Mit einem fröhlichen Summen auf den Lippen trat Vance im Verhörraum wenig später zu Blade. Nach einem kurzen Blick zur Überwachungskamera öffnete er den Lederkoffer, der auf dem Tisch lag, und holte eine große Einwegspritze sowie eine Glasampulle mit einer farblosen Flüssigkeit heraus. Die Ampulle hielt er gegen das Licht und schüttelte sie ein paar Mal, um sicher zu sein, dass sich nichts abgelagert hatte. „Nur ein kleines Bonbon, damit du auch schön brav bleibst.“
Blade sah Vance hasserfüllt an. Irgend etwas stimmte nicht mit diesem Kerl. Er war aalglatt. Seine Stimme war zwar besänftigend, aber er bewegte sich wie ein Reptil, wie ein Alligator, der durch hohes Gras schlich, um sich seiner Beute zu nähern.
Der Typ roch nicht nach Vampir, aber er benahm sich wie einer.
Vance klopfte mit dem Fingernagel vorsichtig gegen die Spritze, um mögliche Luftblasen in der Flüssigkeit zu vermeiden, dann verzog er den Mund zu einem falschen Lächeln. „Die normale Dosis liegt bei zwei- bis dreihundert Milligramm. Aber um einen jungen Hybriden wie dich ruhig zu stellen…“ Vance musterte Blade und kniff die Augen zusammen, während er sein Gewicht schätzte. „Ich würde sagen, wir gehen gleich auf ein paar tausend Milligramm.“
Blade starrte Vance an, die Gedanken in seinem Kopf überschlugen sich.
Vance hielt die Spritze bereit und griff nach Blades Arm, doch der versuchte, vor ihm zurückzuweichen. Blade wollte nach dem Mann treten, aber seine Beine waren völlig taub und bewegten sich, als seien sie aus Beton. Schweiß trat auf Blades Stirn, als er sich mit aller Macht darauf konzentrierte, dass seine Beine ihm gehorchten.
Aber es half nichts. Entweder hatte man ihn bereits mit Medikamenten vollgepumpt, oder man hatte ihn verdammt lange bewusstlos hier sitzen lassen.
Adrenalin jagte durch seinen Körper und versetzte seinen Muskeln einen Energiestoß, der seinen wachsenden Hunger zusätzlich entfachte und der seine Sinne massiv schärfte. Sein Bauch fühlte sich an, als sei er mit flüssiger Lava gefüllt. Der Geruch von Vances Blut rief nach ihm wie ein düsterer, süßer Sirenengesang. Blade schloss einen Moment lang die Augen und kämpfte gegen das immer stärker werdende Bedürfnis, seinen Hunger jetzt und hier zu stillen.
Während Blade damit beschäftigt war, sich selbst unter Kontrolle zu bringen, packte Vance seinen Oberarm und stach die Nadel in eine der großen Adern in seiner Armbeuge. Blade knurrte vor Schmerz und riss seinen Arm weg, doch es war bereits zu spät. Er sah Vance zornig an. Schweiß lief ihm von der Stirn über sein Gesicht.
Vance lächelte herablassend. „Na, das war doch gar nicht so schlimm, nicht wahr?“ Er legte den Kopf ein wenig schräg und betrachtete Blade kühl. „Du bist schwach, stimmt’s? Du brauchst bestimmt dein Serum.“ Er legte die Spritze weg und schloss den Lederkoffer. „Wer hätte gedacht, dass ein gewöhnlicher Mensch wie ich dich außer Gefecht setzen würde?“
Blade hörte auf zu kämpfen, als ihm eine Erkenntnis dämmerte. Sein Unterkiefer klappte herunter, so wenig wollte er glauben, was die Vernunft ihm sagte. „Du gehörst zu ihnen… du bist ein Vertrauter!“
„Schon seit fünf Jahren.“ Vance sagte es nicht ohne einen Anflug von Stolz. Er streckte den Arm aus und schob die Manschette weit genug zurück, um ein fingernagelgroßes Schriftzeichen zu zeigen, das in sein Handgelenk eintätowiert war. Blade starrte ihn fassungslos an, unfähig, ein Wort herauszubringen, während ihm die Konsequenzen klar wurden. „Das ist das Endspiel, Blade. All ihre Pläne werden jetzt endlich verwirklicht. Lehn dich einfach zurück und genieße das Schauspiel.“
Wieder brachte das Adrenalin Blade auf Touren. Er wandte sich zu dem großen Spiegel um und schrie aufgebracht: „Er ist einer von denen! Verdammt, er arbeitet für sie!“
Vance sah ebenfalls in den Spiegel, während Blade tobte. Für die Überwachungskamera hob er vielsagend eine Augenbraue und zuckte mit den Schultern. Er hatte dem Mann nur eine geringe Dosis eines Beruhigungsmittels gegeben, und der rastete darüber förmlich aus.
Der Kerl war offensichtlich schwer gestört.
