Es war früher Morgen.
Ich hörte die Trommeln. Der Marsch sollte bald beginnen. Die Kaiila tänzelten im Sand. Eine Lederschnur lag locker um den hohen Knauf meines Wüstensattels. Meine Stiefel ruhten in den Steigbügeln. Der Krummsäbel baumelte an meiner Hüfte. Ich hielt die leichte Lanze der Tahari; der Schaft ruhte im Lanzenschuh zu meiner Rechten. Ich sah Haroun, den hohen Pascha der Kavars, in einem weiten Burnus vorbeireiten. An seiner Seite ritt mit schwarzer Kaffiyeh und weißer Agal Suleiman, der Pascha der Aretai, Herr über die Oase der Neun Brunnen, Herr über tausend Lanzen. Hinter Haroun erblickte ich Baram, den Scheich von Bezhad, seinen Wesir. Suleimans Begleiter war Shakar, Hauptmann der Aretai.
Ich blickte nach hinten an der langen Kette der Männer und Frauen entlang, die sich von der ehemaligen Kasbah Ibn Sarans bis hin zu Tarnas Festung erstreckte.
Unser Ziel war die Oase am Roten Felsen; von dort sollte zu den Zwei Krummsäbeln, dann zu den Neun Brunnen und von dort über eine große Karawanenroute nach Tor marschiert werden. Unterwegs würden verschiedene Einheiten die Kolonne verlassen und in ihre jeweiligen Stammesgebiete zurückkehren. Nur wenige hundert Männer würden die ganze Strecke bis nach Tor zurücklegen als Wächter für die Gefangenen, die auf den Sklavenmärkten dieser Stadt veräußert werden sollten. Boten waren bereits unterwegs, damit ausreichend Käfige und Ketten zur Verfügung standen. Für die Sklavinnen galt es, genügend kosmetische Mittel zu beschaffen. Auktionen mußten angesetzt, Daten mußten bestimmt werden. Vorausinformationen dieser Art sind entscheidend für den Erfolg eines Verkaufs. Ehe das erste Mädchen gefesselt auf den Block kommt, ist schon viel Arbeit getan. An dem Marsch beteiligten sich Kavars, Ta’Kara, Bakahs, Char, Kashani, Aretai, Luraz, Tashid, Raviri, Ti, Zevar, Arani und Tajuks, welche die Rückendeckung übernommen hatten. Zu der Kolonne gehörten Hunderte von Packkaiila, von denen viele Wasser transportierten. Das Tempo der Trommeln nahm zu.
In den beiden Kasbahs waren etwa sechshundert Frauen gefangengenommen worden. Die Sklaven sollten in der Kolonne ziemlich weit hinten marschieren; die Frauen mehr in der Mitte. Sie waren wertvoller als die Männer.
Ich trabte mit meiner Kaiila an den Gruppen der Sklavinnen entlang. Jedes Mädchen war mit dem linken Handgelenk an der Sklavenkette angeschlossen. Als ich meine Kaiila antrieb, spannte sich die Lederschnur, die von meinem Sattelknauf ausging und zu den gefesselten Händen eines Mädchens führte. Sie folgte meinem Tier. Die Sklavinnen boten sich meinen Blicken stolz dar. »Kauf mich in Tor, Herr!« rief so manches hübsche Geschöpf. Ich erblickte Tafa, die in der Kasbah Ibn Sarans die letzte Nacht vor dem Marsch nach Klima mit mir verbracht hatte. Ein Stück weiter entdeckte ich Zaya, das rothaarige Mädchen, das im Palast Suleiman Paschas Zucker zum schwarzen Wein gereicht hatte. Auch sie hatte in der Oase der Neun Brunnen gegen mich ausgesagt. In der zweiten Sklavinnengruppe entdeckte ich Lana und ihre Begleiterin, die mich im Serail Tarnas versorgt hatten.
Und dann sah ich sie sie, die einmal Anführerin von Banditen gewesen war, sie, die ich gestern nachmittag mit Hilfe meines Rings in ihrem Quartier aufgesucht und erobert hatte. Sie hatte einmal Tarna geheißen. Sie war die dreiundzwanzigste ihrer Sklavengruppe. Ihr linkes Handgelenk war festgekettet, doch sie trat so weit vor, wie es ging, legte den Kopf an meinen Steigbügel und sah mich mit feuchten Augen an.
»Vielen Dank, Herr«, flüsterte sie.
