß die ersten Sonnenstrahlen sie noch nicht vollkommen erreicht hatten.

»Ihr Kinder bleibt jetzt dicht bei mir, denkt daran«, belehrte die Wirtin sie erneut, während sie die düstere Gasse betrat. »Wenn Ihr Euch verirrt schwöre ich, daß ich selbst zum Palast gehen werde.«

Nynaeve umfaßte mit beiden Händen ihren Zopf, während sie Herrin Anan folgte, um ihr nicht an die Kehle zu gehen. Wie sehr sie sich nach ihren ersten grauen Haaren sehnte. Zuerst die anderen Aes Sedai, dann das Meervolk - Licht, sie wollte nicht über sie nachdenken! - und jetzt eine Wirtin! Niemand nahm einen ernst, bevor man nicht zumindest ein wenig Grau im Haar hatte. Selbst das alterslose Gesicht einer Aes Sedai war ihrer Einschätzung nach nicht gleichwertig.

Elayne hob ihre Röcke aus dem Staub, obwohl ihre Schuhe immer noch kleine Staubwolken aufwirbelten, die sich auf dem Saum ihrer Gewänder niederließen. »Laß mich sehen«, sagte Elayne sanft, während sie starr geradeaus blickte. Sanft, aber kühl. Tatsächlich sehr kühl. Sie hatte eine Art, jemanden auseinanderzunehmen, ohne ihre Stimme zu erheben, die Nynaeve bewunderte. Normalerweise. Im Moment erweckte es in ihr nur das Verlangen, Elayne zu schlagen. »Wir könnten jetzt im Palast sein, Blaubeertee trinken und die frische Brise genießen, während wir darauf warteten, daß Meister Cauthon seine Habe brächte. Vielleicht würden Aviendha und Birgitte mit nützlichen Informationen zurückkommen. Wir könnten endlich genau festlegen, was wir mit dem Mann tun wollen. Folgen wir ihm einfach durch die Straßen des Rahad und sehen, was geschieht, führen wir ihn in einander ähnelnde Gebäude, oder lassen wir ihn wählen? Es muß einhundert nützliche Möglichkeiten geben, diesen Vormittag zu verbringen, einschließlich der Entscheidung, ob es nach diesem Handel, den das Meervolk uns abgerungen hat, sicher ist, zu Egwene zurückzukehren - ob es jemals sicher ist. Wir müssen früher oder später darüber reden. Es nützt nichts, dem auszuweichen. Statt dessen befinden wir uns auf einem Spaziergang, der wer weiß wie lange dauern kann, und blinzeln den ganzen Weg in der Sonne, wenn wir so weiterlaufen, um Frauen aufzusuchen, die aus der Burg Verwiesene durchfüttern. Ich für meinen Teil habe kein großes Verlangen, heute morgen oder an irgend einem anderen Morgen Davongelaufene einzufangen. Aber du kannst mir das alles gewiß so erklären, daß ich es verstehe. Ich würde es so gern verstehen, Nynaeve. Mir wäre der Gedanke unangenehm, dich umsonst den ganzen Mol-Hara-Platz entlang zu treten.«

Nynaeve senkte die Augenbrauen. Sie treten? Elayne wurde wirklich immer heftiger, seit sie soviel Zeit mit Aviendha verbrachte. Jemand sollte den beiden ein wenig Verstand einbleuen. »Die Sonne steht noch nicht hoch genug, daß sie uns schon blendet«, murrte sie. Aber leider wäre es bald soweit. »Denk nach, Elayne. Fünfzig Frauen, welche die Macht lenken können und Wilden und aus der Burg Verwiesenen helfen.« Sie fühlte sich manchmal schuldig, wenn sie den Begriff ›Wilde‹ gebrauchte. Aus dem Munde der meisten Aes Sedai bedeutete es eine Beleidigung, aber sie beabsichtigte, sie diesen Begriff eines Tages wieder mit Stolz aussprechen zu lassen. »Und sie nannte sie den ›Zirkel‹. Das klingt für mich nicht nach einigen Freunden. Es klingt nach einer Gemeinschaft.« Die Gasse wand sich zwischen hohen Mauern und Rückseiten von Gebäuden hindurch, wobei bei vielen die bloßen Ziegelsteine durch den Verputz sahen, und an Palastgärten und Läden vorbei, wo manche offene Hintertür einen Blick auf Silberschmiede, Schneider oder Holzschnitzer bei der Arbeit freigab. Herrin Anan schaute mindestens ebenso häufig über ihre Schulter, um sich zu vergewissern, daß sie ihr noch immer folgten. Nynaeve lächelte und nickte ihr zu, was hoffentlich Eifer vermittelte.

»Nynaeve, wenn zwei Frauen, welche die Macht lenken können, eine Gemeinschaft bildeten, würde die Burg über sie herfallen wie ein Rüdel Wölfe. Woher sollte Herrin Anan außerdem wissen, ob sie es können oder nicht? Frauen, die es können und keine Aes Sedai sind, zeigen sich nicht überall, wie du weißt. Jedenfalls nicht sehr lange. Auf jeden Fall kann ich nicht erkennen, daß es einen Unterschied machte. Egwene will vielleicht jede Frau, welche die Macht lenken kann, irgendwie zur Burg bringen, aber darum sind wir nicht hier.« Die frostige Geduld in Elaynes Stimme ließ Nynaeve ihren Zopf noch fester umfassen. Wie konnte die Frau so begriffsstutzig sein? Sie lächelte Herrin Anan erneut zu und unterdrückte dann nur mit Mühe einen finsteren Blick auf deren Rücken, als jene den Kopf wieder nach vorn wandte.

»Fünfzig Frauen sind nicht zwei Frauen«, flüsterte Nynaeve heftig. Sie konnten die Macht lenken. Es mußte so sein. Alles deutete darauf hin. »Es ist unvorstellbar, daß dieser Zirkel in einer Stadt mit einem Lagerraum voller Angreale besteht, ohne daß davon zumindest bekannt ist. Und wenn dem so ist...« Sie konnte nicht verhindern, daß ihre Stimme vor Zufriedenheit troff. »...werden wir die Schale ohne Meister Matrim Cauthon finden. Wir können diese lächerlichen Versprechen vergessen.«

»Sie waren keine Bestechung, Nynaeve«, sagte Elayne wie abwesend. »Ich werde sie halten, und du ebenfalls, wenn du Ehrgefühl besitzt, und das weiß ich.« Sie verbrachte absolut zuviel Zeit mit Aviendha. Nynaeve wünschte, sie wüßte, warum Elayne begonnen hatte zu glauben, daß sie alle diesem Aiel-Unsinn folgen müßten.