Vance ignorierte Blades drängende Beteuerungen und ging zurück nach nebenan zu den Detectives. Zu viert standen sie vor dem Spiegel und sahen zu, wie Blade sich in einen Wutanfall steigerte und wie ein Wahnsinniger an seinen Fesseln zerrte.
Vance schüttelte Chief Vreede die Hand, wobei der Hemdsärmel des Polizeichefs ein Stück verrutschte und auf seinem Arm die gleiche Tätowierung sichtbar wurde wie beim Doktor.
Sie lächelten sich kurz an, dann gingen sie nach draußen und ließen Cumberland und Haie allein, die sich nur stumm anblickten.
Etliche Minuten verstrichen. Im Verhörraum betrachtete Blade sein Spiegelbild, während er auf dem Stuhl langsam zusammensackte. Warum war es ihm bloß nicht möglich, sich auf irgend etwas zu konzentrieren? Der Hunger rührte sich tief in ihm und brannte wie ein weißglühender Schürhaken. Doch allmählich schwächte er sich zu einem matten Gefühl ab, als sich das Medikament langsam den Weg durch seine Adern bahnte und seinen Körper dazu brachte, sich zu entspannen. Er wusste, dass diese Wirkung vermutlich nicht lange anhalten würde, doch er war zu geschwächt, um von sich aus dagegen anzukämpfen.
Blade zitterte, als ihm ein Schauder über den Rücken lief. Er presste den Atem zwischen den Zähnen heraus, während er seine letzten Reserven aktivierte, um sein größtes Verlangen zu bekämpfen. Seine gesamte noch verbliebene Energie richtete er darauf, seine Atmung zu kontrollieren, bis er nur noch ein paar Atemzüge pro Minute machte. Er spürte, wie sich gleichzeitig auch sein Herzschlag verlangsamte und wie der Schmerz in seinem Blut nachließ, als sein Körper in eine Starre verfiel.
Er ignorierte den Hunger, der an ihm nagte, und beschäftigte sich weiter nur mit seiner Atmung. Er spürte, wie sich seine Lungen ausdehnten und zusammenzogen, wie kühlende Luft in die kochende Feuergrube gebracht wurde, die sich in seinem Körper befand. Es war ein Trick, den Whistler ihm beigebracht und den er über die Jahre hinweg verfeinert hatte. So war es ihm möglich, die Kontrolle über sich zurückzuerlangen, wenn der Durst sich in ihm regte. Es war seine Reflexhandlung auf den Hunger gewesen, bis Whistler das Serum verbessert hatte, das damals kaum für sechs Stunden ausreichte. Manchmal war der alte Mann nicht rechtzeitig bei ihm, wenn der Durst zurückkam, und manche von Whistlers interessanteren Narben waren die Folge seiner Entschlossenheit gewesen, den jungen Daywalker ,stubenrein’ zu machen.
Blades Augenlider schlossen sich flatternd, dann öffneten sie sich wieder, als sich sein Stoffwechsel weiter verlangsamte. Er musste wachsam bleiben. Wenn der Augenblick zur Flucht kam, dann musste er bereit sein.
Draußen im Korridor öffneten sich die Aufzugtüren vor Danica, Asher, Grimwood und vier Vampirpflegern, die die Trage in den Vorraum schoben. Als sie in den langen, hell erleuchteten Korridor einbogen, kamen ihnen Cumberland und Haie entgegen. Sie eilten Chief Vreede nach, der auf dem Weg zum Ausgang war und seine Schritte beschleunigte, während er so tat, als würde er die Rufe der beiden Detectives nicht hören.
Cumberland stand kurz vor einem Wutausbruch. Dieser Vance hatte kein Recht, sich einfach einzumischen und Blade wegzuschaffen, solange er ihn nicht verhört hatte. Wie konnte dieser Kerl das nur wagen? Das hier war sein Fall, Blade fiel in seine Zuständigkeit. Da Whistler tot war, stellte Blade die einzige Verbindung zu Hunderten von ungeklärten Todesfällen dar, die sich im gesamten Bundesstaat zugetragen hatten. Er konnte nicht zulassen, dass sein Hauptverdächtiger ihm einfach so weggenommen wurde.
Als sich Vreedes medizinische Eskorte näherte, streckte Cumberland den Arm aus. „Augenblick, nicht so schnell.“
Zu seiner Überraschung schubste ihn die Krankenschwester, die die Gruppe anführte, einfach zur Seite und ging weiter, ohne von dem Detective Notiz zu nehmen.
Cumberland sah zu Haie, während in seinem Kopf eine Alarmglocke schrillte. Irgendwas ging hier nicht mit rechten Dingen zu.
Er eilte Vreede nach, gefolgt von seinem treuen Assistenten Haie.
