13.

Der Raum war klein, vollkommen finster und so kalt, daß Skars Rücken schmerzte, wo er die Wand berührte. Skar wußte nicht, wie lange sie schon hier waren, aber es mußte lange sein. Sein Magen meldete sich ab und zu mit einem grollenden Geräusch, und zu dem Hunger hatte sich schon vor einer geraumen Weile Durst gesellt; ein untrügliches Anzeichen, daß sie seit Stunden in diesem schwarzen Loch saßen und darauf warteten, daß etwas geschah.

Sie waren getrennt worden, wie er erwartet hatte, aber seine Bewacher hatten sich nicht einmal die Mühe gemacht, ihn zu fesseln. Es war auch nicht nötig. Die Wände der würfelförmigen, acht Schritte messenden Kammer bestanden aus massivem Fels, und Skars tastende Finger hatten nicht die mindeste Unebenheit darauf gefunden. Selbst die Tür war spurlos verschwunden, kaum daß sie sich geschlossen hatte. Skar hatte den Gedanken an Flucht fast ebenso schnell wieder aufgegeben, wie er ihm gekommen war. Außerdem waren sie nicht hierhergekommen, um zu fliehen.

Trotzdem machte sich Skar Sorgen; mehr, als er sich eingestand. Er wußte nicht genau, was er erwartet hatte, aber nach Titchs Erzählungen und dem, was auf Crons Hof geschehen war, mußte es wohl so etwas wie eine Gemeinschaft edler Räuber sein; Verfemte, die sich in ihre uneinnehmbare Festung in den Bergen zurückgezogen hatten und von dort aus gegen Ungerechtigkeit und Terror kämpften. Aber nachdem er den Wahnsinn in den Augen des Quorrl gesehen hatte, war er nicht mehr völlig sicher, daß es wirklich so war. Vielleicht waren die Bastarde nicht mehr als ganz gewöhnliche Verbrecher, und vielleicht hatten sie sich selbst der Gnade (oder wohl eher Ungnade) einer Bande halb verrückter Meuchelmörder und Strauchdiebe ausgeliefert. Und er machte sich Sorgen um das, was außerhalb des Lagers geschehen mochte. Wenn ihm sein Zeitgefühl nicht völlig abhanden gekommen war, dann mußte es draußen schon längst wieder Tag geworden sein. Vielleicht wurden Titchs Krieger nervös, wenn sie nicht zurückkamen. Oder sie - Ein schleifender Laut und rotgelber Lichtschein, der durch einen rasch breiter werdenden Spalt in der Wand vor ihm drang, rissen ihn aus seinen Überlegungen. Skar sah auf, blinzelte in das sanfte, aber seinen an stundenlange Dunkelheit gewöhnten Augen trotzdem unangenehme Licht und hob schützend die Hand vor das Gesicht. Ein riesiger Schatten erschien in der Tür, trat einen Schritt auf ihn zu und machte eine befehlende Geste. Skar richtete sich hastig auf, damit der Quorrl nicht auf die Idee kam, seiner Aufforderung mit einem Hieb Nachdruck zu verleihen, und trat an ihm vorbei aus der Tür. Zwei weitere Schuppenkrieger erwarteten ihn. Sie sprachen kein Wort, aber die Bewegung, mit der sie ihn in die Mitte nahmen, war eindeutig genug. Auf dem Weg hierher hatte Skar kaum Gelegenheit gefunden, sich in Ruhe umzusehen, was er nun nachzuholen versuchte. Aber eigentlich gab es gar nicht viel zu entdecken. Der Tunnel, durch den sie gingen, war von halbrunder Form und maß gute zehn Fuß an der höchsten Stelle, und wie die Höhle draußen bestanden auch seine Wände aus rotbraunem, rissigem Fels, der manchmal glatt und wie poliert aussah, an anderen Stellen zerborsten wie von gewaltigen Hammerschlägen, manchmal auch wie geschmolzene Lava zu bizarr gerundeten Formen erstarrt. In unregelmäßigen Abständen unterbrachen Türen die Wände, durch die er einen Blick in die dahinterliegenden Räume werfen konnte. Allerdings waren die meisten vollkommen leer. Bis auf das unheimliche rötliche Leuchten, das auch hier überall die Luft erfüllte, schien es an den Höhlen von Caran absolut nichts Geheimnisvolles zu geben.

