11

»Ich nehme die da mit in die Nische«, sagte ich zu Tasdron und warf einen kleinen Tarsk auf den fleckigen Tresen.

»Sie gehört dir«, erwiderte der Wirt und wischte mit einem weichen, großen Tuch einen Pagakelch aus.

Ich marschierte durch Tasdrons Taverne und betrat die Nische. Das blonde Mädchen erwartete mich bereits.

»Herr?« fragte sie.

»Erinnerst du dich an mich?« fragte ich. »Erinnerst du dich, daß ich in dieser Taverne verschiedene Herausforderungen zum Kampf ausgesprochen habe und dann von dem Piraten Kliomenes bedroht wurde? Woraufhin dann Callimachus zu meiner Rettung einschritt?«

»Ja, Herr«, erwiderte sie. »Ich war hier. Ich erinnere mich. Callimachus aus Port Cos.«

»Er gehörte einmal der Kriegerkaste an?«

»Ich nahm es an«, meinte sie. »Die Mädchen erzählen es.«

»Hattest du mich vorher schon einmal gesehen?« fragte ich.

»Das erscheint mir kaum möglich, Herr. Ich bin doch nur eine unbedeutende Sklavin.«

»Ich hatte bei meinem letzten Besuch in der Taverne den Eindruck«, sagte ich, »als reagiertest du wie auf jemanden, den du schon einmal gesehen hattest, der dir irgendwie vertraut wäre.«

»Das stimmt«, sagte sie. »Ich hatte irgendwie den Eindruck.«

»Wie heißt du?«

»Peggy«, antwortete sie, »wenn es dem Herrn recht ist.«

»Das ist ein Erdenname«, stellte ich fest. »Kommst du vom Planeten Erde?«

»Ja, Herr.«

»Erdenmädchen geben ausgezeichnete Sklavinnen ab.«

»Danke, Herr.«

»Sprichst du die Erdensprache Englisch?«

»Ja, Herr.«

»Ich beherrsche diese Sprache ebenfalls«, sagte ich. »Unterhalten wir uns darin.«

»Ja, Herr«, sagte sie auf Englisch.

»Wie lautete dein Name auf der Erde?«

»Peggy. Peggy Baxter.«

»Und wo hast du gearbeitet?«

»In einer Stadt namens New York«, antwortete sie, »als Garderobiere in einem Restaurant.«

»Ja!« rief ich. »Das ist es.«

»Herr?« fragte sie erschrocken.

»Ich hatte ebenfalls den Eindruck, dich schon einmal gesehen zu haben. Dort muß es gewesen sein.«

»Dort?«

»Du trugst schwarze Pumps, schwarze Netzstrümpfe, einen schwarzen Minirock und eine langärmelige weiße Seidenbluse. Und im Haar ein schwarzes Band.« Ich nickte. »Anscheinend war ich nicht der einzige, dem du auffielst«,

Du fuhr ich fort. » wurdest jedenfalls ausgewählt, als Sklavin nach Gor gebracht zu werden.«

»Ja, Herr«, sagte sie.

»Soviel Geschmack ist zu loben«, sagte ich.

»Vielen Dank, Herr.«

»Wie lief deine Entführung ab?« wollte ich wissen.

»Ich verließ das Restaurant spät in der Nacht, nach der Arbeit«, berichtete sie. »In der Nähe wartete ein Taxi, das sich als speziell konstruiertes Entführungsfahrzeug entpuppte. Gas wurde in die Kabine geleitet. Ich verlor das Bewußtsein. Ich kam erst wieder zu mir, als ich bereits in einem Verlies auf Gor angekettet lag. Sehr schnell mußte ich erfahren, was es bedeutete, Sklavin zu sein.«

»Ich glaube, ich und eine Bekannte«, sage ich, »wurden in demselben Taxi entführt, auf dieselbe Weise.« Mir fiel ein, daß der Taxifahrer in der Garage davon gesprochen hatte, ein weiteres Opfer aufnehmen zu müssen. Zweifellos hatte es sich dabei um die liebliche, langbeinige Miß Baxter gehandelt.

»Mein Herr beherrscht das Englische sehr gut«, sagte das Mädchen nervös. Unsicher bewegten sich ihre Hände.

»Wurdest du in das Haus des Andronicus nach Vonda gebracht?« fragte ich.

»Ja, und dort erhielt ich meine erste Ausbildung als Sklavin und lernte die Anfangsgründe der goreanischen Sprache. Ich wurde schließlich an einen Wirt in Tancreds Furt verkauft. Tasdron sah mich dort, und ich gefiel ihm. Er kaufte mich und brachte mich hierher, wo ich nun seinen Kragen trage.« Ihr Blick richtete sich auf mein Gesicht. »Bist du Sklavenhändler?«

»Nein.«

»Wie kommt es dann, daß der Herr Englisch spricht?«

»Es ist meine Muttersprache«, antwortete ich. »Ich wurde mehr oder weniger zufällig nach Gor gebracht, als Sklave. Später erhielt ich die Freiheit.«

»Es ist grausam von meinem Herrn, eine elende Sklavin zu verspotten«, sagte das Mädchen.

