Der Schacht

»Es wundert mich, daß es hier noch Luft und Licht gibt«, meinte Mavra.

»Was hast du gedacht — daß man das in ein Vakuum hineingebaut hat?« gab er zurück. »Um den Schacht zu errichten, brauchte man Licht und Wärme und Luft. Das gehört mit zum Rest des Planeten. Aber der Computer ist jetzt eindeutig abgeschaltet, und die Schacht-Tore sind es auch. Niemand geht hinein oder hinaus. Die Zone-Tore bringen dich jetzt direkt zum Schacht-Tor, ohne Rückkehr.«

»Was glaubst du, wie viele Leute wir da festhalten?«

Er lachte.

»Die meisten sind Olympierinnen, würde ich sagen, die wissen, was vorgeht, und vielleicht ein paar Wächter, Aufseher, Streifen. Möglicherweise sogar der eine oder andere Botschafter, was? Im Augenblick werden sie die Hosen voll haben.«

»Wird es da nicht sehr eng werden, wenn die anderen durch die Zone-Tore gehen?« fragte sie. »Ich meine, die Schacht-Tore sind ja groß, aber die enormen Massen, die kommen, können sie nicht aufnehmen.«

»Das brauchen sie nicht«, versicherte er. »Sie werden unterbrochen sein, werden wie bei den Milliarden, die wir vorhin entführt haben, warten, bis Durchlaß ist. Es ist sehr verwirrend, das gebe ich zu, aber das System war ja darauf eingerichtet, jeweils eine Welt zu bevölkern. Es war nie vorgesehen, daß das geschieht, was wir jetzt machen. Deshalb bekommen wir in erster Linie die Bevölkerung, die wir wollen, auf die Welt, die wir vorgesehen haben, aber es rutschen auch andere mit durch. So ist die Hälfte der mythologischen Wesen der Alten Erde hingelangt. Keine Sorge. Sie sind nicht für diese Welten gedacht und werden auf die eine oder andere Weise beseitigt — die meisten jedenfalls. Gewißheit hat man da nie. Wir haben ganz sicher viel Arbeit vor uns. Alles mit der Ruhe, damit wir es so gut wie möglich machen.«

Sie blickte auf die Steuerkonsolen, die Meßgeräte, sah sich in den riesigen Kammern mit den zahllosen Relais aus schwarzen Punkten um. Da war keine Energie, kein Strom. Alles verschwunden, bis auf das System der Sechseck-Welt, das seinen Bestand erhielt, indem es die Energie aus einem Schwarzen Loch in einem anderen Universum bezog, einem ganz winzigen Schwarzen Loch, stellte sie fest.

Sie machte sich oft Gedanken über das andere Universum. Besaß es Lebensformen, die sich auf natürliche Weise entwickelt hatten? Besaß es seine eigenen Markovier und eine Entsprechung zum Schacht der Seelen? Man konnte es nicht wissen, dachte sie. Niemals würde man das wissen. Jeder, der hier in ein Schwarzes Loch fiel — sobald es wieder Schwarze Löcher gab —, würde dort natürlich herauskommen, aber kaum in der nötigen körperlichen Verfassung sein, um zu sehen, was dort vorging.

Es war eigentlich bedauerlich, aber erfahren würde man es nie. Bei all der neuen Macht und den Erkenntnissen blieben die beiden einzigen Geheimnisse für sie Parallel-Welten und Nathan Brazil. Aber es sollte auch weiterhin Geheimnisse geben, dachte sie.

»Wie lange wird es dauern, bis alles abgeschlossen ist?« fragte sie.

»Sechs Tage. Sechseck-Welt-Zeit, versteht sich, die einzige Zeit, die wir jetzt noch haben.«

Sie dachte an das, was sich vorher zugetragen hatte.

»Ortega… Zigeuner… Marquoz… ob noch einer von ihnen am Leben ist?«

»Wir werden es nie wissen«, sagte er. »Wie dir die Erfahrung der letzten Monate verraten sollte, ist es nicht gut, sich auf der Sechseck-Welt aufzuhalten und bekannt zu sein. Man muß sie ein paar hunderttausend Jährchen in Ruhe lassen, damit sie vergessen, wer und was du bist, was sie sind und so weiter. Dann kennen sie dich nicht, wenn du wieder auftauchst. Nein, du begibst dich hinaus in das neue Universum, läßt dich nieder und machst es dir schön — bis sie dich wieder brauchen. Und nach einer Weile vergißt du selbst. Das markovische Gehirn erinnert sich an alles, aber das geschieht nur hier im Schacht. Anderswo besitzt du die Fähigkeit dazu nicht, es sei denn, das entwickelt sich oder wird eingebaut. Eigentlich eine Gnade, wie du sehen wirst.«

Sie dachte nach.