Schließlich wurde er in einen halbrunden, ebenfalls vollkommen leeren Raum gebracht, in dem ihn Titch und zwei weitere Krieger erwarteten. Skar warf einen raschen, besorgten Blick in Titchs Gesicht. Die Oberlippe des Quorrl hatte aufgehört zu bluten, und es waren keine neuen Verletzungen hinzugekommen. Zumindest schien Titch nicht mißhandelt worden zu sein. »Fahs hat mich nicht angerührt«, sagte Titch. Es war wohl nicht sehr schwer gewesen, in Skars Gesicht zu lesen. »Er ist verrückt, und es macht ihm Freude, zu quälen. Aber er ist auch ein Feigling.«

»Der Quorrl, der uns... empfangen hat?«

Titch grinste schief und rieb sich mit Daumen und Zeigefinger über die aufgeplatzte Lippe. »Wenn du es so nennen willst...«

»Ihr scheint alte Freunde zu sein«, sagte Skar.

»Wir kennen uns«, gestand Titch. Er grinste noch immer, aber etwas in seinem Lächeln warnte Skar, nicht danach zu fragen, was der Quorrl gemeint hatte, als er Titch als Schlächter bezeichnete. Es war verrückt - aber je länger er den Quorrl kannte, desto weniger schien er über ihn zu wissen.

»Was haben sie mit dir gemacht?«

»Gemacht?« Skar zuckte mit den Schultern. »Nichts. In ein eiskaltes dunkles Loch geworfen und mich hungern lassen, aber sonst nichts. Ihr Quorrl scheint eine sonderbare Auffassung von Gastfreundschaft zu haben.«

»Manche von uns, ja«, sagte Titch. »Sei froh, daß du noch lebst. Ich habe nicht damit gerechnet, so weit zu kommen. Wäre es nach Fahs gegangen, wären wir draußen geblieben. Aber verteilt über die ganze Höhle.«

Skar lächelte flüchtig, aber er antwortete nicht mehr. Die vier Quorrl, die sie bewachten, mußten sie ohnehin für verrückt halten, wenn sie der Sprache mächtig waren, in der sie sich unterhielten. Aber Skar ließ sich von Titchs scheinbar lockerem Ton nicht eine Sekunde täuschen. Der Quorrl war so nervös wie er, wahrscheinlich mehr, denn er wußte sehr viel besser, mit wem sie es zu tun hatten. Sie versuchten beide nur, sich einzureden, daß es keinen Grund gab, Angst zu haben.

»Wer ist Rowl?« fragte er.

»Ihr Anführer«, antwortete Titch. »Du würdest ihn einen Räuberhauptmann nennen.«

»Und du?«

Titch überlegte einen Moment. »Einen Rebellen«, sagte er. »Aber auch einen Mörder. Er ist gefährlich, Skar. Laß dich nicht von seinem Äußeren täuschen, oder von seiner Art, sich zu geben. Nur ein Ungeheuer kann ein Heer von Ungeheuern führen.«

Das klang nicht besonders ermutigend, fand Skar. Aber was hatte er erwartet? Daß Fahs sie am Leben gelassen hatte, bedeutete nicht, daß sie es auch bleiben würden.

Das Geräusch der Tür und ein warnender Blick Titchs ließen ihn verstummen. Skar drehte sich bewußt langsam herum, sah aber im ersten Moment nichts, denn die Wächter versperrten ihm die Sicht. Erst, als die beiden Krieger respektvoll zur Seite traten, sah er Rowl.

Er begriff fast augenblicklich, was Titch gemeint hatte, als er ihn vor Rowl warnte.

Der Anführer der Bastarde sah absolut normal aus - für einen Quorrl: ein sieben Fuß hoher Gigant mit schuppiger grüner Panzerhaut und Schultern, hinter denen sich ein Mann von Skars Statur bequem zweimal verstecken konnte. Sein Gesicht war flach und reptilienhaft, gleichzeitig aber auch mit der Andeutung menschlicher Züge, und selbst seine Kleidung unterschied sich kaum von der der Krieger, die sie hierhergebracht hatten. Er trug keine Waffen. Nichts an diesem Quorrl wirkte irgendwie gefährlich oder auch nur ungewöhnlich.

Nichts - außer seinen Augen, dachte Skar.

