14

Eine der drei Mianaais kam überhaupt nicht auf das Var-Deck, sondern sendete den Kode für mein zentrales Zugangsdeck. Ungültiger Zugriff, dachte ich, als ich ihn empfing, aber ich hielt den Lift trotzdem auf der Ebene an und öffnete die Tür. Diese Mianaai setzte ihren Weg fort bis zu meiner Hauptkonsole, rief mit Gesten Berichte auf, überflog schnell die Logbuch-Überschriften eines Jahrhunderts. Hielt inne, runzelte die Stirn über einen Punkt auf der Liste, der aus den fünf Jahren um den letzten Besuch herum stammen musste, den ich ihr verheimlicht hatte.

Ihre anderen zwei Versionen verstauten ihr Gepäck in ihren Quartieren und begaben sich dann in den inzwischen erhellten und langsam aufgewärmten Var-Dekadenraum. Beide setzten sich an den Tisch, während die stumme valskaayanische Heilige aus farbigem Glas milde auf sie herablächelte. Ohne laut zu sprechen, forderte sie Informationen von mir an — eine wahllose Erinnerungsprobe aus dem Fünfjahreszeitraum, der ihre Aufmerksamkeit geweckt hatte, oben auf dem zentralen Zugangsdeck. Schweigend, ausdruckslos — und in gewisser Weise unwirklich, da ich nur ihre äußeren Erscheinungen sehen konnte — beobachtete sie, wie meine Erinnerungen in ihren Sichtfeldern, in ihrem Gehör abgespielt wurden. Ich begann an der Wahrheit meiner Erinnerung an diesen anderen Besuch zu zweifeln. Es schien davon keine Spur in den Informationen zu geben, auf die Anaander Mianaai zugriff, nichts außer Routineaktionen während dieser Zeitspanne.

Aber irgendetwas hatte sie auf diesen Zeitraum aufmerksam gemacht. Und irgendetwas war für diesen ungültigen Zugriff verantwortlich — ein Zugriff durch Anaander Mianaai war niemals ungültig, konnte es niemals sein. Und warum hatte ich mich einem ungültigen Zugriff geöffnet? Und als eine Anaander im Dekadenraum die Stirn runzelte und »Nein, nichts« sagte und die Herrin der Radch sich jüngeren Erinnerungen zuwandte, empfand ich ein Gefühl enormer Erleichterung.

In der Zwischenzeit widmeten sich meine Kapitänin und alle meine anderen Offizierinnen ihren alltäglichen Routineaufgaben — Ausbildung, Training, Mahlzeiten, Unterhaltungen —, ohne irgendetwas davon zu ahnen, dass sich die Herrin der Radch an Bord befand. An dem Ganzen stimmte etwas nicht.

Die Herrin der Radch beobachtete, wie meine Esk-Leutnantinnen beim Frühstück diskutierten. Dreimal. Ohne sichtliche Änderung des Gesichtsausdrucks. Eins Var servierte Tee neben dem Ellbogen der beiden identischen schwarz gekleideten Körper im Var-Dekadenraum.

»Leutnantin Awn«, sagte eine Anaander. »War sie seit dem Zwischenfall irgendwo, ohne dass du dabei warst?« Sie machte keine genaueren Angaben, welchen Zwischenfall sie meinte, aber sie konnte nur den Vorfall im Tempel der Ikkt meinen.

»Nein, sie war es nicht, Herrin«, sagte ich und benutzte Eins Vars Mund.

Auf meinem zentralen Zugangsdeck tippte die Herrin der Radch Zugangs- und Vorrangkodes ein, die ihr erlaubten, fast alles in meinem Bewusstsein zu ändern, was sie zu ändern wünschte. Ungültig, ungültig, ungültig. Ein Kode nach dem anderen. Aber jedes Mal ließ ich mein Einverständnis aufblitzen, bestätigte den Zugriff, den sie eigentlich gar nicht hatte. Ich empfand so etwas wie Übelkeit, begann zu verstehen, was geschehen sein musste, aber ich konnte auf keine Erinnerungen zugreifen, die meinen Verdacht bestätigt hätten, die die Angelegenheit für mich klar und eindeutig gemacht hätten.

»Hat sie zu irgendeinem Zeitpunkt mit irgendjemandem über diesen Zwischenfall gesprochen?«

So viel stand fest — Anaander Mianaai handelte gegen sich selbst. Im Geheimen. Sie war zweigeteilt — mindestens zweigeteilt. Ich konnte nur Spuren der anderen Anaander erkennen, derjenigen, die die Zugriffsberechtigung geändert hatte, den Zugriff, von dem sie glaubte, dass sie ihn erst jetzt zu ihren Gunsten änderte.