Elayne biß sich stirnrunzelnd auf die Unterlippe. Alle Frostigkeit war von ihr gewichen. Sie war anscheinend wieder ihr altes Selbst. Schließlich sagte sie: »Wir wären ohne Meister Cauthon niemals zu dem Gasthaus gegangen, weshalb wir auch niemals der bemerkenswerten Herrin Anan begegnet oder zu diesem Zirkel geführt worden wären. Wenn uns der Zirkel also zur Schale führt, müssen wir anerkennen, daß er der ursächliche Grund dafür war.«

Mat Cauthon. Sein Name brodelte in ihrem Kopf. Nynaeve stolperte über ihre eigenen Füße und ließ den Zopf los, um ihre Röcke zu raffen. Der Boden der Gasse war nicht so glatt wie ein gepflasterter Platz und weitaus unebener als ein Palastboden. Manchmal war eine aufgeregte Elayne besser als eine Elayne, die klar denken konnte. »Bemerkenswert«, murmelte sie. »Niemand hat uns jemals so behandelt wie Herrin Anan, Elayne, nicht einmal Menschen, die zweifelten, nicht einmal das Meervolk. Die meisten Leute wären vorsichtig, wenn eine Zehnjährige vorgibt, eine Aes Sedai zu sein.«

»Die meisten Leute wissen nicht wirklich, wie eine Aes Sedai aussieht, Nynaeve. Ich denke, sie ist einst zur Burg gegangen. Sie weiß Dinge, die sie sonst nicht wissen könnte.«

Nynaeve schnaubte und betrachtete finster den Rücken der vorauseilenden Frau. Setalle Anan mochte zehnmal, hundertmal zur Burg gegangen sein - sie würde Nynaeve al'Meara dennoch als Aes Sedai anerkennen und sich entschuldigen müssen. Und auch erfahren müssen, wie es war, am Ohr umhergezerrt zu werden! Herrin Anan schaute zurück, und Nynaeve gönnte ihr ein starres Lächeln und nickte, als wäre ihr Hals ein Scharnier. »Elayne? Wenn diese Frauen wissen, wo sich die Schale befindet... Wir müssen Mat nicht erzählen, wie wir sie gefunden haben.« Es klang leicht fragend.

»Ich sehe nicht ein, warum nicht«, erwiderte Elayne und machte dann alle ihre Hoffnungen zunichte, indem sie hinzufügte: »Aber ich muß vorsichtshalber Aviendha fragen.«

Wenn sie nicht gedacht hätte, daß Herrin Anan sie auf der Stelle verlassen würde, hätte sie geschrien.

Die gewundene Gasse wurde zu einer Straße, und es war kein sinnvolles Gespräch mehr möglich. Der schmale Rand der Sonne leuchtete blendend über die Dächer über ihnen. Elayne beschattete sehr betont ihre Augen mit einer Hand. Nynaeve weigerte sich. Es war nicht so schlimm, und sie blinzelte kaum. Ein klarer blauer Himmel spottete ihrem Wettersinn, der ihr noch immer sagte, daß ein Sturm über der Stadt hing.

Bei Tagesanbruch waren schon einige Kutschen in den gewundenen Straßen unterwegs, und mehrere Sänften, die von zwei oder manchmal vier barfüßigen Männern in grünrot gestreiften Westen getragen wurden. Karren und Wagen rumpelten über die Pflastersteine, Menschen bevölkerten allmählich die Straßen, als Ladentüren geöffnet und Markisen hochgezogen wurden, Lehrlinge in Westen erledigten eilig Botengänge, Männer mit großen zusammengerollten Teppichen auf den Schultern, Akrobaten, Jongleure und Musikanten machten sich an den Häuserecken bereit, und Straßenhändler ließen sich mit ihren Kästen mit Anstecknadeln, Bändern oder schäbigen Früchten nieder. Auf den Fisch- und Fleischmärkten herrschte schon lange Betrieb. Alle Fischhändler waren Frauen und die meisten Metzger ebenfalls, bis auf diejenigen, die mit Rindfleisch handelten.

Herrin Anan bahnte sich an Kutschen und Wagen vorbei, die anscheinend keinen Grund sahen, ihr Tempo zu verlangsamen, festen Schrittes ihren Weg durch die Menge und an reichlich vorhandenen Hindernissen vorbei. Sie schien eine wohlbekannte Person zu sein, die von Ladenbesitzern, Handwerkern und anderen Wirten, die in den Eingängen standen, gegrüßt wurde. Die Ladenbesitzer und Handwerker wurden mit ein paar Worten und einem freundlichen Nicken bedacht, aber bei Wirten blieb sie stets stehen, um einen Moment zu plaudern. Nach dem ersten wünschte sich Nynaeve inbrünstig, sie würde es nicht wieder tun. Nach dem zweiten betete sie darum. Nach dem dritten blickte sie starr geradeaus und versuchte vergebens, nicht mehr zuzuhören. Elaynes Gesicht wurde immer angespannter und kälter. Sie reckte ihr Kinn so weit empor, daß man sich wundern mußte, daß sie den Weg noch sehen konnte.

Nynaeve mußte widerwillig zugeben, daß sie allen Grund dazu hatte. In Ebou Dar konnte vielleicht jemand in einem Seidengewand über einen Platz gehen, aber nicht weiter. Jedermann sonst trug Tuch oder Leinen, selten nur bestickt, bis auf einen gelegentlichen Bettler, der sich ein abgelegtes Seidengewand angeeignet hatte, das an jeder Ecke ausgefranst und mehr Loch als Kleidung war. Sie wünschte nur, Herrin Anan hätte eine andere Erklärung dafür gefunden, warum sie sie beide durch die Straßen führte. Sie wünschte, sie mußte nicht erneut der Geschichte über zwei launische Mädchen lauschen, die all ihr Geld für vornehme Kleider ausgegeben hatten, um einen Mann zu beeindrucken. Mat kam gut bei der Geschichte weg. Verdammt sei er! Ein angenehmer junger Bursche, wenn Herrin Anan nicht verheiratet gewesen wäre, ein wunderbarer Tänzer mit nur einer Spur Verschmitztheit. Alle Frauen lachten. Sie und Elayne jedoch nicht. Nicht die geistlosen kleinen Schwärmerinnen - dieses Wort hatte sie gebraucht -, die keine Kupfermünze mehr besaßen, weil sie hinter einem Mann hergejagt waren, hirnlose Tolpatsche, die hätten betteln oder stehlen müssen, wenn Herrin Anan nicht jemanden wüßte, der ihnen vielleicht Arbeit in der Küche gäbe.

