10

Prustend ließ ich mich auf den Rücken rollen.

Ich fühlte mich wohl. Die Wassertemperatur war vielleicht ein wenig hoch, außerdem war das Wasser parfümiert. Doch ich hatte nichts dagegen. Seit meinem letzten Bad waren Wochen vergangen. Ich wußte die Gastfreundschaft zu schätzen im männlichen Serail in der Kasbah Tarnas, der Banditenführerin der Tahari.

»Beeil dich, Sklave«, sagte das große dunkelhaarige Mädchen in dem knöchellangen weißen Gewand. »Die Herrin erwartet dich bald.« Sie hielt mir vier schneeweiße Handtücher hin. Auf der anderen Seite sortierte ein zweites Mädchen Badeöle in ein Gestell. Sie hatte mich von oben bis unten damit eingerieben, ehe ich mich im zweiten und tieferen Becken abspülen durfte. Es war sehr angenehm im Wasser. Ich wollte noch nicht wieder hinaus.

Hassan, der ein kurzes weißseidenes Kleidungsstück trug, saß mit untergeschlagenen Beinen in der Nähe. »Dir scheint es ja wieder ganz gut zu gehen«, sagte er zu mir.

»Ist deine Herrin hübsch?« fragte ich das dunkelhaarige Mädchen.

»Komm heraus und trockne dich ab«, sagte sie.

Vor vier Tagen, bei Morgengrauen, verließ Tarna an der Spitze ihrer Männer die Oase der Schlacht am Roten Felsen. Nur die Zitadelle, die Kasbah, hatte dem Angriff widerstanden. Sämtliche Palmenhaine waren verwüstet worden, die Gärten vernichtet, vier der fünf öffentlichen Brunnen zugeschüttet. Den letzten Brunnen hatten die Oasenbewohner allerdings zu energisch verteidigt. Die Streitmacht der Angreifer hatte aus vier bis fünfhundert Reitern bestanden. Als sie den Roten Felsen verließen, waren ihre Kaiila mit Beute schwer beladen. Etwa vierzig Sklavinnen wurden mitgenommen, außerdem zwei männliche Sklaven Hassan und ich. Als Tarna die Oase der Schlacht am Roten Felsen verließ, hoch aufgerichtet im Sattel, ohne sich umzusehen, war ich nackt neben ihr hergetrabt; eine Kette führte von meinem Hals zu ihrem Steigbügel. Hassan taumelte ähnlich angebunden neben dem Tier eines Offiziers her. Die Sonne stand noch nicht hoch am Himmel, und der Sand war noch nicht allzu heiß, als wir die Beutewagen der Angreifer erreichten, die in der Wüste stehengeblieben waren. Hassan und ich wurden gefesselt und mit einer Sklavenhaube versehen in ein Gefährt verladen. Die Sklavinnen bekamen ebenfalls eine Kapuze übergestreift. Tarna, die Banditenführerin der Tahari, wollte den Standort ihrer Kasbah geheimhalten. Heute früh, kurz nach Beginn des Morgengrauens, waren wir vor der Kasbah eingetroffen. Daraufhin hatte man mich und die anderen Gefangenen wieder aus den Wagen geholt. Man nahm uns die Hauben ab und kettete uns wieder an den Steigbügeln fest. So sollten wir in die Stadt einmarschieren, damit die Bewohner und Soldaten der Kasbah sich die Beute aus der Nähe anschauen konnten. Zugleich wurden die Planen der Wagen zurückgeschlagen, damit die erbeuteten Schätze sichtbar waren.

Aus der Kolonne der Kaiilareiter wurde mit Spiegeln ein Signal gegeben. Daraufhin stieg über der Kasbah ein Siegeswimpel empor. Das Tor schwang auf. Plötzlich gab Tarna ihrer Kaiila die Sporen. Die Kette versetzte mir einen schmerzhaften Ruck. Ich wurde von den Füßen gerissen und durch Unterholz und Staub geschleift, wobei ich mich immer wieder im Kreise drehte. Etwa hundert Meter weit ritt die Banditenführerin, ehe sie ihre Kaiila zügelte. »Hast du Kräfte? Kannst du laufen?« fragte sie.

Ich sah sie an hustend, staubbedeckt, zerkratzt.

»Hoch mit dir!« sagte sie, und ihre Augen blitzten über dem purpurnen Schleier. »Ich werde dich das Kriechen lehren.« Mühsam rappelte ich mich wieder auf. Langsam ritt sie an, ließ die Kaiila im großen Bogen im Schritt gehen und erhöhte langsam das Tempo.