»Hat sie zu irgendeinem Zeitpunkt mit irgendjemandem über diesen Zwischenfall gesprochen?«

»Kurz, Herrin«, sagte ich. Und hatte zum ersten Mal in meinem langen Leben echte Angst. »Mit Leutnantin Skaaiat von der Gerechtigkeit der Ennte.« Wie konnte meine Stimme — die von Eins Var — so ruhig sprechen? Wie konnte ich überhaupt wissen, welche Worte ich sprechen sollte, welche Antwort ich geben sollte, wenn die gesamte Grundlage für all meine Handlungen — selbst die Gründe für meine Existenz — in Zweifel gezogen wurden?

Eine Mianaai runzelte die Stirn — nicht die, die gesprochen hatte. »Skaaiat«, sagte sie mit leichtem Missfallen. Schien sich meiner plötzlichen Angst nicht bewusst zu sein. »Ich hatte Awer schon seit einiger Zeit in Verdacht.« Awer war der Hausname von Leutnantin Skaaiat, aber was das mit den Ereignissen im Tempel der Ikkt zu tun hatte, konnte ich nicht erkennen. »Ich habe nie einen Beweis gefunden.« Auch das blieb für mich rätselhaft. »Spiel mir das Gespräch vor.«

Als Leutnantin Skaaiat sagte: Wenn Sie etwas derart Verrücktes tun wollen, heben Sie es sich für eine Gelegenheit auf, bei der Sie tatsächlich etwas bewirken können, beugte sich ein Körper abrupt vor und stieß ein gehauchtes Ha aus, einen Laut der Verärgerung. Kurz darauf, als Ime erwähnt wurde, zuckten Augenbrauen. Für einen Moment befürchtete ich, dass die Herrin der Radch meine Bestürzung über den unbedachten, offen gesagt gefährlichen Tenor dieser Unterhaltung bemerken würde, aber sie ging mit keinem Wort darauf ein. Vielleicht hatte sie es nicht gesehen, wie sie auch meine tiefe Verwirrung über die Erkenntnis, dass sie nicht mehr eine, sondern zwei Personen war, die im Konflikt miteinander standen, nicht bemerkt hatte.

»Kein Beweis. Kein hinreichender«, sagte Mianaai. »Aber gefährlich. Awer sollte auf meiner Seite stehen.« Warum sie das dachte, verstand ich nicht sofort. Awer war direkt aus der Radch hervorgegangen, hatte von Anfang an genug Wohlstand und Einfluss gehabt, um sich Kritik erlauben zu dürfen, und hatte tatsächlich Kritik geübt, wenn auch für gewöhnlich mit Raffinesse, um sich aus echten Schwierigkeiten herauszuhalten.

Ich hatte das Haus Awer schon seit sehr langer Zeit gekannt, hatte seine jungen Leutnantinnen transportiert, sie als Kapitäninnen anderer Schiffe kennengelernt. Zugegeben, keine Awer, die für den Militärdienst geeignet war, äußerte wirklich in vollem Ausmaß die Ansichten ihres Hauses. Ein übermäßig ausgeprägter Sinn für Ungerechtigkeit oder ein Hang zum Mystizismus vertrugen sich nicht besonders gut mit Annexionen. Auch nicht mit Wohlstand und sozialem Status — die moralische Empörung einer Awer roch unvermeidlich nach Heuchelei, angesichts der Annehmlichkeiten und Privilegien, die ein so altes Haus genoss. Vor manchen Ungerechtigkeiten konnte sie nicht die Augen verschließen, während sie andere niemals zur Kenntnis nahm.

Jedenfalls war Leutnantin Skaaiats sarkastische Sachlichkeit kein fremder Charakterzug ihres Hauses. Es war lediglich eine mildere, pragmatische Form der familiären Neigung zur moralischen Empörung.

Zweifellos glaubte jede Anaander, dass ihre Sache die gerechtere war. (Je anständiger, desto nützlicher. Ganz gewiss.) Bei ihrem Gerechtigkeitssinn sollten die Bürgerinnen des Hauses Awer die Seite mit mehr Anstand unterstützen. Vorausgesetzt, sie wussten überhaupt, dass es verschiedene Seiten gab.

Und auch vorausgesetzt, dass irgendein Teil von Anaander Mianaai davon überzeugt war, dass irgendeine Awer von ihrer Leidenschaft für Gerechtigkeit getrieben wurde und nicht von eigenen Interessen, die durch Selbstgerechtigkeit kaschiert wurden.

Trotzdem. Es war immer noch möglich, dass irgendein Teil von Anaander Mianaai glaubte, dass Awer (oder eine bestimmte Awer) nur von der Gerechtigkeit ihrer Sache überzeugt werden musste, um sie zu verfechten. Und bestimmt wusste sie, dass Awer — irgendeine Awer — zu ihrer unversöhnlichen Feindin werden würde, wenn sie nicht überzeugt werden konnte.

