Thrall fühlte sich wie ausgehöhlt vor Schmerz und Wut, als er zu der Eiche marschierte, die Langston mit ihren unerbittlichen Wurzeln umklammert hielt. Der Captain versuchte ebenso verzweifelt wie erfolglos, sich aufzusetzen.
Er schreckte auf, als Thrall plötzlich in der düsteren schwarzen Rüstung über ihm aufragte. Seine Augen weiteten sich voller Furcht.
»Ich sollte dich töten«, erklärte Thrall mit dunkler Stimme. Das Bild Doomhammers, vor seinen Augen sterbend, war noch frisch in seinem Geist.
Langston leckte seine roten, vollen Lippen. »Gnade, Lord Thrall!«, bettelte er.
Thrall ließ sich auf ein Knie nieder und schob sein Gesicht direkt vor das von Langston. »Und wann hast du mir jemals Gnade gezeigt?«, brüllte er. Langston zuckte vor der donnernden Stimme zurück. »Wann hast du eingegriffen und gesagt: ›Blackmoore, vielleicht hast du ihn genug geschlagen‹ oder ›Blackmoore, er hat sein Bestes gegeben‹ …? Wann sind solche Worte jemals über deine Lippen gekommen?«
»Ich wollte es«, sagte Langston.
»Im Augenblick glaubst du diese Worte wohl selbst«, sagte Thrall, während er sich wieder zu seiner vollen Größe aufrichtete und auf seinen Gefangen hinab starrte. »Aber ich bezweifle, dass du jemals wirklich so gefühlt hast. Lassen wir die Lügen. Dein Leben ist für mich von Wert – im Augenblick. Wenn du mir sagst, was ich wissen will, dann lasse ich dich und die anderen Gefangenen frei, und ihr könnt zu dem Hund zurückkehren, den ihr euren Herrn nennt.« In Langstons Blick lag Zweifel. »Du hast mein Wort«, fügte Thrall hinzu.
»Und was ist das Wort eines Orks wert?«, sagte Langston in einem Anflug von Aufbegehren.
»Nun, es ist dein jämmerliches Leben wert, Langston. Nichts von wahrem Wert, das gebe ich zu. Und jetzt sag mir: Woher wusstet ihr, welches Lager wir angreifen würden? Gibt es einen Spion in unserer Mitte?«
Langston weigerte sich zu antworten und sah dabei aus wie ein trotziges Kind. Thrall bildete einen Gedanken, und die Baumwurzeln schlangen sich enger um Langstons Körper. Der Mensch schnappte nach Luft und starrte Thrall entsetzt an.
»Ja«, sagte Thrall ruhig, »die Bäume gehorchen meinem Willen. Ebenso wie die anderen Elemente.« Langston brauchte nichts über die komplizierte Beziehung von Geben und Nehmen zu wissen, die ein Schamane mit den Geistern teilte. Sollte er nur annehmen, dass Thrall die vollkommene Kontrolle besaß. »Beantworte meine Frage.«
»Kein Spion«, grunzte Langston. Er hatte Atemschwierigkeiten, weil die Wurzeln sich eng um seine Brust zogen. Thrall bat die Eiche, sie etwas zu lockern, und der Baum tat es. »Blackmoore hat Ritter in allen übrig gebliebenen Lagern stationiert.«
»Also egal, wo wir zugeschlagen hätten, wir wären auf seine Männer getroffen.«
Langston nickte.
»Nicht gerade ein optimaler Einsatz von vorhandenen Mitteln, aber für dieses Mal scheint es funktioniert zu haben. Was kannst du mir sonst noch sagen? Wie versucht Blackmoore meine Gefangennahme zu erreichen? Wie viele Truppen hat er? Oder soll diese Wurzel zu deinem Hals hinauf kriechen?«
Die erwähnte Wurzel streichelte sanft Langstons Kinn, und der Widerstand des Captains brach wie ein Glaskelch, der auf einen Steinboden schmettert. Tränen traten in seine Augen, und er begann zu schluchzen. Thrall fühlte Ekel, aber trotzdem lauschte er genau auf jedes Wort, das aus Langstons Mund drang. Der Ritter platzte mit Zahlen heraus, Daten und Plänen, verriet sogar, dass Blackmoores Trunksucht begann, dessen Entscheidungen zu beeinträchtigen.