»Wir sind zu zweit, weißt du. Wir könnten diesmal Markovier bleiben.«

»Das hilft nichts«, sagte er. »Weder uns noch irgend jemand anderem. Ein Gott langweilt und entfremdet sich noch mehr als ein menschliches Wesen. Und wir könnten uns nicht fortpflanzen, so daß es nur uns zwei gäbe. Wir würden eine Art monströses Götterspiel treiben oder auf einer markovischen Welt leben, uns neue Spielchen für unsere Gehirne ausdenken und verrückt werden. Wenn du wirklich willst, gut, aber der andere Weg ist viel interessanter. Du hast jedoch die Wahl. Du kannst dich löschen, dich in jeden Körper auf jeder Welt, die dir beliebt, verfügen, entweder als markovischer Prototyp oder, indem du durch das Schacht-Tor gehst, als einer von diesen Sterblichen. Ich bleibe bei unseren Leuten. Die haben noch so viele ungenützte Möglichkeiten

»Diejenigen, die wir von hier aus hinausschicken, werden in erster Linie unsere Leute sein, Freiwillige oder Olympierinnen, die wissen, worauf sie sich einlassen. Aber die anderen, die wir von diesen Welten entführt haben, kurz bevor abgeschaltet wurde, die jetzt im Schwebezustand sind, sie werden plötzlich auf einer primitiven fremden Welt erwachen, die kalt und geheimnisvoll ist, sie werden nackt und ohne Werkzeuge und Waffen sein.«

»Sie werden es schaffen«, versicherte er. »Jedenfalls die meisten. Sie haben es schon einmal geschafft und werden es wieder schaffen. Die Rassen, die von den Markoviern gezüchtet wurden, halten allerhand aus. Nach all der Zeit stelle ich fest, daß ich sie immer noch mag, jedenfalls die meisten.«

»Sogar die Dahbi?«

»Gunit Sangh war die reine dunkle Seite, die in uns allen lebt«, sagte er. »Aber er war nicht die Dahbi, sondern nur ein Dahbi. Wir hatten von diesem Typ auch unseren Anteil. Du weißt nichts von einem Adolf Hitler oder einem Dathan Hain. Kaum erfreuliche Beispiele für unsere Rasse, aber ich würde nicht alle deswegen verdammen, weil wir ein paar Erzschurken hervorgebracht haben.« Er machte eine Pause. »Bist du bereit für den ersten Schritt?«

»Ja«, sagte sie ernst. »Ich begreife aber immer noch nicht, wie das in sechs Tagen geschehen kann. Ich gebe zu, ich habe nicht studiert, aber ich weiß doch wenigstens, daß es Milliarden Jahre dauert, um das zu leisten, was wir tun.«

»Milliarden Jahre für sie«, gab er zurück. »Sechs Tage für uns. Du brauchst nur aufzupassen. Da draußen ist jetzt nichts. Überhaupt nichts. Kein Pünktchen. Keine Materie, keine Energie, außer der Primärenergie im absoluten Ruhezustand. Das heißt, es gibt weder Raum noch Zeit.«

»Die markovischen Welten mit ihren Toren sind aber noch da«, wandte sie ein.

»Das ist wahr, doch sie haben keine Sonne, keine Wärme, nichts. Sie existieren im Nichts, und das wird so bleiben, bis wir es beheben.«

»Ich kenne das Verfahren, das verdanke ich dir«, sagte sie, »aber mir ist immer noch unklar, was wir eigentlich genau tun.«

»Man macht es so«, sagte er und griff nach den Hebeln der Steuerkonsole. »Es werde Licht!« befahl er lachend.

Energie strömte erneut aus dem winzigen Programmierungsgerät über dem Zugang zum Kontrollraum. Sie floß zum Computer und begann mit der neuerlichen Inbetriebnahme.

