26

Ich spürte ihre kleinen, weichen Hände auf meinem Körper. »Herr, Herr«, sagte sie.

»Er wacht auf«, sagte eine Mädchenstimme.

Ich war schläfrig. Es fiel mir nicht leicht, das Bewußtsein wiederzuerlangen. Ich schüttelte den Kopf. Aber dann träumte ich weiter.

Ich hatte herrliche Träume durchlebt, ich hatte in meinen Gemächern gesessen und mit Sklavinnen in Vergnügungsseide gefeiert, laszive, glutäugige goreanische Mädchen, parfümiert und durch Kragen gebunden, mich bedienend und liebkosend. Ihre Münder und Finger und Lippen und Zungen waren sehr angenehm. Einige tanzten gut, die Liebkosung anderer verriet mir ihre Ausbildung.

»Herr«, sagte ein Mädchen, und ich trank den Wein, der mir gereicht wurde. Ich band den Kelch in ihrem Haar fest und schickte sie los, mehr zu holen.

»Ich kann nicht tanzen!« rief ein anderes Mädchen, und ich blickte sie an, woraufhin sie sich die Seide vom Leib riß und zitternd zu tanzen begann – sehr gut sogar.

Wie wunderschön Frauen doch sind! Kein Wunder, daß starke Männer sie sich Untertan machen.

Ich kämpfte darum, zu erwachen.

»Er kommt zu sich«, sagte das Mädchen, das zuerst zu mir gesprochen hatte.

Vage spürte ich, daß es warm war und daß ich auf einem Fell lag. Das verstand ich nicht. Unter den Fellen spürte ich eine harte Fläche.

Ich öffnete die Augen. Ich lag auf dem Rücken. Die Decke über mir verschwamm eine Sekunde lang, dann gewöhnten sich meine Augen daran. Sie war rot.

Arlene kniete neben mir. »Herr«, sagte sie. Ich schaute sie an. Nie zuvor hatte ich sie mit dem schönen raffinierten Make-up der goreanischen Sklavin gesehen. Sie trug nicht mehr meinen Lederstreifen um den Hals. Statt dessen befand sich dort ein schmales verschlossenes Stahlband, der goreanische Sklavenkragen. Ihr Körper war in einen kurzen, schmalen Streifen durchsichtiger roter Sklavenseide gehüllt.

»Wie schön du bist!« sagte ich.

»Herr«, gab sie zurück.

Es wollte mir scheinen, als passe sie besonders gut in meine Träume. Hätte ich sie nach Port Kar mitgenommen, wäre sie wohl ähnlich gekleidet in mein Schlafgemach gerufen worden.

Über die Pelze und den Boden blickte ich auf das andere Mädchen. »Herr«, flüsterte sie. Ich schüttelte den Kopf, um meine Gedanken zu ordnen. Sie war blond. Sie trug eine Curla und Chatka aus gelber Seide. Die Curla ist ein geflochtenes Seidenband, das eng um die Taille anliegt und links verknotet ist. Die Chatka ist ein etwa vier Fuß langer Stoffstreifen, längs zu einer Breite von etwa sechs Zoll zusammengefaltet; er war vorn über die Curla gelegt und führte zwischen den Beinen hindurch nach hinten und hing dort ebenfalls über die Curla. Außer diesem Stück Stoff trug sie nichts – lediglich einen Sklavenkragen wie Arlene und einige Perlen, einen Armreif und einen barbarischen Beinring. Beide Mädchen trugen Parfüm. Wie weich und aufregend sie waren! Das blonde Mädchen kroch an meine Seite, senkte den Kopf und küßte meinen Leib. »Herr!« schluchzte sie.

»Constance«, sagte ich. Ich hatte sie nicht mehr gesehen, seit ich in Lydius zum Dienst an der Mauer für die Kurii entführt worden war. Vor langer Zeit war sie eine freie Frau gewesen. Ich hatte sie im Land südlich des Laura zur Sklavin gemacht.

»Was tust du hier?« fragte ich.

»Herr!« schluchzte sie und küßte mich weiter.

Ich blickte zur roten Decke empor, die mit Fellen bedeckt war. Der Boden war ebenfalls weich ausgelegt.

Ich stieß einen Wutschrei aus und sprang auf. Mit vollem Körpergewicht warf ich mich gegen die schweren Gitterstäbe.

Die aber rührten sich nicht. Ich warf die Felle hoch, die auf dem Boden lagen, und stieß auf zusammengenietete Stahlplatten. Ich legte die Hände über den Kopf und erkundete die Decke, die ebenfalls aus Metall zu bestehen schien. Zornig riß ich die Felle von den Wänden. Die Zelle war quadratisch im Grundriß, etwa zwölf mal zwölf Fuß, und acht Fuß hoch. Auf fünf Seiten wurde sie von Stahlwänden begrenzt, während die offene Seite vergittert war.