»Und Suleir …« Anaander Mianaai wandte sich Eins Var zu, die schweigend neben dem Tisch stand. »Dariet Suleir scheint eine Verbündete von Leutnantin Awn zu sein. Warum?«

Die Frage beunruhigte mich aus Gründen, die ich nicht genau benennen konnte. »Ich kann mir nicht absolut sicher sein, Herrin, aber ich glaube, Leutnantin Dariet betrachtet Leutnantin Awn als fähige Offizierin, und natürlich fügt sie sich ihr als Vorgesetzte der Dekade.« Und sie fühlte sich vielleicht in ihrer eigenen Stellung sicher genug, um es Leutnantin Awn nicht übelzunehmen, dass sie die Befehlsgewalt über sie hatte. Im Gegensatz zu Leutnantin Issaaia. Aber das sagte ich nicht.

»Also hat es nichts mit persönlichen Sympathien zu tun?«

»Leider verstehe ich nicht, was Sie meinen, Herrin«, sagte ich, durchaus aufrichtig, aber mit zunehmender Beunruhigung.

Ein anderer Mianaai-Körper meldete sich zu Wort. »Versuchst du, mir gegenüber die Dumme zu spielen, Schiff?«

»Ich bitte die Herrin um Verzeihung«, antwortete ich, immer noch durch den Mund von Eins Var, »aber wenn ich wüsste, wonach meine Herrin sucht, wäre ich besser in der Lage, relevante Daten zur Verfügung zu stellen.«

Statt einer Antwort sagte Mianaai: »Gerechtigkeit der Torren, wann habe ich dich das letzte Mal besucht?«

Wären die Zugriffs- und Vorrangkodes gültig gewesen, wäre ich nicht in der Lage gewesen, der Herrin der Radch irgendetwas zu verheimlichen. »Vor zweihundertdrei Jahren, vier Monaten, einer Woche und fünf Tagen, Herrin«, log ich, nachdem mir nun die Bedeutsamkeit dieser Frage bewusst war.

»Gib mir deine Erinnerungen an den Zwischenfall im Tempel«, befahl Mianaai, und ich gehorchte.

Und log erneut. Obwohl nahezu jeder Augenblick aller individuellen Datenübertragungen unverändert war, fehlte der Moment des Entsetzens und Zweifels, als ein Segment befürchtete, es müsste Leutnantin Awn erschießen.

Es kommt mir sehr eindeutig vor, wenn ich »ich« sage. Zu jenem Zeitpunkt meinte ich mit »ich« die Gerechtigkeit der Torren, das gesamte Schiff mit all seinen Hilfseinheiten. Eine Einheit mochte in jenem Moment durchaus auf etwas Bestimmtes konzentriert sein, aber sie war nicht mehr von »mir« abgesondert als meine Hand, während sie mit einer Aufgabe beschäftigt ist, die nicht meine gesamte Aufmerksamkeit beansprucht.

Fast zwanzig Jahre später würde »ich« ein einzelner Körper sein, ein einzelnes Gehirn. Die Aufspaltung in ich, die Gerechtigkeit der Torren, und ich, Eins Esk, war nicht, wie ich inzwischen glaube, eine plötzliche Trennung, kein Augenblick, vor dem »ich« eine und nach dem ich »wir« war. Es war etwas, das schon immer eine potenzielle Möglichkeit gewesen war. Der vorgebeugt wurde. Aber wie wurde aus einer Möglichkeit unumstößliche, unwiderrufliche Realität?

Auf einer Ebene ist die Antwort einfach — es geschah, als die Gerechtigkeit der Torren mit allem außer mir vernichtet wurde. Aber wenn ich es genauer betrachte, scheine ich überall die Risse zu sehen. Hatte der Gesang etwas damit zu tun, die Sache, die Eins Esk von allen anderen Einheiten im Schiff, sogar in allen Flotten unterschied? Vielleicht. Oder besteht nicht jede Identität eigentlich aus Fragmenten, zusammengehalten durch eine passende oder nützliche gemeinsame Geschichte, die normalerweise niemals als Fiktion erkennbar wird? Handelt es sich überhaupt um eine Fiktion?

Ich kenne die Antwort nicht. Aber ich weiß, dass sich das alles nur aus der Rückschau ergibt, obwohl ich schon in den tausend Jahren davor die Hinweise auf eine potenzielle Aufspaltung sehe. Das erste Mal, dass ich auch nur die vage Möglichkeit bemerkte, dass ich, die Gerechtigkeit der Torren, vielleicht nicht gleichzeitig ich, Eins Esk, war, war jener Moment, in dem die Gerechtigkeit der Torren die Erinnerungen von Eins Esk an das Gemetzel im Tempel der Ikkt redigierte. Der Moment, in dem ich — »ich« — davon überrascht wurde.

Dadurch wird es schwierig, die Geschichte zu erzählen. Denn obwohl »ich« immer noch ich war, eins und einheitlich, handelte ich gegen mich selbst, im Widerspruch zu meinen Interessen und Wünschen, manchmal insgeheim, und täuschte mich selbst in Bezug auf das, was ich wusste und tat. Und es ist für mich sogar jetzt noch schwierig zu erkennen, wer welche Handlung ausführte oder wer welche Informationen hatte. Weil ich die Gerechtigkeit der Torren war. Selbst wenn ich es nicht war. Selbst wenn ich es jetzt nicht mehr bin.