Im Verhörraum versuchte Blade, sich von seinen Fesseln zu befreien, ehe Vance zurückkehrte. Das Medikament hatte ihn mittlerweile fest im Griff, denn bei jeder Kopfbewegung drehte sich alles vor seinen Augen. In seinem Magen brannte dumpf der Durst und wurde immer stärker, je weiter ihm seine Kontrolle entglitt, da das Medikament in seinen Adern seinen Willen immer mehr schwächte. Blade kämpfte mit sich, um die Augen offen zu halten. Wenn er zuließ, dass sie zufielen, dann wäre alles zu spät – für ihn und vermutlich auch für jeden, der sich im Umkreis von hundert Metern aufhielt.
Während er die Bilder vor seinen Augen zu ignorieren versuchte, die wie Spezialeffekte aus den Siebziger Jahren wirkten, konzentrierte er sich darauf, irgendwie seine Handfesseln zu lösen. Für normales Metall waren sie außergewöhnlich robust. Schweißperlen liefen Blade in die Augen, als er immer wieder seine Armmuskeln anspannte und versuchte, eines der Glieder zum Zerreißen zu bringen, die die Handschellen zusammenhielten.
Noch während er sich abmühte, öffnete sich plötzlich die Tür, und fünf Gestalten betraten den Raum. Blade blinzelte, um zu erkennen, um wen es sich handelte. Verwundert nahm er zur Kenntnis, dass die Gruppe sich aufteilte und wieder zusammenfand und leuchtende Striemen hinter jeder ihrer Bewegungen herzog. Der schlangenartige Vampirgeruch war unverwechselbar, und Blade knurrte kehlig, als er versuchte, sich zu erheben.
Die erste Gestalt, eine Frau, setzte ihren mit einer Metallspitze versehenen Absatz auf seine Brust und drückte ihn zurück auf den Stuhl. „Nur die Ruhe, Liebling. Du gehst nirgendwohin.“
Danica beugte sich zu Blade hinunter und betrachtete ihn gierig. Es hatte etwas Unwirkliches, nun dem sagenumwobenen Daywalker so nah zu sein, nachdem sie ihn jahrelang nur auf große Entfernung beschattet hatte. Sie holte tief Luft und genoss den Augenblick. Es war wirklich wundervoll, Blade so vor sich zu sehen, wehrlos und fast betäubt, nicht in der Lage, sich zu wehren. Sie wünschte sich nur, Gedge könnte miterleben, was sein Opfer bewirkt hatte. Besonders gemocht hatte sie den Typen zwar nie, aber für einen Menschen war er sehr ehrgeizig gewesen.
Danica lächelte boshaft. Sie konnte der Versuchung nicht widerstehen, mit ihrem Triumph zu prahlen. Hoffentlich konnte Blade sie trotz seiner Lethargie hören. „Wir haben die Menschen wie Schachfiguren benutzt, Blade, damit wir dich in die Finger bekommen.“
Trotz seiner Desorientierung reagierte in Blades Kopf ein primitiver Reflex, als ihm klar wurde, was diese Worte zu bedeuten hatten.
Diese Frau war für Whistlers Tod verantwortlich!
Er riss die Augen auf, bis er sie deutlich vor sich sah, und knurrte sie an. Gleichzeitig zog er die Füße unter sich und versuchte, mit einem Satz vom Stuhl aufzuspringen. Die Handfesseln schnitten sich in sein Fleisch, als er alles daran setzte, sie zu zerreißen. Sofort war Grimwood an Danicas Seite und versetzte Blade einen Fausthieb gegen den Kiefer. Der Kopf des Daywalkers wurde herumgerissen und er sackte wieder auf den Stuhl.
Blade fiel förmlich in sich zusammen, so wenig Kraft besaß er noch.
Grimwood grinste ihn an und bleckte seine Stahlzähne. „Keine Angst, Kleiner. Wenn wir dich erst mal hier rausgeschafft haben, wirst du noch Zeit genug zum Spielen haben.“
Danica gab den beiden Vampirpflegern ein Zeichen. Sie nickten und traten vor, um Blades Fesseln abzunehmen. Einer von ihnen nahm einen Arm in seinen stählernen Griff, während der zweite ihm die mit Metall verstärkte Zwangsjacke überzustreifen begann.
Blade schlug trotz seiner überwältigenden Schwäche um sich. Der erste Pfleger verzog das Gesicht zu einer finsteren Grimasse. Er mühte sich damit ab, die Metallklammern hinter Blades Rücken zu schließen, doch der zog sie immer wieder auseinander. Es war, als würde man einer Kindergärtnerin beim Versuch zusehen, einem widerborstigen Zweijährigen einen Wintermantel anzuziehen. Grimwood lachte, ihm bereitete das Schauspiel großes Vergnügen.
Danica trat vor und sagte in herablassendem Tonfall: „Mach es nicht unnötig schwer.“ Sie kam näher und sah Blade tief in die Augen, während der wieder und wieder ihre Assistenten abwehrte. „Du bist ganz allein, Blade. Niemand kann dir jetzt noch hei…“
Es war unglaublich perfektes Timing, dass das verspiegelte Glas genau in diesem Moment zerbarst und sich Splitter und Scherben in den Verhörraum ergossen. Zugleich flog der lodernde Leichnam eines weiteren Vampirpflegers ins Zimmer und landete in einer Aschewolke mitten auf dem Tisch.