»Er will dich unbedingt zurück haben, Thrall«, schnaufte Langston und blickte aus rotunterlaufenen Augen zu dem Ork hinauf. »Du bist der Schlüssel zu allem.«
Der Schlüssel? Wovon sprach der Ritter? Misstrauisch verlangte Thrall: »Erklär das.«
Während die Wurzelfesseln von seinem Körper abfielen, schien Langston ermutigt und sogar noch eifriger bemüht, alles zu verraten, was er wusste.
»Der Schlüssel zu allem«, erklärte er. »Als er dich fand, wusste er, dass er dich benutzen konnte. Zunächst als Gladiator, aber er plante mehr.« Langston wischte sich das nasse Gesicht ab und versuchte, so viel von seiner verlorenen Würde zurückzugewinnen, wie er nur konnte. »Hast du dich nie gefragt, warum er dir das Lesen beibringen ließ, dir Karten gab und Strategie beibrachte?«
Thrall nickte, gespannt und erwartungsvoll.
»Er wollte, dass du schließlich eine Armee anführst, eine Armee von Orks.«
Wut überkam Thrall. »Du lügst! Warum sollte Blackmoore gewollt haben, dass ich seine Gegner anführe?«
»Aber sie … du … ihr wärt keine Gegner gewesen«, sagte Langston. »Du solltest eine Armee von Orks gegen die Allianz führen.«
Thrall klappte der Mund auf. Er konnte nicht glauben, was er da hörte. Er hatte gewusst, dass Blackmoore grausam und rücksichtslos war, aber das … das war Verrat auf einer schwindelerregenden Ebene.
Gegen sein eigenes Volk!
Es konnte nicht stimmen. Doch Langston schien in seiner Not die reine Wahrheit zu sprechen, und sobald das Entsetzen abgeklungen war, erkannte Thrall, dass dieser Plan für Blackmoore sehr viel Sinn ergeben würde.
»Du vereinst die besten Qualitäten beider Völker«, fuhr Langston fort, »die Stärke und die Blutlust eines Orks, verbunden mit der Intelligenz und dem strategischen Wissen eines Menschen. Du würdest Orks befehligen, und sie wären unschlagbar.«
»Und Aedelas Blackmoore wäre nicht länger Generalleutnant, sondern … was? König? Absoluter Herrscher? Herr über das ganze Land?«
Langston nickte heftig. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie er geworden ist, seit du entkommen bist. Er behandelt uns alle so schlecht.«
»Schlecht?«, grollte Thrall. »Ich wurde geschlagen und getreten, und man ließ mich denken, ich sei ein Nichts! Ich musste mich täglich in der Arena dem Tod stellen. Ich und mein Volk, wir kämpfen um unser Leben. Wir kämpfen um die Freiheit. Das, Langston, ist schlecht. Sprich mir nicht von Schmerzen und Schwierigkeiten, denn du erleidest ziemlich wenig von beidem.«
Langston schwieg, und Thrall dachte über das nach, was er gerade erfahren hatte. Es war eine kühne und verwegene Strategie, doch, welche Fehler Aedelas Blackmoore auch immer besitzen mochte, er war ein kühner und verwegener Mann. Thrall hatte die Leute hier und da über die Schande von Blackmoores Familie reden hören. Aedelas war stets bemüht gewesen, diesen Schandfleck von seinem Namen zu wischen, aber vielleicht saß der Makel sehr tief. Vielleicht hatte er sich bis zu seinen Knochen durchgefressen – oder gar bis zu seinem Herzen.
Warum aber, wenn es Blackmoores Ziel gewesen war, am Ende Thralls vollkommene Treue zu gewinnen, hatte er ihn nicht besser behandelt? Erinnerungen erschienen in Thralls Geist, an die er seit Monaten nicht mehr gedacht hatte: ein lachender Blackmoore, der zufrieden mit ihm war; ein Teller voller Süßigkeiten nach einem besonders guten Kampf; eine liebevolle Hand, die sich auf eine große Schulter legte, wenn Thrall ein schwieriges strategisches Problem gelöst hatte …
Blackmoore hatte stets sehr widerstreitende Gefühle in Thrall geweckt. Furcht, Bewunderung, Hass, Verachtung. Aber zum ersten Mal erkannte Thrall, dass Blackmoore in vielerlei Hinsicht sein Mitleid verdiente. Früher hatte Thrall nicht gewusst, warum Blackmoore einmal offen und herzlich war, seine Stimme klar und gebildet, und ein anderes Mal brutal und bösartig, während er undeutlich und viel zu laut sprach. Jetzt verstand er. Die Flasche hatte ihre Klauen so tief in Blackmoores Herz versenkt wie ein Adler seine Krallen in einen Hasen. Blackmoore war ein Mann, der nicht wusste, ob er sein Erbe des Verrats annehmen oder überwinden sollte, ein brillanter Stratege und Kämpfer und ein feiger, grausamer Tyrann. Blackmoore hatte Thrall wahrscheinlich so gut behandelt, wie es ihm überhaupt möglich gewesen war.
