32


Die Boden-Orbit-Fähre glitt auf ihren Deltaflügeln mit dreißigfacher Schallgeschwindigkeit durch die obere Atmosphäre. Als sie das Beinahevakuum hinter sich gelassen hatte, fluteten Plasmaströme in mehrfachen Schockwellen von Tragflächen und Rumpf. Die entstandenen Schockwellen bildeten ehrfachprismen, durch die hindurch die schwarze Küstenlinie Kaliforniens zu sehen war, die sich allmählich über den runden Horizont erhob. Nach einer Reise von sechzehn Monaten und zwei Milliarden zurückgelegten Kilometern kam Tom Thorpe endlich wieder nach Hause.

Thorpe saß in seinem Sitz und betrachtete durch das Fenster den blauen Pazifik, während die Fähre aus der tiefen Schwärze des Raums hinunterfiel. In seiner Innentasche befand sich eine Nachricht mit der knappen Bestätigung seiner Ernennung zum stellvertretenden Direktor der kürzlich gebildeten Arbeitsgruppe Avalon. Diese Nachricht symbolisierte, wie so vieles andere, die jüngsten Veränderungen in Thorpes Leben. Er hatte die Erde als Leiter einer unbedeutenden Expedition zur Erforschung eines verirrten Kometen verlassen. Er kehrte zurück als der Retter der Erde.

Thorpe war in den Wochen nach Bekanntgabe der Avalon-Option in den Massenmedien gefeiert worden. An Bord der Admiral Farragut hatte er, während der Frachter auf die Erde zustürzte, beinahe täglich Interviews geben müssen. Zuerst waren die Interviews Computersimulationen gewesen, ähnlich jener, in deren Verlauf Amber dem Kometen unabsichtlich seinen populären Namen gegeben hatte. Später dann, als der Frachter in eine für eine wechselseitige Verständigung erforderliche Distanz gekommen war, hatten die Nachrichtenleute darauf bestanden, live mit ihm zu sprechen. Einige ihrer Charakterisierungen waren geeignet gewesen, ihn erröten zu lassen, und Thorpe errötete nicht leicht.

Trotz der Ernennung war Thorpe weit entfernt davon, glücklich zu sein. Denn wenn seine Entdeckung, dass Avalon dazu benutzt werden konnte, Donnerschlag aufzuhalten, ihm auch systemweite Anerkennung eingebracht hatte, so hatte sie ihn doch das eine gekostet, was ihm das Wichtigste im Leben war: Amber!

Ihre Beziehung hatte sich von Avalon nicht wieder erholt. Amber versicherte zwar, ihm keine Vorwürfe zu machen, doch es war ihr unmöglich, ihre Gefühle von dem Schmerz zu trennen, den die Zerstörung Lunas in ihr hervorrief. Auch die Enttäuschung darüber, keine akzeptable Alternative finden zu können, hatte dazu beigetragen. Amber und nahezu jeder andere Astronom und Astrophysiker im Sonnensystem hatten zwei Monate lang nach einer solchen Alternative gesucht.

Die fruchtlose Suche hatte ihre Auswirkungen auf die Stimmung an Bord des Frachters gehabt. Amber hatte eine Zeit lang mit niemandem mehr gesprochen. Das Gleiche galt für Cragston Barnard und Professor Chen. Während Simulation nach Simulation zu negativen Ergebnissen führte, wurden alle drei immer mürrischer und zogen sich in sich zurück. Gleich welchen Ansatz sie ausprobierten, es lief stets auf zu wenig Ressourcen oder zu wenig Zeit hinaus.

Die Admiral Farragut hatte die Erde zwölf Wochen nach ihrem Start vom Kometenkern erreicht. Wenige Stunden vor Erreichen des Parkorbits hatte Thorpe Amber aufgesucht. Er traf sie in ihrer Kabine beim Packen an.

»Hallo, darf ich reinkommen?«

»Natürlich«, sagte sie, ihm matt zulächelnd. Die Enttäuschung der letzten Wochen hatte ihre Spuren bei ihr hinterlassen. Ihr Gesicht war angespannt, die Augen wirkten eingesunken und waren von Ringen umgeben. Sie schien eine ganze Reihe von neuen Sorgenfalten bekommen zu haben.

