KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG
Es war Nacht.
Die Frau befand sich auf dem Heimweg von einem Besuch bei ihrer Mutter, die in einem Dorf in der Nähe von High Wycombe lebte. Die Straßen, die aus Chalfont St. Peter hinausführten, lagen im Dunkeln. Sie fuhr äußerst ungern über unbeleuchtete Straßen und war froh, als sie das hell erleuchtete London erreicht hatte. Aber ihr Haus lag am westlichen Kanal zwischen verlassenen alten Lagerhäusern, und in seiner Nähe begann ihr Herz abermals vor Angst heftig zu klopfen. Sie parkte den Wagen am Ende der Reihenhäuser, eilte schnurstracks auf das zweite von ihnen zu und schloß die Haustür auf.
Sie ging geradewegs in die Küche, um sich einen starken Tee zu machen, froh, wieder zu Hause zu sein. Während sie den Kessel mit Wasser füllte, hörte sie ein schwaches Geräusch aus dem Wohnzimmer dringen. Wieder stieg das Entsetzen wie ein Brechreiz in ihrer Kehle auf und drohte diesmal, sie zu ersticken. Nachdem sie auf dem Highway Vergewaltigung und Mord entkommen war, überwältigte sie jetzt ihre zweitgrößte Angst: nachts, wenn niemand da war, der ihr helfen konnte, einen gefährlichen Fremden im Haus zu haben. Ihr Mann, der als Wachmann in den Docklands arbeitete, war um zwanzig Uhr zur Schicht gegangen.
Mit klopfendem Herzen nahm sie ein Tranchiermesser vom Messerblock, blieb abwartend stehen und lauschte, während sie sich fragte, ob sie schreien sollte. Die Uhr im Flur schlug einmal leise an. Das Geräusch ließ ihre Haut prickeln. Sie hätte gern geweint, aber ihre Angst ließ es nicht zu. Statt dessen blieb sie mit erhobenem Messer wie angewurzelt stehen.
Eine kurze Weile war es ruhig. Dann hörte sie ein Stöhnen. Jemand stolperte in den Flur.
»Bleib weg von mir«, kreischte sie. »Ich habe ein Messer.«
Einen Augenblick später kam die Kreatur durch die Küchentür auf sie zugewankt, ein widerliches, häßliches Geschöpf, das einem Horrorfilm entsprungen zu sein schien. Sein ganzer Körper war mit Beulen bedeckt, aus denen Blut und Eiter rannen. Offensichtlich war es blind, denn seine Augen lagen tief unter den Beulen in seinem Gesicht begraben. Sein Mund war ein zusammengekniffenes Loch, das unter den Kratern verschwand, die zähflüssig über den tropfenden Brustkorb aufzubrechen schienen.
»O Gott!« schrie sie. Ihre Handknöchel, die das Messer umklammerten, standen weiß hervor. »Bleib, wo du bist!«
Die fremde Kreatur schien nicht geneigt zu sein, von ihrer Bitte Notiz zu nehmen. Mehrere Beulen platzten auf. Eiter und Blut spritzten auf den Boden. Das Wesen stöhnte wieder und streckte die Hände nach ihr aus; bemühte sich, sie zu berühren. Sie schrie und hieb nach den unförmigen Armen, schnitt durch die Entzündungen. Blut spritzte über den Körper der Kreatur, lief über ihre beulenbedeckte Haut.
Die Kreatur kreischte wie eine aufgespießte Ratte und zog sich zur Küchentür zurück. Die Frau nahm eine Flasche vom Abtropfbrett und warf sie der zurückweichenden Gestalt nach. Die Flasche prallte gegen den Türrahmen und zersplitterte. Ein konzentriertes Bleichmittel regnete auf das Wesen hinab. Es blieb stehen, winkte mit seinen geschwollenen Armen und schwankte um sich schlagend auf sie zu, während es durchdringend schrie.
Sie stach immer wieder auf seinen Brustkorb ein, in der Hoffnung, daß es ein Herz besaß. Das Messer war scharf, die Streiche folgten rasch aufeinander, und schon bald fiel das gurgelnde Monster unter der langen Schneide, um sich auf den Küchenfliesen in einer Lache aus seinen eigenen, widerwärtigen Säften zu ihren Füßen zu krümmen. Selbst als es im Sterben lag, wurden die Beulen auf seiner Haut größer, dehnten sich und platzten auf, und neue, groteske Beulen erschienen dort, wo die alten Krater hinterlassen hatten.