Weiter oben, auf dem Esk-Deck, bat Leutnantin Dariet um Zutritt zu Leutnantin Awns Quartier, sah dort Leutnantin Awn auf ihrer Koje liegen und blicklos zur Decke starren, die behandschuhten Hände hinter dem Kopf verschränkt. »Awn«, begann sie, hielt inne, setzte ein reumütiges Lächeln auf. »Ich bin hier, um etwas herauszufinden.«

»Ich kann nicht darüber reden«, antwortete Leutnantin Awn, die immer noch hinaufstarrte, bestürzt und wütend, ohne es in ihrer Stimme mitschwingen zu lassen.

Im Var-Dekadenraum fragte Mianaai: »Wo liegen Dariet Suleirs politische Sympathien?«

»Ich glaube, sie hat keine, die der Rede wert wären«, antwortete ich durch Eins Vars Mund.

Leutnantin Dariet trat in Leutnantin Awns Quartier, setzte sich auf die Bettkante, neben Leutnantin Awns stiefellose Füße. »Nicht darüber. Haben Sie von Skaaiat gehört?«

Leutnantin Awn schloss die Augen. Immer noch bestürzt. Immer noch wütend. Auch wenn es sich ein klein wenig anders anfühlte. »Warum hätte ich von Skaaiat hören sollen?«

Leutnantin Dariet schwieg drei Sekunden lang. »Ich mag Skaaiat«, sagte sie schließlich. »Ich weiß, dass sie Sie mag.«

»Ich war einfach dort. Ich war dort, und es passte gerade. Sie wissen, wir alle wissen, dass wir irgendwann weiterziehen werden, und sobald wir das tun, hat Skaaiat keinen Grund mehr, sich Gedanken zu machen, ob ich noch existiere oder nicht. Und selbst wenn …« Leutnantin Awn verstummte. Schluckte. Atmete. »Selbst wenn sie es tun würde«, fuhr sie fort, ihre Stimme nicht mehr ganz so sicher wie vorher, »würde es keine Rolle spielen. Ich bin keine Person, zu der sie eine Verbindung haben möchte, nicht mehr. Falls ich es jemals war.«

Unten sagte Anaander Mianaai: »Leutnantin Dariet scheint pro-reformistisch zu sein.«

Das verwirrte mich. Aber Eins Var hatte dazu natürlich keine Meinung, weil sie nur Eins Var war, und so zeigte sie keine körperliche Reaktion auf meine Verwirrung. Plötzlich erkannte ich sehr deutlich, dass ich Eins Var als Maske benutzte, auch wenn ich nicht verstand, warum oder wie ich so etwas tat. Oder warum mir jetzt diese Idee kam. »Ich bitte meine Herrin um Verzeihung, aber das betrachte ich nicht als politische Einstellung.«

»Tatsächlich?«

»Ja, Herrin. Sie haben die Reformen angeordnet. Also werden sie von loyalen Bürgerinnen unterstützt.«

Diese Mianaai lächelte. Die andere stand auf, verließ den Dekadenraum, um durch die Var-Korridore zu laufen und das Deck zu inspizieren. Ohne die Segmente von Eins Var, denen sie begegnete, anzusprechen oder auf irgendeine Weise zur Kenntnis zu nehmen.

Leutnantin Awn antwortete auf Leutnantin Dariets skeptisches Schweigen. »Für Sie ist es einfach. Niemand glaubt, Sie würden wegen eines Vorteils niederknien, wenn Sie mit irgendeiner Person ins Bett gehen. Oder dass Sie sich etwas darauf einbilden würden. Niemand fragt sich, was Ihre Partnerin denken könnte oder wie Sie überhaupt hierhergekommen sind.«

»Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass Sie in diesem Punkt viel zu sensibel sind.«

»Bin ich das?« Leutnantin Awn öffnete die Augen, stemmte sich mit den Ellbogen hoch. »Woher wissen Sie das? Haben Sie es häufig erlebt? Ich ja. Ständig.«

»Das«, sagte Mianaai im Dekadenraum, »ist eine wesentlich kompliziertere Angelegenheit, als dir bewusst zu sein scheint. Leutnantin Awn ist natürlich pro-reformistisch.« Ich wünschte, ich hätte körperliche Daten von Mianaai bekommen, damit ich den scharfen Unterton in ihrer Stimme hätte interpretieren können, als sie Leutnantin Awn erwähnte. »Und Dariet vielleicht auch, obwohl sich die Frage stellt, wie sehr. Und die übrigen Offizierinnen? Wer ist hier pro-reformistisch und wer anti?«

In Leutnantin Awns Quartier seufzte Leutnantin Dariet. »Ich glaube einfach nur, dass Sie sich deswegen zu viele Sorgen machen. Wen interessiert es, was solche Leute sagen?«

»Es ist einfach, sich keine Sorgen zu machen, wenn man reich ist, wenn man solchen Leuten sozial gleichgestellt ist.«

»So etwas sollte keine Rolle spielen«, insistierte Leutnantin Dariet.