»Wie ich höre, gehst du nach Luna zurück.«

Sie nickte. »Ich habe gestern eine Nachricht von Niels Grayson bekommen. Er möchte, dass ich wieder zum Observatorium zurückkomme. Er hat auch Cragston Barnard eine Stellung angeboten.«

»Warum zurückgehen?«

»Sie haben nicht genug qualifizierte Leute. Sie werden den Kometen während seines Zusammenstoßes mit Avalon beobachten und dann noch so lange wie möglich, bis er hinter der Sonne verschwindet.«

»Warum das?«

»Niels will versuchen, das Große Auge zu retten. Das Teleskop besitzt vierhundert der präzisesten optischen Spiegel, die jemals hergestellt wurden. Sie stellen ein unersetzliches wissenschaftliches Hilfsmittel dar. Wenn wir es schaffen, sie von Luna wegzubringen, dann können wir das Instrument im Erdorbit wieder zusammensetzen.«

»Ist es das, was du wirklich willst?«

Sie zuckte mit den Achseln. »Crag und ich haben die letzten Wochen über nichts gefunden, womit wir Luna retten könnten. Vielleicht können wir wenigstens etwas vor dem Fiasko bewahren.«

»Und was ist mit uns?«, fragte Thorpe. »Können wir bewahren, was zwischen uns war?«

Die Qual stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben, als sie ihn ansah. »Unsere persönlichen Probleme sind nicht besonders wichtig im Moment, oder?«

»Sie sind wichtig für mich.«

»Und für mich, Thomas. Aber ich kann doch nicht gut das Observatorium aufgeben, oder? Ich fühle mich für all das verantwortlich.«

»Niemand ist verantwortlich. Das wäre auch passiert, wenn du nie geboren worden wärst.«

In diesem Moment brach ihre elbstbeherrschung zusammen. »Ich weiß das«, schluchzte sie. »Aber ich kann nichts dafür, dass ich so empfinde. Ich muss irgendetwas tun. Niels Vorhaben, das Große Auge zu retten, ist wichtig. Ich möchte daran beteiligt sein.«

»In Ordnung«, sagte er. »Ich werde dich begleiten.«

»Du musst deine neue Stellung antreten. Ich verabscheue die Avalon-Option. Dennoch sagt mir mein Verstand, dass es die einzige Chance für die Menschheit ist. Wie wäre dir zumute, wenn etwas schiefginge, etwas, das du hättest verhindern können?«

»Nicht viel anders als jetzt, nehme ich an.«

»Schlimmer«, sagte sie. »Mit der Zeit werde ich über alles hinwegkommen. Du würdest es nicht.«

»In Ordnung. Wir sind einer Meinung, dass der Komet zuerst aufgehalten werden muss. Wie geht es dann weiter?«

»Falls wir beide noch am Leben sind, können wir dort weitermachen, wo wir aufgehört haben. Du nennst die Zeit und den Ort, und ich werde da sein.«

»Die Aussichtsplattform vom Hauptsitz der Sierra Corporation. Am Mittag, heute in einem Jahr!«

»Du hast ein Rendezvous.«

»Ein Kuss, um die Vereinbarung zu besiegeln?«, fragte er.

Als Antwort hatte sie ihm die Arme um den Hals geworfen. Erst nach einer Minute hatte er wieder Atem schöpfen können.


Nicht einmal Smiths Warnungen hatten Thorpe auf die Menschenmenge vorbereitet, die ihn am Mohave Raumhafen erwartete. Während die Orbitalfähre zur Rampe rollte, füllten sich die großen Fenster des Terminals plötzlich mit einem Meer von Gesichtern. Zwischen die Kameracrews hatten sich normale Bürger gemischt, die das Spektakel miterleben wollten. Es sah aus, als hätte es sämtliche Bewohner im Umkreis von hundert Kilometern zum Raumhafen gezogen.

Thorpe wartete, bis er an der Reihe war, von Bord zu gehen, dann stapfte er über die Landungsbrücke ins Gebäude hinüber. Als er aus der Verbindungsröhre heraustrat, schlug der Lärm über ihm zusammen. Er hatte in alten Filmen ähnliche Szenen gesehen, wo Tausende von Blitzlichtern gezündet wurden, als eine Berühmtheit aus dem Flugzeug gestiegen war. Dies zumindest blieb ihm erspart. Moderne Kameraausrüstungen arbeiteten bei Raumbeleuchtung. Dennoch war der Lärm immer noch eindrucksvoll, und einen Moment lang kam er sich wie ein kleiner Junge vor, der sich verlaufen hatte. Dann entdeckte er Halver Smith in dem Meer unbekannter Gesichter.