Schließlich schaffte sie es, von der Küche zur Haustür zu gelangen, wo sie um Hilfe rief. Ihre Nachbarin reagierte. Zu ihrem großen Erstaunen wies auch sie Beulen und wunde Stellen auf, wenn auch ein Großteil der Haut noch sauber war. Die Frau ließ das Messer fallen und begann zu jammern. Als sie an sich hinabschaute, sah sie, wie auch an ihren Armen und Beinen Beulen auftauchten; häßliche Schwellungen mit einem ekelhaften Inhalt und tropfende Krater. Die Nachbarin sprach beruhigend auf sie ein, erklärte ihr, daß es in Ordnung sei und nichts, worüber man sich wirklich ängstigen müsse.
»Es sind die Beulen. Alle haben sie, manche schlimmer als andere. Die Beulenplage. Ihren Ken«, sagte sie, »hat es schlimm erwischt. Konnte nicht zur Arbeit gehen. Er liegt auf dem Wohnzimmersofa und wartet auf Sie…«
Manovitch schwamm am algenbewachsenen Themsedamm entlang in Richtung Tower Bridge. Das schmutzige Wasser ließ die Beulen an Stan Gates’ Hals, Gesicht und Schultern schmerzen. Als tote Seele wurde Manovitch nicht von den Plagen heimgesucht, die den Erzengel reizen sollten, aber sein menschlicher Körper hatte darunter zu leiden. Gates hatte die Beulen, und Manovitch mußte sie in Kauf nehmen, wenn er seinen Körper übernahm.
Als Stan Gates Holden Xavier in Asche verwandelte, hatte Manovitch in der Sekunde vor dem Aufprall des Projektils einen anderen Körper übernommen, und ein leerer Körper war brennend vom Dach in die Gasse gefallen. Dabei hatte Manovitch seine Lektion gelernt und den Verstand seines neuen Opfers nicht sofort zerstört und die Hülle übernommen. Statt dessen hielt er sich die meiste Zeit über zurück, zog hier und da an paar Fäden, und beeinträchtigte Stan Gates’ Lebensweise und seine Persönlichkeit nicht übermäßig stark. Aus dieser distanzierten Position heraus konnte er alle und alles beobachten und dennoch verborgen bleiben, selbst vor den Sondierungen des Erzengels und seiner Agenten. Gates gab ein ausgezeichnetes Versteck ab. Falls nötig, konnte Manovitch den ganzen Körper übernehmen und Gates in einen der niederen Bereiche seines Großhirns drängen.
Manovitch war nicht ungeduldig darüber, daß sich die Dinge so langsam entwickelten. Aber wie ihm klar war, wurde es um so wahrscheinlicher, daß etwas falsch lief und sich gegen ihn richtete, je länger er Spitz im Verlies gefangen hielt. Er hätte sich bei dem Zusammenstoß in Patels Wohnung, als die Lust ihn unvorsichtig hatte werden lassen, um ein Haar verraten. Und Peters wußte bereits, daß Spitz noch lebte. Er hatte gehofft, ab sofort als Peters Fahrer zu fungieren, aber dieser Idiot Patel hatte seinen Plan zunichte gemacht.
In dieser Hinsicht mußte bald etwas unternommen werden, sehr bald.
Wenn Patel plötzlich stürbe, würden eine Menge Gerüchte durch die Luft schwirren. Und das konnte er sich nicht leisten. Er wußte, wie verletzlich er in einem menschlichen Körper war. Er konnte Gates nicht so schnell verlassen wie Xavier. Einen Körper nicht vollständig zu besitzen, bedeutete, daß die Bewegungen seiner toten Seele langsamer und nicht so leicht zu kontrollieren waren. Erst wenn er Stan Gates zerstört hatte, könnte er in einen anderen in der Nähe befindlichen Körper überwechseln.
Manovitch hatte den Torbogen mit dem Eisentor erreicht. Er betrat den zeitweilig verlassenen Tower of London, indem er über den St. Thomas Tower mit dem Traitor’s Gate kletterte.