»Sie braucht nicht an jeder Absteige in der Stadt stehenzubleiben«, grollte Nynaeve, während sie vom Gasthaus Gestrandete Gans fortgingen, wo sie zusammen mit einer Wirtin, die trotz des bescheidenen Namens große Granate an ihren Ohren trug, drei langatmige Geschichten anhören mußten. Herrin Anan blickte jetzt kaum noch einmal zurück, um nachzusehen, ob sie ihr folgten. »Ihr müßt erkennen, daß wir an solchen Orten niemals unsere wahren Gesichter zeigen dürfen!«

»Das ist vermutlich genau der Punkt«, sagte Elayne eisig. »Nynaeve, wenn du uns einem Wildschwein hinterherlaufen läßt...« Es war nicht nötig, die Drohung zu beenden. Mit Birgittes und Aviendhas Unterstützung - und sie würden helfen - konnte Elayne ihr das Leben schwermachen, bis sie zufriedengestellt war.

»Sie werden uns geradewegs zu der Schale bringen«, beharrte sie und verscheuchte einen Bettler mit einer schrecklichen purpurfarbenen Narbe, die ein Auge unkenntlich machte. »Ich weiß es.« Elayne schnaubte ausdrucksvoll.

Nynaeve hatte irgendwann aufgehört, die Brücken zu zählen, die sie überquerten, große und kleine, mit darunter entlang stakenden Lastbooten. Die Sonne stieg immer höher über den Dächern auf. Herrin Anan nahm nicht den direkten Weg - sie schien tatsächlich Umwege in Kauf zu nehmen, um Gasthäuser aufzusuchen -, aber sie liefen in östlicher Richtung, und Nynaeve dachte, sie müßten dem Fluß nahe kommen, als sich die Frau mit den haselnußbraunen Augen plötzlich zu ihnen umwandte.

»Hütet jetzt Eure Zungen. Sprecht nur, wenn Ihr angesprochen werdet. Bringt mich in Verlegenheit, und... « Mit einem letzten Stirnrunzeln und leisem Murren, daß sie wahrscheinlich gerade einen Fehler beging, bedeutete sie ihnen mit einer Kopfbewegung, ihr zu einem genau gegenüberstehenden Haus mit einem Flachdach zu folgen.

Es war kein großes Haus - zwei Stockwerke ohne Balkon, mit rissigem Verputz und an mehreren Stellen durchscheinenden Ziegelsteinen -, das keinen allzu angenehmen Standort hatte, da das laute Rattern der Webrahmen auf der einen Seite und der beißende Gestank einer Färberei auf der anderen störten. Eine Dienerin öffnete die Tür, eine bereits ergrauende Frau mit kantigem Kinn, Schultern wie ein Hufschmied und stählernem Blick, der auch nicht durch den Schweiß auf ihrem Gesicht gemildert wurde. Nynaeve folgte Herrin Anan lächelnd hinein. Irgendwo in diesem Haus lenkte eine Frau die Macht.

Die Dienerin mit dem kantigen Kinn hatte Setalle Anan offensichtlich erkannt, schien aber seltsam überrascht. Sie vollführte einen respektvollen Hofknicks, war aber dennoch eindeutig beunruhigt über ihren Besuch. Nynaeve und Elayne wurden jedoch ausdruckslos begrüßt. Sie wurden in einen Wohnraum im ersten Stock geführt, und die Dienerin belehrte sie mit fester Stimme: »Rührt Euch nicht und faßt nichts an, sonst werdet Ihr Euch Strafe einhandeln.« Dann verschwand sie.

Nynaeve sah Elayne an.

»Nynaeve, wenn eine Frau die Macht lenkt, bedeutet das nicht...« Das Gefühl änderte sich, schwoll einen Moment an, sank aber dann noch weiter ab als zuvor. »Selbst bei zwei Frauen bedeutet es nichts«, protestierte Elayne, aber sie klang zweifelnd. »Das war die unmöglichste Dienerin, die ich je erlebt habe.« Sie setzte sich auf einen roten Stuhl mit hoher Rückenlehne, und kurz darauf setzte sich auch Nynaeve hin, aber nur auf die Stuhlkante. Aus Eifer, nicht aus Nervosität. Überhaupt nicht aus Nervosität.

Der Raum war nicht sehr beeindruckend, aber die blauweißen Bodenfliesen glänzten, und die hellgrünen Wände waren frisch gestrichen. Natürlich waren nirgendwo Vergoldungen zu sehen, aber edle Schnitzereien schmückten die entlang den Wänden aufgestellten roten Stühle und mehrere kleine Tische in einem dunkleren Blau als die Fliesen. Die Leuchter aus Messing waren glänzend poliert. Sorgfältig angeordnete Immergrünzweige schmückten den gekehrten Kamin, und auch der Kaminsims war mit Reliefs versehen und nicht nur aus einfachem Stein. Die Reliefs schienen seltsam gewählt - sie stellten das dar, was die Leute in Ebou Dar die Dreizehn Sünden nannten: ein Mann, dessen Augen vor Neid fast sein ganzes Gesicht einnahmen, ein Bursche, dessen Zunge ihm vor Geschwätzigkeit beinahe bis auf die Knöchel hing, ein die Zähne fletschender Mann, der aus Habgier Münzen an seine Brust preßte, und so weiter -, aber alles in allem stellte es sie sehr zufrieden. Wer auch immer diesen Raum hatte ausstatten lassen, konnte sich auch einen frischen Außenverputz leisten, und der einzige Grund, ihn nicht zu erneuern, wäre, nicht auffallen zu wollen.

Die Dienerin hatte die Tür offen gelassen, und plötzlich drangen Stimmen aus dem Gang herein.