Weit draußen im Weltraum, Milliarden Lichtjahre von der Sechseck-Welt entfernt, wurde ein Loch aufgerissen. Ein riesiges Schwarzes Loch von einem anderen Universum, das größte aller Schwarzen Löcher in diesem Universum, fand plötzlich einen Ausgang. Eine Singularität von ungeheuren Ausmaßen wurde geschaffen, und das angesammelte Material, das es verschluckt hatte und noch schluckte, das Licht eingeschlossen, barst aus diesem Universum hinaus in das der Sechseck-Welt.

Die Natur reagierte, wie sie mußte; das statische Universum geriet in Bewegung, um das Loch zu schließen, es rasch zu verstopfen, aber der Schacht der Seelen peitschte es wieder ins Leben zurück. Er griff hinaus ohne Rücksicht auf Raum und Zeit und ergriff das aufbrechende Weiße Loch, hielt es offen, ließ es wachsen und sich ausdehnen. Die Folge war die gewaltigste Explosion, die es in der Physik geben konnte.

»Hui! Viel weiter weg als das letztemal«, stellte Brazil fest. »Sehr schade. Die Sechseck-Welt wird weiter einen schwarzen Himmel haben. Nun, man muß das Weiße Loch nehmen, wo man es findet, und wo die Struktur am schwächsten ist, was ein und dasselbe ist. Für die anderen wird es aber keine Rolle spielen; es könnte höchstens ein bißchen schöner werden. In der Umgebung wird es geraume Zeit nicht viele Markovische Tore geben. Jetzt können wir uns erholen. Wir müssen zusehen, wie die üblichen natürlichen Prozesse ihren Lauf nehmen. Mann! Ist das nicht großartig? Sieh dir die Energie-Meßgeräte an. Viel größer und heftiger als beim letztenmal. Das wird ein aufregendes neues Universum werden.«

Für sie im Inneren der Sechseck-Welt verging wenig Zeit, weil sie hier kaum Bedeutung hatte. Die Sechseck-Welt wurde abseits gehalten, fern vom Rest des Universums, wie zuvor schon. Auch der Rest des markovischen Universums lief im alten Trott ab und würde es weiterhin tun, bis sie alles verlangsamten, um es der markovischen Zeit anzupassen.

Sie überprüften den Schacht, sahen, daß Spezialschaltungen schon modifizierten, veränderten, reparierten, ja, ganze Abschnitte neu aufbauten. Sie hatten sich noch rechtzeitig ans Werk gemacht.

Eine Stunde verging. Eine halbe Milliarde Jahre verging. Es war dasselbe. Das Universum dehnte sich aus. Riesige Gaswolken und andere Materie wirbelten hinaus, vom Strudel des Urknalls hinausgeschleudert.

Zwölf Stunden vergingen. Sechs Milliarden Jahre vergingen. Es war dasselbe. Die Ausdehnung schritt fort. Abkühlung und Verdichtung gingen weiter, beschleunigten sich sogar. Galaxien entstanden, in den Galaxien bildeten sich Sterne und sogar Planeten. Der Prozeß ging weiter.

Brazil betätigte einen Hebel. Der Zeitablauf verlangsamte sich. Bis zum Ende des Tages war er, relativ gesehen, auf eine ganz kurze Zeitspanne verringert, kaum ein paar Millionen Jahre in der Stunde.

Am zweiten Tag suchte er die Zielwelten heraus und begann die Abläufe zu verändern, durch die sich Leben bildete. Die richtigen Bedingungen für Leben wurden geschaffen, und am dritten Tag, als er die Zeit noch mehr verlangsamte, versah er diese Elemente mit Energie, nicht nur auf den Planeten, die er zu benützen gedachte, sondern auch auf all den anderen Welten, auf Welten, die, natürlich entstanden, für das Leben in der einen oder anderen Form Zuflucht boten, aber für die er keine Bewohner hatte.

Am vierten Tag wurde die Zeit noch stärker verlangsamt. Die Aminosäuren, die Kristallstrukturen, die Bausteine von Lebensformen im Norden und Süden auf der Sechseck-Welt bildeten sich; die auf Kohlenstoff beruhenden im Meer, während die Pflanzen das Land beherrschten.