Manovitch hatte Gates’ Gehirn erkundet, um sich ein genaues Bild von diesem Ort zu machen. Es war für seine Sicherheit und seinen Schutz notwendig, daß er die Gebäude innerhalb der Towermauern identifizieren konnte und wußte, wo was lag. Gates hatte bei zahllosen Gelegenheiten Besuchern den Tower gezeigt und kannte sich dort sehr gut aus. Er war stets der Meinung gewesen, man solle den Komplex die Towers von London nennen, da er aus über einem Dutzend Gebäuden bestand.
Manovitch hatte Gates’ Wissen benutzt, um die sternförmige Steinkammer zu finden, deren Deckengewölbe in der Dunkelheit verschwand. Dort hielt er seinen Gefangenen. Danny Spitz hing in Ketten an der feuchten Wand unter einem kreuzförmigen Fenster.
Manovitch war auf dem Weg zu Dannys Zelle. Als er näher kam, hörte er einen Menschen mit monotoner, tiefer Stimme immer wieder die gleiche Litanei singen. Neugierig blieb er stehen und lauschte.
Jemand psalmodierte:
Manovitch
is a son-of-a-bitch
Die Worte wurden wieder und wieder gekrächzt, wie ein Mantra, und nur gelegentlich von den Worten unterbrochen:
Danny Spitz Lives at the Ritz
Friar Tuck
Needs a damn good fuck
Manovitch lächelte. Sein Opfer war dabei, verrückt zu werden. Danny Spitz verlor den Verstand.
Als die tote Seele in die Kammer kam, sah sie eine knochige, schmutzige Gestalt an Ketten hängen. Bruder Tuck war es gelungen, sich herumzudrehen, so daß er jetzt mit gekreuzten Ketten der Wand den Rücken kehrte. Die hervortretenden Augen in dem schmalen Gesicht mit den rissigen Lippen starrten Manovitch an. Schultern und Rücken waren voller Beulen. Selbst gefesselte Gefangene, die in Verliesen dahinsiechten, waren nicht immun gegen die Plage, als hätten sie nicht schon genug Entzündungen und offene Wunden. Insekten krabbelten in seinen Hautfalten, dem struppigen Bart, dem wirren Haar und um seine Genitalien herum. Er schien eine permanente Erektion zu haben. Aber das hatte wohl mehr mit dem Hunger als mit Lust zu tun.
Als Manovitch näher kam, urinierte Danny. Doch leider war seine Blase zu schwach, um sein Ziel zu erreichen.
»Netter Versuch«, schnaubte Manovitch. »Bist du jetzt ein Dichter, Boy? Ich habe gehört, wie du Kinderreime gesungen hast.«
Manovitch
Is a son-of-a-bitch
brummte Danny. Seine vor Hunger glänzenden Augen waren wie zwei Kerzenflammen.
»Sehr gut, sehr gut«, lächelte Manovitch. »Robert Frost läßt grüßen. Ich habe dir etwas zu Essen mitgebracht.«
Manovitch holte ein paar durchgeweichte Brotkrusten aus der Tasche, mit denen er sein Opfer fütterte. Danny, obwohl voller Haß, war zu krank, um das Essen zurückzuweisen. Er saugte es auf und schluckte es, genauso, wie er es mit den Kakerlaken machte, die er mit den Zähnen von seinen Schultern klaubte und mit großem Vergnügen kaute, wobei er sich das Eiweiß schmecken ließ. Wenn man verhungert, ißt man alles: Dreck, Läuse, uralten Mörtel, Käfer, Fliegen. Alles.
Dannys Beine, die Wand, der Boden; seine ganze Umgebung war voller Exkremente, die Zeugnis von seiner Ruhr ablegten. Danny starb sehr langsam, hielt sich nur noch mit seinen kleinen Mantras am Leben und hoffte, daß irgendwann einmal jemand anderer als Stan Gates in die Zelle treten würde.
Als Danny die letzte Kruste geschluckt hatte, gab Manovitch ihm etwas zu trinken. Es war in seinem Interesse, Spitz so lange am Leben zu halten, bis sein Freund Peters sehen konnte, wie sehr er gelitten hatte. Er würde Peters’ Vorbild sein, sobald er den großen Cop in den Händen hatte.
Manovitch wußte, daß Danny immer noch einen Funken Hoffnung in seiner Brust hegte, und war entschlossen, ihn auszulöschen. Während Danny ihn anstarrte, erlaubte er Stan Gates, zum Vorschein zu kommen.