»Ich kann es nicht glauben, daß Ihr sie hergebracht habt.« Die Stimme der Sprecherin klang vor Ungläubigkeit und Zorn angespannt. »Ihr wißt, wie vorsichtig wir sind, Setalle. Ihr wißt mehr, als Ihr wissen solltet und das wißt Ihr mit Sicherheit.«

»Es tut mir sehr leid, Reanne«, antwortete Herrin Anan steif. »Ich habe nicht richtig darüber nachgedacht. Ich ... schwöre, daß ich für das Verhalten dieser Mädchen bürge und mich Eurem Urteil beuge.«

»Das ist nicht nötig!« Reannes Stimme klang jetzt vor Entsetzen höher. »Das heißt... Ich meine, Ihr hättet es nicht tun sollen, aber ... Setalle, verzeiht, daß ich meine Stimme erhoben habe. Sagt, daß Ihr mir vergebt.«

»Ihr habt keinen Grund, Euch zu entschuldigen, Reanne.« Die Gastwirtin klang wahrhaftig gleichzeitig kläglich und widerwillig. »Es war falsch von mir, sie herzubringen.«

»Nein, nein, Setalle. Ich hätte nicht so mit Euch sprechen dürfen. Bitte, Ihr müßt mir vergeben. Bitte verzeiht.«

Herrin Anan und Reanne Corly betraten den Raum, und Nynaeve blinzelte überrascht. Der Unterhaltung nach hatte sie eine Frau erwartet, die jünger wäre als Setalle Anan, aber Reanne hatte überwiegend graues Haar und ein Gesicht voller Falten, die vielleicht Lachfalten waren, jetzt aber eher Besorgnis ausdrückten. Warum sollte sich die ältere Frau vor der jüngeren erniedrigen, und warum sollte die jüngere es zulassen, wie halbherzig auch immer? Hier herrschten seltsamere Bräuche, als ihr lieb war. Sie war natürlich beim Frauenkreis zu Hause niemals in die Verlegenheit gekommen, sich allzu demütig zu zeigen, aber dies...

Natürlich konnte Reanne die Macht lenken - das war ohnehin zu erwarten gewesen -, aber sie hatte nicht mit ihrer Stärke gerechnet. Reanne war nicht so stark wie Elayne oder auch Nicola - verdammt sei diese Elende! -, aber sie konnte leicht mit Sheriam oder vielleicht Kwamesa oder Kiruna mithalten. Nicht viele Frauen besaßen soviel Stärke, und auch wenn sie selbst ebenfalls recht stark war, war sie doch überrascht, diese Frau hier vorzufinden. Sie mußte eine der Wilden sein. Die Burg hätte eine Möglichkeit gefunden, eine solche Frau zu verwahren, und wenn sie sie ihr Leben lang in einem Novizinnengewand gehalten hätten.

Nynaeve erhob sich, als sie den Raum betraten, und glättete ihre Röcke. Sicher nicht aus Nervosität. Gewiß nicht. Oh, wenn dies doch nur gut ausginge...

Reannes wachsame blaue Augen betrachteten Elayne und Nynaeve mit der Miene eines Menschen, der gerade zwei Schweine in seiner Küche vorgefunden hatte, frisch vom Schweinestall und vor Schlamm triefend. Sie tupfte sich mit einem kleinen Taschentuch das Gesicht ab, obwohl es im Inneren des Hauses kühler war als draußen. »Wir werden vermutlich etwas mit ihnen tun müssen«, murmelte sie, »wenn sie sind, was sie zu sein behaupten.« Ihre Stimme klang auch jetzt noch recht hoch, melodisch und jugendlich. Als sie zu Ende gesprochen hatte, zuckte sie aus einem unbestimmten Grund kurz zusammen und betrachtete die Wirtin von der Seite, wodurch eine neue Runde widerwilliger Entschuldigungen von Herrin Anan und nervöser Versuche Herrin Corlys, diese abzuwehren, begann. In Ebou Dar konnten, wenn die Menschen wahrhaft höflich waren, über eine Stunde lang Entschuldigungen ausgetauscht werden.

Elayne hatte sich mit einem etwas starren Lächeln ebenfalls erhoben. Sie sah Nynaeve mit einer gewölbten Augenbraue an, stützte ihren Ellbogen in eine Hand und legte einen Finger an ihre Wange.

Nynaeve räusperte sich. »Herrin Corly, mein Name ist Nynaeve al'Meara, und dies ist Elayne Trakand. Wir suchen...«

»Setalle hat mir alles über Euch erzählt«, unterbrach die blauäugige Frau sie unheilvoll. Wie viele graue Haare sie auch haben mochte - Nynaeve vermutete, daß sie dennoch steinhart war, »Nur Geduld, Mädchen, ich kümmere mich sofort um Euch.« Sie wandte sich wieder an Setalle, während sie ihre Wangen weiterhin mit dem Taschentuch abtupfte. Kaum unterdrückte Schüchternheit prägte ihre Stimme erneut. »Setalle, wenn Ihr mich bitte entschuldigen wollt, ich muß diese Mädchen befragen...«

»Seht nur, wer nach all diesen Jahren zurückgekehrt ist«, platzte eine kleine, stämmige Frau mittleren Alters heraus, während sie in den Raum stürzte und ihrer Begleiterin zunickte. Trotz ihres von einem roten Gürtel gehaltenen Ebou-Dari-Gewandes und einem feucht glänzenden, gebräunten Gesicht sprach sie mit rein cairhienischem Akzent. Ihre gleichermaßen verschwitzte Begleiterin in dunklem, einfach geschnittenen Tuch einer Kauffrau war einen Kopf größer, nicht älter als Nynaeve, mit dunklen, schräg stehenden Augen, einer ausgeprägten Hakennase und einem breiten Mund. »Es ist Garenia! Sie...« Sie brach verwirrt ab, als sie erkannte, daß noch andere anwesend waren.

Reanne legte wie im Gebet - oder vielleicht, weil sie jemanden schlagen wollte - die Hände zusammen. »Berowin«, sagte sie schneidend, »Ihr werdet eines Tages noch über eine Klippe hinauslaufen, bevor Ihr sie unter Euren Füßen bemerkt.«

»Es tut mir leid, Eid...« Die Cairhienerin senkte errötend den Blick. Die Saldaeanerin machte sich intensiv an einer Anstecknadel mit einem Kreis roter Steine an ihrer Brust zu schaffen.

Nynaeve sah Elayne triumphierend an. Beide Neuankömmlinge konnten die Macht lenken, und irgendwo im Haus wurde immer noch Saidar gelenkt. Zwei weitere, und während Berowin nicht sehr stark war, stand Garenia sogar noch über Reanne. Sie konnte es mit Lelaine oder Romanda aufnehmen. Natürlich war das nicht wichtig, und doch ergab das bereits fünf. Elayne reckte eigensinnig das Kinn, aber dann seufzte sie und nickte kurz. Manchmal war es unglaublich mühsam, sie von etwas zu überzeugen.