»Hallo, Mr. Smith«, sagte er und streckte seinem Vorgesetzten die Hand entgegen, nachdem er sich zu ihm hin überbegeben hatte. Ein Sicherheitszaun hielt die Menge zurück. Smith war eine der wenigen Personen innerhalb der Absperrung. »Sie hätten nicht runterzukommen brauchen, um mich abzuholen.«

»Das hätte ich mir unter keinen Umständen nehmen lassen, Tom. Wie fühlen Sie sich?«

»Die Schwerkraft macht mir ein bisschen zu schaffen, sonst aber gut.«

»Die Presse erwartet ein kurzes Statement. Können Sie das machen?«

»Sicher.«

»Machen Sie’s kurz. Das Büro nimmt schon seit drei Tagen Interviewanfragen entgegen. Vor zwei Stunden waren es 112!«

Thorpe blinzelte verwirrt. »So viele?«

»Genießen Sie’s, solange es dauert. Morgen sind sie bereits hinter jemand anderem her.«

Thorpe begab sich zu einem Pult, das man auf einem provisorischen Podium aufgestellt hatte. Als das Lärmen der Menge zu einem durchdringenden Gemurmel herabgesunken war, begann er zu sprechen.

»Meine Damen und Herren, vielen Dank für Ihren warmen Empfang. Ich weiß die Ehre zu schätzen, doch ich muss sagen, dass ein großer Teil der Aufmerksamkeit, die mir während dieses Monats zuteil geworden ist, unverdient war. Als ich vor so vielen Monaten durch diesen Raumhafen kam, hatte ich keine Ahnung, dass ich hinausfliegen würde, um einen Kometen zu treffen, der zur Bedrohung für die Erde werden sollte. Wir alle glaubten, an einem rein kommerziellen und wissenschaftlichen Unternehmen beteiligt zu sein. Und wenn ich auch die Expedition leitete, so beruht ihr Erfolg doch auf den Anstrengungen einer großen Anzahl von Leuten. Ich möchte die Gelegenheit wahrnehmen, ihren Beitrag der Öffentlichkeit ins Bewusstsein zu rufen.

Zuallererst hätte es die Expedition ohne die finanzielle und materielle Unterstützung der Sierra Corporation und der Republik Luna nicht gegeben. Wären wir dem Kometen nicht beim Jupiter begegnet, hätten wir die Gefahr wahrscheinlich erst erkannt, wenn es zu spät gewesen wäre. Nach dem Erreichen des Kerns arbeiteten unsere ssenschaftler und die Mannschaft der Admiral Farragut unermüdlich an der Erforschung der Kometenoberfläche und seines Inneren. Ohne sie wären der Menschheit wertvolle Monate erlorengegangen.

Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit ganz besonders auf eine Person lenken. Sie trägt mehr als jeder andere Verantwortung für die Rettung der Erde. Ich spreche natürlich von Amber Hastings. Sie war es, die den Kometen entdeckte, die Expedition ermöglichte und als Erste erkannte, dass sich Donnerschlag auf einem Kollisionskurs mit der Erde befand. Sie ist auch die Frau, die ich eines Tages zu heiraten hoffe.

Und nun beantworte ich gerne Ihre Fragen.«

»Mr. Thorpe«, rief eine Frau mit einer besonders lauten Stimme. »Trifft es zu, dass die lunarischen Mitglieder Ihrer Expedition versucht haben, Sie zum Schweigen zu bringen, als Sie die Avalon-Option entwickelten?«

»Das ist lächerlich«, erwiderte Thorpe. »Zu dem Zeitpunkt, als ich Mr. Smith meine Daten übermittelte, wusste kein anderes Expeditionsmitglied etwas davon.«

»Dann haben Sie also die Lunarier nicht eingeweiht, aus Angst, sie könnten Sie zum Schweigen bringen?«

»Ich wollte sichergehen, dass ich wirklich etwas in der Hand hatte, bevor ich allgemeine Hoffnungen weckte.«

»Sie wollen doch wohl nicht bestreiten, dass Luna versucht hat, die Ablenkung von Avalon in die Flugbahn von Donnerschlag zu blockieren?«

»Sehen Sie«, sagte er, während sich sein Atem allmählich beschleunigte. »Der Komet ist ein Problem, das die ganze Menschheit betrifft. Zunächst stellt die Avalon-Option nur eine Möglichkeit dar. Viele tausend Wissenschaftler suchen intensiv nach einer besseren Lösung, nach einer, bei der der Komet die Erde und Luna verfehlt. Aber selbst wenn eine solche Option nicht gefunden wird, werden wir und die Lunarier auf Jahre eng usammenarbeiten müssen. Warum uns gegeneinander aufhetzen?«

»Warum Jahre, Mr. Thorpe?«, schrie ein anderer Mann. »Der Komet soll nächsten Juli eintreffen.«

»Wenn die Avalon-Option durchgeführt wird, werden wir jeden einzelnen Lunarier auf die Erde evakuieren müssen. Zehn Millionen Menschen über 400.000 Kilometer Vakuum hinweg zu transportieren, das wird nicht leicht sein. Und wenn sie erst einmal da sind, werden wir uns darum kümmern müssen, dass diese Menschen in die terrestrische Gemeinschaft integriert werden.

