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Frauen kommen fast immer nackt zur Auktion. Auf diese Weise sieht man, was man erwirbt.

Ich wandte mich von der Bühne des scheunenähnlichen Gebäudes in Fina ab, einer der zahlreichen Städte am Vosk. Das Geschrei des Auktionators wurde leiser hinter mir. Sicher würde er für die Brünette einen guten Preis erzielen. Sie gehörte zu den letzten Angeboten des Abends. Ehe sie auf die Plattform gezerrt wurde, hatte ich mir die verbleibenden Mädchen im Bereitschaftskäfig angeschaut. Die gesuchte Beverly Henderson war nicht darunter.

Vor dem scheunenartigen Bau wurde ich von zwei Wächtern angehalten.

»Du bist Jason, der Raufbold?« fragte einer.

»Ja.«

»Du wirst Fina noch heute nacht verlassen«, riet mir der Wächter.

»Schön«, sagte ich.

Ich hatte Fina ohnehin schon vor dem Morgengrauen den Rücken kehren wollen. Übrigens passierte es mir nicht zum erstenmal, daß Wächter mich zum Verlassen der Stadt aufforderten. Ich hatte das schon einmal erlebt, in Tancreds Furt.

Meine Abreise aus Lara lag nun schon mehrere Tage zurück. Die Truppen aus Ar, Tarnkavallerie, hatten Lara nicht niedergebrannt. Vielmehr – und das war wohl eine Überraschung – hatten sie kaum etwas anderes gemacht, als die Stadt von Flußpiraten zu säubern und hier und dort etwas Beute zu machen, darunter einige Frauen – vorwiegend Flüchtlinge aus Vonda, die ihnen in die Hände fielen. Der eigentliche Einsatz gegen Lara aber hatte in den Reihen der Lara-Kämpfer, die in Richtung Vonda marschierten, ziemliche Verwirrung und Verwunderung ausgelöst. So gesehen hatten sich die Dinge für die Kämpfer aus Ar gut entwickelt, denn in ihrem Erstaunen hatten die Truppen aus Lara auf ihrem Marsch nach Norden innegehalten. Folglich wurden sie nicht mit in die Ereignisse verwickelt, die sich kurze Zeit später nordöstlich von Vonda entwickelten. Bei diesen Ereignissen waren die Streitkräfte von Port Olni allerdings überraschenderweise von Truppen aus Ti unterstützt worden, unter dem Kommando von Thandar aus Ti, einem der Söhne des Ebullius Gaius Cassius. Es war eine heftige, aber nicht entscheidende Schlacht gewesen. Bei Anbruch der Dunkelheit des zweiten Tages hatten sich beide Armeen vom Schlachtfeld zurückgezogen. Ars Infanterie war zahlenmäßig unterlegen gewesen, doch hatten ihre Mobilität und die Unterstützung durch die Tarn-Kavallerie den Mangel an Schlagkraft in gewisser Weise wettgemacht. Thandar aus Ti forderte Ar interessanterweise nicht am Himmel heraus, sondern hatte die Söldner des Artemidorus aus Cos auf Aktionen gegen die Versorgungswege Ars geschickt. Nachdem man mehrere Tage nervös in Lagern zugebracht hatte, setzten sich die Wahrsager von Port Olni, Ti und Ar auf neutralem Boden zusammen und ermittelten durch Omen, durch die Deutung von Leber und Eingeweiden geschlachteter Verr, daß für beide Armeen der Rückzug angebracht sei. Mit dieser Vorgehensweise wurde sichergestellt, daß keine der beiden Seiten an Ehre und Gesicht verlor. Die Deutungen der Omen waren lediglich von Wahrsagern aus Vonda und Cos angezweifelt worden. Es herrschte allgemein der Eindruck vor, daß weder die Salerianische Konföderation noch die Stadt Ar einen umfassenden Krieg wollten. Man war sich klar darüber, daß Vonda, in Verschwörung mit Cos, die Feindseligkeiten eingeleitet hatte. Indem es Vonda niederbrannte und vernichtete, hatte Ar das militärisch Notwendige getan. Auf ähnliche Weise konnte die Salerianische Konföderation, die immerhin die Truppen Ars zum Stillstand gebracht hatte, sich in dem Gefühl wiegen, seiner Ehre Genüge getan zu haben. Für mich gibt es keinen Zweifel, daß die Beendigung der Feindseligkeiten im Norden wesentlich auf die Großzügigkeit der Kämpfer aus Ar zurückzuführen war, die Lara das Schicksal Vondas ersparten – eine nach meinem Dafürhalten nicht unangebrachte Zurückhaltung. Sie hatten demonstriert, daß sie Lara hätten vernichten können, diesen Schritt aber nicht für angebracht hielten. Man nahm diese Handlungsweise als einen Ausdruck des Desinteresses Ars, sich auf einen umfassenden Krieg mit der Salerianischen Konföderation einzulassen. Natürlich war die Aktion auch dazu angetan, die Konföderation hinsichtlich ihrer Einstellung zu Ar künftig in Uneinigkeit zu stürzen. Als nämlich offenkundig wurde, daß Ar Lara praktisch verschont hatte, waren die Lara-Soldaten umgekehrt, noch ehe sie sich mit den Kämpfern aus Port Olni und Ti vereinigen konnten. In Lara war das Stimmungsbarometer inzwischen zweifellos zu Gunsten von Ar umgeschlagen. Dies gab Ar ein politisches Übergewicht am Zusammenfluß von Olni und Vosk – eine strategisch wichtige Position für den Fall, daß Cos jemals am Vosk entlang ostwärts vorrücken sollte. Lara war der Angelpunkt zwischen der Salerianischen Konföderation und den Voskstädten.