»Euer Name ist Garenia?« fragte Herrin Anan zögernd, während sie die fragliche Frau stirnrunzelnd ansah. »Ihr seht einer Frau sehr ähnlich, die ich einst getroffen habe. Zarya Alkaese.«

Dunkle, schräg stehende Augen blinzelten überrascht. Die saldaeanische Kauffrau zog ein Taschentuch aus ihrem Ärmel und tupfte damit ihre Wangen ab. »Das ist der Name der Schwester meiner Großmutter«, sagte sie kurz darauf. ›»Man hat mir gesagt, ich ähnele ihr sehr. Ging es ihr gut, als Ihr sie saht? Sie hat ihre Familie vollkommen vergessen, nachdem sie fortging, um eine Aes Sedai zu werden.«

»Die Schwester Eurer Großmutter.« Die Wirtin lachte leise. »Natürlich. Es ging ihr gut, als ich sie sah, aber das war vor langer Zeit. Ich war damals noch jünger, als Ihr es jetzt seid.«

Reanne war an ihrer Seite geblieben und schaltete sich jetzt ein. »Setalle, es tut mir sehr leid, aber ich muß Euch bitten, uns zu entschuldigen. Ihr verzeiht, wenn ich Euch nicht hinausführe?«

Herrin Anan äußerte ebenfalls Entschuldigungen, als sei es ihr Fehler, daß die andere Frau sie nicht hinuntergeleiten konnte, und ging mit einem letzten, sehr skeptischen Blick auf Nynaeve und Elayne davon.

»Setalle!« rief Garenia aus, sobald die Gastwirtin gegangen war. »Das war Setalle Anan? Wie hat sie...? Licht des Himmels! Die Burg würde selbst nach siebzig Jahren...«

»Garenia!« ermahnte sie Herrin Corly äußerst streng. Ihr Blick war sogar noch strenger, und das Gesicht der Saldaeanerin rötete sich. »Da Ihr beide hier seid, können wir die Dreierbefragung durchführen. Ihr Mädchen bleibt, wo Ihr seid, und verhaltet Euch still.« Letzteres war an Nynaeve und Elayne gerichtet. Die anderen Frauen zogen sich in eine Ecke zurück und berieten sich leise.

Elayne rückte näher zu Nynaeve. »Ich mochte es schon nicht, wie eine Novizin behandelt zu werden, als ich noch eine Novizin war. Wie lange beabsichtigst du diese Farce noch zu spielen?«

Nynaeve zischte ihr zu, sie solle still sein. »Ich versuche zuzuhören, Elayne«, flüsterte sie.

Es stand natürlich außer Frage, die Macht zu benutzen. Die drei hätten es sofort bemerkt. Glücklicherweise woben sie keine Schilde, weil sie vielleicht nicht wußten wie, und manchmal hoben sie ihre Stimmen gerade ausreichend an, daß man etwas verstehen konnte.

»...sagte, sie könnten Wilde sein«, bemerkte Reanne, und Entsetzen und Abscheu spiegelte sich auf den Gesichtern der anderen Frauen.

»Dann weisen wir ihnen die Tür«, sagte Berowin. »Die Hintertür. Wilde!«

»Ich möchte wissen, wer diese Setalle Anan ist«, wandte Garenia ein.

»Wenn Ihr Eure Gedanken nicht auf das Wesentliche konzentrieren könnt«, belehrte Reanne sie, »solltet Ihr diesen Turnus vielleicht auf der Farm verbringen. Alise kann einen Geist wundervoll konzentrieren. Nun...« Die Worte waren nur noch ein Summen.

Eine weitere Dienerin erschien, eine schlanke Frau, die bis auf ihre mürrische Miene hübsch war, in einem Gewand aus grobem grauen Tuch und einer langen weißen Schürze. Sie stellte ein grün lackiertes Tablett auf einen der kleinen Tische, wischte sich mit einer Ecke ihrer Schürze verstohlen die Wangen ab und machte sich dann mit blau glasierten Bechern und einer dazu passenden Teekanne zu schaffen. Nynaeve wölbte die Augenbrauen. Diese Frau konnte ebenfalls die Macht lenken, wenn auch nicht sehr stark. Warum war sie eine Dienerin?

Garenia schaute über ihre Schulter und zuckte zusammen. »Was hat Derys getan, um Strafe zu verdienen? Ich dachte, der Tag würde niemals kommen, an dem sie eine Regel verletzen, geschweige denn sie brechen würde.«

Berowin schnaubte laut, aber ihre Antwort war kaum hörbar. »Sie wollte heiraten. Sie wird einen Turnus so weitermachen und am Tag nach dem Halbmondfest mit Keraille gehen. Damit wird sich Meister Denal abfinden müssen.«

»Vielleicht wollt Ihr beide die Felder für Alise hacken?« Reannes Stimme klang trocken, und die beiden Frauen verstummten.

Nynaeve empfand Frohlocken. Regeln kümmerten sie nicht sehr, zumindest nicht die Regeln anderer -andere Menschen sahen die Situationen selten so klar wie sie und stellten daher törichte Regeln auf. Warum sollte diese Frau, Derys, beispielsweise nicht heiraten, wenn sie wollte? Regeln und Strafen wiesen jedoch auf eine Gesellschaft hin. Sie hatte recht. Und noch etwas. Sie stieß Elayne an, bis diese den Kopf senkte.

»Berowin trägt einen roten Gürtel«, flüsterte sie. Das deutete auf eine Weise Frau hin, eine von Ebou Dars berühmten Heilerinnen, deren Betreuung als das Nächstbeste nach der Heilung durch Aes Sedai galt, die fast alles kurierten. Dies geschah vermutlich mit Kräutern und Wissen, aber... »Wie vielen Weisen Frauen sind wir begegnet, Elayne? Wie viele konnten die Macht lenken? Wie viele waren Ebou Dari oder auch Altarenerinnen?«

»Sieben, wenn man Berowin dazu zählt«, antwortete sie zögernd, »und nur bei einer war ich sicher, daß sie von hier stammte.« Hah! Bei den übrigen hatte das eindeutig nicht gegolten. Elayne atmete tief durch, fuhr aber dennoch leise fort. »Keine besaß jedoch auch nur annähernd die Stärke dieser Frau.« Zumindest hatte sie nicht angedeutet, daß sie sich irgendwie geirrt hätten. Alle diese Weisen Frauen hatten die Fähigkeit besessen. »Nynaeve, willst du wirklich behaupten, daß die Weisen Frauen ... alle Weisen Frauen...? Das wäre mehr als unglaublich.«