Dann bleibt noch das Problem der Abwehr von Meteoren. Nach dem Zusammenprall wird eine Menge Trümmerschutt im Erde-Mond-System herumfliegen, und ohne einen Schutz vor Meteoren, der die größeren Brocken von der Erde ablenkt, werden all unsere Anstrengungen umsonst gewesen sein. Wir werden eine große, raumerfahrene Einsatztruppe brauchen, um das benötigte System in der kurzen Zeit aufzubauen, die uns noch bleibt. Die Lunarier werden zu dieser Truppe einen großen Beitrag leisten.«

»Sie sind auf dem Kern gelandet, Mr. Thorpe«, sagte ein dritter Reporter. »Ist er tatsächlich so groß, wie man sagt?«

»Der Ground-Zero-Krater ist so groß, dass man in keiner Richtung den Kraterrand sehen kann, wenn man sich in der Mitte des Kraters befindet. Er ist größer als der Grand Canyon auf der Erde oder der Mons Olympus auf dem Mars. Er ist ein Planet für sich.«

»Was werden Sie jetzt tun, Mr. Thorpe?«

Thorpe beschrieb seine neue Position bei der Arbeitsgruppe Avalon. Anschließend wollte ein Reporter wissen, warum sie den Ground-Zero-Krater nicht von Donnerschlag hatten absprengen können. Thorpe verwies ihn an die Astrogeologen. Endlich trat Halver Smith auf das Podium und legte nahe, die Konferenz zu beenden. Es gab einen allgemeinen Aufschrei, doch Smith blieb standhaft. Während sich die Menge allmählich zu zerstreuen begann, geleitete eine fliegende Formation von Sicherheitsbeamten Smith und Thorpe zum Parkhaus. Fünf Minuten später befanden sie sich mit zweihundert Stundenkilometern auf dem Weg nach Norden.


»Ich wusste gar nicht, dass es so viel Feindseligkeit gegenüber Luna gibt«, sagte Thorpe, während er die verlassene Gegend vorbeifliegen sah.

Smith berichtete ihm vom Ultimatum der Lunarier und der Reaktion der Erde. »Für den Moment haben sie nachgegeben, aber das hat die Neujustierung der Raketenabschussbasen nicht gestoppt. Außerdem nimmt die Friedenstruppe gerade ein paar weitere Schiffe in Betrieb, vorgeblich, um die Evakuierungsmaßnahmen zu unterstützen. Ihr eigentlicher Zweck ist es, dafür zu sorgen, dass Premierminister Hobart nicht seine Meinung ändert.«

»Was ist mit der Evakuierung? Ist es möglich, in der Zeit, die uns noch bleibt, so viele Menschen vom Mond herunterzuschaffen?«

»Wissen wir noch nicht«, antwortete Smith. »Die Simulationen, die ich bis jetzt gesehen habe, waren ausgesprochen ermutigend. Wir Menschen können schließlich Berge versetzen, wenn wir dazu gezwungen sind. In diesem Fall handelt es sich einfach um einen Menschenberg.«

Niels und Margaret Grayson erwarteten Amber bereits, als der Lift sie auf der Hauptebene des Farside-Observatoriums absetzte. Die Fahrt von Hadley’s Crossroads mit dem Rolligon war so gewesen, wie Amber sie in der Erinnerung hatte, abgesehen davon, dass jetzt Varls jüngerer Bruder das große Fahrzeug steuerte. Sein Fahrstil war womöglich noch waghalsiger als der seiner beiden Geschwister.

»Willkommen zu Hause!«, sagte Margaret Grayson, als sie vorwärtsstürmte, um Amber zu umarmen.

Niels trat hinter seine Frau und legte eine Hand auf ihren Raumanzug. »Der reuige Sünder kehrt zurück. Was haben Sie zu sagen, junge Dame?«

»Es tut gut, wieder zu Hause zu sein!«

»Schön, dass Sie wieder da sind«, erwiderte der Astronom.