Es waren die kalten, pupillenlosen Fischaugen eines Quorrl, die ihm aus dem flachen Echsengesicht entgegenstarrten, aber es waren auch die Augen eines Mannes, der die Macht kennengelernt hatte; nicht die Augen eines Wahnsinnigen, wie Fahs, oder eines Fanatikers, wie es Ian gewesen war. Rowls Blick war der eines Herrschers. Skar hatte Augen wie diese schon gesehen; in den Gesichtern unterschiedlichster Wesen aus verschiedenen Völkern und Kulturen, und doch waren sie irgendwie alle gleich gewesen: Es war der Blick eines Mannes, der vielleicht keine Willkür oder Ungerechtigkeit, aber auch ganz bestimmt keine Gnade kannte. Aus den Augenwinkeln fing er einen warnenden Blick Titchs auf und trat zur Seite, als Rowl näher kam; aber er tat es absichtlich langsam, ohne eine Spur von Furcht oder gar Unterwürfigkeit, und die Reaktion in Rowls Blick sagte ihm, daß er auf die einzig richtige Art gehandelt hatte.

»Du bist also Skar«, sagte der Quorrl, nachdem er stehengeblieben und Titch und ihn einige Sekunden lang abwechselnd angesehen hatte. »Der Skar?«

Skar nickte. Bei jedem anderen hätte er versucht, die gewichtige Betonung des ersten Wortes durch eine lässige Bemerkung oder einen Scherz zu entschärfen. Bei Rowl wäre dies ein Fehler gewesen. Wenn es überhaupt etwas gab, was dieser Quorrl respektierte, dann war es Stärke.

»Und du Titch?«

»Der Titch«, fügte Titch kalt hinzu. »Ehe du fragst, Bastard.« Rowl lächelte flüchtig. »Ich hätte nicht gefragt«, sagte er. »Vielleicht kennst du mich nicht, Titch. Ich dich dafür um so besser.« Er wandte sich wieder an Skar, blickte ihn sekundenlang durchdringend und mit leicht gerunzelter Stirn an und trat dann einen Schritt zurück, um mit ihnen beiden zugleich reden zu können, ohne ständig den Kopf zu drehen.

»Jetzt, nachdem ich mich davon überzeugt habe, daß ihr wirklich die seid, von denen Fahs behauptete, daß sie es sind«, begann er umständlich (Um Zeit zu gewinnen? dachte Skar. Und wenn ja, warum?), »frage ich mich um so mehr, warum ihr gekommen seid. Ihr müßt entweder besonders dumm sein - oder besonders verzweifelt. Ihr seid auf der Flucht vor dem Heer aus Ninga?«

»Auf der Flucht ja«, antwortete Titch. »Aber nicht vor diesen Tölpeln, die kaum wissen, an welcher Seite sie ein Schwert anfassen müssen.«

»Oh, ganz so dumm sind sie leider nicht«, antwortete Rowl betrübt. »Du bist nicht der einzige Krieger, den dieses Land jemals hervorgebracht hat, Titch. Aber wenn ihr nicht vor ihnen flieht, warum sind all diese Krieger dann draußen auf dem Plateau? Und die gut tausend anderen, die ihnen noch folgen?«

»Wenn du alles so genau weißt«, mischte sich Skar ein, »dann weißt du auch, warum die Krieger gekommen sind. Sie suchen Schutz, Rowl. Sie wollen sich deinen Männern anschließen. Dir.«

»Mir?« Rowl lachte leise, aber es klang nur kalt. »Du scherzt, Satai. Was bringt dich auf die Idee, daß ich auch nur so viel für sie tun würde?« Er schnippte mit den Fingern. »Hältst du mich wirklich für so dumm, dem gleichen Heer Unterschlupf zu gewähren, das noch vor zwei Jahren dort draußen lag, um Caran zu überrennen?«

»Es ist nicht mehr das gleiche Heer«, antwortete Skar.

»Und wenn.« Rowl machte eine wegwerfende Handbewegung. »Sie waren meine Feinde. Und jetzt sind sie die Feinde derer, die noch meine Feinde sind. Sie interessieren mich nicht.« Er schnitt Skar mit einer herrischen Geste das Wort ab, als er widersprechen wollte, und fuhr fort: »Aber ihr interessiert mich. Fahs sagt, ihr hättet eine Nachricht von Cron für mich?«

»Keine Nachricht«, antwortete Titch.