»Ausgezeichnet!« rief sie.

Ich war immerhin ein Angehöriger der Kriegerkaste. Und unter Kriegern hatte ich als wendig und kräftig gegolten. Sie erhöhte das Tempo. Mein Herz klopfte; ich rang nach Atem. Mehr als einen Pasang weit ließ sie mich durch die Wüste laufen.

»Unglaublich!« lachte sie und spornte ihre Kaiila noch mehr an, so daß ich erneut von den Füßen gerissen und hinter dem Tier hergeschleift wurde. Nach einem ViertelPasang ließ sie mich wieder auf die Beine kommen. Erschöpft, zittrig, blutig, mit brennendem Hals, torkelte ich das letzte Stück hinter ihr her; sie ritt zur Spitze der Kolonne zurück. Schließlich sank ich neben ihrem Steigbügel in die Knie; es wurde mir schwarz vor Augen.

»Sieh mich an, Sklave!« befahl sie. Ich gehorchte. »Steh auf!«

Ich stand auf. Sie schien überrascht zu sein. Offenbar hatte sie nicht damit gerechnet, daß ich überhaupt noch stehen konnte.

»Du bist stark«, sagte sie schließlich. Ich spürte die Spitze ihres Krummsäbels unter dem Kinn; sie zwang mich, den Kopf zu heben.

»Es gefällt mir, Männer neben meinem Steigbügel herlaufen zu lassen«, sagte sie. »Du bist stark. Es wird mir Spaß machen, dich zu zähmen.«

Sie drehte sich im Sattel um und deutete auf die ferne Kasbah. »Weiter!«

brüllte sie, und die Kolonne bewegte sich auf das große Tor ihrer Wüstenfestung zu. Voller Interesse stellte ich fest, daß eine zweite Kasbah ganz in der Nähe lag. Etwa zwei Pasang östlich erhob sich eine viel größere Wüstenfestung. Ich wußte nicht, wem dieses imposante Bauwerk gehörte.

Nach kurzer Zeit erreichte Tarna mit ihren Männern, ihrer Beute und ihren Sklaven das große Tor. Sie hob Arme und Krummsäbel und genoß den ausbrechenden Jubel.

»Beeil dich, Sklave«, sagte das große dunkelhaarige Mädchen. »Die Herrin erwartet dich bald.«

»Ist deine Herrin hübsch?« fragte ich. Ich hatte Tarnas Gesicht unter dem Sandschleier nicht deutlich sehen können. Ich bezweifelte nicht, daß die Anführerin der Banditen eine stolze Frau von ungewöhnlicher Schönheit war. Allerdings hatte sich unter dem weiten Burnus ihre Figur bisher nur andeutungsweise abgezeichnet. Die Schönheit einer Frau läßt sich nur dann richtig beurteilen, wenn sie nackt ist - nackt wie die Sklavin, die zum Verkauf kommt.

»Sie ist häßlich wie ein Sand-Sleen!« sagte das dunkelhaarige Mädchen.

»Beeil dich!«

»Wir haben unsere Herrin noch nie unbekleidet gesehen«, sagte das zweite Mädchen, das für die Badeöle zuständig war.

»Beeil dich, Sklave«, wiederholte das erste Mädchen. »Sonst rufen wir die Wächter und lassen dich auspeitschen.« Sie sah sich nervös um. Ich nahm an, daß man sie dafür verantwortlich machen würde, wenn ich nicht rechtzeitig fertig war.

Ich aalte mich im Wasser. Ich hatte gut zu essen bekommen. Ich hatte seit dem Morgen gut geschlafen. Ich fühlte mich ausgeruht. Und heute nacht stand mir ein langer Kaiilaritt bevor.

»Was wird aus den Sklavinnen, die am Roten Felsen gefangengenommen wurden?« fragte ich.

»Sie werden mit dem Wagen zu den Sklavenmärkten von Tor gebracht.«

»Es gibt in dieser Festung also nur wenige Mädchen?«

»Natürlich gibt es Mädchen, ein paar Mädchen für die Männer.«

»Wo?«

»In den unteren Etagen der Kasbah.«

»Aber ihr seid nicht für die Männer da?«

»Natürlich nicht!« sagte sie ärgerlich.