»Wie geht’s dem Direktor?«

»So mäkelig wie eh und je. Er murrt wegen der Zeit, die wir für die Beobachtung Ihres Kometen aufgewendet haben. Er sagt, das Große Auge hat wichtigere Aufgaben zu erfüllen, bis wir mit der Demontage beginnen.«

»Was denn, zum Beispiel?«

»Professor Dorniers Untersuchung der Cepheiden.«

»Ist er damit immer noch nicht fertig?«

»Es sieht allmählich so aus, als würde er nie damit fertig, bei seinem Tempo.«

»Sonst irgendwelche Neuigkeiten, seit ich weg bin?«

Grayson zuckte mit den Achseln. »Ein paar neue Gesichter. Ihr Ersatzmann ist übrigens nicht annähernd so tüchtig wie Sie bei der Überprüfung der Intrasystem-Sichtungen. Er scheint zu glauben, dass solche Dinge unter der Würde eines frisch graduierten Akademikers sind.«

Amber lachte. »Das Gefühl kenne ich.«

»Was ist mit Barnard? Hat er es sich anders überlegt?«

»Nein, er kommt in ein paar Wochen nach«, sagte Amber. »Er hat noch irgendetwas in Tycho Terrace zu erledigen.«

»Wie geht’s dem alten Crag?«

»Hat sich verändert seit dem Studium«, antwortete Amber. »Er wird uns eine große Hilfe sein, wenn es so weit ist, das Große Auge in Sicherheit zu bringen. Er hat draußen auf dem Kometen eine Menge Erfahrungen im Raumanzug gesammelt. Wie wir alle.«

»Kommen Sie, Amber. Machen wir, dass wir aus den Anzügen rauskommen«, sagte Margaret. »Im Foyer gibt man für Sie eine Willkommensparty, von der Sie übrigens eigentlich gar nichts wissen sollten. Es ist eine Überraschung.«

»Ich werde mein Bestes tun, meine Rolle zu spielen.« Amber betrat eine der mkleidekabinen und entkleidete sich rasch bis auf die Haut. Sie hängte den unförmigen Anzug auf das dafür vorgesehene Gestell. Es war der Anzug, den sie für die Expedition gekauft hatte, aber er sah nicht mehr neu aus. Er hatte immer noch die Dellen und Kratzer, die von der Panne mit dem Eisrutsch herrührten. Sie rieb sich eilig mit einem Schwamm ab, dann schlüpfte sie in den neuen Overall, den sie in Luna City erworben hatte. Sie kämmte sich, band ihr Haar hoch und kehrte dann zu den Graysons zurück, die auf sie gewartet hatten.

»Meine Liebe, Sie werden jedes Jahr hübscher.«

»Danke, Margaret. Machen wir uns auf zur Party?«

Sie verließen den Umkleideraum und gingen den Hauptkorridor des Observatoriums entlang. »Ich habe gehört, es soll auf dem Kern ziemlich schlimm gewesen sein«, sagte Niels.

»Nicht besonders«, erwiderte Amber. »Wir haben hart gearbeitet, und ich wurde unter einer Lawine begraben.«

»Sie haben uns damit einen ganz schönen Schrecken eingejagt, junge Frau.«

»Wie ich höre, haben Sie einen jungen Mann kennengelernt«, sagte Margaret Grayson.

Amber nickte. »Tom Thorpe. Sie haben eine Party für ihn gegeben, erinnern Sie sich?«

»Aber ja. Wo ist er jetzt?«

Amber berichtete von den Umständen, die zu ihrer Trennung geführt hatten. Margaret hörte verständnisvoll zu. Als Amber geendet hatte, sagte sie: »Diese Dinge haben es an sich, dass sie sich irgendwann zum Guten wenden.«

»Das meine ich auch«, sagte Grayson. »Diese Evakuierung wird für uns alle hart. Wenn alles vorbei ist, werden wir jede Menge Zeit haben, die Scherben unseres Lebens wieder aufzusammeln.«

»Ist schon irgendetwas darüber verlautet, wie alles abgewickelt werden soll?«

Grayson schüttelte den Kopf. »Nur dass die Regierung mit dem Systemrat verhandelt. Es gibt Berichte darüber, dass zusätzliche Großtransporter umgebaut werden und möglicherweise ein oder zwei Raumstationen verlegt werden sollen, um mit dem Andrang fertigzuwerden.«

»Können sie wirklich alle Einwohner von Luna in nur einem Jahr evakuieren, Niels?«

»Eine gute Frage, und eine, auf die sie verdammt schnell eine Antwort finden müssen. Falls sie’s nicht können, dann ist hier bald der Teufel los.«


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