Der Zorn verließ Thrall. Blackmoore tat ihm schrecklich Leid, aber dieses Gefühl änderte nichts. Er war weiterhin entschlossen, die Lager zu befreien und den Orks zu helfen, ihr Erbe wiederzuentdecken. Und Blackmoore stand ihm dabei im Weg, ein Hindernis, das er würde beseitigen müssen.
Er blickte wieder zu Langston hinab, der die Veränderung in Thrall spürte und ihm ein Lächeln bot, das eher an eine Grimasse erinnerte.
»Ich halte mein Wort«, sagte Thrall. »Du und deine Männer, ihr seid frei. Ihr werdet sofort gehen. Ohne Waffen, ohne Proviant, ohne Pferde. Man wird euch folgen, aber ihr werdet nicht sehen, wer euch folgt. Wenn ihr auch nur von einem Hinterhalt sprecht oder irgendeine Art von Angriff versucht, werdet ihr sterben. Hast du verstanden?«
Langston nickte. Mit einem kurzen Wink gab ihm Thrall zu verstehen, dass er gehen konnte. Langston brauchte keine weitere Aufforderung. Hastig kam er auf die Füße und rannte los. Thrall sah zu, wie er und die anderen entwaffneten Ritter in die Dunkelheit flohen. Er blickte in die Bäume hinauf und sah die Eule, deren leuchtenden Augen er auf sich gespürt hatte.
Folge ihnen, mein Freund, wenn du willst. Berichte mir sofort, wenn sie etwas gegen uns planen.
Mit raschelnden Flügeln sprang die Eule von ihrem Zweig und begann den fliehenden Männern zu folgen. Thrall seufzte tief. Nun, da die fiebrige Energie, die ihn während dieser langen, blutigen Nacht aufrecht gehalten hatte, langsam verschwand, erkannte er, dass auch er selbst Verletzungen davongetragen hatte und erschöpft war. Aber um diese Dinge konnte er sich später kümmern. Es war noch eine wichtige Pflicht zu erfüllen. Sie brauchten den Rest der Nacht, um alle Leichen einzusammeln und vorzubereiten, und am Morgen kräuselte sich fetter schwarzer Rauch in den blauen Himmel. Thrall und Drek’Thar hatten den Geist des Feuers gebeten, schneller zu brennen als sonst, damit es nicht so lange dauerte, bis die Körper zu Asche verbrannt waren und diese Asche dem Geist der Luft übergeben werden konnte, der sie verteilte, wie es ihm gefiel.
Der größte und am reichsten geschmückte Scheiterhaufen war für den Edelsten von allen gedacht. Thrall und Hellscream benötigten zwei weitere Männer, um Orgrim Doomhammers riesigen Körper auf den Scheiterhaufen zu heben. Ehrfürchtig salbte Drek’Thar Doomhammers fast nackten Leib mit Ölen und murmelte dazu Worte, die Thrall nicht hören konnte. Süße Gerüche stiegen von dem Körper auf. Drek’Thar bedeutete Thrall, sich ihm anzuschließen, und gemeinsam arrangierten sie die Leiche in einer Pose des Trotzes. Tote Finger wurden gefaltet und dezent um ein zerschmettertes Schwert gebunden. Zu Doomhammers Füßen legte man die Leichen anderer tapferer Krieger, die in der Schlacht gefallen waren – die wilden, treuen weißen Wölfe, die nicht schnell genug gewesen waren, um den Waffen der Menschen auszuweichen. Einer lag zu Doomhammers Füßen, zwei weitere an jeder Seite, und über seiner Brust. An einem Ort besonderer Ehre lag der tapfere Wiseear. Drek’Thar streichelte seinen alten Gefährten ein letztes Mal, dann traten er und Thrall zurück.