Wieder zerrte ich an den Stäben. Sie waren ungefähr zweieinhalb Zoll dick. Aus dieser Zelle hätte nicht einmal ein Kur entfliehen können, und vielleicht war sie ursprünglich für diese Wesen gebaut worden.

Ich fuhr zu den Mädchen herum, die sich in der Mitte der Zelle zusammenkauerten, verängstigt über meine Wut.

»Wir sind irgendwie hierhergebracht worden«, sagte Arlene. »Ich erwachte in der Sklavenseide und mit dem Kragen. Aus einem Gehege wurde ich heute früh in diese Zelle gebracht.«

»Wo ist Imnak? Wo sind Poalu und Audrey?« fragte ich.

»Das weiß ich nicht«, sagte sie schluchzend.

»Constance«. sagte ich, »wo sind wir?«

»Ich weiß es nicht«, sagte sie. »Ich wurde vor langer Zeit in Lydius gefangengenommen und bekam sofort die Augen verbunden. Ein Tarn brachte mich in den Norden, dann wurde ich mit dem Schlitten befördert. Ich bin schon monatelang hier. Wie es draußen aussieht, habe ich nie gesehen.«

»Wer sind unsere Bewacher?« fragte ich Arlene.

»Ich habe nur Männer gesehen«, sagte sie.

»Es gibt auch andere«, sagte Constance erschaudernd. »Ich habe sie gesehen, große, aber wendige Ungeheuer.«

»Ihr beide wißt nicht, wo wir sind?« fragte ich.

»Nein«, antworteten sie.

Ich drehte mich der Gitterwand zu. Dahinter lag ein größerer Raum, ebenfalls mit Stahl ausgekleidet. In diesem größeren Raum gab es eine Tür mit einem kleinen Gitterfenster darin.

»Weißt du etwas über diesen Ort, Constance?« wollte ich wissen.

»Nein«, antwortete sie. »Aber er ist groß. In diesem Teil bin ich noch nicht gewesen.«

»Erzähl mir mehr!« forderte ich sie auf.

»Es gibt wenig zu erzählen. Ich wurde hierhergebracht. Es gibt noch weitere Frauen hier.«

»Sklavinnen?« fragte ich.

»Ja, soweit ich sie kenne.«

»Ihr sollt die Garnison bedienen?« fragte ich.

»Ja.«

»Voll und ganz?« fragte Arlene.

»Natürlich«, sagte Constance. »Wir sind Sklavinnen. Du ja ebenfalls.«

Arlene erbebte in ihrer obszönen Vergnügungsseide, die sie ein Stück herabzuziehen versuchte, um ihre Blöße zu bedecken,

»Wie groß ist die Garnison?« fragte ich.

»Das weiß ich nicht«, sagte sie. »Mit fünf weiteren Mädchen versorge ich zwanzig Mann in einem Abschnitt der Anlage. In unserer Bewegungsfreiheit sind wir durch Halsketten und einer Führungsschiene an der Decke eingeengt. Die Kette um unseren Hals endet in einer Kugel, die in einer von zwei Deckenschienen läuft. Es gibt zwei Schienen, damit die Mädchen sich im Flur problemlos begegnen können. Je kleiner die Kugel an der Kette ist, desto mehr Bewegungsfreiheit gewährt sie dem betreffenden Mädchen, wenn auch nur in dem Bereich, in dem die Schienen verlaufen. Ist ihre Kugel größer, wird sie von engeren Schienen nicht durchgelassen und gestattet der Sklavin Zugang nur zu einem kleineren Bereich. Und so geht es weiter. Ich selbst habe von Anfang an kaum etwas sehen können, denn die Kugel, die an meiner Kette hängt ist die größte, die es überhaupt gibt. So bin ich immer wieder von den Schienen gestoppt worden, obwohl ich mich gern umgesehen hätte. Im Flur kann ich mich nur zwischen den Arbeits- und Vergnügungsquartieren bewegen.«

»Aber sicher wirst du doch von der Kette losgemacht, um zu arbeiten.«

»Natürlich«, sagte sie, »aber dann sind wir im Arbeits- oder Vergnügungsviertel eingeschlossen.«

»Wie viele solche Viertel gibt es?« fragte ich.

»Das weiß ich nicht, aber auf jeden Fall mehr als die, in denen ich bisher gearbeitet habe.«

»Du kannst die Größe der Anlage also nicht schätzen?«

»Könnte hundert, könnte auch tausend Mann hier geben«, sagte sie. »Ich und meine fünf Leidensgenossinnen bedienen zwanzig Mann.«

»Sind sie leicht zufriedenzustellen?« fragte Arlene.