Am fünften Tag setzte er den Zeitablauf noch mehr herab, unterstützt von Mavra, und nahm die Programmierung sekundärer Lebensformen in Betrieb. Tierisches Leben tauchte auf, zuerst im Meer, dann an Land, alles in der richtigen entwicklungsgeschichtlichen Reihenfolge, alles der unvermeidlichen ersten und einzigen Ursache entspringend.

Und sie blickten auf die Millionen Welten und sahen, daß sie recht getan hatten. Es funktionierte — nicht hundertprozentig, aber mehr als ausreichend für das, was sie brauchten.

Sie brachten die meiste Zeit damit zu, alles zu überprüfen, verwendeten den Großcomputer, um die Welten den Lebensformen anzupassen. Nur ganz wenige konnten nicht genau angepaßt werden, und das störte sie, vor allem Brazil.

»Die Gedemondaner«, sagte er. »Das erklärt die Gedemondaner. Sobald man die Naturgesetze festlegt, muß man sich danach richten, ihnen streng gehorchen. Das letztemal konnten die Gedemondaner aus irgendeinem Grund nicht ganz einer Welt angepaßt werden, die aus diesem Urbrei entstand. Diesmal wird es mit ihnen dieses Problem aber nicht geben. Da habe ich mein Wort gehalten. Sie haben eine Welt, die ihnen wie auf den Leib geschneidert ist. Wir werden vielleicht mit anderen ein wenig Schwierigkeiten haben, aber wir werden tun, was wir können.«

Komplexes Tierleben entwickelte sich jetzt, die Ahnen-Prototypen der beherrschenden Rassen dieser Welten. Sie ergaben sich logisch daraus, wie Brazil und die Programmierung des Schachtes die ersten Säuren im Auslöseprozeß kombiniert hatten, gestützt auf Materialien und Rohstoffe der Welt ebenso wie auf die biologischen und klimatischen Bedingungen, unter denen sie arbeiten mußten. Aber der Schacht vermochte ziemlich genau vorherzusagen, wie eine Welt sich entwickeln würde, und beging keine Fehler. Die neuen denkenden Rassen in ihren Prototypen entsprachen nicht genau ihren Gegenstücken auf der Sechseck-Welt, aber im großen und ganzen kamen sie ihnen sehr nahe. Die natürliche Zuchtwahl forderte entlang der großen Linie der Dominanz ebenfalls ihren Tribut und führte zu dem einen Nebenast, der beisteuerte, was für Intelligenz erforderlich war, was zur Dominanz führte.

Brazil überprüfte die Sechseck-Welt. Die meisten Sechsecke hatten den an sie gestellten Anforderungen entsprochen, aber es gab ein paar, die zu unorganisiert oder zu primitiv waren, um sich daran zu halten, und Brazil unternahm nun das Nötige, um sie wahllos miteinzubeziehen. Wenn ihre Zeit kam, würden alle, die das Minimum nicht erfüllt hatten, feststellen, daß sich ihre Bevölkerung nach dem Willen des Schachtes halbiert hatte.

Von den Markoviern hatten vor so langer Zeit — Mavra begann erst jetzt zu begreifen, wie lange das her war — auch manche gezögert.

Um Mitternacht des fünften Tages waren beide vorbereitet. Es war Zeit, das einzuführen, was erforderlich war, um das Manöver abzuschließen, wie Brazil sich ausdrückte.

Zwischen Mitternacht und Mitternacht wurde in Abständen von wenigen Sekunden eine Rasse nach der anderen aktiviert, durch das Schacht-Tor geführt und hinausgeschickt zu den vorbestimmten Planeten. Physisch würden sie nie ankommen. Sie würden die Körper bewohnen, die für sie in Milliarden Jahren der Evolution vorbereitet worden waren. Dazu gehörten die durch Brazils Eingreifen mit den markovischen Toren geretteten Millionen, die nun ihre eigenen Rassen fortführen, neue Kulturen aufbauen und sich ausdehnen oder untergehen konnten, wie sie es selbst durch ihr Handeln bestimmten.

Da zwischen der Sechseck-Welt und dem Universum noch immer zeitliche Unterschiede bestanden, wurden sie an verschiedenen Stellen verstreut, und manche würden sich fortpflanzen, alt werden und sterben und Tausende, vielleicht Millionen von Jahren unterschieden sein von anderen Rassen, die nach der Sechseck-Welt-Zeit nur Minuten später auf ihre Welten gesetzt worden waren.