Asher und Grimwood zuckten erschrocken zusammen. Da sprang bereits ein Mann durch das zerschlagene Fenster. Gleichzeitig zog er elektronische High-Tech-Pistolen. Er landete breitbeinig auf dem Tisch. Glassplitter wurden unter seinen Stiefeln zermahlen. Er richtete sich auf und wandte sich den erstarrten Vampiren zu. Auf seiner schwärzen Jacke prangte ein Krankenhausaufkleber, der mit dem Text ,Hallo, mein Name ist…’ begann. Dort, wo der Name stehen sollte, prangten aber stattdessen die Worte ,FUCK YOU!’ die offenbar mit rotem Filzstift geschrieben worden waren.
Der Fremde verneigte sich kurz vor Blade, dann widmete er sich mit einem irren Grinsen auf den Lippen wieder dem Vampirtrio. „Soll ich euch sagen, warum Vampire keine Freunde haben?“
Asher starrte ihn an, empört über diese Störung.
Der Neuankömmling lud seine Waffe durch und fuhr im nächsten Atemzug fort: „Weil Vampire entsetzliche Nervensägen sind.“
Danica knurrte, als sie den Eindringling erkannte: „King!“
Dann erlosch das Licht.
Über den Türen leuchteten sofort grüne Hinweisschilder auf, die die Notausgänge markierten, fast gleichzeitig schrillte der Feueralarm los. Das damit einsetzende Durcheinander nutzte King, um beide Pistolen auf Asher abzufeuern, doch der duckte sich gerade noch rechtzeitig und ging hinter einem Stapel aufgetürmter Metallstühle in Deckung. Die Kugeln verfehlten ihn und trafen stattdessen den unglücklichen Pfleger, der gleich hinter ihm gestanden hatte. Sie fraßen sich in seine Brust, dann explodierten sie in einem grellen, blauen Schein aus UV-Licht. Der Vampir zerfiel sofort, da das Licht ihn von innen heraus zerfraß. Innerhalb von Sekunden war nichts weiter geblieben als eine leere Kohlenstoffhülle.
King wirbelte geduckt herum und schoss eine zweite Salve auf Danica ab, die hinter dem Metalltisch Deckung suchte. Mit einer Hand kippte sie ihn um, damit er sie abschirmen konnte. King schoss weiter, während die Kugeln vom Tisch abprallten. Er hoffte, eine seiner UV-Salven würde sich durch die Tischplatte bohren und Danica treffen. Als Kings Pistolen leer waren, schleuderte Danica ihm den schweren Metalltisch entgegen, als bestehe er aus Schaumstoff, dann wandte sie sich um und rannte aus dem Zimmer.
Während um ihn herum der Kampf tobte, kam Blade zu dem Schluss, dass er am besten auch die Flucht antreten sollte. Er konzentrierte sich und zwang sich, gegen die Wirkung des Medikaments anzukämpfen. Es gelang ihm, sich auf eine Seite zu drehen und den Stuhl zum Kippen zu bringen, so dass er der Länge nach auf dem Fußboden landete.
Grimwood entging nicht das Geräusch, das Blade verursachte hatte, und wollte sofort nach ihm greifen. Der trat aber wild um sich und rammte seine schweren Stiefel mitten in den Oberkörper des großen Vampirs und schleuderte ihn nach hinten.
Grimwood krachte auf die dünne Trennwand, durchbrach sie und landete in einer Wolke aus Gips und Holzstücken im Raum nebenan.
King lief zu Blade, packte seinen Unterarm und zog ihn mühsam auf die Beine. Er lud nach, drehte sich um, und feuerte eine weitere Salve blauen Feuers auf den geduckten Asfier. Der Vampir rannte aus seinem Versteck wie eine Ratte, die vor einem Feuerwerk davonlief.
King sah zu Blade. „Lass uns ‘nen Abflug machen, Kemosabe.“
Halb trug, halb schleppte er Blade zur Tür und dann hinaus in den dunklen Korridor der Polizeiwache. Vom anderen Ende des Gangs kamen Cumberland und Haie mit sorgenvollen Gesichtern angelaufen. Sie hatten den Lärm gehört. Jemand hatte den Feueralarm und gleichzeitig den Eindringlingsalarm ausgelöst, aber von einem Feuer konnte Cumberland nichts entdecken. Doch aus einem unerklärlichen Grand wusste er, dass beide Alarme mit Blade zu tun hatten.
Am Ende des Korridors angekommen, kam er schlitternd zum Stehen und sah, dass sein schlimmster Alptraum Wirklichkeit geworden war. Blade kam von einer Rauchwolke umgeben aus dem Verhörraum gestolpert, ein großer und muskulöser junger Mann stützte ihn. Blade bewegte sich, als sei er betrunken, doch sein Begleiter wirkte mehr als kräftig genug, um ihn notfalls auch zu tragen.