Ich machte Anstalten weiterzureiten. Ich hatte sie gestern zur Sklavin gemacht, ich hatte ihr gezeigt, was es heißt, sich einem Mann zu unterwerfen. Mit Hilfe Hassans hatte ich Tarna sodann in die Verliese geschmuggelt, wo sie inmitten der anderen Sklavinnen anonym geblieben war.
Ich betrachtete das Mädchen, das mich verzückt ansah. Sie hatte gestern gelernt, wie wunderbar es sein kann, von einem Mann unterworfen zu werden.
»Ich liebe es, Sklavin zu sein«, sagte das Mädchen, das einmal Tarna geheißen hatte.
Wenn sie in Tor als Sklavin verkauft wurde, bekam sie von ihrem Herrn wahrscheinlich einen anderen Namen.
Ich gab meiner Kaiila die Sporen und ritt weiter. Der Lederriemen spannte sich, und das Sklavenmädchen, das ich daran befestigt hatte, stolperte weiter. Die namenlose Sklavin, die einmal Tarna geheißen hatte, blieb im Sand kniend zurück.
Ich musterte das Mädchen an der Leine. Von allen Sklavinnen war sie als einzige bekleidet. Um den Hals zog sich ein Stahlkragen, der den Namen Hakims aus Tor trug. Diesem Manne gehörte das Mädchen. Ihr kurzes Kleid bestand aus Reptuch; ein schmutziges Gewand, das ich in den Küchenräumen Ibn Sarans gefunden hatte.
Sie hatte in der Oase der Neun Brunnen eine falsche Aussage gegen mich gemacht, sie hatte ihren Triumph genossen, als ich zu den Salzgruben von Klima verurteilt wurde. Nein, ich wollte die hübsche Vella so schnell nicht vergessen. Jetzt gehörte sie mir. Sie hatte mich angefleht, ihr zu verzeihen, als könnte ein Wort von mir alles wiedergutmachen. Als sie vor die Füße Hakims aus Tor geworfen worden war, als sie erkannte, wer sich hinter diesem Namen verbarg, hatte sie mich entsetzt angeblickt und dann zu lächeln begonnen. Doch ich hatte sie schnell ihrer Hoffnungen beraubt und sie gestraft, wie es das Recht eines Sklavenherrn ist.
Sie wußte jetzt, daß sie meine Sklavin war.
Ich erblickte T’Zshal, der an der Spitze seiner tausend Lanzenträger an mir vorbeiritt. Er zügelte sein Tier.
»Wir kehren nach Klima zurück«, sagte er.
»Aber ihr habt jetzt Kaiila«, bemerkte ich.
»Wir sind Sklaven des Salzes, Sklaven der Wüste. Wir kehren nach Klima zurück.«
»Den Salz-Ubar gibt es nicht mehr«, stellte ich fest.
»Wir werden mit den verschiedenen Paschas verhandeln, die Wüste aufteilen und die Preise für das Salz neu festsetzen«, sagte T’Zshal.
»Dann dürften die Preise ja bald in die Höhe gehen.«
»Das ist wohl nicht unmöglich.«
Ich fragte mich, ob es klug gewesen war, die Männer aus Klima zu bewaffnen und mit Kaiila zu versorgen. Sie waren nicht wie andere jeder von ihnen hatte den Marsch nach Klima überlebt.
»Wenn du jemals Hilfe brauchst«, fuhr T’Zshal fort, »schicke einen Boten nach Klima. Die Sklaven des Salzes kommen dir zu Hilfe.«
»Vielen Dank«, sagte ich. Diese Männer waren wertvolle Verbündete hervorragende Kämpfer. »Ich könnte mir vorstellen, daß sich die Verhältnisse in Klima nun etwas verändern.«
T’Zshal sah sich um. Zahlreiche gefesselte Sklavinnen waren in seinem Troß.
»Wir brauchen jetzt Tavernen und Kaffeehäuser in Klima«, sagte er.
»Die Männer haben zu lange ohne Zerstreuung auskommen müssen.«
»Wo ihr so viel Salz kontrolliert«, sagte ich, »dürfte die Erfüllung eurer Wünsche kein Problem sein.«
»Wir werden die Salzregionen vereinigen«, sagte T’Zshal.
»Du bist wahrlich ehrgeizig«, stellte ich fest. T’Zshal war der geborene Anführer. Haroun hatte im Audienzsaal der früheren Kasbah Ibn Sarans den Anführer der Lanzenreiter von Klima aufgefordert, in seine Dienste zu treten, doch die Männer aus dem Dünenland hatten sich geweigert.