Mehrere von Tarnas Männern saßen im Serail herum. Sie trugen seidene Tuniken und waren behängt mit Schmuck. Sie schienen Hassan und mich seltsam zu finden. Einige machten einen ziemlich mürrischen Eindruck. Heute hatte die Herrin keinen von ihnen für ihr abendliches Vergnügen erwählt. Einer der Männer hatte sogar gesagt: »Ich bin doch wohl hübscher als er«, womit er mich meinte. Damit hatte er sicher nicht unrecht. Andererseits verfügten Hassan und ich über einen gewissen Vorteil - wir waren neu in der Kasbah. Ich freute mich, daß Tarna mich für die Nacht ausgesucht hatte. Der Serail der Kasbah war ganz nett andererseits wollte ich nicht länger als nötig hierbleiben.

»Ich verstehe nicht, wie es kommt, daß nicht ich, Hassan, von der Herrin als erster erwählt wurde«, hatte mein Salzbruder bemerkt.

»Zweifellos bin ich der faszinierendere von uns beiden«, hatte ich erwidert.

»Für den Geschmack von Frauen gibt es keine vernünftige Erklärung«, bemerkte er.

»Das ist wohl wahr. Sie ist natürlich nur eine Sklavin«, fuhr ich fort.

»Das stimmt, doch zugleich ist sie eine äußerst intelligente junge Frau.«

»Richtig«, räumte ich ein. Die Sklavenmeister der Kurii, der Anderen, hatten es auf Mädchen abgesehen, die intelligent und zugleich sehr weiblich waren. Mädchen, die diese beiden Wesenszüge in sich vereinen, ergeben nach goreanischer Erfahrung die besten Sklavinnen. Die Goreaner haben wenig Interesse an dummen Frauen, mögen sie sexuell auch noch so attraktiv sein, und auch nicht an reinen Arbeitstieren.

»Sie hat mich als ersten ausgewählt«, stellte ich fest.

»Alyena, die eine bessere Sklavin ist, zieht mich vor.«

»Ich habe Tarna noch nicht nackt am Sklavenring gesehen«, gab ich zurück. »Ich weiß also nicht, ob Alyena besser ist oder nicht.«

»Gehen wir doch einmal davon aus«, meinte Hassan.

»Also schön.«

»Sie zieht mich vor.«

»Der Geschmack von Frauen ist manchmal unerklärlich«, stellte ich fest. An diesem Punkt unseres Gesprächs wurde ich von den beiden Sklavinnen zum Baden abgeholt.

»Hast du etwas dagegen, Ali?« fragte einer der jungen Männer.

»Nein!« gab das Mädchen in dem weißen Gewand zurück.

Im ersten Augenblick verstand ich nicht, wen der Mann gemeint hatte; das Mädchen hatte ihm geantwortet. Da fiel mir meine Frage ein, ob die Mädchen für die Männer da sein mußten.

Ich schwamm an den Rand des Beckens und blickte zu ihr empor. »Wie heißt du?« fragte ich.

Sie trat zurück. »Ali.«

»Das ist doch der Name eines Mannes!«

»Meine Herrin«, sagte das Mädchen, »entscheidet, welchen Namen ich trage.« Sie war ärgerlich.

Der junge Mann lachte.

»Halt den Mund, Fina!« fauchte sie zornig.

Er erbleichte und senkte den Kopf. »Jawohl, Herrin«, erwiderte er.

»Fina«, sagte ich zu dem Mädchen, »ist aber ein Frauenname!«

»Die Herrin bestimmt unsere Namen willkürlich.« Sie sah sich im Kreise der Männer um, die in ihren Seidengewändern herumsaßen. »Jeder von ihnen hat einen Mädchennamen.« Düster starrte sie Hassan und mich an. »Auch ihr beiden werdet einen solchen Namen bekommen. In die Alkoven, Sklaven! Los! Los!«

Einige der Männer fuhren erschrocken hoch und verschwanden hastig in den winzigen Nischen, in denen sie zu hausen schienen.

Nur Hassan blieb am Wannenrand sitzen; er schien verwirrt zu sein. Die beiden Mädchen in den weißen Gewändern führten im Serail das Kommando ähnlich wie Eunuchen in einem Harem. Ihr Wort war hier Gesetz und fand zweifellos Unterstützung in den Peitschen und Krummsäbeln der Wächter vor der Tür. Wenn diese Mädchen etwas befahlen, begannen sich die Männer zu fürchten.