Wichtiger war dabei aber, dass der junge Mann bewaffnet war.
Cumberland griff nach seiner Pistole. „Er haut ab!“
King feuerte eine letzte Salve in den Verhörraum, um zu verhindern, dass die Vampire ihnen folgen konnten. Dann zog er eine Granate aus seinem Waffengurt und warf sie durch die Türöffnung. Im nächsten Augenblick ging sie hoch und wirbelte Trümmerstücke umher. Die beiden Detectives wurden zu Boden geschleudert. Eine lange Feuerzunge reichte bis an die Decke vor dem Raum, schwarzer Rauch quoll in den Korridor.
Blade ließ sich zitternd gegen die Wand sinken. Er fühlte, dass er kurz vor einer Ohnmacht stand. Der Hunger war unerträglich geworden, und er musste jeden letzten Rest von Selbstkontrolle aufbringen, um sich nicht einfach umzudrehen und seine Zähne in den Hals des jungen Mannes zu bohren, der ihn gerade eben gerettet hatte. Er stöhnte leise auf.
„Stirb mir ja nicht weg, Motherfucker!“ King schob seinen Arm um Blade und hob ihn an, damit er wieder aufstand.
Mit einem Knurren kam Blade hoch und schlich durch den Korridor davon, wobei er den größten Teil seines Gewichts auf King verlagerte.
Zwanzig Meter entfernt war ein halbes Dutzend uniformierter Officers in den Nahkampf mit einem zweiten Eindringling verstrickt, einer athletisch aussehenden jungen Frau, die eine Militärhose und dazu eine moderne, hautenge Motorradjacke trug. Drei Männer lagen bereits friedlich schlafend übereinander auf dem Boden, ohne etwas davon zu merken, dass sie Nasenbrüche und Prellungen am Kopf davongetragen hatten. Innerhalb von Sekunden hatte sie zwei der restlichen drei Männer ebenfalls ausgeschaltet.
King kam um die Ecke gelaufen und rief der Frau zu: „Whistler, wir brauchen sofort das Serum!“
Blade hob den Kopf, Hoffnungsschimmer trat in seine blutunterlaufenen Augen. Whistler? Nein, er musste sich verhört haben.
Abigail Whistler beschrieb eine elegante Drehung und trat mit dem Stiefel in die Schläfe des letzten Polizisten, der daraufhin mit einem dumpfen Knall gegen die Wand flog und in sich zusammensackte. Abigail hob ihren Rucksack auf und zog einen Inhalator heraus, den sie King zuwarf. Der drückte das Gerät behutsam in Blades zitternde Hände.
Als er erkannte, was er vor sich hatte, setzte Blade das Mundstück sofort an seine Lippen und biss zu, während er gleichzeitig eine seitlich angebrachte Lasche zog. Er ignorierte die blitzenden Lichter, die durch die abrupte Bewegung vor seinen Augen tanzten. Das Gerät zischte, das Serum strömte kühl und klar in seine Lungen und wanderte von dort weiter in seinen Körper. Das hungernde, schreiende Vampirvirus wurde rasch leiser, seine natürliche Kraft und Vitalität kehrten gleichzeitig zurück. Erleichtert sank er in sich zusammen und atmete tief durch, während er seinen Körper zwang, wieder in seinen Normalzustand zurückzukehren.
Im nächsten Augenblick konnte er mit klarem Blick zu King emporblicken. Seine übernatürliche Kraft war wiederhergestellt, und ohne große Anstrengung riss er seine Handschellen auseinander.
King grinste ihn zufrieden an. „Hey, Blacula, wieder bereit, auf die Piste zu gehen?“
Blade reagierte mit einem schnellen Haken gegen Kings Kiefer. Der taumelte nach hinten und starrte Blade verstört an, dessen Gesicht wie aus Stein gemeißelt aussah. „Nenn mich nie wieder so, sonst bekommst du von mir ein lebenslanges Hirntrauma.“
King rieb sich den Kiefer, dann zuckte er mit den Schultern und warf Blade eine seiner Pistolen zu.
Eine zähe Truppe.
Cumberland und Haie stürmten um die Ecke auf sie zu, brüllten irgend etwas und hielten ihre FBI-Dienstmarken hoch. Spontan sprang King mit einen Satz vor und verpasste Haie einen Schlag ins Gesicht, der den Detective zu Boden schickte. Gleichzeitig bekam Cumberland von Blade einen Tritt gegen die Brust, der ihn durch die Tür bis zur Herrentoilette schleuderte. Mit einem unangenehmen Geräusch krachte er mit dem Spiegel über dem Waschbecken zusammen, sank zu Boden und stand nicht wieder auf.
Es klang, als käme eine ganze Herde Vieh angetrampelt, doch um die Ecke stürmte stattdessen Grimwood, dicht gefolgt von den drei überlebenden Vampirpflegern. Grimwoods Haare rauchten, über seine breite Brust zog sich eine lange Brandwunde.