»Wir kehren nach Klima zurück«, hieß es, und ich konnte diese Antwort verstehen. »Ich bin lieber der führende Mann in Klima als ein unbedeutender in Tor«, hatte T’Zshal mir einmal gesagt. Er war ein Sklave, gewiß, doch er unterwarf sich nur dem Salz und der Wüste kein Mensch gebot über ihn.
»Ich wünsche dir alles Gute«, sagte T’Zshal.
»Ich dir auch«, erwiderte ich.
Seine Kaiila entfernte sich mit wirbelnden Hufen. Tausend Reiter folgten ihm.
Langsam ritt ich auf die Spitze der Menschenkolonnen zu. Etwa zweihundert Meter vor meinem Ziel kam ich an dem kleinen Abdul vorbei, dem Wasserverkäufer aus Tor, dem Agenten Ibn Sarans. Durchaus denkbar, daß ihm von seiner Arbeit für Ibn Saran wichtige Einzelheiten über die Auseinandersetzung zwischen den Priesterkönigen und den Kurii bekannt waren. Zwei Ketten führten zu seinem Metallkragen und endeten an den Steigbügeln zweier Berittener, die ihn in die Mitte genommen hatten. Seine Hände waren zusammengekettet. Er hob den Kopf nicht. Er hatte Angst, mir ins Gesicht zu sehen.
»Er soll nach Tor geschickt werden«, hatte ich vorgeschlagen. »Ich veranlasse, daß Samos aus Port Kar einige Leute in diese Stadt entsendet.«
Die Agenten Samos’ kennen wirksame Methoden des Verhörs. Ich bezweifelte nicht, daß sie aus dem kleinen Abdul alles herausholen würden, was er wußte. Wenn er den Agenten der Priesterkönige nichts Neues mehr verraten konnte, mochte man ihn nach Süden in die Tahari verkaufen.
Hundert Meter vor der Spitze der Marschkolonne kam ich an einer großen weißen Kurdah vorbei, die auf dem Rücken einer schwarzen Kaiila schwankte. Diese Kurdah enthielt ein Mädchen, das mir nicht gehörte ein anmutiges blondes, blauäugiges Geschöpf, kostbar gekleidet, die Lieblingssklavin des großen Haroun, des Paschas der Kavars. Sie hieß Alyena.
In der ehemaligen Kasbah des Ibn Sarans war sie nackt vor die Plattform geworfen worden, auf der mit untergeschlagenen Beinen der große Haroun saß. Sie hatte es nicht gewagt, den Kopf zu heben.
»Ich behalte diese Sklavin«, hatte er gesagt.
Man hatte das Mädchen fortgezerrt, das zu schluchzen begann. »Ich bin die Sklavin Hassans!« weinte sie. »Ich liebe nur ihn!«
Am gleichen Abend war sie in das Quartier des Paschas geführt worden und kniete vor ihrem verschleierten Herrn.
»Du liebst einen anderen, Mädchen?« hatte er streng gefragt.
»Ja, Herr«, erwiderte sie. »Verzeih mir. Wenn es nicht anders geht, mußt du mich töten.«
»Und wer ist dieser Mann?« fragte der Verschleierte.
»Hassan!« sagte sie. »Hassan der Bandit.«
»Ein großartiger Bursche«, sagte ihr Herr.
Verwirrt hob das Mädchen den Kopf. Sein Schleier senkte sich.
»Hassan!« schluchzte sie. »Hassan!« Sie warf sich vor ihm zu Boden, bedeckte seine Füße mit Küssen.
Als sie den Kopf hob, befahl er sie zur Couch. Sie riß sich die Sklavenseide vom Leibe und kniete auf dem Polster nieder, eine schmächtige Gestalt, in Erwartung ihres Herrn. Er legte seine Robe ab und ging zu ihr. Dann packte er ihr Haar, zog ihren Kopf hoch und drückte sie auf dem Rücken in die weichen Seidenpolster. Mit der grausamen Direktheit des Sklavenherrn der Tahari erhob er sodann seine Ansprüche auf sie.
Gegen Morgen erinnerte er sie daran, daß sie noch dreimal bestraft werden mußte. Erstens hatte sie in der brennenden Oase des Roten Felsens seinen Namen gerufen, zweitens war sie seinen Reitern ausgerückt, um zum Roten Felsen zurückzukehren; drittens hatte sie vor Haroun erneut den Namen ihres Herrn ausgesprochen.
Freudig unterwarf sich Alyena dieser Strafe.
An der Spitze der Kolonne schloß ich zu Hassan auf.
»Eine Frage ist noch ungeklärt«, sagte ich zu ihm.