»Beeilung!« forderte der Wächter.

Ich hob die Hand zur Bestätigung, daß ich ihn gehört hatte, und setzte meinen Weg zum Hafen von Fina fort.

Seit mehreren Wochen zog ich nun schon von einer Hafenstadt zur nächsten, sah mir die Sklavenmärkte an und versuchte Informationen über die Piraten Kliomenes zu sammeln. Viele Leute, da war ich sicher, wußten über diesen Burschen mehr, als sie zugaben. Anscheinend war sein Name wie der seines Kapitäns Policrates am Fluß gefürchtet. Ich muß betonen, daß es sich bei den Flußpiraten nicht um vereinzelte halsabschneiderische Banden handelte. Verschiedene Gruppen besaßen eigene Festungen und Schiffe. Es war nicht ungewöhnlich, daß ein einziger Kapitän über bis zu drei- oder vierhundert Mann und acht bis zehn Schiffe gebot. Darüber hinaus gab es Verbindungen zwischen diesen Banden, eine Aufteilung von Territorien und auch Allianzen. Sie waren eine reale Macht am Fluß.

Ich trat zur Seite, um eine verschleierte freie Frau und ein Kind vorbeizulassen.

Ich war von Lara nach Weißwasser gereist und hatte dabei den Barkenkanal benutzt, der die Untiefen umging, und von dort nach Tancreds Furt. Später war ich flußabwärts nach Iskander, Waldhafen und Ar-Station gereist. Ar-Station liegt übrigens in der Nähe des Ortes, wo sich vor vielen Jahren die Horden Pa-Kurs versammelten, eines Angehörigen der Kaste der Attentäter, der damals eine Allinaz aus zwölf Städten, verstärkt durch Söldner und Attentäter, gegen die Stadt Ar anführte. Dieser Krieg wird übrigens auf typisch goreanische Weise mit mehreren Liedern gefeiert. Die berühmtesten dürften die Lieder um Tarl aus Bristol sein. Die Schlacht hatte angeblich im Jahr 10.110 C.A., Contaste Ar, seit der Gründung Ars, stattgefunden. Nach dieser Zeitmessung schrieben wir jetzt das Jahr 10.127. Übrigens gab es Ar-Station noch nicht, als Pa-Kurs Horden sich zusammenfanden. Es wurde vier Jahre später am Südufer des Vosk gegründet, als Vorposten und Handelsstation. Es stellt im übrigen den Endpunkt einer der großen Straßen dar, der Viktel Aria, Ars Triumph, die nach Ar führte. Die Straße ist auch als Vosk-Straße bekannt, besonders bei jenen, die sie vom Fluß aus betrachten. Von Ar-Station war ich am Fluß weiter nach Westen gezogen und hatte Jorts Fähre, Alfreds Kuppe, Jasmine, Siba, Sais und Sulport besucht. Station hatte ich außerdem in Hammerfest und Ragnars Dorf gemacht- das allerdings inzwischen zu einer handfesten Stadt herangewachsen ist. Darin mag man es im Gegensatz zu Tetrapoli sehen, das viel weiter westlich am Fluß liegt. Ragnars Dorf begann als winziger Flecken und erweiterte sich von dieser Keimzelle aus. Tetrapoli dagegen hat seinen Ursprung in vier getrennten Orten, Ri, Teibar, Heiban und Azdak, der Legende nach von vier Brüdern gegründet. Diese Orte wuchsen am Fluß zusammen und fanden irgendwann auch zu einer politischen Einheit. In den vier Stadtbezirken bewahren sich erwartungsgemäß die ursprünglichen Namen. Das Wort »Tetrapoli« bedeutet auf goreanisch übrigens »Vier Städte«.

Mein Ziel waren die Hafenanlagen Finas. Von Zeit zu Zeit kamen mir Männer entgegen. Bald erreichte ich den Flußbezirk.