»Was dann?«

»Sein Wort, Rowl. Das du einlösen wirst. Cron und ich schlossen einen Handel, bevor er starb.«

»Er... starb?« Rowl schüttelte verwirrt den Kopf. »Cron ist tot, sagst du?«

»Ja. Und ich fürchte, auch alle, die auf seinem Hof gelebt haben.«

»Habt ihr es gesehen?« fragte Rowl mißtrauisch. Die Nachricht von Crons Tod hatte ihn sichtlich erschüttert. »Wart ihr dabei?«

»Nicht direkt«, antwortete Skar. »Aber wir sahen den Hof brennen. Und es sah nicht so aus, als wäre irgend jemand entkommen.«

Rowl starrte ihn an. Seine mächtigen Kiefer mahlten, und zum ersten Mal bemerkte Skar so etwas wie ein Gefühl in dem Gesicht des Quorrl. Die Nachricht von Crons Tod ging ihm sichtbar nahe. Aber er fand seine Fassung auch ebenso schnell wieder, wie er sie verloren hatte.

»Was ist passiert?« fragte er. »Wer war es? Die Garde?«

»Das wissen wir nicht«, antwortete Titch. »Er schickte uns fort, ehe sie kamen. Aber es muß die Garde gewesen sein - oder andere von Ningas Schergen. Cron hat einen Bestimmer getötet.« Rowl blickte Titch zweifelnd an, sagte aber nichts, sondern gab ihm nach einem Augenblick mit einer Geste zu verstehen, weiterzureden. Und Titch tat es.

Natürlich erzählte er nicht die Wahrheit. Damit hatte Skar nicht gerechnet. Titch konnte unmöglich erzählen, was wirklich passiert war - selbst, wenn Rowl ihm geglaubt hätte, wäre das einzige Ergebnis wohl gewesen, daß er ihn und Skar auf der Stelle hätte töten lassen.

Und trotzdem war er überrascht, wie überzeugend und vor allem phantasievoll Titch lügen konnte. Die Geschichte, die er Rowl erzählte, hatte mit der Wahrheit nur insofern zu tun, daß er von Crons Auseinandersetzung mit dem Bestimmer und ihrer abschließenden Flucht vom Hof sprach, aber sie hätte selbst Skar überzeugt, hätte er die Wahrheit nicht gekannt.

»Er ist tot«, schloß Titch. »Wir haben seinen Tod nicht miterlebt, aber du kennst Cron so gut wie ich - er war kein Mann, der davongelaufen wäre.«

»Das bist du auch nicht«, antwortete Rowl. Skar suchte vergeblich nach irgendeiner Reaktion in seinem Gesicht. Rowls Züge waren wie aus Stein, Es war nicht zu erkennen, ob er Titchs Geschichte glaubte oder nicht. »Trotzdem bist du geflohen. Warum?«

»Weil wir nicht nach Cant gekommen sind, um in einem sinnlosen Kampf zu sterben«, antwortete Titch.

»Dann war es doppelt dumm, zu mir zu kommen«, sagte Rowl hart. »Wenn du glaubst, ich lasse dich am Leben, nur weil du mir die Nachricht vom Tod meines Bruders -«

»Wir bringen dir seinen letzten Wunsch«, unterbrach ihn Titch. »Und sein Erbe.«

Rowls Augen wurden schmal. »Sein Erbe?«

»Der Grund, aus dem er den Bestimmer tötete.« Er legte eine lange, genau bemessene Pause ein und fuhr mit veränderter Stimme fort: »Cron und ich schlossen einen Handel, ehe er starb, Rowl.«

»Und was habe ich damit zu tun?«

»Skar, ich und ein Menschenjunges, das draußen bei meinen Kriegern zurückgeblieben ist, sind auf dem Weg nach Ninga«, antwortete Titch. »Wir müssen in den Goldenen Tempel. Und du bist der einzige, der uns den Weg dorthin zeigen kann.« Für eine einzelne Sekunde verlor Rowl seine scheinbar so unerschütterliche Haltung. Fassungslos starrte er Titch an. »Du... du denkst...«

»Ich habe das, was der Bestimmer wollte, Rowl«, unterbrach ihn Titch. »Crons Brut. Fünfhundert befruchtete Eier, die niemals in Ninga waren. Ich versprach Cron, sie zu dir zu bringen. Das war unser Handel, Rowl - fünfhundert neue Leben gegen den Weg in den Goldenen Tempel.«