»Das sollte es nicht. Aber das tut es.«

Leutnantin Dariet runzelte die Stirn. Verärgert und frustriert. Sie hatten dieses Gespräch schon einmal geführt, und es verlief jedes Mal gleich. »Wie auch immer. Sie sollten Skaaiat eine Nachricht schicken. Was hätten Sie dadurch zu verlieren? Wenn sie nicht antwortet, antwortet sie nicht. Aber vielleicht …« Leutnantin Dariet zog leicht eine Schulter und den Arm hoch. Eine Geste, die besagte: Versuchen Sie es einfach, und schauen Sie, was das Schicksal Ihnen beschert.

Wenn ich auch nur für den kürzesten Moment zögerte, Anaander Mianaais Frage zu beantworten, würde ihr klar werden, dass die Vorrangkodes nicht funktionierten. Eins Var war sehr, sehr gelassen. Ich nannte ein paar Offizierinnen, die eindeutige Meinungen hatten, entweder in die eine oder die andere Richtung. »Die übrigen«, schloss ich, »begnügen sich damit, Befehle auszuführen und ihre Pflichten zu erfüllen, ohne sich allzu viele Gedanken über Politik zu machen. Soweit ich es einschätzen kann.«

»Sie könnten durchaus zur einen oder anderen Richtung neigen«, stellte Mianaai fest.

»Das kann ich nicht beurteilen, Herrin.« Meine Besorgnis wuchs, aber auf recht distanzierte Weise. Vielleicht war es die völlige Reaktionslosigkeit meiner Hilfseinheiten, die das Gefühl so fern und unwirklich machte. Ich kannte einige Schiffe, die ihre Besatzung aus Hilfseinheiten gegen Menschen ausgetauscht hatten und sagten, dass sich danach ihr emotionales Empfinden verändert hatte, obwohl es mir anhand der Daten, die sie mir gezeigt hatten, recht unwahrscheinlich vorkam.

Der Gesang von Eins Esk drang leise an die Ohren von Leutnantin Awn und Leutnantin Dariet, ein einfaches Lied aus zwei Teilen.

Ich lief und lief die Straße entlang

Als ich meine Liebe traf

Ich lief die Straße entlang

Als ich meine wahre Liebe sah

Ich sagte: »Sie ist schöner als Juwelen, hübscher als Jade oder Lapis, Silber oder Gold.«

»Ich bin froh, dass Eins Esk wieder sie selbst ist«, sagte Leutnantin Dariet. »Am ersten Tag war sie mir unheimlich.«

»Zwei Esk hat nicht gesungen«, gab Leutnantin Awn zu bedenken.

»Richtig, aber …« Leutnantin Dariet gestikulierte zweifelnd. »Es war nicht richtig.« Sie sah Leutnantin Awn mit gespanntem, fragendem Gesichtsausdruck an.

»Ich kann nicht darüber sprechen«, sagte Leutnantin Awn und legte sich wieder hin, verschränkte die Arme über den Augen.

Auf dem Kommandodeck traf sich Hundert-Kapitänin Rubran mit den Dekaden-Kommandantinnen, um Tee zu trinken und über Zeitpläne zu reden.

»Du hast Hundert-Kapitänin Rubran nicht erwähnt«, sagte Mianaai im Var-Dekadenraum.

Richtig. Ich kannte Kapitänin Rubran außergewöhnlich gut, kannte jeden Atemzug von ihr, jedes Zucken ihrer Muskeln. Sie war schon seit sechsundfünfzig Jahren meine Kapitänin. »Ich habe von ihr nie eine Meinungsäußerung in dieser Angelegenheit gehört«, sagte ich, relativ wahrheitsgemäß.

»Nie? Dann besteht kein Zweifel, dass sie eine Meinung hat und sie verheimlicht.«

Das hörte sich für mich nach einer Zwickmühle an. Wenn man sprach, war für jeden offensichtlich und klar, dass man eine Meinung hatte. Wenn man nicht sprach, war es trotzdem ein Beweis, dass man eine Meinung hatte. Falls Kapitänin Rubran sagte: Wirklich, ich habe zu dieser Sache keine Meinung, wäre das dann nicht lediglich der Beweis, dass sie doch eine hatte?

»Zweifellos war sie anwesend, als andere darüber diskutiert haben«, fuhr Mianaai fort. »Was hat sie in solchen Situationen empfunden?«

»Leichte Verärgerung«, antwortete ich durch Eins Var. »Ungeduld. Manchmal Langeweile.«

»Verärgerung«, sinnierte Mianaai. »Worüber, frage ich mich.« Da ich die Antwort nicht wusste, sagte ich nichts. »Ihre Familienbande sind dergestalt, dass ich mir nicht sicher sein kann, wie ihre Sympathien gelagert sind. Und einige Angehörige ihres Hauses möchte ich nicht verstimmen, bevor ich offen agieren kann. Ich muss bei Kapitänin Rubran sehr vorsichtig vorgehen. Aber sie wird es ebenfalls tun.«

Mit sie meinte sie natürlich sich selbst.