Blade hantierte sekundenlang mit Kings Pistole, eher er verstand, dass es sich um eine Automatikwaffe handelte. Er stand auf und straffte seine Schultern, dann jagte er eine Salve explosiver Kugeln nach der anderen in den Korridor. Die Geschosse schlugen in Wände und Boden ein und explodierten in gleißendem UV-Licht, während die Vampire versuchten, irgendwo Schutz zu suchen. Grimwood und seine Helfer waren gezwungen, sich vor diesem Sperrfeuer zurückzuziehen.
Blade und King rannten den Korridor entlang, um zu Abigail aufzuschließen. Der Rauch des Schusswechsels hing schwer in der Luft und reizte beide immer wieder zum Husten. Die Notbeleuchtung schien allmählich schwächer zu werden, und sie konnten kaum noch die Hand vor Augen erkennen.
Ein Stück vor ihnen stürmte ein Trupp Polizisten aus dem Treppenhaus, allesamt schwer bewaffnet und mit kugelsicheren Westen ausgerüstet. Einer von ihnen kaute noch immer auf einem letzten Rest seines Gurkensandwichs herum, da er aus seiner Pause geholt worden war.
Als sie Blade und King sahen, eröffneten sie sofort das Feuer.
Blade und die anderen duckten sich in eine Nische, während um sie herum Kugeln in den Wänden einschlugen. Sie mussten sich hart gegen die Wand pressen, da ein Projektil nach dem anderen an ihnen vorbeijagte. Das Mündungsfeuer der Waffen erhellte das rauchgeschwängerte Zwielicht wie ein Stroboskopscheinwerfer.
King duckte sich, als eine Kugel sein Ohr nur knapp verfehlte. „Wir sitzen in der Falle!“ Frustriert wandte er sich zu Blade um. Er hoffte, dass er irgend etwas unternehmen würde. Schließlich sollte dieser Kerl doch ein Superheld sein, aber stattdessen stand er nur da wie eine Schaufensterpuppe für Ledermoden. „Kannst du denn gar nichts machen?“
Blade hob hilflos seine Waffe. „Ich kann nicht um die Ecke schießen.“
„Ich aber.“
Beide starrten zu Abigail und sahen den Blick in ihren Augen. Wie ein Mann traten Blade und King mit einem Mal in den Korridor und belegten ihn mit einem Sperrfeuer, um ihr Deckung zu geben. Während sich die Polizei angesichts dieser Gegenwehr zurückzog und im Treppenhaus Schutz suchte, zog Abigail ein seltsam geformtes Objekt aus einem Beutel, den sie auf dem Rücken trug. Sie drehte einmal kurz mit dem Handgelenk; das Objekt schnappte auf und nahm die Form eines Verbundbogens an. Die Waffe war aus geschwärzten Aluminium gefertigt, in die beiden Glieder waren an den kritischen Punkten Module eingearbeitet, die Vibrationen dämpfen sollten. So sah die Waffe aus, als sei sie mit metallischen Wirbeln überzogen. Blade hatte so etwas noch nie zu Gesicht bekommen.
Dann zog sie einen silbernen Pfeil mit einem Aufsatz an der Basis aus ihrem Köcher, legte ihn am Bogen an und zielte auf einen Feuerlöscher, der am Ende des Korridors an der Wand hing. Im rauchverhangenen Gang war das Ziel nur mit Mühe zu erkennen, doch das musste genügen.
Mit einer fließenden Bewegung zog sie die Sehne zurück und ließ los.
Der Pfeil traf mit einem Scheppern auf den Feuerlöscher und prallte von ihm ab, um seitlich in den Korridor zu fliegen. Einen Sekundenbruchteil später bohrte er sich in die Schulter eines der heraneilenden Vampire, der aufschrie und instinktiv den Pfeil aus dem Fleisch zog. Ein wenig dümmlich betrachtete er den Bolzen in seiner blutbeschmierten Hand und atmete erleichtert aus.
Das war knapp!
Auf einmal war ein leises ,Klick’ und ein Surren zu hören, als das winzige Objekt am Ende des Pfeils sich zu drehen begann, nachdem es beim Einschlag in sein Ziel aktiviert worden war. Zwei weiße Kerben an der oberen Seite stellten sich auf, dann flammte eine rote Leuchtdiode auf. Mit einem erstaunten Blick betrachtete der Vampir das Ding und streckte neugierig einen Finger aus, um das rote Licht zu berühren…
In diesem Moment explodierte die Pfeilspitze in einem grellblauen UV-Lichtschein und erfasste alle drei Vampire. Grimwood schaffte es trotz seines massigen Körpers, sich rechtzeitig zu ducken, um von dem Lichtschein nicht getroffen zu werden, während zwei der Pfleger ihn zusätzlich abschirmten, da sie das UV-Licht in voller Stärke abfingen. Sie gingen in Flammen auf und zerfielen zu Asche.