Am anderen Ende des Korridors wurde gegen das Außentor des Serails geklopft.

»Beeil dich!« rief das Mädchen. »Sie kommen dich holen! Komm heraus! Trockne dich ab!«

Ich hob die Hand und umfaßte ihr rechtes Fußgelenk. Das andere Mädchen riß den Mund auf.

»Du trägst keinen Kragen«, sagte ich.

»Nein«, erwiderte sie. »Laß mein Bein los, tollkühner Sleen!«

»Dies scheint mir nicht das Bein eines Mannes zu sein«, stellte ich fest und betrachtete den Eisenring, der über dem Knöchel hing. Das Klopfen wurde lauter. »Laß mich los! Ich peitsche dich dafür aus!«

»Aber dann komme ich vielleicht zu spät zur Herrin.«

»Dann lasse ich dich morgen durchprügeln!« zischte sie.

»Dann werde ich der Herrin heute abend erklären müssen, warum ich ihr nicht mit Begeisterung dienen kann.«

Das Mädchen wurde bleich.

»Du hast mich verführt«, erklärte ich.

»Nein! Nein!« rief sie.

»Wie hießest du, als du noch eine Frau sein durftest?« fragte ich.

»Lana!« rief sie gequält und versuchte sich loszureißen. Wir hörten, wie die Außentür von einem Wächter geöffnet wurde.

»Sie sind gleich hier!« rief das Mädchen. »Bitte!«

Ich ließ sie los und stieg aus dem Bad.

Fast außer sich vor Hysterie hielt sie mir die Handtücher hin. Vor der Innentür machten die Neuankömmlinge halt und begannen sich mit den Wächtern zu unterhalten.

Ich hob die Arme. »Reibe du mich trocken, Lana«, sagte ich.

»Sleen!« rief sie.

Ich sah mich im Serail um. Der Raum war geschmackvoll ausgestaltet. Hohe, verzierte Säulen, zahlreiche Bögen, kostbares Schnitzwerk, goldene Wandbehänge, bunte Kacheln und mit Marmor und Mosaiken geschmückte Böden. Es war ein luftiger, geräumiger Saal von großer Schönheit. Ich bedauerte, daß ich nicht länger hier verweilen durfte.

»Sleen!« schluchzte das Mädchen und begann mich mit dem Handtuch abzureiben. »Hilf mir doch!« rief sie dem anderen Mädchen zu, das uns erschrocken zusah.

»Nein«, sagte ich. »Nur du, Lana.«

Weinend vor Zorn begann sie mich abzutrocknen. »Oh!« hauchte sie, denn ich hatte sie in die Arme genommen. Sie neigte den Kopf zurück.

»Nein!« rief sie. »Bist du verrückt? Ich bin deine Serailherrin! Nein!«

Ihr Kleidungsstück sank zu Boden.

»Dein Körper ist ebenfalls nicht der eines Mannes«, stellte ich fest.

»Bitte!« flehte sie.

Ich küßte sie auf die Brüste.

»Ich bin deine Serailherrin!« flehte sie.

Daraufhin küßte ich sie voll auf den Mund und drückte sie so fest an mich, daß sie sich nicht mehr rühren konnte. »Nein«, sagte ich. »Du bist nur eine hübsche Sklavin!«

Endlich ließ ich sie los, und in aller Hast beendete sie ihr Werk mit den Handtüchern. Zum Schluß hockte sie vor mir und trocknete mir die Füße. Ich hob das Mädchen hoch und lehnte sie an eine der kalten, schmalen Marmorsäulen, die das anmutig gestaltete Dach trugen. Dann stand ich vor ihr, nur ein Zentimeter lag zwischen unseren Lippen. Mit den Fingerspitzen beider Hände fuhr ich die Linien ihres Halses nach.

»Dieser Hals«, sagte ich, »ist aristokratisch schön. Er würde sich in einem Kragen sehr gut machen.«

Ihr Blick begegnete dem meinen. »Ich wünschte, ich trüge deinen Kragen Herr«, sagte sie stockend. Ich küßte sie.

Ich hörte, wie der Riegel der Innentür zurückgeschoben wurde. Das andere Mädchen warf mir eine rotseidene Tunika zu, die ich über den Kopf streifte. Ein gelbes Halsband, das mir zugedacht war, ließ ich in dem Gewand verschwinden.

Die Tür ging auf. Zwei Wächter in purpurgelben Burnussen traten ein.