»Inwiefern verspotte ich dich?«

Sie lachte. »Du darfst nicht erwarten, daß ich dem Herrn glaube, ein Erdenmann zu sein«, sagte sie, »ich bin nicht dumm!«

»Ich wurde auf dem Planeten Erde geboren.«

»Du bist grausam.«

»Warum glaubst du mir nicht, daß ich von der Erde stamme?« fragte ich verwirrt.

»Du bist nicht pathetisch schwach«, sagte sie. »Deine Augen, sie mustern mich und sehen mich als Sklavin.«

Ich lächelte. In der Tat – sie war wunderschön.

»Die goreanischen Männer sind stark«, fuhr sie fort. »Unter ihnen gibt es keine Schwächlinge, die mit sich selbst nicht im reinen sind. Sie sind nicht hin- und hergerissen. Sie sind integer und gefaßt und stolz. Sie erkennen ihre Stellung in der wahren Ordnung der Natur. Für sie sind Frauen echte Frauen, Sklavinnen, und sie selbst die Männer, die Herren. Wenn wir ihnen nicht gefallen, strafen oder töten sie uns. Wir lernen unseren Platz in dieser Ordnung sehr schnell einzuschätzen. Nur wo es echte Männer gibt, kann es auch echte Frauen geben.«

»Aber du bist nackt und gefesselt und hockst in einer Paga-Taverne.«

»Ich bin eine Frau«, sagte sie lächelnd, »etwas, das ich auf der Erde nie wirklich gewesen bin.«

»Ich verstehe«, sagte ich.

»Wir sind klein und schwach und zart und schön«, fuhr sie fort, »und neigen zum Nachgeben und zum Lieben und selbstlosen Dienen. Wir sehnen uns nach einem Herrn. Erst wenn wir ihn finden, finden wir auch Erfüllung. Und auf Gor«, fuhr sie fort, »blicken wir auf und sehen ihn zu unserer Überraschung vor uns stehen, die Peitsche in der Hand. Sie dulden kein Ausbrechen, die Männer. Ist es da ein Wunder, daß wir sie so sehr lieben?«

»Fürchtest du deinen Herrn auch?« fragte ich.

»Aber ja doch, denn er hat die Macht über Leben und Tod.«

»Und doch findest du ihn erregend?«

»Sehr sogar«, sagte sie, »gefühlsmäßig wie auch physisch. Ich kann nicht in die Nähe eines solchen Mannes gehen, ohne daß mir der Atem stockt und die Glieder zittern.«

»Du bist das Eigentum des Mannes.«

»Ja, voll und ganz.«

»Du bist Sklavin«, sagte ich. »Bist du glücklich?«

»Ja, sehr.«

»Warum?«

»Das Leben als Sklavin bringt meine Fraulichkeit zur vollen Blüte – und mein Herr gibt sich mit nichts weniger zufrieden. Auf Gor bin ich zum erstenmal eine ganze Frau, total erfüllt. Ich bin unglaublich glücklich.«

Als der Morgen dämmerte, lagen wir in tiefer Erschöpfung nebeneinander. Als sie noch einmal zu mir kriechen wollte, schob ich sie grob zur Seite und zog meine Tunika an. Ich mußte früh auf den Piers erscheinen, um mir Arbeit zu beschaffen.

»Sind alle Frauen solche Sklaven wie du?« fragte ich.

Sie lächelte mich aus den Fellen an. »Ja, Herr«, sagte sie.

Ich wandte mich zum Gehen.

»Herr.«

Ich drehte mich noch einmal um.

»Du hast viel gesprochen von dem Umstand, daß ich auf der Erde geboren und jetzt Sklavin bin«, sagte sie.

»Ja.«

»Es gibt da doch ein anderes Mädchen, für das du dich interessierst, nicht wahr?« fragte sie.

»Vielleicht.«

»Ist sie Sklavin?«

»Nein.« Ich hatte ihr die Freiheit gegeben.

»Dann versklave sie!«

»Sie ist anders als du.«

»Das gefällt mir nicht«, sagte das Mädchen offen. »Warum sollte ich Sklavin sein, und sie frei?«

»Wenn sie hier wäre«, sagte ich, »würdest du vor ihr niederknien und ihr gehorchen müssen.«

Das Mädchen, das den Sklavenkragen trug, erschauderte. Sklavinnen haben große Angst vor freien Frauen. Kein Wunder – freie Frauen sind oft äußerst grausam, vielleicht weil sie die Sklavinnen um ihren Eisenreifen beneiden.

Hastig kniete das Mädchen vor mir nieder. »Ich versichere dir, sie ist ebenfalls eine Sklavin.«

»Du kennst sie nicht.«

»Vielleicht bist du es, der sie nicht kennt.«

Ich lachte.

»Reiß die Initiative an dich«, sagte sie. »Nimm ihr die Kleidung, stecke sie in den Kragen, laß sie vor dir niederknien. Du wirst es sehen!«

Lachend schlug ich mir nach goreanischer Art auf die Schenkel, so unsinnig klangen ihre Worte in bezug auf die liebliche Miß Henderson. Sie – eine Sklavin?

»Ist mit dem anderen Mädchen schwer auszukommen?« flüsterte die Sklavin. »Ist sie manchmal abweisend und unangenehm?«

»Vielleicht.«

»Geht sie dir manchmal auf die Nerven?«

»Ja.«

»Darf ich einen Vorschlag machen?« fragte sie.

»Ja.«

»Kauf dir eine Peitsche.«

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