»Elayne, diese Stadt besitzt eine Gilde der Männer, die jede Nacht die Plätze kehren! Ich glaube, wir haben gerade die sagenumwobene Alte Schwesternschaft der Weisen Frauen gefunden.«

Die eigensinnige Frau schüttelte den Kopf. »Die Burg hätte schon vor Jahren hundert Schwestern hergeschickt, Nynaeve. Zweihundert. Alles dergleichen wäre sofort zerschlagen worden.«

»Vielleicht weiß die Burg nichts davon«, wandte Nynaeve ein. »Vielleicht hält sich die Gilde ausreichend bedeckt, daß die Burg niemals glaubte, sie wären der Besorgnis wert. Es gibt kein Gesetz gegen das Lenken der Macht, wenn man keine Aes Sedai ist, nur gegen die Behauptung, eine Aes Sedai zu sein, und gegen den Mißbrauch der Macht. Oder dagegen, sie in Mißkredit zu bringen.« Das bedeutete, nichts zu tun, was möglicherweise ein schlechtes Licht auf wahre Aes Sedai werfen könnte, wenn jemand zufällig glaubte, man sei eine Aes Sedai, was ihrer Meinung nach schon recht weit ging. Das wahre Problem war jedoch, daß sie es nicht glaubte. Die Burg wußte offenbar alles, und sie würden wahrscheinlich selbst einen Handarbeitskreis sprengen, wenn die ihn bildenden Frauen die. Macht lenken konnten. Und dennoch mußte es eine Erklärung geben für...

Sie nahm nur halbwegs wahr, daß die Wahre Quelle umarmt wurde, aber plötzlich wurde sie sich dessen sehr bewußt. Ihr Kinn sank herab, als ein Strang Luft ihren Zopf direkt am Schädel packte und sie auf den Zehen durch den Raum zu laufen zwang. Elayne lief genau neben ihr, das Gesicht zorngerötet. Das schlimmste daran war, daß sie beide abgeschirmt waren.

Der kurze Lauf endete, als sie sich vor Herrin Corly und den beiden anderen, die alle drei in roten Stühlen an der Wand saßen und vom Schimmern Saidars umgeben waren, wieder auf die Fußsohlen niederlassen durften.

»Man hat Euch befohlen, still zu sein«, sagte Reanne fest. »Wenn wir beschließen, Euch zu helfen, werdet Ihr lernen müssen, daß wir nicht weniger strikten Gehorsam erwarten als die Weiße Burg selbst.« Diese letzten Worte klangen ehrfurchtsvoll. »Ich sage Euch, daß Ihr freundlicher behandelt worden wärt, wenn Ihr nicht auf diese ungebührliche Art zu uns gekommen wart.« Der Strang um Nynaeves Zopf schwand. Elayne reckte verärgert den Kopf, als auch sie losgelassen wurde.

Entsetztes Erstaunen wurde zu regelrechtem Zorn, als Nynaeve erkannte, daß Berowin ihren Schild weiterhin festhielt. Die meisten Aes Sedai, denen sie begegnet war, standen über Berowin. Fast alle. Sie faßte sich wieder und bemühte sich, die Quelle in der Erwartung anzurühren, daß die Gewebe zerstört würden. Sie würde diesen Frauen zumindest zeigen, daß sie nicht... Die Gewebe ... streckten sich aus. Die rundliche Cairhienerin lächelte, und Nynaeves Miene verdüsterte sich. Der Schild streckte sich immer weiter aus und wölbte sich wie eine Kugel vor. Er würde nicht zerstört werden. Das war unmöglich. Jeder konnte sie natürlich von der Quelle abtrennen, wenn er sie überraschte, und jemand Schwächeres konnte den einmal gewobenen Schild aufrechterhalten, aber nicht jemand so viel Schwächeres! Doch ein Schild dehnte sich nicht so weit aus, ohne zu brechen. Es war unmöglich!

»Ihr könntet eines Eurer Blutgefäße zum Platzen bringen, wenn Ihr so weitermacht«, sagte Berowin fast umgänglich. »Wir versuchen nicht, über unsere Stellung hinaus zu streben, aber die Fähigkeiten werden mit der Zeit verbessert, und dies war bei mir schon immer fast ein Talent. Ich könnte sogar einen der Verlorenen festhalten.«

Nynaeve gab stirnrunzelnd auf. Sie konnte warten. Da sie keine andere Wahl hatte, mußte sie warten.

Derys kam mit ihrem Tablett heran und verteilte Becher mit dunklem Tee an die drei sitzenden Frauen. Sie sah Nynaeve oder Elayne nicht einmal an, bevor sie einen perfekten Hofknicks vollführte und an ihren Tisch zurückkehrte.

»Wir könnten jetzt Blaubeertee trinken, Nynaeve«, sagte Elayne und warf ihr einen dermaßen finsteren Blick zu, daß sie beinahe zurückgewichen wäre. Vielleicht wäre es das beste, nicht zu lange zu warten.

»Seid still, Mädchen.« Herrin Corlys Tonfall war vielleicht ruhig, aber sie tupfte sich mit dem Taschentuch verärgert das Gesicht ab. »Unser Bericht über Euch besagt, daß Ihr beide vorlaut und streitsüchtig seid, hinter Männern herjagt und lügt. Wobei ich noch hinzufügen möchte, daß Ihr nicht einmal einfachen Anweisungen folgen könnt, was sich alles ändern muß, wenn Ihr unsere Hilfe erstrebt. Euer Verhalten ist höchst ungebührlich. Seid dankbar, daß wir bereit sind, mit Euch zu sprechen.«

»Wir bitten Euch tatsächlich um Hilfe«, sagte Nynaeve. Sie wünschte, Elayne würde aufhören, so wütend dreinzublicken. Das war noch schlimmer als der strenge Blick Herrin Corlys. Nun, mindestens genauso schlimm. »Wir müssen unbedingt ein Ter'angreal finden...«

Reanne Corly erhob die Stimme, als hätte Nynaeve schweigend dagestanden, »Normalerweise kennen wir die Mädchen, die zu uns gebracht werden, bereits vorher, aber wir müssen sichergehen, daß Ihr seid, was Ihr zu sein vorgebt. Wie viele Türen zur Bibliothek der Weißen Burg dürfen Novizinnen benutzen und welche?« Sie nahm einen Schluck Tee und wartete.