Thrall erwartete, dass Drek’Thar nun irgendwelche geeigneten Worte sprechen würde, doch stattdessen stieß Hellscream Thrall an. Unsicher wandte sich Thrall an die Menge, die sich schweigend um die Leiche ihres Häuptlings versammelt hatte.
»Ich habe noch nicht viel Zeit in der Gemeinschaft meines eigenen Volkes verbracht«, begann Thrall. »Ich kenne unsere Traditionen des Jenseits nicht. Aber eines weiß ich: Doomhammer starb so tapfer, wie nur irgendein Ork sterben kann. Er kämpfte in der Schlacht und versuchte seine gefangenen Brüder und Schwestern zu befreien. Sicher wird er uns mit Wohlwollen betrachten, wenn wir ihn jetzt im Tode ehren, wie wir ihn stets im Leben geehrt haben.« Er blickte hinüber zum dem toten Ork. »Orgrim Doomhammer, Ihr wart der beste Freund meines Vaters. Ich konnte nicht hoffen, einem edleren Ork zu begegnen. Ich wünsche Euch eine schnelle Reise an einen freudigen Ort.«
Mit diesen Worten schloss er die Augen und bat den Geist des Feuers, den Helden zu nehmen. Sofort brannte das Feuer schneller und mit größerer Hitze, als Thrall es jemals erlebt hatte. Die Leiche würde bald verschlungen sein, und die Hülle, die den glühenden Geist, den diese Welt Orgrim Doomhammer nannte, beherbergt hatte, würde nicht mehr sein.
Aber das, wofür er gestanden hatte, das, wofür er gestorben war, würde nicht vergessen werden.
Thrall warf den Kopf zurück und brüllte einen tiefen Schrei. Einer nach dem anderen schloss sich ihm an, und bald schrien alle Orks ihren Schmerz und ihre Leidenschaft hinaus. Wenn es tatsächlich Geister der Vorfahren gab, dann mussten selbst sie von der Lautstärke dieses Klagens beeindruckt sein, das sich um Orgrim Doomhammer erhob.
Nachdem das Ritual vorüber war, setzte sich Thrall schwer neben Drek’Thar und Hellscream. Auch Hellscream hatte Verletzungen erlitten, die er wie Thrall für den Augenblick stoisch ertrug. Drek’Thar war es ausdrücklich verboten worden, sich auch nur in die Nähe der Kämpfe zu begeben, doch er diente treu und gut, indem er die Verwundeten versorgte. Wenn Thrall irgendetwas geschah, dann war Drek’Thar der einzige Schamane der Horde, ein viel zu wertvoller Schatz, als dass man riskieren durfte, ihn zu verlieren. Doch er war noch nicht so alt, dass dieser Befehl ihn nicht geärgert hätte.
»Welches Lager ist als nächstes an der Reihe, mein Kriegshäuptling?«, fragte Hellscream respektvoll. Thrall zuckte bei dem Titel zusammen. Er hatte sich noch immer nicht ganz an die Tatsache gewöhnt, dass Doomhammer fort war, dass er jetzt den Befehl über Hunderte von Orks hatte.
»Keine Lager mehr«, sagte er. »Unsere Streitmacht ist für den Augenblick stark genug.«
Drek’Thar runzelte die Stirn. »Sie leiden«, sagte er.
»Das tun sie«, stimmte Thrall ihm zu, »aber ich habe einen Plan, der sie alle auf einen Schlag befreien kann. Um das Monster zu töten, musst du ihm den Kopf abschneiden, nicht nur seine Hände und Füße. Es ist an der Zeit, dass wir den Lagern den Kopf abschneiden.«
Seine Augen glitzerten im Licht des Feuers. »Wir werden Durnholde stürmen.«
Als er seinen Truppen am nächsten Morgen den Plan verkündete, begrüßte ihn großer Jubel. Sie waren jetzt bereit, den Sitz der Macht anzugreifen. Thrall und Drek’Thar standen die Elemente zur Seite, die bereit waren, ihnen zu helfen. Die Orks fühlten sich durch die Schlacht der letzten Nacht wiederbelebt. Nur wenige waren gefallen, wenn auch einer von ihnen der größte Krieger von allen gewesen war, und viele Feinde lagen jetzt tot um die verfluchten Ruinen des Lagers verstreut. Die Raben, die in der Luft kreisten, waren dankbar für das Festmahl.