»Ist der Sklave fertig?« fragte einer der Männer und sah sich um. »Was ist denn hier los?« wollte er wissen, als sein Blick auf die nackte Lana fiel. Erschrocken lehnte das Mädchen an der Säule.

»Sie wollte gerade baden«, antwortete ich, ging zu ihr, packte sie am linken Oberarm und am rechten Fußgelenk und schleuderte sie mit dem Kopf voran in das Becken.

Dann warf ich Hassan und dem anderen Mädchen einen Blick zu. »Ich bin bald zurück.«

»Gut«, sagte er und näherte sich dem zweiten Mädchen.

»Die Herrin«, sagte einer der Wächter spöttisch, »läßt sich Zeit mit ihren Sklaven.«

Lana erschien prustend an der Wasseroberfläche.

»Heute abend nicht«, sagte ich und wandte mich an Hassan. »Halte dich bereit. Wir haben einen weiten Kaiilaritt vor uns.«

»Gut«, erwiderte er. Die Wächter sahen mich an, als hätte ich den Verstand verloren.

»Wir wollen uns beeilen«, sagte ich. »Die Herrin sollte nicht auf uns warten müssen.«

»Er kann es kaum erwarten!« sagte einer der Wächter lachend.

»Dummkopf!« bemerkte der andere.

Ich marschierte im Eilschritt durch die Innentür des Serails. »Ist eure Herrin hübsch?« wandte ich mich an einen der Wächter.

»Sie ist häßlich wie ein Sand-Sleen.«

Er versperrte die Tür hinter sich. Zwei Wächter standen davor. Unten im Korridor befand sich eine zweite Tür, die auf unser Klopfen von zwei weiteren Wächtern geöffnet wurde.

»Mach keine Scherze«, sagte ich.

»Unsere Herrin ist häßlich wie ein Sand-Sleen«, wiederholte er.

»Ich bin Tarna«, sagte die Frau. Sie lag auf der breiten Couch, auf einen Ellbogen gestützt, und sah mich an.

Ich blickte mich in dem Zimmer um. Langsam schlenderte ich zum Fenster und sah in den Hof hinab.

»Wir sind hier siebzig Fuß hoch.«

Ich untersuchte die Wände und die Tür.

»Die Tür«, bemerkte Tarna, »wird von den Wächtern nur auf mein Signal hin geöffnet.«

»Wir sind allein?« fragte ich.

»Vor der Tür stehen Wächter«, sagte sie.

»Das ist anzunehmen«, sagte ich und betrachtete sie.

»Du bist ein seltsamer Sklave«, stellte sie fest. Sie trug ein weites, fließendes Gewand aus gelber turischer Seide. Der tiefe Ausschnitt ließ viel von ihrer Schönheit sehen. Ihr Haar war lang und schwarz und machte sich gut auf dem gelben Kissen hinter ihrem Kopf. Ich freute mich, daß sie nicht häßlich war wie ein Sand-Sleen. Im Gegenteil sie war von atemberaubender Schönheit. Ihre Augen waren sehr dunkel.

»Du gehörst mir«, sagte sie.

»In der Nähe gibt es eine weitere Kasbah«, sagte ich. »Nur zwei Pasang von hier entfernt. Wem gehört sie?«

Rotseidene Tücher lagen auf der großen Couch. Am Fußende schimmerte ein Sklavenring. »Du bist ein seltsamer Sklave«, wiederholte Tarna, »Nach dem Gesetz der Kaufleute und den Sitten in der Tahari bin ich kein Sklave«, sagte ich. »Zwar bin ich dein Gefangener, doch bin ich noch nicht gebrandet oder in einen Kragen gesteckt worden. Außerdem hast du noch keine Geste der Unterwerfung von mir gesehen.«

»Kühner Sklave«, sagte sie. »Findest du mich attraktiv in dieser Kleidung?«

»Du bist recht hübsch«, stellte ich fest. »Du solltest Sklavin sein.«

Sie warf den Kopf in den Nacken und lachte. »Du bist ein mutiger Sklave. Du scheinst anders zu sein als die anderen. Vielleicht kann ich bei dir darauf verzichten, dir einen Mädchennamen zu geben.«

»Vielleicht.«

»Weißt du, daß ich mit dem Krummsäbel besser umgehen kann als jeder Mann?«

»Nein«, erwiderte ich. »Das wußte ich nicht.«

»Ich habe mich allerdings manchmal gefragt, wie es ist, eine Frau zu sein.«

Ich lächelte.