»Und die wäre?«
»Im Haus des Samos in Port Kar traf ein Botenmädchen namens Veema ein. Sie brachte die Warnung ›Vorsicht vor Abdul‹. Fälschlicherweise hielt ich den Wasserverkäufer Abdul aus Tor für den Mann, der mit dieser Nachricht gemeint war.«
»Diesen Fehler hätte ein Sohn der Tahari nicht gemacht«, erwiderte Hassan und sah mich an. »War nicht Ibn Saran zur gleichen Zeit im Haus des Samos?«
»Ja.«
»Dieses Zusammentreffen finde ich interessant«, meinte Hassan.
»Vielleicht war der Mann, der die Warnung schickte, in dem Glauben, die Formulierung würde ausreichen, um die Agenten der Priesterkönige auf Ibn Saran zu bringen, der identisch war mit Abdul dem Salz-Ubar oder zumindest auf eine Verbindung zwischen den beiden.«
»Damals hatten wir nicht genügend Informationen«, sagte ich. Die geheimdienstlichen Einrichtungen der Priesterkönige hatten sehr unter dem Nestkrieg gelitten. Aber auch ohne den Nestkrieg hätten wir nicht mit genaueren Informationen rechnen können; da die Priesterkönige das Sardargebirge nur selten verlassen, sind ihre Informationen kaum besser als die ihrer menschlichen Agenten.
»Aber wer hat uns das Botenmädchen in das Haus des Samos geschickt?« fragte ich.
»Das war ich«, sagte Hassan. »Mein Bruder hatte mich dazu aufgefordert. Er hatte die Warnung viele Monate vorher eintätowieren lassen. Ich habe sie nur auf den Weg gebracht. Dann zog er in die Wüste, um Gerüchten wegen eines mysteriösen Stahlturms nachzugehen. Ibn Sarans Männer müssen ihn gefangen haben. Man ließ ihn dann in der Wüste frei aber er bekam kein Wasser mit.«
»Er hatte eine ziemlich große Strecke zurückgelegt.«
»Ja. Er war sehr kräftig«, sagte Hassan.
»Die Priesterkönige können sich glücklich schätzen, daß solche Männer auf ihrer Seite stehen.«
»Ich kannte einen Mann, der ebenso tüchtig war, der sich aber für die Kurii entschieden hatte.«
Ich nickte. Ich würde Ibn Saran nicht vergessen, einen kraftvollen Mann, der mich an einen geschmeidigen Panther erinnert hatte. Er war ein ernstzunehmender Gegner gewesen. Man erringt einen Sieg und verliert einen Feind.
Ich blickte zum wolkenlosen blauen Himmel empor. Irgendwo dort draußen, außerhalb der Atmosphäre, außerhalb der Umlaufbahn von Gor, Erde und Mars, inmitten der stummen Fragmente des Asteroidengürtels irgendwo dort draußen befanden sich die Stahlwelten, die Bastionen der Kurii.
In der Tahari hatte sich ein Kur auf meine Seite gestellt und sein Leben hingegeben, um Gor zu retten. Ich nahm nicht an, daß die Kurii noch einmal den Versuch machen würden, diese Welt zu opfern, um einen zweiten Planeten zu erobern. In grauer Vorzeit hatten sie schon einmal eine Welt verloren, ihren Heimatplaneten. Der politische Aufstieg der Gruppe, die Gor hatte vernichten wollen, war vermutlich mit dem Fehlschlag dieses Projekts zu Ende. Daß ein Kur losgeschickt worden war, um den Plan zu vereiteln, hatte zweifellos eine große Bedeutung. Außerdem war Gor das eigentliche Prunkstück der Planeten, die um die Sonne rotierten, nicht die Erde hatten sich doch die Erdenbürger im Namen von Gerechtigkeit, Freiheit und Geschäft durch die Rhetorik von Gesetz und Moral verwirren lassen, hinter der sich nur kurzsichtige Raffgier verbarg. Sie hatten es zugelassen, daß die Luft, die sie atmeten, das Wasser, das sie tranken, und die Lebensmittel, die sie aßen, vergiftet wurden. Daß die Verantwortlichen für diese Ruchlosigkeit eines Tages mit ihren Opfern sterben würden, mag ein Trost sein. Die Priesterkönige dagegen, die es gewohnt sind, an die logischen Konsequenzen und sehr realistisch zu denken und nicht in Worten, hatten es nicht zugelassen, daß dieser Wahnsinn auch auf Gor um sich griff. Sie schrecken nicht vor der moralischen Entrüstung von Fanatikern zurück; vielmehr versuchen sie hinter die Worte zu schauen und vermögen sie als weitgehend bedeutungslos abzutun, sie vermögen zu entdecken, was wirklich gemeint ist, was ein Mensch sich wirklich wünscht, wonach er wirklich strebt und wenn diese Programme und politischen Überlegungen stimmig sind, dann erst stellt sich die Frage, wie die sich daraus ergebende Welt beschaffen sein wird und ob sie akzeptabel ist oder nicht.