»Nein«, gab Constance zurück. »Und manche kommen zwei-, dreimal am Tag.«

»Ich hoffe, daß ich nicht zu dir gesteckt werde«, sagte sie.

Constance zuckte die Achseln. »Die Männer, zu denen du kommst, werden bestimmt nicht einfacher sein.«

Arlene erschauderte.

»Keine Angst, meine Liebe«, sagte Constance. »Du wirst die Peitsche kennenlernen.«

Arlene starrte mich entsetzt an.

Ich beachtete sie nicht. Was hatte sie erwartet? Sie war Sklavin.

»Was ist mit den Ungeheuern?« fragte ich.

»Ihre Zahl kenne ich ebenfalls nicht«, sagte Constance. »Aber ich glaube, es sind erheblich weniger als Menschen.«

»Du trägst keine Halskette«, sagte ich.

»Das tat ich heute früh auch nicht«, sagte sie. »Ich wurde direkt aus dem Gehege hergebracht und in diese Zelle geworfen. Du warst noch bewußtlos.« Sie bedachte Arlene mit einem unangenehmen Blick. »Diese Sklavin«, fuhr sie fort, wobei sie das Wort besonders betonte, »war bereits hier. Das Tor wurde hinter mir geschlossen.«

»Ich begreife nicht«, sagte Arlene, ebenfalls mit besonderer Betonung, »warum diese Sklavin zu uns gesteckt wurde.«

»Ich besitze euch beide«, sagte ich.

»Oh«, sagte Arlene und riß sich zusammen. »Sie ist sehr hübsch. Findest du sie anziehend?«

»Halt den Mund!« sagte ich zu Arlene.

»Ja, Herr«, sagte sie und wandte den Blick ab.

»Mir hat die Berührung durch meinen Herrn gefehlt«, sagte Constance.

Arlene blickte sie zornig an.

»Du sagst, du wurdest heute früh hierhergebracht. Haben wir jetzt Vormittag?«

»Dieser Komplex ist auf seine Weise eine Welt für sich«, antwortete sie. »Er besitzt einen Tag, der in zwölf Abschnitte unterteilt ist. Ich weiß nicht, wie lang ein solcher Abschnitt ist. Ich glaube, wesentlich mehr als eine Ahn.«

Ich erinnerte mich an die Zeitmesser in dem abgestürzten Schiff in der Tahari-Wüste, Gerätschaften, die die Explosion des Sprengstoffs in der Stahlhülle regelten. Diese Geräte waren zwölffach unterteilt gewesen. Ich vermutete, daß sie sich auf Perioden der Umkreisung und Rotation der Kurii-Heimatwelt bezogen. Außerdem nahm ich an, daß die zwölffache Unterteilung Bezug zu der Zwölfer-Mathematik der Kurii hatte, die ihrerseits wiederum eine Funktion der sechsgliedrigen Pfote dieser Wesen war. Die Anlage, in der ich gefangen war, konnte also Uhren besitzen, die denen in den Kur-Schiffen und den fernen Stahlwelten glichen, eine Uhr, für die Verwendung auf der früheren Welt dieser Wesen bestimmt.

»Tag und Nacht unterscheiden wir anhand der Beleuchtung«, erklärte Constance weiter.

Vermutlich gab es einen rheostatischen Mechanismus, der die Beleuchtung steuerte, eingestellt auf Licht- und Schattenperioden auf der Heimatwelt der Kurii.

»Die Ungeheuer sind meistens nachts unterwegs«, sagte sie. »Manchmal höre ich ihre Klauen auf den Bodenplatten vor meinem Gehege. Sie müssen sich irgendwie orientieren können. Für menschliche Augen ist es allerdings zu dunkel.«

Ich nickte. Der Kur vermag sich nicht nur in der Dunkelheit umzutun, ist aber in seinen meisten Abarten überwiegend ein Nachtwesen. Gewöhnlich beginnt er mit dem Einbruch der Dunkelheit zu jagen; dann beginnt sein »Tag«.

Ich umfaßte die Gitterstäbe und schüttelte daran. Sie saßen fest.

Ein Schlüssel wurde im Schloß umgedreht – in der Tür des Raums, in dem sich unser Käfig befand.

Ich trat einige Schritte von den Gitterstäben zurück. Dadurch mochte jemand angeregt werden, näher an das Gitter heranzutreten. Diese Distanz konnte ich dann schnell überbrücken. Arlene und Constance knieten seitlich hinter mir nieder. So gehörte es sich. Sie waren Sklavinnen.

»Drusus«, sagte ich.

Der Mann stand in der Tür. Er trug die dunkle Kleidung seiner Kaste.