»Eine wahre Frau«, fuhr sie fort, »auf Gnade und Ungnade einem Mann ausgeliefert.«

»Oh?« machte ich und sah mich unauffällig um. Da und dort lagen Tücher auf den Truhen, und einige Wandbehänge wiesen geeignete Schnüre auf.

Ich mußte sehen, wie ich mit den Wächtern fertig wurde. Von einer Sekunde zur nächsten veränderte sich ihr Verhalten. Sie wurde arrogant. »Bring mir Wein, Sklave«, befahl sie.

Ich ging zum Weintisch und schüttete aus einem langschnäbeligen Gefäß Wein in einen kleinen Becher. Ich reichte ihr das Getränk. Sie saß auf der Kante ihrer Couch und trank.

»Komm her«, sagte sie.

»Nein.«

Sie lachte. »Ich kann dich auspeitschen lassen.«

»Das bezweifle ich.«

»Knie vor der Peitsche nieder!« Sie hob die Peitsche.

»Nein.«

Sie prallte zurück. »Ich verstehe das nicht. Was für ein phantastischer Sklave du bist! Du bist anders als die anderen. Ich muß mir überlegen, was ich mit dir mache. Ich bin nicht sicher, ob es klug wäre, deinen Willen zu brechen.«

Ich schenkte mir ebenfalls einen Becher Wein ein und trank.

»Du bist schön«, sagte ich und musterte sie.

Ihre Augen blitzten. »Geh zum Sklavenring!« fauchte sie.

»Nein.«

Sie schien sprachlos zu sein. »Ich rufe die Wächter«, sagte sie drohend.

»Tu das.«

Aber offensichtlich wollte sie die Wächter nicht rufen.

»Du gehorchst mir nicht«, stellte sie fest.

»Du bist eine Frau«, sagte ich. »Du bist es, die zu gehorchen hat.

»Unverschämter Sleen!« rief sie und wandte sich mit wehender Robe ab.

»Ich hole die Wächter«, sagte sie.

»Aber dann erfährst du nicht«, sagte ich, »wie es ist, eine wahre Frau zu sein auf Gnade und Ungnade einem Mann ausgeliefert.«

Zornig ging sie zum Fenster und blickte hinaus jenseits der Mauern der Kasbah schimmerte die Wüste silbern im Licht der drei Monde. Die Sterne flammten am Himmel.

Mit geballten Fäusten drehte sie sich um.

»Sicher hast du dich manchmal danach gesehnt, zu erfahren, wie man sich als wahre Frau fühlt.«

»Niemals!« rief sie. »Niemals! Ich bin Tarna! Ich kenne solche Gedanken nicht.« Und sie wandte sich wieder ab.

»Ruf die Wächter«, sagte ich.

Sie drehte sich um. »Lehre mich, eine Frau zu sein«, forderte sie.

»Komm zu mir«, befahl ich. Sie stand vor mir und sah mich zornig an. Ich streckte die Hand aus. Zögernd legte sie die lange Lederpeitsche hinein.

»Würdest du es wagen, mich zu schlagen?« fragte sie.

»Gewiß.«

»Hast du die Absicht, mich zu schlagen?«

»Wenn du mir nicht gehorchst.«

»Du brächtest das fertig!« sagte sie. »Du brächtest das fertig!«

»Ja«, sagte ich. »Geh zur Couch, leg dich hin.«

Sie gehorchte. Ich beobachtete ihre Augen. Wenn ich sie jetzt an intimer Stelle berührte, davon war ich überzeugt, würde meine Hand heiß und feucht sein von ihrem hilflosen Verlangen. Selten hatte ich eine Frau so erregt gesehen.

Offenbar hatte Tarna lange darauf warten müssen, eine Frau zu sein. Sie musterte mich mit strahlenden Augen. Ihre Lippen waren halb geöffnet.

»Ich gebe dir die Erlaubnis, mit mir zu machen, was du willst.«

»Dazu brauche ich deine Erlaubnis nicht.«

Ich stand neben der Couch, beugte mich über sie, blickte auf sie herab.

»Ich habe mich noch nie so gefühlt«, sagte sie nach einigen Sekunden. Ich zuckte die Achseln. Ihre Gefühle interessierten mich nicht. »Du würdest eine hübsche Sklavin abgeben.«

»Wirklich? Was hast du mit mir vor?«

»Das wirst du sehen.«

»Heute abend, Krieger«, sagte sie, »sollst du mich wie eine Sklavin behandeln. Sieh in mir nicht die Herrin, deren Eigentum du bist, sondern nur eine Sklavin, die dir ausgeliefert ist. Lehre mich, eine Frau zu sein!«

»Dazu habe ich keine Zeit«, sagte ich.