»Zwei«, antwortete Elayne giftig. »Die Haupttür zum Osten hin, wenn sie von einer Schwester geschickt werden, oder die kleine Tür an der südwestlichen Ecke, welche die Novizinnentür genannt wird, wenn sie von sich aus hingehen. Wie lange, Nynaeve?«

Garenia, die Elaynes Schild festhielt lenkte unsanft einen weiteren dünnen Strang Luft. Elayne erbebte, und Nynaeve zuckte zusammen und wunderte sich, daß sie nicht ihre Röcke umklammerte. »Höflichkeit ist ebenfalls vonnöten«, murmelte Garenia in ihren Becher.

»Das war die richtige Antwort«, sagte Herrin Corly, als sei nichts weiter geschehen, obwohl sie die Saldaeanerin kurz über ihren Becher hinweg betrachtete. »Nun, wie viele Brücken gibt es im Wassergarten?«

»Drei«, fauchte Nynaeve, hauptsächlich, weil sie es wußte. Sie hatte über die Bibliothek nichts gewußt, da sie niemals eine Novizin gewesen war. »Wir müssen wissen...« Berowin konnte sich nicht zurückhalten, einen weiteren Strang Luft zu lenken, aber Herrin Corly konnte es - und tat es. Nynaeve behielt nur mühsam eine ausdruckslose Miene bei und verschränkte die Hände in ihren Röcken, um sie ruhig zu halten. Elayne besaß die Frechheit, ihr ein kleines, frostiges Lächeln zu gönnen. Frostig, aber zufrieden.

Ein Dutzend weitere Fragen prasselten auf sie ein, angefangen davon, wie viele Stockwerke die Novizinnenquartiere umfaßten - zwölf -, bis zu der Frage, unter welchen Umständen eine Novizin zum Saal der Burg zugelassen wurde - um Nachrichten zu überbringen oder wegen eines Vergehens aus der Burg gewiesen zu werden; aus keinem anderen Grund. Sie prasselten auf sie ein, ohne daß Nynaeve mehr als zwei Worte dazu äußern konnte, und jene zwei Worte wurden von der schrecklichen Herrin Corly mit Schweigen quittiert. Sie begann sich wie eine Novizin im Saal zu fühlen, die kein Wort sprechen durfte. Das war eine der wenigen Antworten, die sie wußte, aber glücklicherweise antwortete Elayne prompt, wenn sie es nicht tat. Nynaeve hätte es vielleicht besser gemacht, wenn sie über Aufgenommene befragt worden wären, zumindest etwas besser, aber die drei Frauen interessierte, was eine Novizin wissen sollte. Sie war nur froh, daß Elayne bereitwillig mitspielte, obwohl es, nach ihren bleichen Wangen und dem emporgereckten Kinn zu urteilen, nicht mehr lange dauern konnte.

»Nynaeve war vermutlich wirklich dort«, sagte Reanne schließlich, während sie mit den anderen beiden Blicke wechselte. »Wenn Elayne sie gelehrt hätte durchzukommen, hätte sie selbst es wohl besser gemacht. Einige Menschen leben in fortwährendem Nebel.« Garenia schnaubte und nickte dann zögernd. Berowin nickte für Nynaeves Geschmack viel zu prompt.

»Bitte«, sagte sie höflich. Sie konnte höflich sein, wenn sie dazu Veranlassung hatte, was auch immer man von ihr behaupten mochte. »Wir müssen unbedingt ein Ter'angreal finden, das vom Meervolk die Schale der Winde genannt wird. Es befindet sich in einem staubigen alten Lagerraum irgendwo im Rahad, und ich glaube, daß Eure Gilde, Euer Zirkel, diesen Ort kennt. Bitte helft uns.« Drei jäh versteinerte Gesichter sahen sie an.

»Es gibt keine Gilde«, sagte Herrin Corly kühl, »nur einige Freundinnen, die in der Weißen Burg keinen Platz bekommen haben...« Wieder dieser ehrfurchtsvolle Tonfall. »...und die gelegentlich ausreichend töricht sind, eine Hand auszustrecken, wenn es nötig ist. Wir betreiben keinen Handel mit Ter'angrealen, Angrealen oder auch Sa'angrealen. Wir sind keine Aes Sedai.« ›Aes Sedai‹ hallte ebenfalls ehrfürchtig wider. »Auf jeden Fall seid Ihr nicht hier, um irgendwelche Fragen zu stellen. Wir haben noch weitere Fragen an Euch, um festzustellen, wie weit Ihr gediehen seid, woraufhin Ihr aufs Land gebracht und der Obhut einer Freundin übergeben werdet. Sie wird Euch bei sich behalten, bis wir entscheiden, was als nächstes zu tun ist. Bis wir sicher sein können, daß Euch die Schwestern nicht verfolgen. Ihr habt ein neues Leben vor Euch, eine neue Chance, wenn Ihr sie nur erkennen wollt. Was auch immer Euch von der Burg ferngehalten hat, gilt hier nicht, ob es ein Mangel an Geschicklichkeit oder Angst oder etwas anderes ist. Niemand wird Euch drängen, zu lernen oder zu tun, was Ihr nicht lernen oder tun könnt. Es genügt, was Ihr seid. Nun?«

»Es reicht«, sagte Elayne mit eisiger Stimme. »Es reicht schon lange, Nynaeve. Oder beabsichtigst du, auf dem Land wer weiß wie lange abzuwarten? Sie haben sie nicht, Nynaeve.« Sie nahm den Großen Schlangenring aus ihrer Gürteltasche und steckte ihn sich an den Finger. So wie sie die sitzenden Frauen betrachtete, hätte niemand geglaubt, daß sie abgeschirmt war. Sie war eine Königin der Geduld. Sie war vom Scheitel bis zur Sohle eine Aes Sedai. »Ich bin Elayne Trakand, Hochsitz des Hauses Trakand. Ich bin die Tochter-Erbin von Andor und Aes Sedai der Grünen Ajah, und ich fordere, sofort freigelassen zu werden.« Nynaeve stöhnte.

Garenia verzog angewidert das Gesicht, und Berowins Augen weiteten sich entsetzt. Reanne Corly schüttelte kläglich den Kopf, aber als sie sprach, klang ihre Stimme eisenhart. »Ich hatte gehofft, Setalle Anan hätte Euch bezüglich dieser Lüge umgestimmt. Ich weiß, wie schwer es ist, stolz zur Weißen Burg aufzubrechen und dann nach Hause zurückkehren und sein Versagen zugeben zu müssen. Aber das erwähnt man niemals, nicht einmal scherzhaft!«

»Ich mache keine Scherze«, sagte Elayne gelassen.