»Du lügst!« behauptete Rowl impulsiv. »Cron hätte sie niemals dir anvertraut.«

»Das stimmt«, antwortete Titch unbeeindruckt. »Er vertraute sie Skar an. Du kennst seinen Ruf, Rowl. Er ist ein erbarmungsloser Krieger, aber er hat noch nie sein Wort gebrochen. Cron wußte, daß er sterben würde, und er wußte, daß Ninga Truppen schicken würde, um sich zu holen, was er ihnen freiwillig niemals gegeben hätte. Er hatte nur die Wahl, die Brut zu vernichten - oder zu euch zu bringen.«

»Selbst, wenn es so wäre«, antwortete Rowl unsicher. »Was sollte mich daran hindern, hinauszugehen und sie mir einfach zu nehmen?«

»Crons Wort.«

»Crons Wort!« Rowl lachte, aber es klang nicht einmal halb so kalt und abfällig, wie es sollte. »Crons Wort!« sagte er noch einmal. »Es war sein Wort, nicht das meine.«

»Cron war dein Bruder.«

»Und?« schnappte Rowl. »Das sind eure Gesetze, nicht unsere. Ihr wollt nach Ninga? Dann geht. Ich werde euch nicht aufhalten. Geht und versucht, wie weit ihr kommt, ihr Narren. Ich werde hinausgehen und mir nehmen, was mir zusteht.«

»Das dürfte dir schwerfallen«, sagte Skar ruhig. »Ich habe dafür gesorgt, daß die Eier vernichtet werden, wenn irgendein anderer als Titch oder ich ihnen auch nur nahe kommen.« Es war ein Bluff, und es war ein Fehler, das spürte er schon, während er die Worte aussprach. Rowls Gesicht erstarrte wieder zu Stein, während in Titchs Augen ein jäher Schrecken aufglomm. »Vernichtet?« vergewisserte sich Rowl. »Bist du sicher?«

»Probier es aus.«

»Das werde ich, Satai«, antwortete Rowl. »Ich weiß jetzt, daß du lügst. Nicht einmal Titchs Mörderbande würde sich an der ungeschlüpften Brut vergreifen, Mensch.«

»Sie vielleicht nicht«, antwortete Skar gelassen. »Aber Kiina.«

»Kiina? Wer soll das sein?«

»Das Mädchen«, sagte Skar. »Das ... Menschenjunge, von dem Titch dir erzählt hat. Ich glaube nicht, daß sie sonderliche Hemmungen hat, ein paar hundert Quorrl-Eier zu verbrennen. Sie hält nicht sehr viel von den Quorrl, glaube ich.«

Rowl starrte ihn an; eine Sekunde, zwei, drei, vier. Es fiel Skar mit jedem Herzschlag schwerer, dem durchdringenden Blick seiner Augen standzuhalten, aber irgendwoher nahm er die Kraft, es dennoch zu tun - vielleicht aus dem sicheren Wissen heraus, daß es sein und Titchs Tod war, wenn er es nicht schaffte. Und schließlich erlosch das drohende Funkeln in Rowls Augen und machte hilflosem Zorn Platz. »Also gut«, sagte er gepreßt. »Was verlangt ihr?«

»Dein Wort«, sagte Skar. »Freies Geleit für Titchs Männer und einen Führer, der Kiina, Titch und mich nach Ninga bringt.«

»Der Weg auf die verbotenen Inseln ist gefährlich«, antwortete Rowl. »Selbst der, den ich euch zeigen kann. Die Männer werden nicht zurückkommen. Ich schicke sie in den sicheren Tod, Satai. Du verlangst viel.«

»Ich biete viel.«

Wieder vergingen Sekunden, in denen Rowl ihn nur anstarrte. Dann, ganz plötzlich, fiel die Spannung von ihm ab. Er lachte leise. »Du wärst ein guter Händler geworden, Satai«, sagte er. »Weißt du das?«

»Ich bin es«, antwortete Skar.

Rowl lachte erneut, und jetzt hörte es sich fast echt an.

»Kommt«, sagte er. »Laßt uns gehen und Crons Eier holen. Und dieses Menschenweibchen, das so gut darauf aufpaßt.«

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