Aber für die vereinzelten Angehörigen von Rassen, die nicht für diese Planeten bestimmt waren und zufällig, aber unvermeidlich die Reise mitmachten, gab es nur eine sekundenschnelle Reise. Sie waren jedoch Widersprüche auf einer primitiven Welt, für die sie nicht gedacht waren. Die meisten starben rasch aus oder wurden zu flüsternd beschriebenen Legenden unter den nachfolgenden Generationen, aber einzelne würden sich halten und auf irgendeine Weise überleben können, zumindest für eine Zeit.

Am Ende des sechsten Tages, als es Mitternacht wurde, fielen die Schranken vor dem Schacht-Tor, die Zone-Tore nahmen ihren normalen Betrieb wieder auf, alles war, wie es zuvor gewesen.

Und auf der ganzen Sechseck-Welt atmete man erleichtert auf.

Auch in der Zeit war man wieder im Gleis. Sechs Tage waren für sie vergangen, fast vierzehn für das neue Universum, das nun von einem reparierten, neu programmierten und neu belebten Schacht aufrechterhalten wurde.

Nathan Brazil seufzte und ließ sich auf seine Tentakel zurücksinken. Mavra nahm ein paar letzte Messungen vor und ließ sich ebenfalls niedersinken. Es war vorbei.

»Jedenfalls so lange, bis irgendein neuer Idiot an der markovischen Mathematik herummurkst«, meinte Brazil mürrisch. Er griff nach ihr. »Was hast du jetzt für Pläne?«

»Ich brauche eine Ruhepause und möchte über alles nachdenken«, erwiderte sie.

Und so taten sie am siebten Tag gar nichts.


* * *

»Schon einen Entschluß gefaßt?« fragte er sie früh am nächsten Tag.

»Ja, ich denke. Vielleicht ist es ein Fehler, ich weiß es nicht, aber ich werde wohl mit dir mitmachen müssen. Vorerst nach deiner Vorstellung. Und du?«

»Ach, jetzt kommt das Feine, das Interessante«, erklärte er. »Hinuntergehen und sich ansehen, wie sie sich entwickeln. Erst wenn sie das hinter sich haben, machen sie dich verrückt.«

Sie lachte.

»Ich glaube, das wird faszinierend sein.«

»Okay«, sagte er. »Also machen wir uns auf den Weg. In der neuen Welt ist noch die Zeit vor der Zivilisation, aber bis wir das alles hinter uns haben, wird die Zeit der sogenannten Zivilisation heraufdämmern. Hast du dir schon überlegt, was du sein willst?«

Sie nickte.

»So ziemlich wie früher«, erwiderte sie. »Ein bißchen mehr unserer Austrittspunkt-Kultur angepaßt, aber im Grunde dasselbe. Und du?«

»Ich fürchte, ich habe mir das letztemal bewiesen, daß ich nichts anderes sein kann als das, was ich immer gewesen bin. Egal, wie, ich scheine immer gleichzubleiben, mehr oder weniger.«

Er flackerte; das helle markovische Gleißen erlosch. Dort stand Nathan Brazil, fast genau so wie früher. Die Hautfarbe war dunkler, der Bart ein wenig voller, aber Nathan Brazil war er unverwechselbar.

Und seltsamerweise zeigte sich ihren markovischen Sinnen noch immer etwas von dem Leuchten, je länger sie ihn anstarrte.

Sie flackerte auch, dann stand sie neben ihm. Sie war dunkelhäutig, schlank, biegsam und exotisch.

»Noch immer die alte, wie?« scherzte er. »Nicht einmal neugierig darauf, wie es ist, ein Mann zu sein? Die Männer haben es in primitiven Gesellschaften viel leichter, weißt du.«

Sie grinste, trat auf ihn zu und küßte ihn, dann zeigte sie ihm ihre Fingernägel. Sie spannte die Muskeln ein wenig an, und unter den scharfen Nagelspitzen quollen winzige Tröpfchen Flüssigkeit hervor.

»Ich komme schon zurecht«, sagte sie.

Er lächelte sie strahlend an, legte den Arm um sie und zog sie an sich.

»Davon bin ich überzeugt«, erwiderte er aufrichtig.

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