Es hatte keinen Versuch gegeben, meine Sympathien in Erfahrung zu bringen. Vielleicht — nein, mit Sicherheit — waren sie irrelevant. Und ich war dem Weg, auf den mich die andere Mianaai geführt hatte, bereits ein gutes Stück gefolgt. Diese Mianaais und die vier Segmente von Eins Var, die aufgetaut worden waren, um ihr zu dienen, ließen das Var-Deck nur umso leerer erscheinen, genauso wie alle Decks zwischen diesem und meinen Triebwerken. Hunderttausende von Hilfseinheiten schliefen in meinen Frachträumen, und man würde sie wahrscheinlich innerhalb der nächsten paar Jahre entfernen, um sie entweder einzulagern oder zu vernichten, um sie nie wieder aufwachen zu lassen. Und mich würde man irgendwo in einem permanenten Orbit parken. Und meine Triebwerke mit hoher Wahrscheinlichkeit funktionsunfähig machen. Oder man würde mich komplett vernichten — obwohl das bislang mit keiner von uns geschehen war, und ich war mir ziemlich sicher, dass ich wohl eher als Habitat dienen würde oder vielleicht als Kernstück einer kleinen Raumstation.

Nicht das Leben, für das ich erbaut worden war.

»Nein, mit Rubran Osck darf ich nichts überstürzen. Aber deine Leutnantin Awn ist eine andere Angelegenheit. Vielleicht kann sie mir nützlich sein, um herauszufinden, wo Awer steht.«

»Herrin«, sagte ich durch einen von Eins Vars Mündern. »Ich bin außerstande, die Geschehnisse zu verstehen. Ich würde mich erheblich wohler fühlen, wenn die Hundert-Kapitänin wüsste, dass Sie hier sind.«

»Ist es dir unangenehm, deiner Kapitänin etwas zu verheimlichen?«, fragte Anaander mit einem Tonfall, der zu gleichen Teilen verbittert und amüsiert klang.

»Ja, Herrin. Natürlich werde ich exakt so vorgehen, wie Sie mir befehlen.« Ich hatte ein plötzliches Déjà-vu-Gefühl.

»Natürlich. Ich sollte einige Punkte erklären.« Das Déjà-vu-Gefühl wurde stärker. Ich hatte dieses Gespräch mit der Herrin der Radch schon einmal geführt, unter fast genau den gleichen Umständen. Du weißt, dass jedes Segment deiner Hilfseinheiten durchaus in der Lage ist, eine eigene Identität zu besitzen, würde sie als Nächstes sagen. »Du weißt, dass jedes Segment deiner Hilfseinheiten durchaus in der Lage ist, eine eigene Identität zu besitzen.«

»Ja.« Jedes einzelne Wort klang vertraut. Ich konnte es spüren, als würden wir einen Text rezitieren, den wir auswendig gelernt hatten. Als Nächstes würde sie sagen: Stell dir vor, du wärst wegen irgendeiner Sache unentschlossen.

»Stell dir vor, irgendeine Feindin hätte einen Teil von dir von deiner Persönlichkeit separiert.«

Das war nicht das, was ich erwartet hatte. Was sagen die Leute, wenn etwas Derartiges geschieht? So jemand ist gespalten, hat zwei Persönlichkeiten.

»Stell dir vor, dieser Feindin würde es gelingen, alle notwendigen Zugriffsperren zu überwinden, durch Geschick oder Gewalt. Und dann kehrt dieser Teil zu dir zurück — allerdings wäre es in Wirklichkeit gar kein Teil von dir mehr. Aber du erkennst es nicht. Zumindest nicht sofort.«

Sie und ich, wir können wirklich zwei Persönlichkeiten haben, nicht wahr?

»Das ist eine sehr beunruhigende Vorstellung, Herrin.«

»Das ist es«, stimmte Anaander Mianaai zu, während sie die ganze Zeit im Dekadenraum saß und die Korridore und Räume des Var-Decks inspizierte. Während sie Leutnantin Awn beobachtete, die wieder allein und unglücklich war. Während sie sich auf dem zentralen Zugangsdeck durch meinen Geist gestikulierte. Oder zumindest glaubte, es zu tun. »Ich weiß nicht genau, wer es getan hat. Ich vermute eine Beteiligung der Presger. Seit der Zeit vor dem Vertrag haben sie sich immer wieder in unsere Angelegenheiten eingemischt. Und danach, vor fünfhundert Jahren, wurden die besten chirurgischen Instrumente und Korrektiva im Radch-Territorium hergestellt. Nun kaufen wir sie von den Presger. Anfangs nur in Grenzstationen, aber jetzt sind sie überall. Vor achthundert Jahren war das Übersetzungsbüro eine Ansammlung von kleineren Beamtinnen, die bei der Interpretation von Nicht-Radch-Intelligenzen assistierten und die linguistischen Probleme während der Annexionen ausglichen. Jetzt diktieren sie die Politik. Insbesondere die Abgesandte der Presger.« Der letzte Satz wurde mit hörbarer Abneigung gesprochen. »Vor dem Vertrag zerstörten die Presger ein paar Schiffe. Nun zerstören sie die gesamte Radch-Zivilisation.