Sie waren noch mehrere Tagesmärsche von der Festung des Feindes entfernt, aber die Vorräte waren reichlich, und die Stimmung war gut. Als die Sonne ganz am Himmel aufgegangen war, bewegte sich die Ork-Horde unter ihrem neuen Führer Thrall festen Schrittes und entschlossen auf Durnholde zu.
»Natürlich habe ich ihm nichts verraten«, erklärte Langston und nippte an Blackmoores Wein. »Er nahm mich gefangen und folterte mich, aber ich habe den Mund gehalten, das kann ich Euch sagen. Aus Bewunderung ließ er mich und meine Männer ziehen.«
Insgeheim bezweifelte Blackmoore diese Geschichte, aber er sagte nichts. »Erzähl mir mehr von diesen Wundern, die er vollbringt«, bat er.
Glücklich, die Gunst seines Mentors zurückgewonnen zu haben, spann Langston eine fantastische Geschichte über Wurzeln, die seinen Körper fesselten, Blitze, die auf Kommando einschlugen, gut trainierte Pferde, die ihre Reiter im Stich ließen, und die Erde selbst, die eine Mauer zerschmetterte. Hätte Blackmoore nicht bereits ähnliche Geschichten von den wenigen Männern, die zurückgekehrt waren, gehört, er hätte wahrscheinlich angenommen, dass Langston der Flasche sogar noch stärker zusprach als er selbst.
»Ich war auf dem richtigen Weg, als ich Thrall an mich nahm«, sinnierte Blackmoore und nahm einen weiteren Schluck Wein. »Du siehst, was er ist, was er aus diesem jämmerlichen Haufen gebrochener, mutloser Grünhäute gemacht hat.«
Es bereitete ihm geradezu körperliche Pein, wenn er daran dachte, wie nahe er daran gewesen war, diese offensichtlich mächtige neue Horde zu kontrollieren. Direkt darauf folgte ein Bild in seinem Geist von Taretha und den Briefen der Freundschaft, die sie an seinen Sklaven geschrieben hatte. Wie stets stieg in ihm bei diesem Gedanken eine Wut auf, die mit einem seltsamen scharfen Schmerz gemischt war. Er hatte sie in Ruhe gelassen, hatte sie nie wissen lassen, dass er die Briefe gefunden hatte. Er erzählte nicht einmal Langston davon und war jetzt zutiefst dankbar für seine eigene Weisheit bei dieser Entscheidung. Er glaubte, dass Langston Thrall wahrscheinlich alles berichtet hatte, was er wusste. Und das machte eine Änderung des Plans erforderlich.
»Ich fürchte, dass andere angesichts der Folter der Orks nicht so standhaft waren wie du, mein Freund«, sagte er und versuchte, den Sarkasmus aus seiner Stimme zu verbannen, doch es gelang ihm nicht völlig. Glücklicherweise hatte Langston bereits so viel getrunken, dass er es nicht zu bemerken schien. »Wir müssen annehmen, dass die Orks alles wissen, was wir wissen, und dementsprechend handeln. Wir müssen versuchen zu denken wie Thrall. Was würde er als nächstes tun? Was ist sein Endziel?«
Und wie bei allen Höllen, die es gibt, kann ich einen Weg finden, ihn zurückzugewinnen?
Obwohl er eine Armee von fast zweitausend Leuten anführte und man sie mit hoher Wahrscheinlichkeit entdecken würde, tat Thrall alles in seiner Macht Stehende, um den Marsch der Horde zu verbergen. Er bat die Erde, ihre Abdrücke zu bedecken, und die Luft, ihren Geruch von jedem Tier fortzutragen, das sie wittern und Alarm schlagen könnte. Es war wenig, aber jedes Quäntchen half.
Er schlug das Lager mehrere Meilen südlich von Durnholde auf, in einem wilden und allgemein gemiedenen Wald. Zusammen mit zwei Kundschaftern begab er sich zu einem bestimmten Waldstück direkt vor der Festung. Hellscream und Drek’Thar hatten versucht, ihm dies auszureden, aber er bestand darauf.
»Ich habe eine Plan«, sagte er, »einen, der uns in die Lage versetzen könnte, unsere Ziele zu erreichen, ohne dass auf beiden Seiten unnötig Blut vergossen wird.«