Sinnlosem Raubbau der Ressourcen, Verschmutzung, Verschwendung all diesen Erscheinungen haben die Priesterkönige mit ihren technologischen Beschränkungen ein klares ›Nein‹ entgegengestellt. Schließlich müssen auch sie auf dieser Welt leben; deshalb ihre Tyrannei, ihre absolute Herrschaft.
Ich blickte zum Himmel empor. Die Kurii, so vermutete ich, hatten es in Wirklichkeit nicht auf die Erde abgesehen, sondern auf Gor. Die Erde mochte als Sklavenplanet ganz nützlich sein, doch das wahre Ziel war Gor.
Wie konnte also der nächste Schritt aussehen? Ein Aufstand eingeborener Kurii in Torvaldsland war fehlgeschlagen. Ich war selbst dabei gewesen. Die Vernichtung Gors, die auch die Beseitigung der Priesterkönige bedeutet hätte, war verhindert worden. Ich hatte mich zu der Zeit im Stahlturm in der Tahari aufgehalten, in dem abgestürzten Schiff, in dem sich der Vernichtungsmechanismus befunden hatte. Sicher ahnten die Kurii inzwischen die wahre Schwäche des Nestes. So hatte das Schiff mit dem gefährlichen Vernichtungsmechanismus die Verteidigungseinrichtungen der Priesterkönige überwinden können. Allerdings mußten die Priesterkönige längst dabei sein, ihre Position wieder zu festigen.
Vielleicht waren die Kurii der Ansicht, daß sie so schnell wie möglich wieder zuschlagen mußten. Keine Wolke war am hellen Taharihimmel sichtbar. Vielleicht stand die Invasion unmittelbar bevor. Die Trommeln beschleunigten ihren Rhythmus. Ich drehte mich im Kaiilasattel um und blickte an den langen Kolonnen entlang, den Reihen aus Kaiila, Sklaven und Reitern. Ich sah die Wüste, die Wimpel, die beiden Kasbahs, die einmal Ibn Saran, dem Salz-Ubar, und Tarna, der stolzen Banditenführerin, gehört hatten.
Ich spürte, wie das an meinen Sattel angebundene Mädchen die Wange gegen meinen linken Stiefel drückte. Ich blickte hinab, und sie hob den Kopf. »Herr?« fragte sie.
»Es wird ein langer Marsch«, sagte ich. »Wenn du es nicht schaffst, schleife ich dich hinter der Kaiila her.«
Sie lächelte mich an und küßte meinen Stiefel. »Jawohl, Herr. Ich weiß, ich habe meine Strafe verdient. Ich war stolz und arrogant und als du hilflos warst, habe ich dich verspottet. Du bist aus Klima zurückgekehrt, du hast mich zu deiner Sklavin gemacht.«
Ihre Augen schimmerten feucht.
Mit dem linken Handrücken drängte ich sie vom Sattel fort. Ich lauschte auf den dumpfen Ruf der Trommeln. Ich war begierig, den Marsch zu beginnen.
Hassan, der einen leuchtend weißen Burnus trug, hob die Hand. Die Trommeln verstummten. Ich ritt zwischen Hassan, Haroun, dem Hohen Pascha der Kavars, und Suleiman, dem Hohen Pascha der Aretai, der eine schwarze Kaffiyeh mit schwarzer Agal trug.
Hinter uns waren all die anderen Scheichs, die Anführer der Kavars, Ta’Kara, Bakahs, Char, Kashani, Luraz, Tashid, Raviri, Ti, Zevar, Arani und der Tajuks.
Ich blickte zu den beiden Kasbahs zurück, deren Mauern hell in der Morgensonne leuchteten.
Hassan senkte die Hand. Wimpel wurden gesenkt. Die Trommeln begannen den Marschrhythmus zu schlagen. Kaiilageschirr knirschte, Glöckchen klingelten, Waffen klirrten.
Der lange Zug setzte sich in Bewegung. Neben mir, an meinem Steigbügel, lief meine Sklavin Vella.