Der letzte überlebende Vampirpfleger wollte sich in einem Büro verstecken und schlug gerade die Tür hinter sich zu, doch Abigail schoss bereits den nächsten Pfeil ab, der die Tür durchbohrte und im rauchenden Körper des Vampirs stecken blieb. Als er explodierte, war unter der Tür ein kurzes, schmutzig-orangefarbenes Aufflammen zu sehen.
Dann war es an Blade, den nächsten Zug zu machen. Er stürmte durch den Korridor auf die Polizisten zu, die sich im Treppenhaus verschanzt hatten. Abigail und King liefen dicht hinter ihm. Blade packte den Griff der Stahltür zum Treppenhaus und hob sie mühelos aus den Angeln. Dann warf er sie die Treppe hinab, auf der weitere Polizisten als Verstärkung auf dem Weg nach oben waren. Sie wurden von der schweren Tür mitgerissen wie Kegel auf einer Kegelbahn.
Endlich konnten sie das Gebäude verlassen.
Als sie aber die Stufen hinuntereilten, blieb Blade abrupt stehen und rief: „Wartet!“
King und Abigail stockten mitten in ihrer Bewegung und starrten Blade erschrocken an.
„Mein Schwert“, sagte er und hob die Hände. „Es ist noch hier.“
„Bist du verrückt?“ gab King zurück. „Wir sind so gut wie durch. Wir können nicht noch nach deinem Scheißbuttermesser suchen!“
Doch Blade war bereits auf dem Weg zurück nach oben, entschlossen, sein Schwert zu finden. „Hey, hey! Komm gefälligst zurück! Das sollte eine Rettungsaktion sein!“
Abigail packte King an der Schulter und zog ihn nach unten. „Vergiss es, King. Lass uns abhauen.“
Eine vielstimmiges Geheul von Polizeisirenen gellte den beiden entgegen, als sie aus dem Haupteingang der Wache stürmten. Die Metalltore rund um die Wache waren bis auf eines alle geschlossen, und ein Streifenwagen nach dem anderen jagte durch die verbliebene Öffnung und hielt geradewegs auf sie zu. Offenbar war Verstärkung eingetroffen.
Abermals saßen sie in der Falle.
Rasch zogen sich die beiden in die trügerische Sicherheit des Gebäudes zurück. Doch ehe sie die Tür erreicht hatten, hörten sie, wie weiter oben eine Scheibe zerbrochen wurde. Ein Fenster im zweiten Stock wurde förmlich aus dem Rahmen gesprengt, und einen Augenblick später landete Blade vor den beiden am Eingang zur Wache. Er war zwei Stockwerke in die Tiefe gesprungen und in einer katzengleichen Haltung gelandet, als sei es eine Selbstverständlichkeit.
King starrte Blade verblüfft an.
Dieser Hurensohn hielt sein Schwert in der Hand.
Blade grinste King breit an, streckte ihm den Mittelfinger entgegen und sagte: „Jetzt können wir gehen.“
„Ist der irre oder was?“ fragte King fassungslos und stieß Abigail leicht an.
Die Polizisten sprangen hastig aus ihren Wagen und liefen mit den Waffen im Anschlag in ihre Richtung. Dieses Mal wirkten Abigail und King deutlich gelassener. Sie blickten erwartungsvoll an den Polizisten vorbei zur Straße. Auch Blade sah nun gebannt auf die Straße.
Auf einmal tauchte ein aufgemotzter Land Cruiser aus den siebziger Jahren auf, dessen grelle Scheinwerfer den Eingang zur Wache beleuchteten. Mit quietschenden Reifen wechselte er von der Fahrbahn auf den Fußweg und zersprengte die Menschenmenge, die sich nahe der Wache eingefunden hatte. Dann raste er geradewegs durch die Mauer mitsamt Zaun, die das Gebäude umgab, wobei die zusätzlich montierten Stoßstangen den größten Teil des Aufpralls schluckten. Sekunden später kam der Wagen mit kreischenden Bremsen zwischen Blade und den Streifenwagen zum Stehen. Ein kompakter, mürrisch aussehender Mann beugte sich aus dem Seitenfenster und winkte Blade zu, während sich die hinteren Türen automatisch öffneten. „Gestatten, mein Name ist Dex. Ich rette heute Abend Ihren Arsch.“
Blade und seine beiden Begleiter sprangen in den Land Cruiser, ohne sich um die nervösen Rufe der Polizisten ringsum zu kümmern. Dex legte den Rückwärtsgang ein und fuhr durch das Loch in der Mauer hinaus, das er eben selbst noch geschaffen hatte. Die Polizisten eröffneten das Feuer, doch die Kugeln prallten wirkungslos von den gepanzerten Seiten des Cruisers ab. Sie rannten zu ihren Fahrzeugen, als der Wagen mit qualmenden Reifen eine halbe Umdrehung beschrieb und dann in Richtung Freiheit davonraste.
Abigail spähte durch das Heckfenster des Cruisers, als sie durch die nächtlichen Straßen der Stadt fuhren. Sie hatten einen Vorsprung von vielleicht zehn Sekunden, was für eine erfolgreiche Flucht genügen sollte. Sie kniff die Augen zusammen, um in der Dunkelheit irgendein Anzeichen dafür zu finden, dass sie verfolgt wurden.