»Eine Bootspassage, Herr?« fragte ein Mann.

»Lieber mit anderen«, antwortete ich.

»Wir sind billig!« rief er. »Billig!«

»Vielen Dank«, sagte ich und setzte meinen Weg fort. Schon in mehreren Orten hatte ich festgestellt, daß sich unten am Wasser die günstigsten Preise aushandeln ließen.

Meine Gedanken richteten sich auf Miß Beverly Henderson, die ich auf diesem Planeten suchte. Manchmal glaubte ich schon nicht mehr daran, daß es mir gelingen würde. Wie konnte man nur hoffen, ein Mädchen unter Tausenden oder gar Zehntausenden ausfindig zu machen, die überall verstreut waren in den Städten und Dörfern, auf den Wiesen und Feldern von Gor. Wenn sie inzwischen von Karawanen oder Tarnfliegern weitertransportiert worden war, konnte sie sich überall aufhalten. Dennoch war ich entschlossen, die Suche fortzusetzen. Dabei sprachen zwei Dinge zu meinen Gunsten. Ich wußte, sie war erst kürzlich erbeutet worden, und zwar von dem Piraten Kliomenes. Meine Suche war daher alles andere als hoffnungslos. Ich war ziemlich sicher, Miß Henderson finden zu können, wenn sich nur feststellen ließ, auf welchem Markt – oder Märkten – Kliomenes seine jüngste Beute zu Geld machen wollte.

»Du da, Bursche«, sagte ein Kapitän am Kai zu mir. »Du scheinst kräftig zu sein. Suchst du Arbeit?«

»Ich will flußabwärts«, antwortete ich.

»Unser Ziel ist Tafa«, antwortete er. »Uns fehlt ein Ruderer.«

Die nächsten Städte westlich am Fluß waren Victoria und Tafa. Westlich Tafas lag Port Cos, das vor gut einem Jahrhundert von Siedlern aus Cos gegründet worden war. Die größten Städte westlich von Port Cos waren Tetrapoli, Ven und Turmus, wobei Ven am Zusammenfluß des Ta-Thassa Cartius mit dem Vosk und Turmus am Ostende des mächtigen Voskdeltas lag, die letzte Stadt am Fluß überhaupt.

»Ich will nach Victoria«, sagte ich. Victoria war die nächste Flußstadt in Richtung Westen.

»Du bist ein ehrlicher Bursche, nicht wahr?« fragte der Kapitän.

»Das kann man hoffentlich von mir behaupten«, sagte ich langsam. »Warum fragst du?«

»Wenn du eine ehrliche Haut bist«, antwortete der Kapitän, »warum willst du dann nach Victoria?«

»In Victoria muß es doch auch ehrliche Leute geben«, sagte ich zögernd.

»Ich nehme es an.«

»Ist es denn ein gefährlicher Ort?« fragte ich.

»Du mußt neu sein am Fluß.«

»Ja.«

»Dann meide Victoria.«

»Warum?«

»Bist du Sklavenhändler?«

»Nein.«

»Dann meide Victoria.«

»Warum denn bloß?«

»Die Stadt ist eine einzige Diebeshöhle«, antwortete er.

»Dort findest du kaum etwas anderes als Kaufleute und Sklaven.«

»Gibt es dort einen wichtigen Sklavenmarkt?«

»Manchmal bekommt man reizvolle Ware zu günstigen Preisen.«

»Warum sind die Preise manchmal günstig?« wollte ich wissen.

»Mädchen, die nichts kosten, lassen sich billig verkaufen«, antwortete er.

»Die Mädchen, die dort zum Verkauf kommen, sind also vorwiegend bei Überfällen erbeutet worden?«

»Natürlich – überall am Fluß ist bekannt, daß Victoria einer der wichtigsten Umschlagplätze für die Waren der Flußpiraten ist.«

»Ich muß dorthin«, sagte ich eifrig.

»Mein Ziel ist Tafa«, bemerkte er. »Ich lege in Victoria nicht an.«

»Dann laß mich bis Tafa mitrudern«, sagte ich. »Dort gehe ich dann an Land. Ich schleiche mich zu Fuß in die Stadt.«

»Es ist sicher nützlich, einen zusätzlichen Ruderer zu haben«, sagte er, »und wenn es nur bis Victoria wäre. Außerdem fahren wir mit der Strömung.«

»Ja«, sagte ich.

»Vielleicht finden wir westlich von Victoria auch einen neuen Ruderer.«

»Vielleicht«, sagte ich.

Er musterte mich.

»Du brauchst mir auch nichts zu bezahlen«, sagte ich. »Ich rudere ohne Lohn.«

»Ernsthaft?« fragte er.

»Ja.«

Er grinste. »Abfahrt in der nächsten Ahn«, sagte er.

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