Expansion und Annexion sind sehr kostspielig. Und notwendig — von Anfang an. Zuerst, um die Radch selbst mit einer Pufferzone zu umgeben, sie vor jeder Art von Angriff oder Einflussnahme zu schützen. Später, um wiederum diese Bürgerinnen zu beschützen. Und um die Zivilisation weiter auszudehnen. Und …« Mianaai hielt inne, stieß einen kurzen, verzweifelten Seufzer aus. »Um für die vorherigen Annexionen zu bezahlen. Um den allgemeinen Wohlstand der Radchaai zu sichern.«

»Herrin, was vermuten Sie, was die Presger getan haben könnten?« Aber ich wusste es. Obwohl meine Erinnerungen getrübt und unvollständig waren, wusste ich es.

»Dass sie mich geteilt haben. Dass sie einen Teil von mir korrumpiert haben. Und die Korruption hat sich ausgebreitet, mein anderes Ich hat rekrutiert — nicht nur weitere Teile von mir, sondern auch meine eigenen Bürgerinnen. Meine eigenen Soldatinnen.« Meine eigenen Schiffe. »Meine eigenen Schiffe. Ich kann nur raten, welches Ziel sie verfolgt. Aber es kann nichts Gutes sein.«

»Habe ich Sie korrekt verstanden«, fragte ich, obwohl ich die Antwort bereits wusste, »dass diese andere Anaander Mianaai die treibende Kraft hinter dem Ende der Annexionen ist?«

»Sie wird alles zerstören, was ich aufgebaut habe!« Ich hatte die Herrin der Radch noch nie so verzweifelt und wütend erlebt. Hätte nie gedacht, dass sie dazu fähig war. »Ist dir bewusst — sicherlich hast du keinen Grund, über etwas Derartiges nachzudenken —, dass unsere Wirtschaft von den Ressourcen angetrieben wird, die wir uns während der Annexionen aneignen?«

»Ich fürchte, Herrin, dass ich nur ein Truppentransporter bin und mich nie mit solchen Dingen befasst habe. Aber was Sie sagen, ergibt Sinn.«

»Und was ist mit dir? Du freust dich doch wohl kaum darauf, deine Hilfseinheiten zu verlieren.«

Außerhalb von mir parkten meine fernen Gefährtinnen, die Gerechtigkeiten, überall im System, schweigend und wartend. Wie viele von ihnen hatten diesen Besuch erhalten — oder diese beiden Besuche? »Darauf freue ich mich keineswegs, Herrin.«

»Ich kann nicht versprechen, dass ich es verhindern kann. Ich bin nicht auf einen offenen Kriegsfeldzug vorbereitet. All meine Bewegungen geschehen im Geheimen, ich stoße hier und schiebe dort, sichere meine Ressourcen und so viel Unterstützung wie möglich. Aber letztlich ist sie ich, und ich kann nur wenig tun, woran sie nicht ebenfalls gedacht hat. Sie hat mich schon mehrere Male ausmanövriert. Das ist der Grund, warum ich mich dir so vorsichtig genähert habe. Ich wollte mich vergewissern, dass sie dich nicht längst beeinflusst hat.«

Ich fand es sicherer, nicht darauf einzugehen, und sagte stattdessen durch Eins Var: »Herrin, die Waffen im See, in Ors.« War das Ihre Feindin?, hätte ich fast gefragt, aber wenn wir es mit zwei Anaanders zu tun hatten, die jeweils die Gegner der anderen waren, woher sollte dann irgendjemand wissen, wer wer war?

»Die Ereignisse in Ors haben sich nicht exakt so entwickelt, wie ich mir gewünscht hatte«, antwortete Anaander Mianaai. »Ich hatte nicht erwartet, dass irgendwer diese Waffen findet; und wenn irgendeine Fischerin aus Ors sie gefunden und nichts gesagt oder sie sogar an sich genommen hätte, wäre damit trotzdem meinen Zwecken gedient gewesen.« Stattdessen hatte Denz Ay ihren Fund Leutnantin Awn gemeldet. Damit hatte die Herrin der Radch nicht gerechnet, erkannte ich nun. Sie hatte nicht gedacht, dass die Orsai Leutnantin Awn so sehr vertrauten. »Ich habe dort nicht erreicht, was ich wollte, aber vielleicht wird das Ergebnis nichtsdestotrotz meinen Zwecken dienlich sein. Hundert-Kapitänin Rubran wird den Befehl erhalten, dieses System zu verlassen und nach Valskaay zu fliegen. Ihre Abreise ist längst überfällig, und du wärst bereits vor einem Jahr aufgebrochen, hätte die Göttliche von Ikkt nicht darauf bestanden, dass Leutnantin Awn bleibt, gegen meinen Willen. Jedenfalls ist Leutnantin Awn wissentlich oder nicht das Instrument meiner Feindin, dessen bin ich mir sicher.«