Von der Polizei war nichts zu sehen, doch stattdessen sah sie etwas Erschreckendes: Grimwood rannte hinter ihnen her, seine kleinen Glubschaugen auf das Heck des Cruisers fixiert wie ein Pitbull, der einen Postboten im Visier hatte.
Schlimmer aber war, dass der große Blutsauger sie nicht nur verfolgte, sondern sogar aufholte.
Sie griff nach ihrem Bogen und lehnte sich aus dem Seitenfenster, legte einen ihrer UV-Pfeile an und zielte auf Grimwoods Kopf. Während sie sich gegen den Wagen drückte, um Halt zu finden, ließ sie die Sehne los.
Der Pfeil überwand die Distanz innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde und bohrte sich tief in Grimwoods rechtes Auge. Der schrie auf und fiel wie ein Stein zu Boden, überschlug sich mehrere Male und blieb schließlich als Knäuel aus Gliedmaßen liegen. Dex gab Gas. Er wollte Grimwood schnellstmöglich hinter sich lassen, ganz gleich, ob der den Pfeil überleben würde oder nicht.
Schließlich konnten die vier sich entspannen und den Adrenalinschub eines erfolgreich ausgetragenen Kampfs genießen. Der Motor schnurrte zufrieden, als sie sich der Interstate näherten. Das Schweigen im Wagen wurde von Dex’ Mobiltelefon unterbrochen. Er nahm das Gespräch an und lauschte kurz, dann sagte er: „Wir haben ihn. Wir sind bald da.“
Er schaltete das Telefon wieder aus und drehte sich zu Blade herum. „Und was sagst du zu meinem Auftritt vor der Wache? Zu übertrieben? Oder genau richtig?“
Auf dem Rücksitz löste King seinen Harnisch. Darunter kam eine kugelsichere Weste zum Vorschein. Die Vorderseite dieser Weste wies zahllose Beulen auf. King rieb sich die Rippen und seufzte erleichtert, froh darüber, wieder durchatmen zu können. Morgen früh würde er zweifellos einige sehr interessante blaue Flecke vorweisen können.
King sah auf und bemerkte, dass Blade ihn beobachtete. Sofern man in Blades ausdruckslose Miene überhaupt irgend etwas hineininterpretieren konnte, hätte King schwören können, dass der Daywalker zumindest ein wenig beeindruckt dreinblickte. Er nahm Kings ramponierten Harnisch an sich und betrachtete ihn. „Wer seid ihr eigentlich?“
King schluckte vor Stolz. „Ich bin Hannibal King. Ich bin ein Jäger, so wie du.“ Er deutete auf die Frau neben ihm. „Und diese kleine Range ist Abigail.“
Sie sah Blade nur stumm an. So vieles war ihr über den Daywalker schon zu Ohren gekommen, dass sie das Gefühl hatte, ihn in- und auswendig zu kennen. Seit Jahren hatte sie ihn schon treffen wollen, doch ihr Vater hatte es ihr verboten.
Jetzt endlich war es doch noch dazu gekommen, aber sie empfand unerklärliche Angst vor ihm.
Dass sie so fühlte, ärgerte sie, und sie riss sich rasch zusammen und errichtete einen imaginären Schutzwall um ihre Gefühle herum.
Blade erwiderte Abigails Blick und legte den Kopf ein wenig schräg, als versuche er, sie irgendwo einzuordnen. Während er sie weiter ansah, kniff sie ein wenig die Augen zusammen und hob den Kopf an, um ihm zu signalisieren, dass sie zum Kampfbereit war, wenn er es darauf anlegte. Es war nur eine minimale Bewegung, doch in Blades Gehirn weckte sie eine bestimmte Erinnerung. Er hatte diese Geste Tausende von Malen gesehen.
„Du bist Whistlers Tochter, stimmt’s?“, fragte Blade, obwohl es mehr ein spontan ausgesprochener Gedanke war, der ihm ungewollt über die Lippen gekommen war.
King lächelte, als er sah, wie Blades Miene ein wenig starrer wurde, auch wenn das kaum möglich schien. Er begann bereits, den Kerl zu durchschauen. „Stimmt, Blade.“
Er lehnte sich auf dem warmen Ledersitz nach hinten, während der Wagen in Richtung Küste über den Highway rumpelte. „Du musst wissen, Abby, Dex und ich… wir sind alle Teil von Whistlers Notfallplan.“
King griff in seine Tasche und zog ein Päckchen Kaugummi heraus. Er nahm einen Streifen, dann hielt er Blade das Päckchen hin. „Etwas für die Beißerchen?“
Blade starrte ihn nur an, während King den Streifen in den Mund steckte, zu kauen begann und sich dann mit einem Schulterzucken wieder nach hinten lehnte.
Das würde eine lange Fahrt werden.