Sie starrte mich erregt an.

»Heute abend steht mir ein langer Kaiilaritt bevor«, fuhr ich fort. Ein Halstuch, das ich in den letzten Minuten unauffällig an mich gebracht und zusammengeknüllt hatte, stieß ich ihr tief in den Mund. Sie vermochte nicht zu sprechen, sondern wand sich in meinem Griff. Dumpfe Laute drangen aus ihrem Mund. Ich kniete mich über sie, hielt ihr die Arme an der Seite fest und sicherte den Knebel mit einem zweiten Tuch, das ich ihr um den Kopf wand. Dann zerrte ich sie von der Couch in eine Ecke, wo ich von einem Wandteppich eine Schnur löste. Schließlich brachte ich das Mädchen zum Sklavenring, band ihr mit der Schnur die Handgelenke hinter dem Rücken zusammen, führte die Kordel durch den Ring und fesselte ihr mit der gleichen Schnur die Beine zusammen. Sie versuchte sich in meine Richtung zu wenden. In ihren Augen loderte der Zorn.

Ich blickte zur Tür und schätzte die Entfernung ab. Hastig löste ich das Halstuch, das sich um ihr Kinn zog. Dann eilte ich zur Tür, um rechtzeitig zur Stelle zu sein. Tarna gab sich Mühe, den Knebel aus dem Mund zu stoßen. Sie brauchte dazu eine Sekunde länger, als ich erwartet hatte. Sie spuckte das feuchte Tuch aus und legte den Kopf zurück.

»Wachen!« brüllte sie. »Wachen!«

Gleich darauf wurde die Tür aufgerissen, und mit gezogenen Krummsäbeln stürzten die beiden Wächter herein.

Sie sahen Tarna am Sklavenring. Verblüfft hielten sie inne, und schon war ich hinter ihnen. Gelassen packte ich die beiden am Nacken und knallte ihre Köpfe zusammen, ehe sie reagieren konnten. Bewußtlos sanken sie zu Boden. Ich schloß die Tür.

Tarna starrte mich zornig an. »Du hast mich hereingelegt!« rief sie und bäumte sich in ihren Fesseln auf.

Ich stopfte ihr den Knebel wieder in den Mund und sicherte ihn mit dem anderen Tuch. »Ja«, sagte ich.

Anschließend zerrte ich die beiden bewußtlosen Wächter zur Seite. Einen der beiden beraubte ich seiner Kleidung, die ich anlegte. Dann wurden beide geknebelt und verschwanden unter einem der kostbaren Wandteppiche.

Mit schnellen Schritten ging ich zur Tür, öffnete sie einen Spalt breit und sah mich um.

Tarna war außer sich vor Zorn. Doch sie war von einem Krieger fachmännisch gefesselt worden und vermochte nichts auszurichten.

»Vielleicht komme ich eines Tages zurück«, sagte ich, »um dich zur Sklavin zu machen.«

Sie wand sich in den Fesseln und hielt plötzlich wütend inne. Ich warf ihr auf goreanische Art einen Handkuß zu, indem ich meine Lippen mit den Fingerspitzen berührte und sie dann in ihre Richtung drehte.

Die Augen quollen ihr fast aus dem Kopf.

Vielleicht würde ich wirklich eines Tages zurückkehren und sie zur Sklavin machen. Dann schloß ich die Tür.

Zielstrebig wanderte ich durch den Palast, wobei ich dem Weg folgte, den ich zuvor geführt worden war.

Es war schon spät, und ich begegnete nur wenigen Wächtern. Ich hatte den Sandschleier hochgezogen, als wäre ich ein Bote, der den Palast inkognito aufgesucht hatte. Die Uniform verhinderte, daß ich aufgehalten wurde.

An der äußeren Tür des Serails forderte ich Einlaß, weil ich den Sklaven Hassan in das Quartier Tarnas bringen müsse.

Man ließ mich durch.

An der inneren Tür jedoch gab man sich mit der Erklärung nicht zufrieden.