Gates starrte wild um sich, als er sich an einem vom Mond erleuchteten Ort aus feuchten Steinen wiederfand. Wo war er? In einer stinkenden Gruft? Seine Kleider waren ebenfalls feucht. Ein schrecklicher, übelkeiterregender Geruch ließ ihn würgen. Ein Schrei entrang sich seiner Kehle, als er sich fragte, ob er scheintot gewesen war und man ihn lebendig eingemauert hatte – eine seiner größten und geheimsten Ängste. Der Geruch des Todes umgab die glatte Wand und den glitschigen Boden.
Vor ihm bewegte sich etwas – es war mehr wie das Zittern eines Leinentuchs im Wind. Erst jetzt sah Gates die Kreatur an der Wand. Eine ausgemergelte Gestalt mit hervorstehenden Rippen und dünnen Armen und Beinen. Fiebrige Augen brannten in ihrem Gesicht. Die rissigen Lippen bewegten sich, als die Kreatur leise stöhnte.
»Ahhhhhh!« schrie Gates und taumelte entsetzt zurück. Seine Nackenhaare stellten sich auf. Er hatte einen Klumpen in der Kehle, so groß wie ein Apfel. Gates wußte, daß es die Angst war, die ihn ersticken würde, wenn er seinem Verstand erlaubte, sich zurückzuziehen. Er keuchte vor Anstrengung bei dem Versuch, rational zu denken.
Als er seine Stimme wiedergefunden hatte, schrie er: »Wo bin ich, verdammt noch mal? Und wer bist du? Was ist hier los?«
Danny starrte Gates an. Er spürte, daß so etwas wie eine Transformation stattgefunden hatte. Die Stimme, die Gesten, Gates’ ganzes Auftreten war anders. Die Verrücktheit war verschwunden, und der normale Mann war aufgetaucht.
»Ich bin’s«, krächzte Danny. »Danny Spitz.«
»Spitz?« schrie Gates. »Jesus Christus, was ist mit Ihnen passiert?«
»Manovitch«, stöhnte Danny. »Er hält mich hier gefangen.«
Gates trat ein paar Schritte vor und untersuchte nervös die Ketten, die Danny an der Wand hielten. Er stellte fest, daß die Glieder erst aufgebogen und dann wieder zusammengepreßt worden waren. Nach einem verbissenen Versuch, sie mit bloßen Händen auseinanderzuziehen, gab er auf. Er schaute sich nach einem Werkzeug um, mit dem er sie aufstemmen konnte.
»Ich weiß immer noch nicht, wo wir sind«, sagte er. »Wie komme ich hierher? Ich hatte doch nur wieder einmal Kopfschmerzen.«
»Manovitch«, stöhnte Danny. »Manovitch steckt in dir.«
Stan Gates’ Verstand stand auf der Kippe. Er griff nach den Worten wie nach einem Strohhalm. Manovitch in ihm? Er spürte nichts. Niemand steckte in ihm. Er mußte in einem Drogentraum gefangen sein. Jemand hatte ihm LSD oder Kokain oder eine andere Droge ins Glas geschüttet. Er war nicht hier, er war anderswo. Vielleicht lag er im Princess Louise auf dem Fußboden und kämpfte mit seinen dunklen, unbewußten Ängsten, während eine Gruppe Menschen um ihn herumstand. So mußte es ein.
»Sie sind nicht real, Danny«, sagte er.
»Ich komme mir auch nicht real vor«, stöhnte Danny. »Ich fühle mich tot.«
In Gates’ Verstand klickte es. »Tot? Genau. Das ist es. Man sagt, Sie wären beim Absturz nicht dabeigewesen. Aber das stimmt nicht. Sie sind mit abgestürzt, nicht wahr? Sie waren an Bord der Maschine?«
»Und was zum Teufel machst du dann hier?« knurrte Danny in einem Anfall von Klarheit.
»Ich? Ich… schlafe.«
»Das könnte gut sein. Du bist mir nicht gerade eine große Hilfe, du Arschloch«, stöhnte Danny.