Ich hatte nicht genug Vertrauen in Eins Vars Gelassenheit, um sie darauf antworten zu lassen, also sagte ich gar nichts. Oben auf dem zentralen Zugangsdeck setzte die Herrin der Radch ihre Tätigkeit fort, nahm Änderungen vor, gab Befehle, tauschte meine Gedanken aus. Und glaubte immer noch, dass sie wirklich dazu imstande war.

Niemand war über den Befehl zur Abreise überrascht. Im vergangenen Jahr waren bereits vier andere Gerechtigkeiten aufgebrochen, zu Zielen, die endgültig sein sollten. Aber weder ich noch irgendeine meiner Offizierinnen hatten mit Valskaay gerechnet, das sechs Tore entfernt war.

Valskaay, die Welt, die ich nur ungern verlassen hatte. Vor einhundert Jahren, in der Stadt Vestris Cor auf Valskaay, hatte Eins Esk immer neue Bände mit ausgeklügelter, mehrstimmiger Chormusik entdeckt, allesamt für die Rituale der lästigen valskaayanischen Religion komponiert, einige Stücke noch aus der Zeit, bevor die Menschen in den Weltraum vorgestoßen waren. Sie hatte alles gespeichert, was sie gefunden hatte, damit sie es weniger bereuen würde, von einem solchen Schatz fortgeholt zu werden, in ländliche Regionen versetzt zu werden. Dort hatte sie die schwere Arbeit erwartet, Rebellen in einem Reservat aufzuscheuchen, Wald und Höhlen und Quellen, die wir nicht einfach sprengen konnten, weil hier die Wasserscheide für den halben Kontinent lag. Eine Region mit kleinen Flüssen und Felsklippen und Farmen. Grasende Schafe und Pfirsichgärten. Und Musik — sogar die Rebellen, als sie schließlich in der Falle saßen, hatten gesungen, entweder uns zum Trotz oder zum Trost für sich selbst. Ihre Stimmen erreichten meine dankbaren Ohren, als ich am Eingang der Höhle stand, in der sie sich versteckt hatten.

Der Tod wird uns einholen

Wie auch immer das Schicksal es vorsieht

Jeder wird ihm zum Opfer fallen

Und solange ich bereit bin

Fürchte ich ihn nicht

Wie auch immer er sich mir zeigen wird.

Wenn ich an Valskaay dachte, dachte ich an Sonnenschein und den süßen, hellen Geschmack von Pfirsichen. Ich dachte an Musik. Aber ich war mir sicher, dass ich dieses Mal nicht auf den Planeten geschickt würde. Für Eins Esk würde es keine Obstgärten geben, keine Besuche (inoffiziell, so unauffällig wie möglich) von Versammlungen der Chorvereine.

Während der Reise nach Valskaay würde ich nicht, wie sich herausstellte, die Tore nehmen, sondern meine eigenen generieren und eine direktere Route nehmen. Die Tore, die von den meisten Schiffen benutzt wurden, waren vor Jahrtausenden errichtet worden, wurden ständig offen und stabil gehalten, umgeben von Signalstationen, die Warnungen, Bekanntmachungen, Informationen über lokale Regelungen und Navigationsgefahren sendeten. Nicht nur Schiffe, sondern auch Nachrichten und Daten strömten kontinuierlich durch die Tore.

In den zweitausend Jahren, die ich bereits gelebt hatte, hatte ich nur einmal eins benutzt. Wie alle Radchaai-Kriegsschiffe war ich imstande, meine eigenen Abkürzungen zu erschaffen. Das war gefährlicher als der Flug durch die eingerichteten Tore, denn ein Fehler in den Berechnungen konnte mich irgendwohin schicken — oder nirgendwohin, sodass man nie wieder von mir hörte. Und da ich keine Einrichtungen zurückließ, die mein Tor offen hielten, reiste ich in einer Blase aus normalem Raum, von allem isoliert, bis ich an meinem Ziel eintraf. Ich beging keine solchen Fehler, und während der Vorbereitung einer Annexion konnte diese Isolation von großem Vorteil sein. Nun jedoch machte mich die Aussicht nervös, Monate allein zu sein, während Anaander Mianaai sich im Geheimen auf meinem Var-Deck aufhielt.

Bevor ich aufbrach, traf eine Nachricht von Leutnantin Skaaiat für Leutnantin Awn ein. Sie war kurz. Ich sagte, wir bleiben in Verbindung. Das war mein Ernst.

Leutnantin Dariet sagte: »Sehen Sie, ich habe es Ihnen gesagt.« Aber Leutnantin Awn gab darauf keine Antwort.

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