Garenia beugte sich stirnrunzelnd vor, und ein Strang Luft bildete sich bereits, als Herrin Corly eine Hand hob. »Und Ihr, Nynaeve? Beharrt Ihr auch auf diesem ... Wahnsinn?«

Nynaeve atmete tief durch. Diese Frauen mußten wissen, wo sich die Schale der Winde befand. Sie mußten es einfach wissen!

»Nynaeve!« sagte Elayne übellaunig. Sie würde sie dies nicht vergessen lassen. Sie hatte eine Art, auf jedem kleinen Fehltritt herumzureiten, daß einem der Boden unter den Füßen schwand.

»Ich bin eine Aes Sedai der Gelben Ajah«, sagte Nynaeve erschöpft. »Der wahre Amyrlin-Sitz, Egwene al'Vere, hat uns in Salidar zur Stola erhoben. Sie ist nicht älter als Elayne. Ihr müßt davon gehört haben.« Die drei harten Mienen änderten sich keinen Deut. »Sie hat uns ausgesandt, die Schale der Winde zu finden, mit der wir das Wetter wieder heilen können.« Noch immer kein Anzeichen von Veränderung. Sie versuchte, ihren Zorn im Zaum zu halten. Sie versuchte es wirklich. Er drang gegen ihren Willen hervor. »Das müßt Ihr doch auch wollen! Seht Euch nur um! Der Dunkle König erstickt die Welt! Wenn Ihr auch nur eine Ahnung habt, wo sich die Schale befindet, dann sagt es uns!«

Herrin Corly machte Derys ein Zeichen, die herankam, zwei Becher aufnahm und mit geweiteten Augen ängstliche Blicke auf Nynaeve und Elayne warf. Als sie davoneilte und den Raum verließ, erhoben sich die drei Frauen langsam und standen dann wie drei grimmige, das Urteil verkündende Richter da.

»Ich bedaure, daß Ihr unsere Hilfe nicht annehmen werdet«, sagte Herrin Corly kalt. »Ich bedaure diese ganze Angelegenheit.« Sie griff in ihre Tasche und drückte Nynaeve und Elayne je drei Silbermünzen in die Hand. »Dies sollte für die nächsten Tage reichen. Ich denke, Ihr könnt auch für Eure Gewänder etwas bekommen, wenn auch nicht mehr den Preis, den Ihr dafür bezahlt habt. Es sind kaum geeignete Reisekleider. Morgen bei Sonnenaufgang werdet Ihr Ebou Dar verlassen haben.«

»Wir werden nirgendwo hingehen«, erwiderte Nynaeve. »Bitte, wenn Ihr wißt...« Sie hätte genausogut schweigen können, was Herrin Corly jedoch nicht tat.

»Zu diesem Zeitpunkt werden wir damit beginnen, eine Beschreibung Eurer Personen zu verteilen, und wir werden sicherstellen, daß die Schwestern im Tarasin-Palast sie erhalten. Wenn Ihr nach Sonnenaufgang noch gesehen werdet, werden wir dafür sorgen, daß die Schwestern erfahren, wo Ihr Euch aufhaltet, und die Weißmäntel ebenfalls. Dann habt Ihr die Wahl, entweder davonzulaufen oder Euch den Schwestern zu ergeben oder zu sterben. Geht, kehrt nicht zurück, und Ihr solltet überleben können, wenn Ihr diese widerwärtige und gefährliche List aufgebt. Wir sind fertig mit Euch. Berowin, kümmert Euch bitte um sie.« Sie rauschte zwischen ihnen hindurch und verließ den Raum, ohne zurückzublicken.

Nynaeve ließ sich mürrisch zur Vordertür drängen. Widerstand würde nichts anderes bewirken als vielleicht wahrhaftig hinausgeworfen zu werden, aber es gefiel ihr nicht, aufgeben zu müssen. Licht, es gefiel ihr ganz und gar nicht! Elayne schritt neben ihr aus, und ihre ganze Haltung drückte starre Entschlossenheit aus, den Raum zu verlassen und die Angelegenheit zu beenden.

In der kleinen Eingangshalle beschloß Nynaeve, es noch einmal zu versuchen. »Bitte, Garenia, Berowin, wenn Ihr auch nur eine Ahnung habt, sagt es uns. Gebt uns irgendeinen Hinweis. Ihr müßt doch erkennen, wie wichtig es ist. Ihr müßt es erkennen!«

»Die Blindesten sind diejenigen, welche die Augen geschlossen halten«, zitierte Elayne nicht sehr leise.

Berowin zögerte, aber Garenia nicht. Sie trat nahe an Nynaeve heran. »Haltet Ihr uns für Närrinnen, Mädchen? Ich sage Euch eines: Wenn es nach mir ginge, würden wir Euch eiligst zur Farm schaffen, ungeachtet dessen, was Ihr sagt. Einige Monate unter Alises Obhut, und Ihr würdet lernen, Eure Zungen zu hüten und für die Hilfe dankbar zu sein, die Ihr ablehnt.« Nynaeve erwog, ihr einen Schlag auf die Nase zu versetzen. Sie brauchte Saidar nicht, um ihre Fäuste zu gebrauchen.

»Garenia«, sagte Berowin streng. »Entschuldigt Euch! Wir halten niemanden gegen seinen Willen fest, und das wißt Ihr sehr genau. Entschuldigt Euch augenblicklich!«

Und Wunder über Wunder - die Frau, die eine hohe Position innegehabt hätte, wenn sie eine Aes Sedai gewesen wäre, betrachtete die Frau, die nur eine geringe Stellung innegehabt hätte, von der Seite und errötete zutiefst. »Ich bitte um Verzeihung«, murmelte Garenia an Nynaeve gewandt. »Mein Temperament geht manchmal mit mir durch, und ich sage Dinge, die zu sagen ich kein Recht habe. Ich bitte demütig um Vergebung.« Ein weiterer Seitenblick zu Berowin, die nickte, veranlaßte sie zu einem erleichterten Seufzen.

Während Nynaeve noch immer mit offenem Mund dastand, wurden die Schilde beseitigt, sie und Elayne auf die Straße geschoben, und die Tür fiel hinter ihnen ins Schloß.

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