»Wie ich sehe, trägst du das Rot der Krieger«, sagte er. Und es stimmte. Ich war in der Tunika meiner Kaste erwacht. Die Felle waren mir fortgenommen worden.

»Und du, mein Freund«, sagte ich, »kleidest dich inzwischen in die passende Uniform deines Standes.« Keck trug er das Schwarz der Attentäter zur Schau. Über der linken Schulter ragte an einem breiten Gurt das Kurzschwert empor.

»Darf ich dich in unserem bescheidenen Hauptquartier willkommen heißen«, sagte er, »Kollege in der Kunst des Stahls.«

Höflich neigte ich den Kopf.

»Es freut uns, dich in unserer Macht zu sehen«, sagte er. »Es war dumm von dir, in den Norden zu kommen.«

»Ich bin auf Besuch hier«, sagte ich.

»Dann sei uns willkommen«, erwiderte er lächelnd und schnipste mit den Fingern. Durch die Tür kam eine kleine, exquisite brünette Sklavin mit einem Tablett. Bis auf den Sklavenkragen war sie nackt.

Zwei Flaschen, die auf dem Tablett standen, schob sie zwischen den Gitterstäben hindurch, das Tablett selbst dann durch eine vier Zoll hohe Öffnung unten an der Zellentür. Drusus gab ihr das Zeichen, den Raum zu verlassen.

»Drusus!« rief Arlene. »Du mußt uns helfen!« Früher hatte sie das Kommando über ihn geführt.

Er blickte sie an, und sie wich einen Schritt zurück. »Da haben wir ja noch eine hübsche Sklavin«, sagte er.

Entsetzt versuchte sie ihre Blößen mit den Händen zu bedecken. Das Vergnügungsgewand war wahrlich kein züchtiger Aufzug!

»Sie gehört mir«, sagte ich.

»Ich werde sie besitzen«, antwortete er.

»Oh?«

»Ja«, sagte er. »Ursprünglich wurde sie nach Gor gebracht, um zu meinen Füßen zu liegen. Ich hatte sie mir unter mehreren künftigen Sklavinnen ausgesucht.«

»Ich verstehe«, sagte ich.

»Vielleicht solltest du dich mit uns zusammentun«, fuhr Drusus fort. »Die Kurii sind großzügig, was die Frauen angeht.«

»Ich bin Krieger«, sagte ich. »Wenn mir eine Frau gefällt, nehme ich sie mir, notfalls mit .dem Schwert.«

»Natürlich«, sagte er, ohne allerdings den Blick von Arlene zu wenden.

»Außerdem gedenke ich mit dem Schwert zu behalten, was mir gefällt – und das gilt auch für Frauen.« Ich deutete auf Arlene. »Und die gefällt mir im Augenblick.«

Erschrocken blickte sie mich an.

»Wir werden sehen«, sagte Drusus. »Überleg dir meinen Vorschlag! Komm auf unsere Seite!«

»Nein«, sagte ich.

»Dein Freund Imnak hat das aber getan.«

»Das glaube ich nicht!«

Drusus zuckte die Achseln. »Die Kurii sind nicht nur mit Frauen großzügig, sondern auch mit Gold.« Er wandte sich zum Gehen.

»Ich möchte Zarendargar sprechen«, forderte ich. »Halb-Ohr.«

»Niemand darf ihn sprechen«, gab Drusus zurück. Die schwere Metalltür schloß sich hinter ihm.

Zornig umfaßte ich das Gitter. Dann wandte ich mich den Mädchen um. »Du hast Drusus angefleht!« sagte ich.

»Ja«, sagte sie.

»Du hast einen freien Mann mit seinem Namen angesprochen«, sagte ich. »Du hast ohne Erlaubnis den Mund aufgemacht.«

»Verzeih mir, Herr.«

Ich versetzte ihr einen Schlag ins Gesicht. Sie kauerte sich auf die Felle.

»Herr«, sagte Constance, »hier sind Speisen.« Sie reichte mir heißes Boskfleisch und warmes, frisches Brot, dazu den Wein. Später aßen die Mädchen die Reste und ihren Sklavenbrei. Arlene musterte mich über den Rand ihrer Schale. In ihren Augen schimmerten Tränen. Ihr Mundwinkel war blutig. Als sie fertig gegessen hatte, kam sie zu mir und schmiegte sich an mich.

»Du hast mich geschlagen«, sagte sie. »Es tut mir leid, wenn ich dir mißfallen habe.« Unsere Lippen waren dicht beisammen. Ich gab ihr einen Kuß, aber dann schob ich sie zur Seite.

»Herr?« fragte sie.

»Ich muß meine Kräfte schonen«, sagte ich. »Außerdem muß ich nachdenken.«

So saß ich denn allein in der Mitte der Zelle, mit untergeschlagenen Beinen, in der Haltung eines Kriegers.

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