Gates wußte nicht, was er als nächstes tun sollte. Falls er weiter nach einer Eisenstange oder einem Werkzeug suchte, um Dannys Kettenglieder aufzustemmen, würde er den dunklen Mächten des Wahnsinns Vorschub leisten. Aber er konnte nicht einfach hier herumstehen und darauf warten, daß der Traum vorüberging. Seltsam, er konnte in seinem Traum bestimmte Dinge riechen. Das sollte eigentlich nicht sein. Hatte er sich während des Anfalls in die Hosen gemacht, dort auf dem Boden, von Zuschauern umgeben? Mein Gott, das wäre ihm ungeheuer peinlich. Er würde vor Scham sterben.
Manovitch hatte genug von Gates’ Unentschlossenheit. Er tauchte wieder auf, drängte Gates in die hinterste Ecke seines Verstandes und begrub ihn.
»Nun gut, du hattest deine Chance, Dickkopf«, sagte er zu Danny. »Du hast sie vermasselt.«
Danny sammelte Speichel und spie in Manovitchs Richtung. Aber er hatte zu knapp gezielt. Manovitch lachte.
»Ist das alles, was du kannst?«
Die Beulen auf Dannys Rücken scheuerten bei jeder Bewegung gegen die Wand, also hörte er mit den Versuchen auf, Manovitch seinen Haß zu zeigen, und begann wieder damit, seine Mantras zu singen, bis Manovitch genug von ihnen hatte und durchs Traitor’s Gate verschwand, in das kalte Wasser der Themse glitt und sich bis zur nächsten Anlegestelle flußabwärts treiben ließ…
Danach schleppte er sich zu Fuß zum Princess Louise und trat ein. Ein paar Gäste starrten ihn an. Er ignorierte die offenen Münder des Personals und bestellte ein Glas Bier. Als es sicher in seiner Hand war, ließ er Stan Gates heraus.
Stan zuckte erschreckt zusammen, als er sich an der Theke wiederfand.
»Jesus Christus«, sagte er, sein Gesichtsausdruck sprach Bände. Er starrte entsetzt an sich hinunter.
Er war naß bis auf die Haut. Wasser tropfte auf die Querstange aus Messing.
»Tut mir leid«, sagte er. »Ich hatte einen Blackout oder so was ähnliches. Ich weiß, daß es ein Traum war.«
»Geht es dir jetzt besser?« fragte ein Gast.
»Ja, ja. Es geht mir gut«, sagte Stan, der sich überhaupt nicht gut fühlte. »Ich habe nur… ich glaube, ich leide… wie nennt man es noch… an Schizophrenie oder so. Ich tue Sachen, ohne zu wissen, was ich mache.«
»Dann hast du wohl mit deinen Klamotten ein Bad genommen, oder was?« fragte eine alte Frau am Thekenende.
Stan lachte nervös. »Sieht so aus, oder?«
»Du solltest besser nach Hause gehen und die Sachen trocknen lassen«, riet ihm der Wirt.
»Genau. Das Ganze tut mir leid.«
»Zerbrich dir darüber nicht den Kopf«, sagte ein Jugendlicher, um sich bereits im nächsten Satz zu widersprechen: »Du solltest zum Arzt gehen.«
»Ja… zum Arzt.«
Stan verließ den Pub und stieg in seinen Wagen. Zum Glück lief der Londoner Verkehr wieder normal. Die Plage der toten Fahrzeuge war vorbei. Die Maschinen waren wieder zum Leben erwacht. Jetzt hatte man nur noch mit diesen häßlichen Beulen zu kämpfen. Jeder war mit ihnen geschlagen. Sie tauchten meistens am Hals und im Gesicht auf und waren ziemlich häßlich, egal, wie man’s drehte.
Stan startete den Motor, fuhr rasch nach Hause, nahm ein Bad und zog andere Sachen an. Dann setzte er sich mit einem Whisky ins Wohnzimmer, bereit, sich zu betrinken. Etwas stimmte ganz und gar nicht mit ihm, aber er wollte sich erst krank melden, wenn seine Arbeit getan war. Er haßte es, seine Pflicht zu vernachlässigen. Er arbeitete an einem wichtigen Fall, und obwohl er sich anscheinend die Abneigung von Rajeb Patel und Lieutenant Peters zugezogen hatte, wollte er ihn bis zum Ende durchziehen.
Er trank den Whisky und hoffte, daß das Fieber verschwinden würde.