»Ich habe einen Paß«, sagte ich und griff unter meinen Mantel. Der Paß bestand aus meinem Handrücken, der sich aufwärts nach rechts bewegte, während ich dem Mann zu meiner Linken zugleich einen Hieb in die Magengrube versetzte. Lautlos klappte er zusammen. Ehe sich der Mann zu meiner Rechten erholen oder seine Waffe ziehen konnte, hatte ich ihn bewußtlos geschlagen; in aller Ruhe kümmerte ich mich nun um seinen Kollegen und schickte ihn ebenfalls ins Reich der Träume. Schließlich knebelte und fesselte ich beide.

Dann öffnete ich die Tür zum Serail.

»Sei gegrüßt«, sagte Hassan.

»Sei gegrüßt«, gab ich zurück.

»Ist alles gutgegangen?«

»Ja. Und ist hier alles in Ordnung?«

»Sieht so aus.«

Lana und das andere Mädchen waren an schmale Marmorsäulen gefesselt worden. Beide wimmerten protestierend und warfen mir verzweifelte Blicke zu.

Bei dem Mädchen, das die Badeöle verwaltet hatte, war das Innere des linken Schenkels blutig.

»Sie war noch Jungfrau?« fragte ich ungläubig.

»Ja«, sagte Hassan grinsend.

»Und was ist mit der hier?« fragte ich und deutete auf Lana.

»Ich habe sie erprobt. Sie ist ebenfalls noch jungfräulich. Ich habe sie dir gelassen.«

Lana drängte sich an die Säule.

»Was haben wir denn hier?« fragte ich. Einer der in Seide gekleideten jungen Männer versuchte sich an der Außenwand des Raums entlang zur Tür zu schleichen.

Er begann zu laufen, doch ich vermochte ihm ein Bein zu stellen. Hassan stürzte sich auf ihn und schleppte den Zappelnden zum Badebecken.

»Man wird uns auspeitschen!« wimmerte der Mann. »Gebt Alarm!« rief er seinen Kameraden zu. Zwei oder drei standen unentschlossen auf, doch sie rührten sich nicht vom Heck. Hassan warf den Mann neben dem Becken zu Boden und drückte ihm etwa eine Ehn lang den Kopf unter Wasser. Als er den Mann losließ, sagte er: »Du mußt dich vorsehen, du könntest beim Baden ertrinken. Solche Unfälle kommen vor.« Und wieder drückte er den Kopf unter Wasser. Als er zum zweitenmal losließ, flehte der Mann um Gnade. Hassan warf ihn zu den anderen. Es war still im Serail. Wir hörten das Knistern der Fackeln. Wieder blickte ich auf Lana. Sie erzitterte. Sie, die Serailherrin, war uns gefesselt und hilflos ausgeliefert.

»Ich habe sie dir gelassen«, sagte Hassan.

Mit schneller Bewegung löste ich die Handfesseln des Mädchens und zog sie sanft auf die Kacheln. Hilflos wand sie sich und hob ein Knie. Ich zwängte ihre Beine auseinander. Sie hob den Kopf und versuchte, mich mit ihrem geknebelten Mund zu berühren. Ich sah den Schmerz in ihren Augen. Ich zog eine Sekunde lang den Knebel heraus. »Ich liebe dich, Herr«, flüsterte sie. Ich küßte sie und fesselte sie von neuem. Ich ließ mir Zeit und nahm sie gemächlich, aber ich besorgte es ihr gründlich. Als ich fertig war, stand ich auf.

»Als Herrin des Serails dürftest du sie damit verdorben haben«, sagte Hassan, der daneben hockte und mir interessiert zugesehen hatte. Das Mädchen versuchte, mich mit dem Bein zu berühren.

»Da hast du wohl recht«, sagte ich.

Lana hob mir hilflos den Körper entgegen.

»Na, na, Kleine. Das war genug fürs erste Mal«, sagte ich zu ihr. »Nichts übertreiben.«

»Wir müssen bald los«, sagte Hassan.

»Vor der äußeren Tür stehen zwei Wächter«, sagte ich. »Sie rechnen damit, daß ich dich zur Herrscherin bringe.«

»Meinst du nicht auch, daß ich mir für den Ausritt in der Nacht andere Kleidung zulegen sollte?«

»Einer der Wächter vor der Tür läßt sich vielleicht überreden, dir Kleidung, Waffen und Gürtel zu leihen.«

»Das wäre sehr nett von ihm«, sagte Hassan.

»Die beiden haben durchaus nett ausgesehen«, stellte ich fest.

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